Lot Nr. 62


Federico Barocci


Federico Barocci - Alte Meister

(Urbino 1535–1612)
Kopfstudie einer jungen Frau,
Öl auf Holz, 43,4 x 33,7 cm, gerahmt

Rückseitig: Siegel der Boncompagni Ludovisi (oben links) und Siegel der Boncompagni Ruffo (unten rechts)

Provenienz:
Ugo Boncompagni, 4. Herzog von Sora, Rom (1614–1676);
Gregorio II Boncompagni, 5. Herzog von Sora und Arce, Rom (1701);
Antonio I Boncompagni, 6. Herzog von Sora und Arce, Rom (1658–1721), ab 1702 Boncompagni Ludovisi genannt;
durch Erbschaft an den jetzigen Besitzer

Dokumentation:
1701 als Leihgabe der Sammlung Gregorio Boncompagni Ludovisi dokumentiert: „due teste del Barocci“ (siehe Literatur)
ASV, Archivio Boncompagni Ludovisi, Inventarverzeichnis von Gregorio Boncompagni, 17. März 1707 (Prot. 659, Nr. 5) 42 /Anm. 2: “Quadri da mezza testa per alto con cornici dorate, rappresentanti due teste con busti di Donne al naturale dipinti in tavola”

Literatur:
A. G. De Marchi, Mostre di quadri a San Salvatore in Lauro: (1682–1725), stime di collezioni romane. Note e appunti di Giuseppe Ghezzi, Rom 1987, S. 150

Wir danken Andrea Emiliani für die Bestätigung der Zuschreibung.

Das vorliegende Gemälde steht in Zusammenhang mit Federico Baroccis wichtigem Altarbild Die sieben Werke der Barmherzigkeit, auch bekannt als Madonna del Popolo (Uffizien, Florenz), das der Künstler in den 1570er-Jahren schuf. Die Gesichtszüge des Mädchens auf dem vorliegenden Gemälde erinnern stark an jene des Mädchens im Altarbild, wo es neben der knienden Frau erscheint, welche die Kinder an ihrer Seite eindringlich dazu ermahnt, die Hände zum Gebet zu falten, während sie zugleich auf die wundersame himmlische Erscheinung hinweist. Die Figurengruppe kennt man von mehreren vorbereitenden Zeichnungen her, etwa von einem Blatt in den Staatlichen Museen zu Berlin (Inv. Nr. KdZ.6528, recto). Die Ausrichtung des Gesichts des Mädchens wurde jedoch vom Künstler mehrmals überdacht: Auf dem ausgeführten Werk entschloss er sich dazu, seinen Standort und seine Haltung zu verändern und es nahe bei der Frau zu platzieren, die es instruiert.

Wohingegen es nicht möglich ist, klarere Zusammenhänge mit anderen Figuren junger Mädchen herzustellen, die in Baroccis großen öffentlichen Werken in Erscheinung treten, wird deutlich, dass es sich bei der vorliegenden Komposition um den ursprünglichen und bisher unbekannten Prototyp dieses anmutigen Porträts handelt, das viele Künstler ausgehend von Baroccis Vorbild in der Folge nachahmen sollten. Eines dieser Gemälde befindet sich in der Pinacoteca Nazionale di Bologna (Inv. Nr. 131), während ein anderes Beispiel von großer Ähnlichkeit in der National Gallery of Victoria in Melbourne aufbewahrt wird; ein drittes hat Federico Zeri in einer Privatsammlung nachgewiesen. In diesen Abwandlungen ist wohl etwas von der Anmut und dem Stil Baroccis erhalten geblieben, doch keine kommt in punkto Qualität an Baroccis direkte Nachfolger heran, ganz zu schweigen von der Handschrift des Meisters selbst. Im Gegensatz dazu weist das vorliegende Gemälde alle Merkmale von Baroccis meisterhafter und sorgfältiger Ausführung auf: Der Künstler scheint durchwegs konsequent in der Wiedergabe seiner Figuren und beherrscht einen Realismus, der durch eine stark bewegte und lebendige Malweise sowie eine schier endlose Bandbreite an Haltungen, Gesten und Gefühlsäußerungen erreicht wird.

Aus dem vorliegenden Bild blicken lebhafte junge Augen dem Betrachter direkt entgegen, und doch scheint das Mädchen eher als Beobachterin angelegt denn als bloße Erscheinung in einem Bild. Man kann annehmen, dass es sich um ein junges Familienmitglied des Hofes von Urbino handelt. In dem Lächeln, das sich durch kristalline Schönheit auszeichnet, kommt die poesiehafte Warmherzigkeit, mit der Barocci seine Figuren für gewöhnlich ausstattet, deutlich zum Ausdruck. Man spürt hier eine Dimension des „christlichen Frohsinns“, dem Barocci in Filippo Neris Chiesa Nuova begegnete und dessen gefühlsbetonte Aspekte er in seinen bevorzugten Themen Familie, Mutterschaft und Gemeinschaft umsetzte.

Wir danken Andrea Emiliani für seine Unterstützung bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes.

21.10.2014 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 271.400,-
Schätzwert:
EUR 80.000,- bis EUR 120.000,-

Federico Barocci


(Urbino 1535–1612)
Kopfstudie einer jungen Frau,
Öl auf Holz, 43,4 x 33,7 cm, gerahmt

Rückseitig: Siegel der Boncompagni Ludovisi (oben links) und Siegel der Boncompagni Ruffo (unten rechts)

Provenienz:
Ugo Boncompagni, 4. Herzog von Sora, Rom (1614–1676);
Gregorio II Boncompagni, 5. Herzog von Sora und Arce, Rom (1701);
Antonio I Boncompagni, 6. Herzog von Sora und Arce, Rom (1658–1721), ab 1702 Boncompagni Ludovisi genannt;
durch Erbschaft an den jetzigen Besitzer

Dokumentation:
1701 als Leihgabe der Sammlung Gregorio Boncompagni Ludovisi dokumentiert: „due teste del Barocci“ (siehe Literatur)
ASV, Archivio Boncompagni Ludovisi, Inventarverzeichnis von Gregorio Boncompagni, 17. März 1707 (Prot. 659, Nr. 5) 42 /Anm. 2: “Quadri da mezza testa per alto con cornici dorate, rappresentanti due teste con busti di Donne al naturale dipinti in tavola”

Literatur:
A. G. De Marchi, Mostre di quadri a San Salvatore in Lauro: (1682–1725), stime di collezioni romane. Note e appunti di Giuseppe Ghezzi, Rom 1987, S. 150

Wir danken Andrea Emiliani für die Bestätigung der Zuschreibung.

Das vorliegende Gemälde steht in Zusammenhang mit Federico Baroccis wichtigem Altarbild Die sieben Werke der Barmherzigkeit, auch bekannt als Madonna del Popolo (Uffizien, Florenz), das der Künstler in den 1570er-Jahren schuf. Die Gesichtszüge des Mädchens auf dem vorliegenden Gemälde erinnern stark an jene des Mädchens im Altarbild, wo es neben der knienden Frau erscheint, welche die Kinder an ihrer Seite eindringlich dazu ermahnt, die Hände zum Gebet zu falten, während sie zugleich auf die wundersame himmlische Erscheinung hinweist. Die Figurengruppe kennt man von mehreren vorbereitenden Zeichnungen her, etwa von einem Blatt in den Staatlichen Museen zu Berlin (Inv. Nr. KdZ.6528, recto). Die Ausrichtung des Gesichts des Mädchens wurde jedoch vom Künstler mehrmals überdacht: Auf dem ausgeführten Werk entschloss er sich dazu, seinen Standort und seine Haltung zu verändern und es nahe bei der Frau zu platzieren, die es instruiert.

Wohingegen es nicht möglich ist, klarere Zusammenhänge mit anderen Figuren junger Mädchen herzustellen, die in Baroccis großen öffentlichen Werken in Erscheinung treten, wird deutlich, dass es sich bei der vorliegenden Komposition um den ursprünglichen und bisher unbekannten Prototyp dieses anmutigen Porträts handelt, das viele Künstler ausgehend von Baroccis Vorbild in der Folge nachahmen sollten. Eines dieser Gemälde befindet sich in der Pinacoteca Nazionale di Bologna (Inv. Nr. 131), während ein anderes Beispiel von großer Ähnlichkeit in der National Gallery of Victoria in Melbourne aufbewahrt wird; ein drittes hat Federico Zeri in einer Privatsammlung nachgewiesen. In diesen Abwandlungen ist wohl etwas von der Anmut und dem Stil Baroccis erhalten geblieben, doch keine kommt in punkto Qualität an Baroccis direkte Nachfolger heran, ganz zu schweigen von der Handschrift des Meisters selbst. Im Gegensatz dazu weist das vorliegende Gemälde alle Merkmale von Baroccis meisterhafter und sorgfältiger Ausführung auf: Der Künstler scheint durchwegs konsequent in der Wiedergabe seiner Figuren und beherrscht einen Realismus, der durch eine stark bewegte und lebendige Malweise sowie eine schier endlose Bandbreite an Haltungen, Gesten und Gefühlsäußerungen erreicht wird.

Aus dem vorliegenden Bild blicken lebhafte junge Augen dem Betrachter direkt entgegen, und doch scheint das Mädchen eher als Beobachterin angelegt denn als bloße Erscheinung in einem Bild. Man kann annehmen, dass es sich um ein junges Familienmitglied des Hofes von Urbino handelt. In dem Lächeln, das sich durch kristalline Schönheit auszeichnet, kommt die poesiehafte Warmherzigkeit, mit der Barocci seine Figuren für gewöhnlich ausstattet, deutlich zum Ausdruck. Man spürt hier eine Dimension des „christlichen Frohsinns“, dem Barocci in Filippo Neris Chiesa Nuova begegnete und dessen gefühlsbetonte Aspekte er in seinen bevorzugten Themen Familie, Mutterschaft und Gemeinschaft umsetzte.

Wir danken Andrea Emiliani für seine Unterstützung bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes.


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 21.10.2014 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 11.10. - 21.10.2014


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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