Lot Nr. 216


Niccolò Frangipane


Niccolò Frangipane - Alte Meister

(tätig 1563–1597)
Satirische Darstellung der Aufführung eines Madrigals,
Öl auf Leinwand, 135,5 x 212 cm, gerahmt

Provenienz:
Europäische Privatsammlung

Wir danken Bernard Aikema, der die Zuschreibung nach Prüfung des vorliegenden Gemäldes im Original bestätigt hat.

Bei dem vorliegenden Gemälde handelt es sich um eine etwas vereinfachte, aber eigenhändige Fassung eines größeren Bildes von Niccolò Frangipane, das sich heute in einer Sammlung in Belgien befindet (Comte F. de Liederkerke, Château de Leefdael). Biografische Informationen über Frangipane sind spärlich gesät. Wir wissen nur, dass er zwischen 1563 und 1597 in Norditalien – in Venedig, im Veneto, in den Marken und in der Emilia-Romagna – tätig war. Im Jahr 1594 scheint Frangipane als Mitglied der venezianischen Malergilde auf. Er mag ein Schüler Tizians gewesen sein, wofür das vorliegende, stilistisch wie thematisch für den Künstler typische Gemälde allerdings nicht spricht. Das Bild zeigt eine um einen Tisch versammelte Personengruppe. Die meisten Figuren sind damit befasst, ein Madrigal zur Aufführung zu bringen. In der etwas detailreicheren Fassung im Château de Leefdael sind die Texte auf den Notenblättern lesbar. Daraus geht hervor, dass die Musiker ein Sonett von Pietro Bembo aus dem Jahr 1530 in der musikalischen Fassung von Orlando di Lasso zur Aufführung bringen. Dessen Madrigal-Sammlung erschien erstmals 1563, was als Hinweis darauf zu werten ist, dass unser Gemälde danach entstanden ist (siehe B. W. Meijer, Niccolò Frangipane, in: Saggi e memorie di storia dell’arte 8, 1972, S. 175/176, Kat. 16, Abb. 35).

Frangipanes Bilder sind nicht ganz ernst gemeinte Darstellungen der „überspannten“ Aufführung eines Liebeslieds im Stil des Neupetrarkismus, die eher als Karikaturen eines solchen Konzerts aufzufassen sind. Die Protagonisten legen beim Singen keinerlei Disziplin an den Tag, sondern lachen, schreien, gestikulieren und trinken. Kurz, ihr zügelloses Verhalten entspricht genau dem Gegenteil von dem, was man von einer mit dem Madrigal in Verbindung zu bringenden höfischen Gesellschaft erwarten würde. Die despektierliche Interpretation des Themas drückt sich auch durch sexuelle Anspielungen (zum Beispiel die „provokanten“ Würste) und die unpassende Anwesenheit von Katze und Krähe aus. Zudem ist zu bemerken, dass die Körperproportionen der Figuren ganz und gar nicht der manierierten Eleganz entsprechen, die man gewöhnlich mit derartigen Zusammenkünften der „Hochkultur“ assoziiert. Unser Bild ist damit ein perfektes Beispiel für eine pittura ridicola, ein humoristisches Gemälde. Dieses Genre der Malerei erfreute sich in Norditalien das ganze 16. Jahrhundert hindurch großer Beliebtheit und ist auch durch Arbeiten aus dem Umkreis Leonardo da Vincis und Dosso Dossis überliefert. In der Regel werden in solchen Gemälden die Protagonisten nahansichtig (als Halb- oder Dreiviertelfiguren) wiedergegeben, was auch auf das vorliegende Werk zutrifft. Bilder wie diese entstanden für Auftraggeber von hohem gesellschaftlichem Rang, die sich an dem paradoxen Spiel des Künstlers mit Hoch- und Populärkultur erfreuten.

Bei dem vorliegenden Gemälde handelt es sich somit um eine seltene Hinzufügung zum Werkkorpus Niccolò Frangipanes und um ein bemerkenswertes Beispiel humoristischer Malerei, das auch wegen seines großen Formats hervorsticht.

18.10.2016 - 18:00

Schätzwert:
EUR 25.000,- bis EUR 35.000,-

Niccolò Frangipane


(tätig 1563–1597)
Satirische Darstellung der Aufführung eines Madrigals,
Öl auf Leinwand, 135,5 x 212 cm, gerahmt

Provenienz:
Europäische Privatsammlung

Wir danken Bernard Aikema, der die Zuschreibung nach Prüfung des vorliegenden Gemäldes im Original bestätigt hat.

Bei dem vorliegenden Gemälde handelt es sich um eine etwas vereinfachte, aber eigenhändige Fassung eines größeren Bildes von Niccolò Frangipane, das sich heute in einer Sammlung in Belgien befindet (Comte F. de Liederkerke, Château de Leefdael). Biografische Informationen über Frangipane sind spärlich gesät. Wir wissen nur, dass er zwischen 1563 und 1597 in Norditalien – in Venedig, im Veneto, in den Marken und in der Emilia-Romagna – tätig war. Im Jahr 1594 scheint Frangipane als Mitglied der venezianischen Malergilde auf. Er mag ein Schüler Tizians gewesen sein, wofür das vorliegende, stilistisch wie thematisch für den Künstler typische Gemälde allerdings nicht spricht. Das Bild zeigt eine um einen Tisch versammelte Personengruppe. Die meisten Figuren sind damit befasst, ein Madrigal zur Aufführung zu bringen. In der etwas detailreicheren Fassung im Château de Leefdael sind die Texte auf den Notenblättern lesbar. Daraus geht hervor, dass die Musiker ein Sonett von Pietro Bembo aus dem Jahr 1530 in der musikalischen Fassung von Orlando di Lasso zur Aufführung bringen. Dessen Madrigal-Sammlung erschien erstmals 1563, was als Hinweis darauf zu werten ist, dass unser Gemälde danach entstanden ist (siehe B. W. Meijer, Niccolò Frangipane, in: Saggi e memorie di storia dell’arte 8, 1972, S. 175/176, Kat. 16, Abb. 35).

Frangipanes Bilder sind nicht ganz ernst gemeinte Darstellungen der „überspannten“ Aufführung eines Liebeslieds im Stil des Neupetrarkismus, die eher als Karikaturen eines solchen Konzerts aufzufassen sind. Die Protagonisten legen beim Singen keinerlei Disziplin an den Tag, sondern lachen, schreien, gestikulieren und trinken. Kurz, ihr zügelloses Verhalten entspricht genau dem Gegenteil von dem, was man von einer mit dem Madrigal in Verbindung zu bringenden höfischen Gesellschaft erwarten würde. Die despektierliche Interpretation des Themas drückt sich auch durch sexuelle Anspielungen (zum Beispiel die „provokanten“ Würste) und die unpassende Anwesenheit von Katze und Krähe aus. Zudem ist zu bemerken, dass die Körperproportionen der Figuren ganz und gar nicht der manierierten Eleganz entsprechen, die man gewöhnlich mit derartigen Zusammenkünften der „Hochkultur“ assoziiert. Unser Bild ist damit ein perfektes Beispiel für eine pittura ridicola, ein humoristisches Gemälde. Dieses Genre der Malerei erfreute sich in Norditalien das ganze 16. Jahrhundert hindurch großer Beliebtheit und ist auch durch Arbeiten aus dem Umkreis Leonardo da Vincis und Dosso Dossis überliefert. In der Regel werden in solchen Gemälden die Protagonisten nahansichtig (als Halb- oder Dreiviertelfiguren) wiedergegeben, was auch auf das vorliegende Werk zutrifft. Bilder wie diese entstanden für Auftraggeber von hohem gesellschaftlichem Rang, die sich an dem paradoxen Spiel des Künstlers mit Hoch- und Populärkultur erfreuten.

Bei dem vorliegenden Gemälde handelt es sich somit um eine seltene Hinzufügung zum Werkkorpus Niccolò Frangipanes und um ein bemerkenswertes Beispiel humoristischer Malerei, das auch wegen seines großen Formats hervorsticht.


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old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 18.10.2016 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 08.10. - 18.10.2016

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