Lot Nr. 9


Giovanni di Ser Giovanni, gen. Lo Scheggia - ein Paar (2)


Giovanni di Ser Giovanni, gen. Lo Scheggia - ein Paar (2) - Alte Meister

(San Giovanni Valdarno 1406–1486 Florenz)
Flötespielender Putto; Putto mit Flöte,
Tempera auf Holz, je 45 x 41 cm, ungerahmt (2)

Provenienz:
Privatsammlung, Nordfrankreich (um 1880);
Privatsammlung, Brüssel

Bei den beiden vorliegenden Gemälden handelt es sich höchstwahrscheinlich um die Seitentafeln eines sogenannten „cassone“, einer bemalten Hochzeitstruhe. Die Putten sind ganzfigurig und nahezu unbekleidet dargestellt und tragen nichts als einen kleinen, rot gefütterten Umhang. Sie musizieren und tanzen inmitten einer in spätgotischer Manier gemalten Blumenwiese. Das Motiv wurde unmittelbar von monumentalen Skulpturen angeregt, wobei es deutliche Bezüge zur Kanzel Donatellos und Michelozzos im Dom von Prato und zum berühmten Chorgestühl Luca della Robbias und Donatellos im Florentiner Dom gibt.

Die beiden Gemälde sind typisch für das Schaffen von Giovanni di Ser Giovanni, genannt Lo Scheggia, dem jüngeren Bruder Masaccios, mit dem dieser auch zusammenarbeitete. Ab 1430 war Lo Scheggia mit einer vielbeschäftigten Werkstatt in Florenz tätig, die sich auf Truhen, Rückenlehnen, Geburtsscheiben (deschi da parto) und Andachtsaltäre für oft hochrangige private Auftraggeber spezialisiert hatte, unter ihnen Piero de’ Medici und dessen Sohn, Lorenzo der Prächtige (siehe L. Bellosi/M. Haines, Lo Scheggia, Florenz/Siena 1999; L. Cavazzini, Il fratello di Masaccio: Giovanni di Ser Giovanni detto lo Scheggia, Ausst.-Kat., Florenz/Siena 1999).

Die betonte Plastizität der nackten Puttenkörper und das Streben nach Naturalismus zeugen von einer starken Orientierung an den großen Vorbildern Masaccios, wobei natürlich dazukommt, dass Lo Scheggio 1426, nach seiner Ausbildung in der Werkstatt Bicci di Lorenzos, Masaccios Mitarbeiter in Pisa war. Derartige Merkmale sind nur in der Frühzeit seines Schaffens zu beobachten, als der Maler noch unter starkem Einfluss seines berühmten älteren Bruders war.

Es zeigt sich eine große Nähe zu Bildern wie der Madonna mit Kind und zwei Engeln im Museo Horne in Florenz (Inv. 50; L. Bellosi/M. Haines ebd., 1999, S. 81), der Madonna mit stehendem Kind der Stadtverwaltung Bolognas (A. Tambini, Un’aggiunta al catalogo dello Scheggia e l’influenza di Masaccio, in: Paragone, 467 (1989), S. 67–72) und der Madonna mit Kind und Johannesknaben, ehemals in einer französischen Privatsammlung (F. Zeri, Un appunto su Tommaso di Ser Giovanni, detto Masaccio, e suo fratello Giovanni di Ser Giovanni, detto Scheggia, in: Prospettiva, 33–36 (1983/84), S. 56–64), die vermutlich alle aus der Zeit zwischen 1430 und 1440 datieren. In stilistischer Hinsicht sei zudem darauf hingewiesen, dass vor allem der Putto mit Dudelsack, der in einer perspektivisch sehr gelungenen Rückenansicht wiedergegeben ist, eine deutliche Nähe in Malweise und Typologie zu dem mit einem jungen Tier spielenden Putto (siehe Abb.) auf der Rückseite einer Geburtsscheibe (desco da parto) Massacios in den Museen zu Berlin (Inv. 58C) aufweist. Sie wurde erst in jüngerer Zeit als ein Werk Lo Scheggias identifiziert, das in Zusammenarbeit mit seinem Bruder entstanden ist (K. Christiansen, in: The Burlington Magazine, CXXXII (1990), S. 337; siehe auch M. Boskovits, in: Masaccio e le Origini del Rinascimento, Ausst.-Kat., Genf/Mailand 2002, S. 73n).

Wir danken Filippo Todini für die Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes.

21.04.2015 - 18:00

Schätzwert:
EUR 50.000,- bis EUR 70.000,-

Giovanni di Ser Giovanni, gen. Lo Scheggia - ein Paar (2)


(San Giovanni Valdarno 1406–1486 Florenz)
Flötespielender Putto; Putto mit Flöte,
Tempera auf Holz, je 45 x 41 cm, ungerahmt (2)

Provenienz:
Privatsammlung, Nordfrankreich (um 1880);
Privatsammlung, Brüssel

Bei den beiden vorliegenden Gemälden handelt es sich höchstwahrscheinlich um die Seitentafeln eines sogenannten „cassone“, einer bemalten Hochzeitstruhe. Die Putten sind ganzfigurig und nahezu unbekleidet dargestellt und tragen nichts als einen kleinen, rot gefütterten Umhang. Sie musizieren und tanzen inmitten einer in spätgotischer Manier gemalten Blumenwiese. Das Motiv wurde unmittelbar von monumentalen Skulpturen angeregt, wobei es deutliche Bezüge zur Kanzel Donatellos und Michelozzos im Dom von Prato und zum berühmten Chorgestühl Luca della Robbias und Donatellos im Florentiner Dom gibt.

Die beiden Gemälde sind typisch für das Schaffen von Giovanni di Ser Giovanni, genannt Lo Scheggia, dem jüngeren Bruder Masaccios, mit dem dieser auch zusammenarbeitete. Ab 1430 war Lo Scheggia mit einer vielbeschäftigten Werkstatt in Florenz tätig, die sich auf Truhen, Rückenlehnen, Geburtsscheiben (deschi da parto) und Andachtsaltäre für oft hochrangige private Auftraggeber spezialisiert hatte, unter ihnen Piero de’ Medici und dessen Sohn, Lorenzo der Prächtige (siehe L. Bellosi/M. Haines, Lo Scheggia, Florenz/Siena 1999; L. Cavazzini, Il fratello di Masaccio: Giovanni di Ser Giovanni detto lo Scheggia, Ausst.-Kat., Florenz/Siena 1999).

Die betonte Plastizität der nackten Puttenkörper und das Streben nach Naturalismus zeugen von einer starken Orientierung an den großen Vorbildern Masaccios, wobei natürlich dazukommt, dass Lo Scheggio 1426, nach seiner Ausbildung in der Werkstatt Bicci di Lorenzos, Masaccios Mitarbeiter in Pisa war. Derartige Merkmale sind nur in der Frühzeit seines Schaffens zu beobachten, als der Maler noch unter starkem Einfluss seines berühmten älteren Bruders war.

Es zeigt sich eine große Nähe zu Bildern wie der Madonna mit Kind und zwei Engeln im Museo Horne in Florenz (Inv. 50; L. Bellosi/M. Haines ebd., 1999, S. 81), der Madonna mit stehendem Kind der Stadtverwaltung Bolognas (A. Tambini, Un’aggiunta al catalogo dello Scheggia e l’influenza di Masaccio, in: Paragone, 467 (1989), S. 67–72) und der Madonna mit Kind und Johannesknaben, ehemals in einer französischen Privatsammlung (F. Zeri, Un appunto su Tommaso di Ser Giovanni, detto Masaccio, e suo fratello Giovanni di Ser Giovanni, detto Scheggia, in: Prospettiva, 33–36 (1983/84), S. 56–64), die vermutlich alle aus der Zeit zwischen 1430 und 1440 datieren. In stilistischer Hinsicht sei zudem darauf hingewiesen, dass vor allem der Putto mit Dudelsack, der in einer perspektivisch sehr gelungenen Rückenansicht wiedergegeben ist, eine deutliche Nähe in Malweise und Typologie zu dem mit einem jungen Tier spielenden Putto (siehe Abb.) auf der Rückseite einer Geburtsscheibe (desco da parto) Massacios in den Museen zu Berlin (Inv. 58C) aufweist. Sie wurde erst in jüngerer Zeit als ein Werk Lo Scheggias identifiziert, das in Zusammenarbeit mit seinem Bruder entstanden ist (K. Christiansen, in: The Burlington Magazine, CXXXII (1990), S. 337; siehe auch M. Boskovits, in: Masaccio e le Origini del Rinascimento, Ausst.-Kat., Genf/Mailand 2002, S. 73n).

Wir danken Filippo Todini für die Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes.


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old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 21.04.2015 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 11.04. - 21.04.2015

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