Lot Nr. 77


Francesco Fracanzano


Francesco Fracanzano - Alte Meister

(Monopoli 1612–1656 Neapel)
Der trunkene Silen,
Öl auf Leinwand, 226 x 169,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Europäische Privatsammlung

Literatur:
V. Pacelli, Pittura del ‘600 nelle collezioni napoletane, Neapel 2001, S. 67, Nr. 83; Taf. 83

Wir danken Riccardo Lattuada für die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes nach dessen Prüfung im Original.

Das vorliegende Gemälde, das 2001 von Vincenzo Pacelli veröffentlicht wurde, wurde von diesem Francesco Fracanzano zugeschrieben. Pacelli hat auch auf die Verbindung zu einer fast identischen Fassung der Komposition im Fogg Art Museum in Boston hingewiesen (R. Causa, La pittura del Seicento a Napoli dal naturalismo al Barocco, in: Storia di Napoli, Bd. V, Teil II, Cava dei Tirreni, 1972, Bd. V, Teil II, S. 934, Abb. 297; und M. Novelli Radice, Inediti di Nunzio Russo, in: Napoli Nobilissima, 3. Reihe, Nr. 19, 1980, S. 194. Letzterer schreibt das Gemälde im Fogg Art Museum Nunzio Rossi zu; die Zuschreibung an Francesco Fracanzano wurde G. De Vito wiederholt (siehe Ritrovamenti e precisazioni a seguito della prima edizione della mostra del 600 napoletano, in: Ricerche sul ‘600 napoletano, 1984, S. 14; S. 70–73, Abb. 50–52; siehe P. Piscitello in: Ritorno al barocco, Ausst.-Kat., hrsg. von N. Spinosa, Neapel 2009, Bd. I, S. 124, hinsichtlich eines Vergleichs zwischen dem Bild in Boston und dem Bacchanal von Francesco Fracanzano in einer Privatsammlung).

Pacelli hebt in seiner Besprechung des vorliegenden Gemäldes dessen „außergewöhnliche Wirkung aufgrund von Monumentalität und Kompositionsrhythmus“ hervor und bemerkt den „schnellen, gekonnten Farbauftrag“. Die deutlichen Bezugnahmen auf Ribera legen eine Datierung in die zeitliche Nähe des Gemäldes mit Paulus von Theben und Antonius dem Großen in der Kirche von Sant’Onofrio dei Vecchi nahe, das 1634 entstand. Das vorliegende Gemälde, das sich an Riberas Silenus, Fracanzanos eigener Fassung im Capodimonte und den Borrachos von Velázquez orientiert, zeigt jene moderne und der Feierlichkeit beraubte Interpretation des klassischen Themas, das erstmals in Caravaggios Bacchus eine Umkehr erfuhr (siehe Pacelli, op. cit., 2001).

Das große Format legt nahe, dass das Bild für eine aristokratische Gemäldegalerie bestimmt war. Die leuchtenden, flüssig aufgetragenen Farben, aus denen die für Francesco Fracanzano typischen weißen Faltenwürfe hervorstechen, scheinen eine ungefähre Datierung um 1635 oder vielleicht auch um 1640 zu bestätigen. Es sind jene Jahre, in denen Tizians Bacchanalien eine Wiederbelebung erfuhren (siehe beispielsweise V. Farina, Sulla fortuna napoletana dei ‚Baccanali‘ di Tiziano, in: Paragone, 2007, 3. Reihe, Nr. 71, S. 11–42).
Die vorliegende Komposition steht auch unter dem Eindruck von Rubens’ auf einem Fass sitzenden Bacchus (heute Eremitage, St. Petersburg; siehe M. Jaffé, Rubens. Catalogo completo, Mailand 1989, S. 366, Nr. 1342), zu dessen Komposition eine deutliche und starke Verbindung besteht. Francesco Fracanzano muss auch die Druckgrafiken von den Werken Giulio Romanos, Annibale Carraccis und anderen, weniger bekannten Künstlern gekannt haben. Ganz zu schweigen von dem klar erkennbaren Einfluss von Riberas Trunkenem Silen von 1626, den Fracanzano, der lange Zeit in der Werkstatt des Spaniers ein- und ausging, gut gekannt haben muss.

Kürzlich erschienene Beiträge zu diesem Maler sind u. a.: G. De Vito, Perifrasi fracanzaniane, in: Ricerche sul ‘600 napoletano, 2004, S. 93–122; L. Coiro, Un’ ‚Incredulità di San Tommaso‘ di Francesco Fracanzano, in: Kronos, Nr. 14, 2011, S. 203–210; N. Spinosa, Alcune aggiunte a Cesare e Francesco Fracanzano, in: Tempi e forme dell’arte. Miscellanea di studi offerti a Pina Belli D’Elia, hrsg. von L. Derosa und C. Gelao, Foggia 2011, S. 341–351; M. Epifani, Apertura per la grafica dei fratelli Fracanzano, in: Paragone, 3. Reihe, Nr. 109/110, 2013, S. 34–51, Abb. 49–58; G. Forgione, Un ‚Matrimonio mistico‘ di Francesco Fracanzano ed alcune riflessioni sulla ‚crisi‘ classicistica del suo ultimo tempo, in: Arte Cristiana, Nr. 874, 2013, S. 27–32.

Wir danken Riccardo Lattuada für seine Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes.

20.10.2015 - 18:00

Schätzwert:
EUR 120.000,- bis EUR 150.000,-

Francesco Fracanzano


(Monopoli 1612–1656 Neapel)
Der trunkene Silen,
Öl auf Leinwand, 226 x 169,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Europäische Privatsammlung

Literatur:
V. Pacelli, Pittura del ‘600 nelle collezioni napoletane, Neapel 2001, S. 67, Nr. 83; Taf. 83

Wir danken Riccardo Lattuada für die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes nach dessen Prüfung im Original.

Das vorliegende Gemälde, das 2001 von Vincenzo Pacelli veröffentlicht wurde, wurde von diesem Francesco Fracanzano zugeschrieben. Pacelli hat auch auf die Verbindung zu einer fast identischen Fassung der Komposition im Fogg Art Museum in Boston hingewiesen (R. Causa, La pittura del Seicento a Napoli dal naturalismo al Barocco, in: Storia di Napoli, Bd. V, Teil II, Cava dei Tirreni, 1972, Bd. V, Teil II, S. 934, Abb. 297; und M. Novelli Radice, Inediti di Nunzio Russo, in: Napoli Nobilissima, 3. Reihe, Nr. 19, 1980, S. 194. Letzterer schreibt das Gemälde im Fogg Art Museum Nunzio Rossi zu; die Zuschreibung an Francesco Fracanzano wurde G. De Vito wiederholt (siehe Ritrovamenti e precisazioni a seguito della prima edizione della mostra del 600 napoletano, in: Ricerche sul ‘600 napoletano, 1984, S. 14; S. 70–73, Abb. 50–52; siehe P. Piscitello in: Ritorno al barocco, Ausst.-Kat., hrsg. von N. Spinosa, Neapel 2009, Bd. I, S. 124, hinsichtlich eines Vergleichs zwischen dem Bild in Boston und dem Bacchanal von Francesco Fracanzano in einer Privatsammlung).

Pacelli hebt in seiner Besprechung des vorliegenden Gemäldes dessen „außergewöhnliche Wirkung aufgrund von Monumentalität und Kompositionsrhythmus“ hervor und bemerkt den „schnellen, gekonnten Farbauftrag“. Die deutlichen Bezugnahmen auf Ribera legen eine Datierung in die zeitliche Nähe des Gemäldes mit Paulus von Theben und Antonius dem Großen in der Kirche von Sant’Onofrio dei Vecchi nahe, das 1634 entstand. Das vorliegende Gemälde, das sich an Riberas Silenus, Fracanzanos eigener Fassung im Capodimonte und den Borrachos von Velázquez orientiert, zeigt jene moderne und der Feierlichkeit beraubte Interpretation des klassischen Themas, das erstmals in Caravaggios Bacchus eine Umkehr erfuhr (siehe Pacelli, op. cit., 2001).

Das große Format legt nahe, dass das Bild für eine aristokratische Gemäldegalerie bestimmt war. Die leuchtenden, flüssig aufgetragenen Farben, aus denen die für Francesco Fracanzano typischen weißen Faltenwürfe hervorstechen, scheinen eine ungefähre Datierung um 1635 oder vielleicht auch um 1640 zu bestätigen. Es sind jene Jahre, in denen Tizians Bacchanalien eine Wiederbelebung erfuhren (siehe beispielsweise V. Farina, Sulla fortuna napoletana dei ‚Baccanali‘ di Tiziano, in: Paragone, 2007, 3. Reihe, Nr. 71, S. 11–42).
Die vorliegende Komposition steht auch unter dem Eindruck von Rubens’ auf einem Fass sitzenden Bacchus (heute Eremitage, St. Petersburg; siehe M. Jaffé, Rubens. Catalogo completo, Mailand 1989, S. 366, Nr. 1342), zu dessen Komposition eine deutliche und starke Verbindung besteht. Francesco Fracanzano muss auch die Druckgrafiken von den Werken Giulio Romanos, Annibale Carraccis und anderen, weniger bekannten Künstlern gekannt haben. Ganz zu schweigen von dem klar erkennbaren Einfluss von Riberas Trunkenem Silen von 1626, den Fracanzano, der lange Zeit in der Werkstatt des Spaniers ein- und ausging, gut gekannt haben muss.

Kürzlich erschienene Beiträge zu diesem Maler sind u. a.: G. De Vito, Perifrasi fracanzaniane, in: Ricerche sul ‘600 napoletano, 2004, S. 93–122; L. Coiro, Un’ ‚Incredulità di San Tommaso‘ di Francesco Fracanzano, in: Kronos, Nr. 14, 2011, S. 203–210; N. Spinosa, Alcune aggiunte a Cesare e Francesco Fracanzano, in: Tempi e forme dell’arte. Miscellanea di studi offerti a Pina Belli D’Elia, hrsg. von L. Derosa und C. Gelao, Foggia 2011, S. 341–351; M. Epifani, Apertura per la grafica dei fratelli Fracanzano, in: Paragone, 3. Reihe, Nr. 109/110, 2013, S. 34–51, Abb. 49–58; G. Forgione, Un ‚Matrimonio mistico‘ di Francesco Fracanzano ed alcune riflessioni sulla ‚crisi‘ classicistica del suo ultimo tempo, in: Arte Cristiana, Nr. 874, 2013, S. 27–32.

Wir danken Riccardo Lattuada für seine Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes.


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 20.10.2015 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 10.10. - 20.10.2015

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