Lot Nr. 44


Ferdinand Georg Waldmüller


(Wien 1793-1865) Die Kranzljungfer, signiert und datiert Waldmüller 1843, Öl auf Holz, rückseitig altes Klebeetikett Basel Kunsthalle 1943, 50 x 42 cm,gerahmt, gerostet, (W)

Literatur: Friedrich von Boetticher, Malerwerke des 19. Jahrhunderts, Bd. II,2, S.969, 119. Bruno Grimschitz, Ferdinand Georg Waldmüller, Verlag Galerie Welz, Salzburg 1957, WVZ Nr.544. Rupert Feuchtmüller, Ferdinand Georg Waldmüller, 1793-1865, Leben. Schriften. Werke., Verlag Christian Brandstätter, Wien-München 1996, WVZ Nr.601 (Datierung fälschlicherweise mit 1839 angeführt). Ausgestellt in: Basel Kunsthalle, Ausstellung von Werken des 19. Jahrhunderts aus Basler Privatbesitz, 1943, Nr. 153. Ferdinand Georg Waldmüller, 1793-1865, Österreichische Galerie, Belvedere, Wien 2010, Ausstellungskatalog, Kat.-Nr. 41, Abb. S. 89. Provenienz: Anton Ritter von Oezelt, Wien bis 1878; versteigert durch P. Kaeser, Wien 18. November 1878, Lot 85; versteigert durch S. Kende, Wien 3. November 1919, Nr. 215; Schweizer Privatbesitz; Sotheby's London 30. Mai 2008, Lot 7; Österreichischer Privatbesitz. Ferdinand Georg Waldmüller: 1793 geboren, besuchte Ferdinand Georg Waldmüller unregelmäßig die Akademie in Wien und war unter anderem Schüler von Johann Baptist Lampi. Seinen Lebensunterhalt verdiente der junge Künstler anfangs als Miniaturist, später als Kulissenmaler am Theater. Ab dem Jahre 1817 nahm er Unterricht bei Josef Lange in der Ölmalerei, sowie bei Johann Nepomuk Schödlberger in der Landschaftsmalerei. Ab 1825 stellte sich eine rege Reisetätigkeit, vor allem nach Italien, ein. Neben der Porträtmalerei, gewannen die Landschaftsdarstellungen immer mehr an Bedeutung. Nachdem Waldmüller das Naturstudium gegenüber dem akademischen Kopieren Alter Meister bevorzugte, geriet er mit der Akademie, wo er seit 1829 Kustos war und Privatunterricht gab, immer mehr in Konflikt. Waldmüller war fast 50 Jahre alt als er begann die Genremalerei für sich zu erobern. Seine Sujets suchte er vorzugsweise bei Vertretern des Bauernstandes oder bei der Bevölkerung außerhalb der Stadtmauern Wiens. Dargestellt werden Alltäglichkeiten, Feste, Freuden und Nöte. Als seine ersten großen Genredarstellungen gelten in der Literatur allgemein die beiden Bilder "Nach der Schule" von 1841 und die "Niederösterreichische Bauernhochzeit" von 1843. Zur selben Zeit entstand die Szene mit der "Kranzljungfer", wobei es sich um ein familiäres Ereignis handelt, an dem alle Generationen teilhaben (Vgl. Agnes Husslein-Arco, Sabine Grabner (Hrsg.), Ferdinand Georg Waldmüller 1793-1865, Wien 2009, Ausstellungskatalog, S 133, 137f. und 222.) Die Szene spielt im Vorhaus eines alpinen Bauernhofes. Links fällt der Blick auf die sonnige Gebirgslandschaft mit einem steilen Berghang, einem kleinen Bach, Bäumen und Wiesen. Im Zentrum steht ein junges Mädchen, der die Großmutter einen Kranz aus Rosen auf blond gelockte Haar drückt. Eine weitere Frau aus dem Hintergrund ordnet das Haar. Das Mädchen blickt etwas verlegen zur Seite. In ihrer Linken hält sie einige rosa Rosen an ihren Leib gedrückt. Die andere Hand streckt sie einem kleinen Kind entgegen, das ihr weitere Rosen reicht. Diese kleine Mädchen dient als Repoussoir-Figur, das den Betrachter ins Bild hinein führt. Waldmüller stellt hier sowohl szenisch als auch kompositionell Verbindungen her. Der Kopf der Kranzljungfrau bildet die Spitze eines Dreiecks, die anderen Seiten ergeben sich durch die Blicke bzw. Gesten. Auch die hinter der Jungfrau gestaffelt angeordneten Figuren setzen durch ihre Gesten, Körperbewegungen bzw. Blicke eine Interaktion, wodurch der Bildraum strukturiert wird. Klaus Albrecht Schröder beschreibt diese Form der Komposition: "Waldmüller organisiert seine vielfigurigen Gruppenbilder mit wenigen geometrischen Grundformen: pyramidalen, Dreiecks- und rhomboiden Kompositionen. Er organisiert Personen in kleinen Subgruppen, die ihrerseits untereinander durch gestische Verschränkungen, Blicke und Körperbewegungen verknüpft sind. Die Dramaturgie der Kräfte ist jeweils in dreieckige Grundfiguren gebannt, innerhalb derer sie sich heftig entfalten können." (Klaus Albrecht Schröder, Ferdinand Georg Waldmüller, München 1990, S 40) Die Dramaturgie dieses Bildes ist nicht nur durch die einzelnen Gruppen, sondern auch durch ganz bewusste Lichtgestaltung erreicht. Das Tageslich, von links einfallend, bringt die weiße Bluse und Schürze des Mädchens zum Erstrahlen. Durch die helle Kleidung der Kinder rechts und links wird die oben erwähnte Dreieckskomposition geschlossen. Die übrigen Figuren sind bewusst im Dunkel gehalten, sodass der starke Kontrast die Kranzljungfrau gekonnt hervorhebt. Neben dieser kompositorisch so natürlich dargestellten Gliederung sind für den Künstler auch Tracht und Gegenstände, die er in diese Komposition gekonnt einarbeitet von großer Bedeutung und für uns heute ein Zeugnis der damals gebräuchlichen Gegenstände. Mit großer Liebe arrangiert der Künstler zum Beispiel im Vordergrund ein Stillleben aus Blumenstock, Zweig und Filzpantoffel. Den Mittelpunkt freilich bildet die familiäre Zuneigung, der familiäre Zusammenhalt. Die Figuren gehen liebe- und ehrfurchtsvoll miteinander um. Dargestellt ist somit das einfache Glück des Alltags. Klaus Albrecht Schröder spricht von sogenannten "Glücksbildern". (Schröder, cit. op., S 38).

Expertin: Dr. Christl Wolf Dr. Christl Wolf
+43-1-515 60-377

19c.paintings@dorotheum.at

12.10.2010 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 421.300,-
Schätzwert:
EUR 300.000,- bis EUR 400.000,-

Ferdinand Georg Waldmüller


(Wien 1793-1865) Die Kranzljungfer, signiert und datiert Waldmüller 1843, Öl auf Holz, rückseitig altes Klebeetikett Basel Kunsthalle 1943, 50 x 42 cm,gerahmt, gerostet, (W)

Literatur: Friedrich von Boetticher, Malerwerke des 19. Jahrhunderts, Bd. II,2, S.969, 119. Bruno Grimschitz, Ferdinand Georg Waldmüller, Verlag Galerie Welz, Salzburg 1957, WVZ Nr.544. Rupert Feuchtmüller, Ferdinand Georg Waldmüller, 1793-1865, Leben. Schriften. Werke., Verlag Christian Brandstätter, Wien-München 1996, WVZ Nr.601 (Datierung fälschlicherweise mit 1839 angeführt). Ausgestellt in: Basel Kunsthalle, Ausstellung von Werken des 19. Jahrhunderts aus Basler Privatbesitz, 1943, Nr. 153. Ferdinand Georg Waldmüller, 1793-1865, Österreichische Galerie, Belvedere, Wien 2010, Ausstellungskatalog, Kat.-Nr. 41, Abb. S. 89. Provenienz: Anton Ritter von Oezelt, Wien bis 1878; versteigert durch P. Kaeser, Wien 18. November 1878, Lot 85; versteigert durch S. Kende, Wien 3. November 1919, Nr. 215; Schweizer Privatbesitz; Sotheby's London 30. Mai 2008, Lot 7; Österreichischer Privatbesitz. Ferdinand Georg Waldmüller: 1793 geboren, besuchte Ferdinand Georg Waldmüller unregelmäßig die Akademie in Wien und war unter anderem Schüler von Johann Baptist Lampi. Seinen Lebensunterhalt verdiente der junge Künstler anfangs als Miniaturist, später als Kulissenmaler am Theater. Ab dem Jahre 1817 nahm er Unterricht bei Josef Lange in der Ölmalerei, sowie bei Johann Nepomuk Schödlberger in der Landschaftsmalerei. Ab 1825 stellte sich eine rege Reisetätigkeit, vor allem nach Italien, ein. Neben der Porträtmalerei, gewannen die Landschaftsdarstellungen immer mehr an Bedeutung. Nachdem Waldmüller das Naturstudium gegenüber dem akademischen Kopieren Alter Meister bevorzugte, geriet er mit der Akademie, wo er seit 1829 Kustos war und Privatunterricht gab, immer mehr in Konflikt. Waldmüller war fast 50 Jahre alt als er begann die Genremalerei für sich zu erobern. Seine Sujets suchte er vorzugsweise bei Vertretern des Bauernstandes oder bei der Bevölkerung außerhalb der Stadtmauern Wiens. Dargestellt werden Alltäglichkeiten, Feste, Freuden und Nöte. Als seine ersten großen Genredarstellungen gelten in der Literatur allgemein die beiden Bilder "Nach der Schule" von 1841 und die "Niederösterreichische Bauernhochzeit" von 1843. Zur selben Zeit entstand die Szene mit der "Kranzljungfer", wobei es sich um ein familiäres Ereignis handelt, an dem alle Generationen teilhaben (Vgl. Agnes Husslein-Arco, Sabine Grabner (Hrsg.), Ferdinand Georg Waldmüller 1793-1865, Wien 2009, Ausstellungskatalog, S 133, 137f. und 222.) Die Szene spielt im Vorhaus eines alpinen Bauernhofes. Links fällt der Blick auf die sonnige Gebirgslandschaft mit einem steilen Berghang, einem kleinen Bach, Bäumen und Wiesen. Im Zentrum steht ein junges Mädchen, der die Großmutter einen Kranz aus Rosen auf blond gelockte Haar drückt. Eine weitere Frau aus dem Hintergrund ordnet das Haar. Das Mädchen blickt etwas verlegen zur Seite. In ihrer Linken hält sie einige rosa Rosen an ihren Leib gedrückt. Die andere Hand streckt sie einem kleinen Kind entgegen, das ihr weitere Rosen reicht. Diese kleine Mädchen dient als Repoussoir-Figur, das den Betrachter ins Bild hinein führt. Waldmüller stellt hier sowohl szenisch als auch kompositionell Verbindungen her. Der Kopf der Kranzljungfrau bildet die Spitze eines Dreiecks, die anderen Seiten ergeben sich durch die Blicke bzw. Gesten. Auch die hinter der Jungfrau gestaffelt angeordneten Figuren setzen durch ihre Gesten, Körperbewegungen bzw. Blicke eine Interaktion, wodurch der Bildraum strukturiert wird. Klaus Albrecht Schröder beschreibt diese Form der Komposition: "Waldmüller organisiert seine vielfigurigen Gruppenbilder mit wenigen geometrischen Grundformen: pyramidalen, Dreiecks- und rhomboiden Kompositionen. Er organisiert Personen in kleinen Subgruppen, die ihrerseits untereinander durch gestische Verschränkungen, Blicke und Körperbewegungen verknüpft sind. Die Dramaturgie der Kräfte ist jeweils in dreieckige Grundfiguren gebannt, innerhalb derer sie sich heftig entfalten können." (Klaus Albrecht Schröder, Ferdinand Georg Waldmüller, München 1990, S 40) Die Dramaturgie dieses Bildes ist nicht nur durch die einzelnen Gruppen, sondern auch durch ganz bewusste Lichtgestaltung erreicht. Das Tageslich, von links einfallend, bringt die weiße Bluse und Schürze des Mädchens zum Erstrahlen. Durch die helle Kleidung der Kinder rechts und links wird die oben erwähnte Dreieckskomposition geschlossen. Die übrigen Figuren sind bewusst im Dunkel gehalten, sodass der starke Kontrast die Kranzljungfrau gekonnt hervorhebt. Neben dieser kompositorisch so natürlich dargestellten Gliederung sind für den Künstler auch Tracht und Gegenstände, die er in diese Komposition gekonnt einarbeitet von großer Bedeutung und für uns heute ein Zeugnis der damals gebräuchlichen Gegenstände. Mit großer Liebe arrangiert der Künstler zum Beispiel im Vordergrund ein Stillleben aus Blumenstock, Zweig und Filzpantoffel. Den Mittelpunkt freilich bildet die familiäre Zuneigung, der familiäre Zusammenhalt. Die Figuren gehen liebe- und ehrfurchtsvoll miteinander um. Dargestellt ist somit das einfache Glück des Alltags. Klaus Albrecht Schröder spricht von sogenannten "Glücksbildern". (Schröder, cit. op., S 38).

Expertin: Dr. Christl Wolf Dr. Christl Wolf
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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

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Auktion: Gemälde des 19. Jahrhunderts
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 12.10.2010 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 02.10. - 12.10.2010


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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