Lot Nr. 51


Peter Paul Rubens


Peter Paul Rubens - Alte Meister

(Siegen 1577–1640 Antwerpen)
Grablegung Christi,
Öl auf Holz, 74,5 x 106 cm, gerahmt

Provenienz:
Vermutlich Sammlung Grafen von Werschowitz (1654–1720);
vermutlich deren Auktion in Prag, 1723 (als Rubens nach Tizian);
Privatsammlung, England;
Leonard Koetser Gallery, London (als Rubens);
Sir Ian Rankin, Baronet;
Michael Simpson Gallery, London (als Rubens);
Sammlung Dodie Rosekrans, San Francisco;
Sotheby’s, New York, 26. Januar 2012, Lot 148 (als Werkstatt des Peter Paul Rubens)

Literatur:
H. E. Wethey, The Paintings of Titian, The Religious Paintings, I, London, 1969, S. 89/90, unter Nr. 36, Kopien, Nr. 4 (als freie Nachahmung Rubens’ nach Tizian);
M. Jaffe, Rubens, Catalogo Completo, Mailand 1989, S. 173, Nr. 129 (als Rubens);
C. Brown, Van Dyck Drawings, New York, 1991, S. 63, Abb. 5, Anm. 3 (als „mit offenbar richtiger Zuschreibung an Rubens“);
J. Wood, Corpus Rubenianum Ludwig Burchard, XXVI, Copies and Adaptations from Renaissance and later Artists, London/Turnhout 2010, I: Italian Artists, II: Titian and Northern Italian Art, S. 440, Nr. R23 (als flämischer Künstler nach Tizian)

Wir danken Christopher Brown und Ben van Beneden für ihre Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Loses und für ihre unabhängig voneinander erfolgte Bestätigung der Zuschreibung, vorgenommen nach Prüfung des Gemäldes im Original. Beide geben den Ausführungszeitraum mit um 1612–1615 an.

Das vorliegende Gemälde ist ein schönes Beispiel für ein von einem der größten Meister der italienischen Renaissance inspiriertes Werk des Peter Paul Rubens. Der Künstler begegnete Tizians Werk zum ersten Mal im Mai 1600 bei seinem Eintreffen in Venedig. Rubens sollte acht Jahre in Italien bleiben, wo er im September 1600 seine erste Berufung an den Hof der Gonzaga in Mantua erhielt. Dort muss er auch Tizians berühmte Grablegung gesehen haben (Öl auf Leinwand, 148 x 212 cm, Musée du Louvre), die sich damals in der Sammlung der Gonzaga befand.

Michael Jaffe hat in seinem namhaften Werkverzeichnis von 1989 eine Datierung des Gemäldes nach Rubens’ Rückkehr aus Italien im Jahr 1608 vorgeschlagen. Dies wird auch durch eine kürzlich durchgeführte dendrochronologische Untersuchung der Tafel (Ergebnisse auf Anfrage erhältlich) unterstützt, die das Fälljahr des Baumes mit frühestens 1606 angibt. Darüber hinaus hat Peter Klein nachgewiesen, dass die Holztafel der Studie eines Mönches von der Hand Rubens’ (Museum der Bildenden Künste, Leipzig) von demselben Baum stammt wie die des vorliegenden Werks. Auch dieser Bericht wird auf Anfrage ausgehändigt.

Christopher Brown hat in seinem 1991 erschienenen Verzeichnis der Zeichnungen van Dycks die Eigenhändigkeit des Gemäldes anerkannt. In einem persönlichen Schreiben vom 15. Juli 2015 meint er: „Auch die Farbigkeit ist ganz und gar typisch für diese Jahre. Die Ergebnisse der dendrochronologischen Untersuchung untermauern die Argumentation, dass das Gemälde um 1610 entstanden ist. Meine eigene Vermutung liegt bei 1612–1615.“

Dass Rubens für seine Grablegung eine Eichentafel herangezogen hatte, veranlasste Ben van Beneden zu der in einem persönlichen Schreiben vom 7. Februar 2016 dargelegten Schlussfolgerung: "[…] ist es unwahrscheinlich, dass er sich einer Eichentafel als Bildträger bedient hätte, wenn er noch in Italien gewesen wäre, was zu der Annahme geführt hat, dass das Gemälde nach seiner Rückkehr nach Antwerpen entstanden ist, möglicherweise auf Grundlage einer Zeichnung. […] Es deckt sich mit seinem Stil der frühen 1610er-Jahre. Wie Dr. Christopher Brown würde ich daher die Grablegung um 1612–1615 datieren.“

Christopher Brown führt weiter aus: „Die besonders auffällige Figur des Josef von Arimathäa kehrt in seinem Schaffen der Jahre um 1610 des Öfteren wieder.“ Ein gutes Beispiel, auf dem dasselbe Modell in Erscheinung tritt, sind Rubens’ Vier Evangelisten von ca. 1614 in der Bildergalerie Alter Meister in Sanssouci, Potsdam.

Die vorliegende Tafel ist im Format deutlich kleiner als das Bild Tizians. Rubens hat die Szene mit dünn aufgetragener Farbe und breiten Pinselstrichen gemalt. Aufgrund dieser Maltechnik gleicht das Bild eher einer Ölskizze als einem voll ausgearbeiteten Werk. Die Freiheit in der Ausführung ist sicherlich als Hinweis darauf zu werten, dass es Rubens nicht nur darum ging, direkte Kopien früherer Meister zu schaffen, sondern dass er mit ihnen in Interaktion treten wollte, um seinen eigenen Ausdruck zur Geltung kommen zu lassen.

Nach Rubens’ Tod 1640 wurde ein Inventarverzeichnis seiner privaten Sammlung erstellt, das auch mehrere Kopien nach italienischen Meistern, darunter Tizian, auflistet. Dies ist ein weiteres Zeugnis dafür, dass das vorliegende Werk vermutlich zu eigenen Studienzwecken und aus Freude an der freien Wiederholung entstanden ist und sich – einem Hinweis aus einem Brief Michael Jaffes vom 7. Februar 1989 zufolge (auf Anfrage verfügbar) – bis zum Ableben des Künstlers in seiner eigenen Sammlung befand.


Zusatzabbildung:
Tiziano Vecellio, genannt Tizian, Die Grablegung Christi, Musée du Grand Palais, Paris
© bpk | RMN - Grand Palais | Stéphane Maréchalle

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
+43 1 515 60 403

old.masters@dorotheum.com

18.10.2016 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 234.800,-
Schätzwert:
EUR 200.000,- bis EUR 300.000,-

Peter Paul Rubens


(Siegen 1577–1640 Antwerpen)
Grablegung Christi,
Öl auf Holz, 74,5 x 106 cm, gerahmt

Provenienz:
Vermutlich Sammlung Grafen von Werschowitz (1654–1720);
vermutlich deren Auktion in Prag, 1723 (als Rubens nach Tizian);
Privatsammlung, England;
Leonard Koetser Gallery, London (als Rubens);
Sir Ian Rankin, Baronet;
Michael Simpson Gallery, London (als Rubens);
Sammlung Dodie Rosekrans, San Francisco;
Sotheby’s, New York, 26. Januar 2012, Lot 148 (als Werkstatt des Peter Paul Rubens)

Literatur:
H. E. Wethey, The Paintings of Titian, The Religious Paintings, I, London, 1969, S. 89/90, unter Nr. 36, Kopien, Nr. 4 (als freie Nachahmung Rubens’ nach Tizian);
M. Jaffe, Rubens, Catalogo Completo, Mailand 1989, S. 173, Nr. 129 (als Rubens);
C. Brown, Van Dyck Drawings, New York, 1991, S. 63, Abb. 5, Anm. 3 (als „mit offenbar richtiger Zuschreibung an Rubens“);
J. Wood, Corpus Rubenianum Ludwig Burchard, XXVI, Copies and Adaptations from Renaissance and later Artists, London/Turnhout 2010, I: Italian Artists, II: Titian and Northern Italian Art, S. 440, Nr. R23 (als flämischer Künstler nach Tizian)

Wir danken Christopher Brown und Ben van Beneden für ihre Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Loses und für ihre unabhängig voneinander erfolgte Bestätigung der Zuschreibung, vorgenommen nach Prüfung des Gemäldes im Original. Beide geben den Ausführungszeitraum mit um 1612–1615 an.

Das vorliegende Gemälde ist ein schönes Beispiel für ein von einem der größten Meister der italienischen Renaissance inspiriertes Werk des Peter Paul Rubens. Der Künstler begegnete Tizians Werk zum ersten Mal im Mai 1600 bei seinem Eintreffen in Venedig. Rubens sollte acht Jahre in Italien bleiben, wo er im September 1600 seine erste Berufung an den Hof der Gonzaga in Mantua erhielt. Dort muss er auch Tizians berühmte Grablegung gesehen haben (Öl auf Leinwand, 148 x 212 cm, Musée du Louvre), die sich damals in der Sammlung der Gonzaga befand.

Michael Jaffe hat in seinem namhaften Werkverzeichnis von 1989 eine Datierung des Gemäldes nach Rubens’ Rückkehr aus Italien im Jahr 1608 vorgeschlagen. Dies wird auch durch eine kürzlich durchgeführte dendrochronologische Untersuchung der Tafel (Ergebnisse auf Anfrage erhältlich) unterstützt, die das Fälljahr des Baumes mit frühestens 1606 angibt. Darüber hinaus hat Peter Klein nachgewiesen, dass die Holztafel der Studie eines Mönches von der Hand Rubens’ (Museum der Bildenden Künste, Leipzig) von demselben Baum stammt wie die des vorliegenden Werks. Auch dieser Bericht wird auf Anfrage ausgehändigt.

Christopher Brown hat in seinem 1991 erschienenen Verzeichnis der Zeichnungen van Dycks die Eigenhändigkeit des Gemäldes anerkannt. In einem persönlichen Schreiben vom 15. Juli 2015 meint er: „Auch die Farbigkeit ist ganz und gar typisch für diese Jahre. Die Ergebnisse der dendrochronologischen Untersuchung untermauern die Argumentation, dass das Gemälde um 1610 entstanden ist. Meine eigene Vermutung liegt bei 1612–1615.“

Dass Rubens für seine Grablegung eine Eichentafel herangezogen hatte, veranlasste Ben van Beneden zu der in einem persönlichen Schreiben vom 7. Februar 2016 dargelegten Schlussfolgerung: "[…] ist es unwahrscheinlich, dass er sich einer Eichentafel als Bildträger bedient hätte, wenn er noch in Italien gewesen wäre, was zu der Annahme geführt hat, dass das Gemälde nach seiner Rückkehr nach Antwerpen entstanden ist, möglicherweise auf Grundlage einer Zeichnung. […] Es deckt sich mit seinem Stil der frühen 1610er-Jahre. Wie Dr. Christopher Brown würde ich daher die Grablegung um 1612–1615 datieren.“

Christopher Brown führt weiter aus: „Die besonders auffällige Figur des Josef von Arimathäa kehrt in seinem Schaffen der Jahre um 1610 des Öfteren wieder.“ Ein gutes Beispiel, auf dem dasselbe Modell in Erscheinung tritt, sind Rubens’ Vier Evangelisten von ca. 1614 in der Bildergalerie Alter Meister in Sanssouci, Potsdam.

Die vorliegende Tafel ist im Format deutlich kleiner als das Bild Tizians. Rubens hat die Szene mit dünn aufgetragener Farbe und breiten Pinselstrichen gemalt. Aufgrund dieser Maltechnik gleicht das Bild eher einer Ölskizze als einem voll ausgearbeiteten Werk. Die Freiheit in der Ausführung ist sicherlich als Hinweis darauf zu werten, dass es Rubens nicht nur darum ging, direkte Kopien früherer Meister zu schaffen, sondern dass er mit ihnen in Interaktion treten wollte, um seinen eigenen Ausdruck zur Geltung kommen zu lassen.

Nach Rubens’ Tod 1640 wurde ein Inventarverzeichnis seiner privaten Sammlung erstellt, das auch mehrere Kopien nach italienischen Meistern, darunter Tizian, auflistet. Dies ist ein weiteres Zeugnis dafür, dass das vorliegende Werk vermutlich zu eigenen Studienzwecken und aus Freude an der freien Wiederholung entstanden ist und sich – einem Hinweis aus einem Brief Michael Jaffes vom 7. Februar 1989 zufolge (auf Anfrage verfügbar) – bis zum Ableben des Künstlers in seiner eigenen Sammlung befand.


Zusatzabbildung:
Tiziano Vecellio, genannt Tizian, Die Grablegung Christi, Musée du Grand Palais, Paris
© bpk | RMN - Grand Palais | Stéphane Maréchalle

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
+43 1 515 60 403

old.masters@dorotheum.com


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 18.10.2016 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 08.10. - 18.10.2016


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