Giuseppe Maria Crespi
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(Bologna 1665–1747)
Sängerin am Spinett mit Bewunderern,
Öl auf Leinwand, 59 x 47,5 cm, gerahmt
Provenienz:
Privatsammlung, Bologna
Literatur:
M. P. Merriman, Comedy, Reality and Development of Genre Painting in Italy, in: J. T. Spike (Hg.), Giuseppe Maria Crespi and the Emergence of Genre Painting in Italy, Ausstellungskatalog, Florenz 1986, S. 52/53, Abb. 45, und S. 158, Erwähnung unter Nr. 24, Anm. 1;
A. Emiliani (Hg.), Giuseppe Maria Crespi 1665–1747, Bologna 1990, S. 258, Erwähnung unter Nr. 131
Das vorliegende Werk Giuseppe Maria Crespis stellt eine Galanterieszene dar, von der uns eine andere Fassung ähnlichen Formats (57,6 × 45,7 cm) in den Uffizien in Florenz erhalten ist (siehe M. P. Merriman, Giuseppe Maria Crespi, Mailand 1980, S. 316, Nr. 284). Das Thema ist mit einem Gemäldezyklus auf Kupfer in Verbindung gebracht worden, die Giampietro Zanotti, einem der wichtigsten Crespi-Biografen, zufolge der Künstler für einen englischen Auftraggeber ausführte (siehe G. Zanotti, Storia dell’Accademia Clementina di Bologna, Bologna 1739, II, S. 59). Der Zyklus beschrieb Aufstieg und Fall einer Opernsängerin von bescheidener Herkunft und erzählte die Geschichte mit eindeutig komischen Untertönen. Dieser Zug zeigt sich tatsächlich auch im gegenständlichen Werk: Crespi bedient sich hier des komischen Beiseite- oder A-part-Sprechens, eines Mittels der Commedia dell’arte, um keinen Zweifel daran zu lassen, dass nur die beiden Protagonisten von dem, was sie tun, überzeugt sind, worüber sich zudem die anderen auf der Bühne Agierenden, die sich dem Betrachter mit Mienen wissenden Spotts zuwenden, lustig machen.
Das vorliegende Gemälde zeigt, wie der junge Kavalier der Sängerin eine Perlenkette überreicht. Sie unterbricht ihre Darbietung am Spinett und wendet sich mit einer Gebärde der Demut ihrem Verehrer zu, um das Geschenk entgegenzunehmen. Ihre Gesten sind jedoch affektiert und legen die scheinbare Bescheidenheit als Ausdruck einer von Laster verdorbenen erfolgreichen Diva bloß. Angesichts der blinden Vernarrtheit des Mannes kann keiner der Umstehenden einen Ausbruch von Heiterkeit unterdrücken. Links grinst einem eine männliche Figur komplizenhaft entgegen, während rechts eine Dienerin auf einen jungen Mann zeigt, der den unwissenden Verehrer mit den traditionellerweise einem betrogenen Ehemann aufgesetzten Hörnern krönt. Weitere Mägde schauen wie Nebenfiguren in einem Bühnenstück amüsiert zu: Ihre Bewegungen sind im Gegensatz zur Steifheit der beiden Protagonisten lebendig und frisch. Schauplatz der Szene ist ein aristokratisch gestaltetes Interieur, das eher „erfunden“ denn dem Leben abgeschaut ist, um dem narrativen Charakter der Episode besser zu entsprechen.
Aus stilistischen Gründen wird das vorliegende Gemälde, das man der Fassung in den Uffizien als überlegen befunden hat (siehe Literatur), um die Mitte der 1730er-Jahre datiert. In anderen späten Werken Crespis tauchen einige der karikierten Figuren wieder auf; so begegnet man dem Mann, der hier im linken Vordergrund erscheint, in der Vorstudie für Das Martyrium des Pietro d’Arbués wieder (Pinacoteca Nazionale, Bologna; siehe Merriman 1980, op. cit., S. 263, Nr. 109). Im vorliegenden Gemälde hat der mittlerweile gealterte Künstler mit beeindruckender Versiertheit einen Querschnitt durch die Gesellschaft seiner Epoche verewigt und dabei alle ihre Widersprüche und Gegensätze herausgearbeitet. Er lenkt die Aufmerksamkeit auf die Vitalität der unteren Klassen und die Degeneration der reicheren, wobei er eine einzigartige Mischung von Mitgefühl, Ironie und Empörung an den Tag legt. Die moralisierende Absicht des Werks löst sich in maßvoller Kritik auf, die weder übertrieben absurd noch zu gnadenlos ist. Diese Art Malerei hatte großen Einfluss auf das Schaffen der Maler der nachfolgenden Generation, vor allem des Venezianers Pietro Longhi (1701–1785), der eine Zeit lang in der Werkstatt Crespis in Bologna in die Lehre ging.
24.04.2018 - 17:00
- Erzielter Preis: **
-
EUR 87.500,-
- Schätzwert:
-
EUR 100.000,- bis EUR 150.000,-
Giuseppe Maria Crespi
(Bologna 1665–1747)
Sängerin am Spinett mit Bewunderern,
Öl auf Leinwand, 59 x 47,5 cm, gerahmt
Provenienz:
Privatsammlung, Bologna
Literatur:
M. P. Merriman, Comedy, Reality and Development of Genre Painting in Italy, in: J. T. Spike (Hg.), Giuseppe Maria Crespi and the Emergence of Genre Painting in Italy, Ausstellungskatalog, Florenz 1986, S. 52/53, Abb. 45, und S. 158, Erwähnung unter Nr. 24, Anm. 1;
A. Emiliani (Hg.), Giuseppe Maria Crespi 1665–1747, Bologna 1990, S. 258, Erwähnung unter Nr. 131
Das vorliegende Werk Giuseppe Maria Crespis stellt eine Galanterieszene dar, von der uns eine andere Fassung ähnlichen Formats (57,6 × 45,7 cm) in den Uffizien in Florenz erhalten ist (siehe M. P. Merriman, Giuseppe Maria Crespi, Mailand 1980, S. 316, Nr. 284). Das Thema ist mit einem Gemäldezyklus auf Kupfer in Verbindung gebracht worden, die Giampietro Zanotti, einem der wichtigsten Crespi-Biografen, zufolge der Künstler für einen englischen Auftraggeber ausführte (siehe G. Zanotti, Storia dell’Accademia Clementina di Bologna, Bologna 1739, II, S. 59). Der Zyklus beschrieb Aufstieg und Fall einer Opernsängerin von bescheidener Herkunft und erzählte die Geschichte mit eindeutig komischen Untertönen. Dieser Zug zeigt sich tatsächlich auch im gegenständlichen Werk: Crespi bedient sich hier des komischen Beiseite- oder A-part-Sprechens, eines Mittels der Commedia dell’arte, um keinen Zweifel daran zu lassen, dass nur die beiden Protagonisten von dem, was sie tun, überzeugt sind, worüber sich zudem die anderen auf der Bühne Agierenden, die sich dem Betrachter mit Mienen wissenden Spotts zuwenden, lustig machen.
Das vorliegende Gemälde zeigt, wie der junge Kavalier der Sängerin eine Perlenkette überreicht. Sie unterbricht ihre Darbietung am Spinett und wendet sich mit einer Gebärde der Demut ihrem Verehrer zu, um das Geschenk entgegenzunehmen. Ihre Gesten sind jedoch affektiert und legen die scheinbare Bescheidenheit als Ausdruck einer von Laster verdorbenen erfolgreichen Diva bloß. Angesichts der blinden Vernarrtheit des Mannes kann keiner der Umstehenden einen Ausbruch von Heiterkeit unterdrücken. Links grinst einem eine männliche Figur komplizenhaft entgegen, während rechts eine Dienerin auf einen jungen Mann zeigt, der den unwissenden Verehrer mit den traditionellerweise einem betrogenen Ehemann aufgesetzten Hörnern krönt. Weitere Mägde schauen wie Nebenfiguren in einem Bühnenstück amüsiert zu: Ihre Bewegungen sind im Gegensatz zur Steifheit der beiden Protagonisten lebendig und frisch. Schauplatz der Szene ist ein aristokratisch gestaltetes Interieur, das eher „erfunden“ denn dem Leben abgeschaut ist, um dem narrativen Charakter der Episode besser zu entsprechen.
Aus stilistischen Gründen wird das vorliegende Gemälde, das man der Fassung in den Uffizien als überlegen befunden hat (siehe Literatur), um die Mitte der 1730er-Jahre datiert. In anderen späten Werken Crespis tauchen einige der karikierten Figuren wieder auf; so begegnet man dem Mann, der hier im linken Vordergrund erscheint, in der Vorstudie für Das Martyrium des Pietro d’Arbués wieder (Pinacoteca Nazionale, Bologna; siehe Merriman 1980, op. cit., S. 263, Nr. 109). Im vorliegenden Gemälde hat der mittlerweile gealterte Künstler mit beeindruckender Versiertheit einen Querschnitt durch die Gesellschaft seiner Epoche verewigt und dabei alle ihre Widersprüche und Gegensätze herausgearbeitet. Er lenkt die Aufmerksamkeit auf die Vitalität der unteren Klassen und die Degeneration der reicheren, wobei er eine einzigartige Mischung von Mitgefühl, Ironie und Empörung an den Tag legt. Die moralisierende Absicht des Werks löst sich in maßvoller Kritik auf, die weder übertrieben absurd noch zu gnadenlos ist. Diese Art Malerei hatte großen Einfluss auf das Schaffen der Maler der nachfolgenden Generation, vor allem des Venezianers Pietro Longhi (1701–1785), der eine Zeit lang in der Werkstatt Crespis in Bologna in die Lehre ging.
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old.masters@dorotheum.at +43 1 515 60 403 |
Auktion: | Alte Meister |
Auktionstyp: | Saalauktion |
Datum: | 24.04.2018 - 17:00 |
Auktionsort: | Wien | Palais Dorotheum |
Besichtigung: | 14.04. - 24.04.2018 |
** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer
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