Lot Nr. 15


Ercole Procaccini il Giovane


Ercole Procaccini il Giovane - Alte Meister

(Mailand 1605–1678)
Die Schlacht zwischen Römern und Galliern an den Ufern des Aniene,
Öl auf Leinwand, 212 x 164 cm, gerahmt

Provenienz:
Europäische Privatsammlung

Wir danken Cristina Geddo für die Zuschreibung und Sonia Cavicchioli für die ikonografische Bestimmung des vorliegenden Gemäldes.

Die ungewöhnliche Komposition des vorliegenden Gemäldes stellt einen Kampf zwischen zwei Kriegern in antiken Gewändern auf einer Brücke dar. Sie sind von oben im unmittelbaren Vordergrund zu sehen, während sich die Schlacht weit in den Hintergrund, über den Brückenbogen hinaus, ausbreitet. Der Kampf zwischen den beiden Protagonisten, von denen einer den anderen überwältigt und dabei ist, ihn mit dem erhobenen Schwert zu töten, ist in seiner ganzen Gewalt dargestellt, doch gleichzeitig wird er in eine epische und heroische Dimension transponiert, die mit Pathos aufgeladen ist.

Die betonte Dramatik der Szene, die Hervorhebung anatomischer Details und die gewundenen Haltungen der beiden Figuren sprechen eine manieristische Formensprache, ebenso die Farbpalette, die nur durch das Rot und Ocker der Rüstungen belebt wird. Alle diese Merkmale verweisen auf Ercole Procaccini il Giovane (d. J.), der als einer der führenden Maler der Lombardei des späten 17. Jahrhunderts in die Fußstapfen seines Vaters trat.

Die Zuschreibung lässt sich durch Vergleiche mit anderen Gemälden ähnlichen Inhalts stützen, etwa mit dem Paulussturz in der Pinacoteca Malaspina in Pavia und vor allem mit den mythologischen Schlachtenszenen des großen Frieses im Stiegenaufgang des Palazzo Durini Caproni in Taliedo (vgl. G. C. Bescapé, Il Palazzo Durini Caproni di Taliedo a Milano, Mailand 1980, Taf. XI, Abb. 63; C. Geddo, Il cardinale Angelo Maria Durini [1725–1796]. Un mecenate lombardo nell’Europa dei Lumi fra arte, lettere e diplomazia, Cinisello Balsamo 2010, S. 82, Nr. 50). Hier offenbart sich Ercole Procaccinis Vorliebe für Schlachtenszenen, die er in das Kleid eines Historiengemäldes verpackt. Das verkürzte Profil des bewaffneten Mannes mit dem Lichtreflex im Auge – ein wiederkehrender Typus im Schaffen des Künstlers – ähnelt jenem der auf dem Rücken liegenden Figur mit ausgestreckten Armen im Triumph des Eros, der sich ebenfalls im Palazzo Durini befindet (siehe Geddo, op. cit., Abb. 7). Zudem gibt es eine Reihe von Bezugnahmen auf Giulio Cesare Procaccini (Bologna 1574 – Mailand 1625), der eine ständige Inspirationsquelle für das Werk seines Neffen war: Bezüge zeigen sich sowohl in der Gruppe der beiden Krieger, von denen der eine in Richtung des Betrachters zu Fall gebracht wurde – eine freie Interpretation des Gemäldes Kain und Abel in der Accademia Albertina in Turin – sowie in der kleinteiligen Darstellung der Schlacht im fernen Hintergrund. Die Komposition hingegen, die zwei sehr unterschiedliche Blickwinkel vereint, greift auf Werke Giovanni Battista Crespis, genannt Il Cerano zurück, der Ercole Procaccinis Lehrer an der Accademia Ambrosiana war. Weitere Rückgriffe auf seinen Lehrer zeigen sich im feinen Glanz des getriebenen Metalls von Schwert und Helm, die verwaist auf der Brücke liegen. In der dynamischen Verschlingung der beiden Körper, die eigentlich von Rubens herrührt, wird hingegen der Einfluss Johann Christoph Storers (1620–1671) deutlich, der um 1658 Seite an Seite mit Ercole im Palazzo Durini arbeitete.

Cristina Geddo zufolge weisen diese Bezugnahmen und vor allem die weiche Pinselschrift, mit der eine starke atmosphärische Wirkung erzeugt wird, auf eine Datierung des Werks um 1650.

Hilfreich für die Bestimmung der Szene als Begebenheit aus der römischen Geschichte ist die Kette, die der dem Tod geweihte Krieger um den Hals trägt und die als Detail der Komposition hervorgehoben wird: Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich um einen Torques, ein für die Gallier typisches Schmuckstück, das auch auf die Herkunft des Kognomen des Titus Manlius Torquatus verweist. Die Darstellung zeigt somit höchstwahrscheinlich die Schlacht zwischen Römern und Galliern an den Ufern des Anio und insbesondere jene entscheidende Szene, die sich auf der Brücke zwischen dem jungen römischen Patrizier Titus Manlius und einem mächtigen gallischen Krieger in bombastischer Uniform ereignete. Die Episode wird bei Titus Livius in einem Abschnitt beschrieben, der den Ereignissen im Jahr 161 v. Chr. und seinem Ab urbe condita (VII, 9–10) gewidmet ist. Torquatus bemächtigte sich des Halsschmucks des Galliers, was ihm seinen späteren Namen gab.

Als eines der engagiertesten und experimentellsten Werke Ercole Procaccinis ist dieses Gemälde eine besonders wichtige Hinzufügung zum bekannten Oeuvre dieses Mailänder Künstlers.

Wir danken Cristina Geddo und Sonia Cavicchioli für ihre Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes.

21.04.2015 - 18:00

Schätzwert:
EUR 50.000,- bis EUR 70.000,-

Ercole Procaccini il Giovane


(Mailand 1605–1678)
Die Schlacht zwischen Römern und Galliern an den Ufern des Aniene,
Öl auf Leinwand, 212 x 164 cm, gerahmt

Provenienz:
Europäische Privatsammlung

Wir danken Cristina Geddo für die Zuschreibung und Sonia Cavicchioli für die ikonografische Bestimmung des vorliegenden Gemäldes.

Die ungewöhnliche Komposition des vorliegenden Gemäldes stellt einen Kampf zwischen zwei Kriegern in antiken Gewändern auf einer Brücke dar. Sie sind von oben im unmittelbaren Vordergrund zu sehen, während sich die Schlacht weit in den Hintergrund, über den Brückenbogen hinaus, ausbreitet. Der Kampf zwischen den beiden Protagonisten, von denen einer den anderen überwältigt und dabei ist, ihn mit dem erhobenen Schwert zu töten, ist in seiner ganzen Gewalt dargestellt, doch gleichzeitig wird er in eine epische und heroische Dimension transponiert, die mit Pathos aufgeladen ist.

Die betonte Dramatik der Szene, die Hervorhebung anatomischer Details und die gewundenen Haltungen der beiden Figuren sprechen eine manieristische Formensprache, ebenso die Farbpalette, die nur durch das Rot und Ocker der Rüstungen belebt wird. Alle diese Merkmale verweisen auf Ercole Procaccini il Giovane (d. J.), der als einer der führenden Maler der Lombardei des späten 17. Jahrhunderts in die Fußstapfen seines Vaters trat.

Die Zuschreibung lässt sich durch Vergleiche mit anderen Gemälden ähnlichen Inhalts stützen, etwa mit dem Paulussturz in der Pinacoteca Malaspina in Pavia und vor allem mit den mythologischen Schlachtenszenen des großen Frieses im Stiegenaufgang des Palazzo Durini Caproni in Taliedo (vgl. G. C. Bescapé, Il Palazzo Durini Caproni di Taliedo a Milano, Mailand 1980, Taf. XI, Abb. 63; C. Geddo, Il cardinale Angelo Maria Durini [1725–1796]. Un mecenate lombardo nell’Europa dei Lumi fra arte, lettere e diplomazia, Cinisello Balsamo 2010, S. 82, Nr. 50). Hier offenbart sich Ercole Procaccinis Vorliebe für Schlachtenszenen, die er in das Kleid eines Historiengemäldes verpackt. Das verkürzte Profil des bewaffneten Mannes mit dem Lichtreflex im Auge – ein wiederkehrender Typus im Schaffen des Künstlers – ähnelt jenem der auf dem Rücken liegenden Figur mit ausgestreckten Armen im Triumph des Eros, der sich ebenfalls im Palazzo Durini befindet (siehe Geddo, op. cit., Abb. 7). Zudem gibt es eine Reihe von Bezugnahmen auf Giulio Cesare Procaccini (Bologna 1574 – Mailand 1625), der eine ständige Inspirationsquelle für das Werk seines Neffen war: Bezüge zeigen sich sowohl in der Gruppe der beiden Krieger, von denen der eine in Richtung des Betrachters zu Fall gebracht wurde – eine freie Interpretation des Gemäldes Kain und Abel in der Accademia Albertina in Turin – sowie in der kleinteiligen Darstellung der Schlacht im fernen Hintergrund. Die Komposition hingegen, die zwei sehr unterschiedliche Blickwinkel vereint, greift auf Werke Giovanni Battista Crespis, genannt Il Cerano zurück, der Ercole Procaccinis Lehrer an der Accademia Ambrosiana war. Weitere Rückgriffe auf seinen Lehrer zeigen sich im feinen Glanz des getriebenen Metalls von Schwert und Helm, die verwaist auf der Brücke liegen. In der dynamischen Verschlingung der beiden Körper, die eigentlich von Rubens herrührt, wird hingegen der Einfluss Johann Christoph Storers (1620–1671) deutlich, der um 1658 Seite an Seite mit Ercole im Palazzo Durini arbeitete.

Cristina Geddo zufolge weisen diese Bezugnahmen und vor allem die weiche Pinselschrift, mit der eine starke atmosphärische Wirkung erzeugt wird, auf eine Datierung des Werks um 1650.

Hilfreich für die Bestimmung der Szene als Begebenheit aus der römischen Geschichte ist die Kette, die der dem Tod geweihte Krieger um den Hals trägt und die als Detail der Komposition hervorgehoben wird: Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich um einen Torques, ein für die Gallier typisches Schmuckstück, das auch auf die Herkunft des Kognomen des Titus Manlius Torquatus verweist. Die Darstellung zeigt somit höchstwahrscheinlich die Schlacht zwischen Römern und Galliern an den Ufern des Anio und insbesondere jene entscheidende Szene, die sich auf der Brücke zwischen dem jungen römischen Patrizier Titus Manlius und einem mächtigen gallischen Krieger in bombastischer Uniform ereignete. Die Episode wird bei Titus Livius in einem Abschnitt beschrieben, der den Ereignissen im Jahr 161 v. Chr. und seinem Ab urbe condita (VII, 9–10) gewidmet ist. Torquatus bemächtigte sich des Halsschmucks des Galliers, was ihm seinen späteren Namen gab.

Als eines der engagiertesten und experimentellsten Werke Ercole Procaccinis ist dieses Gemälde eine besonders wichtige Hinzufügung zum bekannten Oeuvre dieses Mailänder Künstlers.

Wir danken Cristina Geddo und Sonia Cavicchioli für ihre Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes.


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old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 21.04.2015 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 11.04. - 21.04.2015

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