Lot Nr. 29


Frans Wouters


Frans Wouters - Alte Meister

(Lier 1612–1659 Antwerpen)
Allegorie des Sehens,
Öl auf Holz, 56,5 x 89,2 cm, gerahmt

Provenienz:
Gemäldesalon Josef Kuba, Karlsbad;
verkauft an Cesar Adda (1878–1939), Ägypten, 1935;
Rodolfo Monfredini;
verkauft an Artaki Gurjian, Ägypten, 1951;
Europäische Privatsammlung

Das Gemälde muss ursprünglich Teil einer Serie mit Darstellungen der Fünf Sinne gewesen sein, von der sich drei nachweisen lassen: neben der vorliegenden Allegorie des Sehens die Allegorien des Geschmacks (siehe Los 28) und des Tastsinns (siehe Los 30). In der Vergangenheit waren diese Werke Jan Brueghel d. J. zugeschrieben; heute gelten sie als eigenhändige Werke des flämischen Künstlers Frans Wouters.

Die Allegorie des Sehens wird vor allem durch die sich in seinem Spiegel betrachtende Frau verkörpert. Auf einer tieferen Ebene spielt wird auf das Thema der Eitelkeit angespielt, das auch durch das rechts dargestellte Stillleben evoziert wird. Die Ansammlung kostbarer Gegenstände, wissenschaftlicher Instrumente, und den Raum schmückender Gemälde und Skulpturen steht für die Vielfalt visueller Wahrnehmung und für den Wunsch des Menschen, sich die Dinge, die er sieht, anzueignen, indem er sie versteht. Auch die Weltkarte im Vordergrund dient diesem Zweck, ermöglicht sie doch dem Menschen, ferne Welten zu betrachten und somit zu erfassen. Der Affe auf dem Boden im Vordergrund steht wiederum für die niedrigste und oberflächlichste Ebene des Sehens, die sich auf das Betrachten von Dingen beschränkt, ohne in der Lage zu sein, sie wirklich zu verstehen. Das Tier benutzt zwei Paar Augengläser, wenn auch ohne Erfolg. In dem vor dem Stillleben unten rechts aufgestellten Gemälde ist eine Bezugnahme Wouters’ auf seinen Meister Rubens in Form des Bildes Mars und Rhea Silvia auszumachen, das sich heute in der Sammlung Liechtenstein in Wien befindet.

Los 28–30
Drei Allegorien der Sinne von Frans Wouters

Frans Wouters ging bei Peter van Avont in Antwerpen in die Lehre und wurde 1634 ein Schüler von Rubens. Im selben Jahr schloss er sich der Lukasgilde an, als deren Dekan er später fungierte. Sein Talent verschaffte ihm prestigeträchtige Ämter. Allen voran mag hier seine Ernennung zum Hofmaler von Kaiser Ferdinand II. in Wien anzuführen sein, der ihn 1637 als Botschafter nach England entsandte. Dort traf der Künstler auf seinen Landsmann Anthonis van Dyck und kam in Kontakt mit dem Prinzen von Wales, den künftigen König Karl II., der einer seiner wichtigsten Mäzene wurde. 1648 wurde er vom Statthalter Flanderns Erzherzog Leopold Wilhelm zum Hofmaler ernannt. Wouters gelang es, die bombastische Manier seines großen Meisters Rubens auf kleinformatige Kompositionen umzulegen, die sich durch einen detailreichen und dekorativen Stil auszeichnen, welcher vor allem in seinen Landschaften und anmutigen mythologischen und allegorischen Darstellungen zum Ausdruck kommt. Wouters war einer der erfolgreichsten Vertreter dieser Art Kabinettmalerei, die dafür bestimmt war, die damals an europäischen Fürstenhöfen so beliebten Wunderkammern zu schmücken und in ikonografischer Hinsicht zu komplettieren. In ihnen versammelte man allerlei Kuriositäten, rare Gegenstände oder aus seltenen Materialien gefertigte Objekte – sowohl Naturalia and Artificialia –, die alle erdenklichen Bereiche des menschlichen Wissens und der Natur umfassten.

Mit dieser allumfassenden Annäherung an die Wirklichkeit war die besondere Vorliebe internationaler Auftraggeber für Kabinettbilder verbunden, die Themen wie die Alchemie, die vier Elemente oder Bildinhalte behandelten, die sich auf unterschiedlichsten Ebenen für die Deutung zahlreicher Bezüge, Anspielungen oder Kunstgriffe wie das spielerisch verschachtelte „Bild im Bild“ anboten. Dazu zählten auch Allegorien der fünf Sinne, die sich im 17. Jahrhundert vor allem in Flandern großer Popularität erfreuten. Vorbildhaft für Gemälde dieses Themas waren die fünf Tafelbilder der Allegorie der Sinne, die Pieter Paul Rubens und Jan Brueghel d. Ä. 1617 für den spanischen König schufen und die sich heute im Prado befinden. Brueghel führte in diesen Jahren auch eine Gruppe von Künstlern an, die sich vergleichbaren Bildinhalten widmeten: einerseits den Allegorien des Geschmacks, des Gehörs und des Tastsinns und andererseits den Allegorien des Sehens und des Geruchs, die 1618 von der Stadt Antwerpen erworben und Erzherzog Albrecht und seiner Frau Isabella zum Geschenk gemacht wurden. Die beiden letztgenannten Werke fielen im 18. Jahrhundert einem Brand zum Opfer. Vermutlich aufgrund des großen Erfolgs dieses Bildtypus schuf Brueghel in Zusammenarbeit mit anderen Künstlern Repliken dieser beiden Gruppen von Allegorien. Isabelle de Bourbon nahm diese 1636 mit nach Madrid, wo sie die königliche Residenz schmückten und heute – zusammen mit der Serie der Fünf Sinne – im Prado aufbewahrt werden. Frans Wouters hat all diese Vorbilder mit Sicherheit gekannt und aus ihnen geschöpft, dabei aber wohl auch seine eigenen Bildideen eingebracht.

19.04.2016 - 18:00

Schätzwert:
EUR 50.000,- bis EUR 70.000,-

Frans Wouters


(Lier 1612–1659 Antwerpen)
Allegorie des Sehens,
Öl auf Holz, 56,5 x 89,2 cm, gerahmt

Provenienz:
Gemäldesalon Josef Kuba, Karlsbad;
verkauft an Cesar Adda (1878–1939), Ägypten, 1935;
Rodolfo Monfredini;
verkauft an Artaki Gurjian, Ägypten, 1951;
Europäische Privatsammlung

Das Gemälde muss ursprünglich Teil einer Serie mit Darstellungen der Fünf Sinne gewesen sein, von der sich drei nachweisen lassen: neben der vorliegenden Allegorie des Sehens die Allegorien des Geschmacks (siehe Los 28) und des Tastsinns (siehe Los 30). In der Vergangenheit waren diese Werke Jan Brueghel d. J. zugeschrieben; heute gelten sie als eigenhändige Werke des flämischen Künstlers Frans Wouters.

Die Allegorie des Sehens wird vor allem durch die sich in seinem Spiegel betrachtende Frau verkörpert. Auf einer tieferen Ebene spielt wird auf das Thema der Eitelkeit angespielt, das auch durch das rechts dargestellte Stillleben evoziert wird. Die Ansammlung kostbarer Gegenstände, wissenschaftlicher Instrumente, und den Raum schmückender Gemälde und Skulpturen steht für die Vielfalt visueller Wahrnehmung und für den Wunsch des Menschen, sich die Dinge, die er sieht, anzueignen, indem er sie versteht. Auch die Weltkarte im Vordergrund dient diesem Zweck, ermöglicht sie doch dem Menschen, ferne Welten zu betrachten und somit zu erfassen. Der Affe auf dem Boden im Vordergrund steht wiederum für die niedrigste und oberflächlichste Ebene des Sehens, die sich auf das Betrachten von Dingen beschränkt, ohne in der Lage zu sein, sie wirklich zu verstehen. Das Tier benutzt zwei Paar Augengläser, wenn auch ohne Erfolg. In dem vor dem Stillleben unten rechts aufgestellten Gemälde ist eine Bezugnahme Wouters’ auf seinen Meister Rubens in Form des Bildes Mars und Rhea Silvia auszumachen, das sich heute in der Sammlung Liechtenstein in Wien befindet.

Los 28–30
Drei Allegorien der Sinne von Frans Wouters

Frans Wouters ging bei Peter van Avont in Antwerpen in die Lehre und wurde 1634 ein Schüler von Rubens. Im selben Jahr schloss er sich der Lukasgilde an, als deren Dekan er später fungierte. Sein Talent verschaffte ihm prestigeträchtige Ämter. Allen voran mag hier seine Ernennung zum Hofmaler von Kaiser Ferdinand II. in Wien anzuführen sein, der ihn 1637 als Botschafter nach England entsandte. Dort traf der Künstler auf seinen Landsmann Anthonis van Dyck und kam in Kontakt mit dem Prinzen von Wales, den künftigen König Karl II., der einer seiner wichtigsten Mäzene wurde. 1648 wurde er vom Statthalter Flanderns Erzherzog Leopold Wilhelm zum Hofmaler ernannt. Wouters gelang es, die bombastische Manier seines großen Meisters Rubens auf kleinformatige Kompositionen umzulegen, die sich durch einen detailreichen und dekorativen Stil auszeichnen, welcher vor allem in seinen Landschaften und anmutigen mythologischen und allegorischen Darstellungen zum Ausdruck kommt. Wouters war einer der erfolgreichsten Vertreter dieser Art Kabinettmalerei, die dafür bestimmt war, die damals an europäischen Fürstenhöfen so beliebten Wunderkammern zu schmücken und in ikonografischer Hinsicht zu komplettieren. In ihnen versammelte man allerlei Kuriositäten, rare Gegenstände oder aus seltenen Materialien gefertigte Objekte – sowohl Naturalia and Artificialia –, die alle erdenklichen Bereiche des menschlichen Wissens und der Natur umfassten.

Mit dieser allumfassenden Annäherung an die Wirklichkeit war die besondere Vorliebe internationaler Auftraggeber für Kabinettbilder verbunden, die Themen wie die Alchemie, die vier Elemente oder Bildinhalte behandelten, die sich auf unterschiedlichsten Ebenen für die Deutung zahlreicher Bezüge, Anspielungen oder Kunstgriffe wie das spielerisch verschachtelte „Bild im Bild“ anboten. Dazu zählten auch Allegorien der fünf Sinne, die sich im 17. Jahrhundert vor allem in Flandern großer Popularität erfreuten. Vorbildhaft für Gemälde dieses Themas waren die fünf Tafelbilder der Allegorie der Sinne, die Pieter Paul Rubens und Jan Brueghel d. Ä. 1617 für den spanischen König schufen und die sich heute im Prado befinden. Brueghel führte in diesen Jahren auch eine Gruppe von Künstlern an, die sich vergleichbaren Bildinhalten widmeten: einerseits den Allegorien des Geschmacks, des Gehörs und des Tastsinns und andererseits den Allegorien des Sehens und des Geruchs, die 1618 von der Stadt Antwerpen erworben und Erzherzog Albrecht und seiner Frau Isabella zum Geschenk gemacht wurden. Die beiden letztgenannten Werke fielen im 18. Jahrhundert einem Brand zum Opfer. Vermutlich aufgrund des großen Erfolgs dieses Bildtypus schuf Brueghel in Zusammenarbeit mit anderen Künstlern Repliken dieser beiden Gruppen von Allegorien. Isabelle de Bourbon nahm diese 1636 mit nach Madrid, wo sie die königliche Residenz schmückten und heute – zusammen mit der Serie der Fünf Sinne – im Prado aufbewahrt werden. Frans Wouters hat all diese Vorbilder mit Sicherheit gekannt und aus ihnen geschöpft, dabei aber wohl auch seine eigenen Bildideen eingebracht.


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old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 19.04.2016 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 09.04. - 19.04.2016

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