Lot Nr. 518


Paul Klee


Paul Klee - Klassische Moderne

(Münchenbuchsee bei Bern 1879–1940 Muralto)
„Praeludium zu einem Ständchen“, 1940, signiert, betitelt, datiert, bezeichnet Klee 1940 L7, Kleisterfarbe auf zerknülltem Packpapier auf leichtem Karton, 23 x 44 cm, ger.

Provenienz:
Werner Allenbach (1903-1975), Bern bis 1952
Galerie Rosengart, Luzern (1952–1953)
Christoph Bernoulli (1897-1981), Basel seit 1953 – 1953 bei Galerie Rosengart erworben
Galerie Vömel, Düsseldorf - dort vom jetzigen Besitzer erworben
(Galerieaufkleber auf der Rückseite)
Privatsammlung, Deutschland

Literatur:
Karl Ruhrberg, Der Schlüssel der Malerei von heute, Düsseldorf/ Wien 1965, S. 192/193 (Farbabb.)
Josef Helfenstein, Stefan Frey, Paul Klee – Das Schaffen im Todesjahr, Stuttgart 1990, S. 232, Nr. 254
Paul Klee Stiftung Bern, Paul Klee, Catalogue Raisonné, Bd. 9, 1940, Bern 2004, S. 174, Nr. 9286

Ausgestellt:
Ca Pesaro, Venedig / Palazzo Reale Mailand 1986, Paul Klee nelle collezioni private, Nr. 153
Kunstmuseum Bern 1990, Paul Klee – Das Schaffen im Todesjahr, Schloss Moyland, Bedburg-Hau 2000/ Kurpfälzisches Museum der Stadt Heidelberg 2002, Paul Klee trifft Joseph Beuys, Ein Fetzen Gemeinschaft , Kat.-Nr. 187, S. 324 (Farbabb.)

"nulla dies sine linea – kein Tag ohne Linie"
(Paul Klee 1938)

„Das Bild … hat keinen besonderen Zweck. Es ist eine zwecklose Angelegenheit, die nur das eine Ziel hat, uns glücklich zu machen. Das ist etwas ganz anderes als die Beziehung zum äußeren Leben … Es soll etwas sein, das uns zu schaffen gibt, was wir gerne öfters sehen, was wir zum Schluß gerne besitzen möchten“
(Petra Petitpierre, Aus der Malklasse Paul Klee, Bern 1957, S. 32)

In seinem letzten Schaffensjahr 1940 hat Paul Klee seinen Schaffenskatalog nicht mehr nach Jahren eingeteilt, wie in den Jahren zuvor, sondern er rechnet nun nach Monaten ab – das nahende Ende sieht er deutlich vor sich. Schon vor seiner Abreise zur Kur ins Tessin im Mai des Jahres 1940, war es Klee gelungen 366 Bilder in seinem Werkkatalog zu verzeichnen – für jeden Tag des Schaltjahres ein Werk, auf Vorrat produziert.
Die Bildtitel des Jahres 1940 nennen nicht mehr, wie früher den Gegenstand, sie verweisen auf ihn. Die Titel seiner Arbeiten sind eher intuitiv zu erfahren als intellektuell zu deuten. Sie sind selbst interpretationsbedürftig und werden von Zahlen und Buchstaben begleitet, die die laufende Nummer, die Werkkategorie, die Schlüsselnummer, die Technik und den Malgrund wie auch den Titel bezeichnen. Bei den Eintragungen in seinen Oeuvrekatalog begann Paul Klee im Jahr 1940 bei den Schlüsselnummern mit dem Buchstaben „Z“. Jeweils 20 Werke werden auf einer Seite des Werkbuches unter einem Buchstaben gebündelt, so dass der eigenhändig geschriebene Werkkatalog im Mai 1940 mit dem Werk 366 mit „E“ endet. Das zahlenmäßige Ansteigen der Werknummern steht in diametral entgegengesetzter Symmetrie zum rückwärts laufenden Alphabet. „Praeludium zu einem Ständchen“ trägt die laufende Nummer 269 und die Schlüsselnummer L 7 des Jahres 1940. Dem Malen und Zeichnen schließt sich das ebenso wichtige Ordnen und Bewahren an: Paul Klee zieht all seine Blätter auf dünnen Karton auf, betitelt und inventarisiert sie, was ihn nicht nur zum Künstler, sondern auch zum Interpreten und Registrator seines Werkes macht.

Paul Klee verstand sich selbst immer als Betrachter, als Interpret seines eigenen Werkes. „ ‚Ich bin zum Schluss Beschauer und lasse mich beschenken‘. Was er in einem Kunstwerk sieht, wäre deshalb nur eine Deutung, nicht dessen Bedeutung, die der Betrachter aufzudecken hat. Das Werk ist darum nicht als persönliche Aussage des Künstlers zu betrachten (…) das fertige Bild führt ein eigenes Leben, unabhängig von den persönlichen Assoziationen, die es für den Schöpfer gehabt haben mag.“(Josef Helfenstein/ Stefan Frey (Hrsg.), Paul Klee, Das Schaffen im Todesjahr, Stuttgart 1990, S. 29).

Die Visionen, die ihn in seinen letzten Lebensjahren bedrängen, versucht Paul Klee bildnerisch zu fixieren, was ihm am Besten im spontanen und spirituellen Medium der Zeichnung gelingt. Die unglaubliche Produktivität des Jahres 1940 erforderte, dass Klee mit zahlreichen Materialien arbeitete, die ihm zur Verfügung standen. „Praeludium zu einem Ständchen“ ist auf ein zerknülltes Papier gemalt, die Haptik des Malgrundes wird dadurch zusätzlich überbetont und damit das Gemälde bewusst in eine beinahe Dreidimensionalität verschoben.
Seine Arbeiten stellen ein Novum in der Geschichte der Maltechnik dar: „Seine Malerei beruht auf einer Provokation der Materie.“ (ebd. 82) „Sie erfolgt im Sinn einer Vergeistigung und rechnete zugleich mit dem materiellen Verfall. Möglicherweise ist Klees Gemälden, (…), die ‚Mortifikation‘ inhärent. Ihr aus einem historischen Bewußtsein heraus zu begegnen, hieße das Kunstwerk als Ruine zu akzeptieren, jedoch ohne dabei historische Sachverhalte in philosophische Wahrheitsgehalte umzubiegen. Darin bestände eine materialistische Aktualität in Klees Kunst, vielleicht gerade derjenigen, die er am Ende seines Lebens schuf.“ (ebd. S. 90)

23.11.2016 - 17:00

Schätzwert:
EUR 220.000,- bis EUR 240.000,-

Paul Klee


(Münchenbuchsee bei Bern 1879–1940 Muralto)
„Praeludium zu einem Ständchen“, 1940, signiert, betitelt, datiert, bezeichnet Klee 1940 L7, Kleisterfarbe auf zerknülltem Packpapier auf leichtem Karton, 23 x 44 cm, ger.

Provenienz:
Werner Allenbach (1903-1975), Bern bis 1952
Galerie Rosengart, Luzern (1952–1953)
Christoph Bernoulli (1897-1981), Basel seit 1953 – 1953 bei Galerie Rosengart erworben
Galerie Vömel, Düsseldorf - dort vom jetzigen Besitzer erworben
(Galerieaufkleber auf der Rückseite)
Privatsammlung, Deutschland

Literatur:
Karl Ruhrberg, Der Schlüssel der Malerei von heute, Düsseldorf/ Wien 1965, S. 192/193 (Farbabb.)
Josef Helfenstein, Stefan Frey, Paul Klee – Das Schaffen im Todesjahr, Stuttgart 1990, S. 232, Nr. 254
Paul Klee Stiftung Bern, Paul Klee, Catalogue Raisonné, Bd. 9, 1940, Bern 2004, S. 174, Nr. 9286

Ausgestellt:
Ca Pesaro, Venedig / Palazzo Reale Mailand 1986, Paul Klee nelle collezioni private, Nr. 153
Kunstmuseum Bern 1990, Paul Klee – Das Schaffen im Todesjahr, Schloss Moyland, Bedburg-Hau 2000/ Kurpfälzisches Museum der Stadt Heidelberg 2002, Paul Klee trifft Joseph Beuys, Ein Fetzen Gemeinschaft , Kat.-Nr. 187, S. 324 (Farbabb.)

"nulla dies sine linea – kein Tag ohne Linie"
(Paul Klee 1938)

„Das Bild … hat keinen besonderen Zweck. Es ist eine zwecklose Angelegenheit, die nur das eine Ziel hat, uns glücklich zu machen. Das ist etwas ganz anderes als die Beziehung zum äußeren Leben … Es soll etwas sein, das uns zu schaffen gibt, was wir gerne öfters sehen, was wir zum Schluß gerne besitzen möchten“
(Petra Petitpierre, Aus der Malklasse Paul Klee, Bern 1957, S. 32)

In seinem letzten Schaffensjahr 1940 hat Paul Klee seinen Schaffenskatalog nicht mehr nach Jahren eingeteilt, wie in den Jahren zuvor, sondern er rechnet nun nach Monaten ab – das nahende Ende sieht er deutlich vor sich. Schon vor seiner Abreise zur Kur ins Tessin im Mai des Jahres 1940, war es Klee gelungen 366 Bilder in seinem Werkkatalog zu verzeichnen – für jeden Tag des Schaltjahres ein Werk, auf Vorrat produziert.
Die Bildtitel des Jahres 1940 nennen nicht mehr, wie früher den Gegenstand, sie verweisen auf ihn. Die Titel seiner Arbeiten sind eher intuitiv zu erfahren als intellektuell zu deuten. Sie sind selbst interpretationsbedürftig und werden von Zahlen und Buchstaben begleitet, die die laufende Nummer, die Werkkategorie, die Schlüsselnummer, die Technik und den Malgrund wie auch den Titel bezeichnen. Bei den Eintragungen in seinen Oeuvrekatalog begann Paul Klee im Jahr 1940 bei den Schlüsselnummern mit dem Buchstaben „Z“. Jeweils 20 Werke werden auf einer Seite des Werkbuches unter einem Buchstaben gebündelt, so dass der eigenhändig geschriebene Werkkatalog im Mai 1940 mit dem Werk 366 mit „E“ endet. Das zahlenmäßige Ansteigen der Werknummern steht in diametral entgegengesetzter Symmetrie zum rückwärts laufenden Alphabet. „Praeludium zu einem Ständchen“ trägt die laufende Nummer 269 und die Schlüsselnummer L 7 des Jahres 1940. Dem Malen und Zeichnen schließt sich das ebenso wichtige Ordnen und Bewahren an: Paul Klee zieht all seine Blätter auf dünnen Karton auf, betitelt und inventarisiert sie, was ihn nicht nur zum Künstler, sondern auch zum Interpreten und Registrator seines Werkes macht.

Paul Klee verstand sich selbst immer als Betrachter, als Interpret seines eigenen Werkes. „ ‚Ich bin zum Schluss Beschauer und lasse mich beschenken‘. Was er in einem Kunstwerk sieht, wäre deshalb nur eine Deutung, nicht dessen Bedeutung, die der Betrachter aufzudecken hat. Das Werk ist darum nicht als persönliche Aussage des Künstlers zu betrachten (…) das fertige Bild führt ein eigenes Leben, unabhängig von den persönlichen Assoziationen, die es für den Schöpfer gehabt haben mag.“(Josef Helfenstein/ Stefan Frey (Hrsg.), Paul Klee, Das Schaffen im Todesjahr, Stuttgart 1990, S. 29).

Die Visionen, die ihn in seinen letzten Lebensjahren bedrängen, versucht Paul Klee bildnerisch zu fixieren, was ihm am Besten im spontanen und spirituellen Medium der Zeichnung gelingt. Die unglaubliche Produktivität des Jahres 1940 erforderte, dass Klee mit zahlreichen Materialien arbeitete, die ihm zur Verfügung standen. „Praeludium zu einem Ständchen“ ist auf ein zerknülltes Papier gemalt, die Haptik des Malgrundes wird dadurch zusätzlich überbetont und damit das Gemälde bewusst in eine beinahe Dreidimensionalität verschoben.
Seine Arbeiten stellen ein Novum in der Geschichte der Maltechnik dar: „Seine Malerei beruht auf einer Provokation der Materie.“ (ebd. 82) „Sie erfolgt im Sinn einer Vergeistigung und rechnete zugleich mit dem materiellen Verfall. Möglicherweise ist Klees Gemälden, (…), die ‚Mortifikation‘ inhärent. Ihr aus einem historischen Bewußtsein heraus zu begegnen, hieße das Kunstwerk als Ruine zu akzeptieren, jedoch ohne dabei historische Sachverhalte in philosophische Wahrheitsgehalte umzubiegen. Darin bestände eine materialistische Aktualität in Klees Kunst, vielleicht gerade derjenigen, die er am Ende seines Lebens schuf.“ (ebd. S. 90)


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Klassische Moderne
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 23.11.2016 - 17:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 12.11. - 23.11.2016

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