Lot Nr. 80


Francesco Trevisani


Francesco Trevisani - Alte Meister

(Capodistria 1656–1746 Rom)
Die büßende Maria Magdalena,
monogrammiert unten Mitte (auf einem Lesezeichen): F.T.,
Öl auf Leinwand, 99,5 x 73,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Galleria Breda, Mailand;
europäische Privatsammlung

Das vorliegende Gemälde ähnelt anderen bekannten Fassungen dieser Komposition der büßenden Maria Magdalene, darunter auch einem Ovalformat, das sich einst im Besitz von Lucio Pascoli, Trevisanis Freund und Biografen, befand. Zwischen diesem und dem vorliegenden Werk gibt es abgesehen vom Format einige Unterschiede in der Kopfhaltung und der Wuchtigkeit des hölzernen Kreuzes. Pascoli beschreibt, dass er eine Kopie seines Ovalbildes anfertigen lassen wollte und niemanden fand, der an Trevisanis Fähigkeiten herankam, um es getreu zu wiederholen, und er daher Trevisani eine Kopie der Komposition übergab, damit dieser sie überarbeiten sollte. Es wurde erwogen, dass es sich dabei um das vorliegende Gemälde handelt (siehe dazu Trevisanis Schaffen als Repertoiremaler, dessen Thema der Maria Magdalena in einem Beitrag von Karin Wolfe besprochen wird: K. Wolfe, Acquisitive Tourism: Francesco Trevisani’s Roman Studio and British Visitors, in: Roma Britannica. Art Patronage and Cultural Exchange in Eighteenth-Century Rome, hgg. von D. Marshall, S. Russell, K. Wolfe, The British School at Rome, London 2011, S. 83–101).

Wolfe berichtet, dass Trevisanis Biograf Lione Pascoli die Arbeitsweise des Malers um 1736 in einem Absatz des Manuskripts der Francesco Trevisani (1656–1746) gewidmeten Biografie beschrieb, den er später aus unerklärlichen Gründen strich:

„Mit seinen Schülern hatte er wenig Glück; entweder, weil sie nicht fähig waren, ihn nachzuahmen, oder weil nur er sich auf ein so verfeinertes, reizvolles und ansprechendes Malen versteht, sodass es bis heute nur wenige gibt, die befähigt sind, seinen Stil in einer seinem Namen gerecht werdenden Art und Weise zu beherrschen. Auch wenn man sich umsieht, ist es schwer, jemanden zu finden, der ihn zufriedenstellend kopieren kann; ich spreche aus Erfahrung, denn ich wollte von einem schönen Gemälde einer Maria Magdalena, das ich von Trevisani vor vielen Jahren bekam, eine Kopie anfertigen lassen, und da ich niemanden von seiner Begabung finden konnte, blieb mir nichts anderes übrig, als die Kopie, die ich hatte machen lassen, zu ihm bringen, um sie von ihm überarbeiten zu lassen. Darauf versteht sich Trevisani sicherlich meisterhaft, denn abgesehen davon, dass er bei der Kopie Haltung und Ausdruck sowie die Farbigkeit korrigiert hat, wird man unter den unzähligen Fassungen, die er von diesem Thema (mir Abmessungen von vier palmi) gemalt hat, keine finden, die der anderen aufs Haar gleicht. Dasselbe kann über seine Madonnen und viele andere Bilder gesagt werden, von denen er Duplikate auf Leinwand in mehr oder weniger derselben Größe aufbewahrt“ (siehe K. Wolfe, ebd., 2011, S. 83).

Dieser Absatz trägt laut Wolfe dazu bei, Licht in Trevisanis verwirrendes Oeuvre zu bringen. In einer weiteren Passage seiner Viten beschreibt Pascoli Trevisanis Maria Magdalena, die in einer Privatsammlung aufgefunden wurde: „Trevisani malte für mich eine Magdalena im Ovalformat im Ausmaß von vier palmi, die eine der schönsten ist, die er je geschaffen hat, auch wenn sie allesamt unvergesslich und anders und ganz und gar anmutig sind.“ Bei der hier besprochenen Büßenden Maria Magdalena könnte es sich um die Kopie handeln, die Pascoli von seiner eigenen Maria Magdalena anfertigen ließ: „Es blieb mir nichts anderes übrig, als die Kopie, die ich hatte machen lassen, zu ihm bringen, um sie von ihm überarbeiten zu lassen.“ Dies deckt sich genau mit der weiter oben von Pascoli beschriebenen Arbeitsweise der Werkstatt Trevisanis, wonach Trevisani Bilder, die in seiner Werkstatt – oder, wie im vorliegenden Fall, von einem Maler außerhalb seiner Werkstatt – angelegt worden waren, „überarbeitete“, um ihnen den letzten Schliff zu geben, welcher sie schließlich zu einem echten „Trevisani“ machte.

Eine weitere Fassung dieses Bildthemas befindet sich noch heute in der schottischen Sammlung, für die es ursprünglich erworben wurde (Clerk Collection, Penicuik House, rückseitig beschrieben als „ein Original von Fran. Trevisani Rom 1739 / angekauft für meinen Sohn / James Clerk“). Die Jahreszahl des Penicuik-Bildes 1739 verweist höchstwahrscheinlich auf den Zeitpunkt, zu dem das Bild in Rom erworben wurde. Zudem ist noch eine weitere vom Künstler mit 1727 datierte Fassung bekannt, auf der die Protagonistin den Blick nach oben richtet, die aber ansonsten sehr ähnlich ist.

Francesco Trevisani war einer der führenden zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert in Rom tätigen Künstler. Seine Werke wurden gepriesen und waren bei zeitgenössischen Sammlern stark nachgefragt. Der Künstler wurde in Capodistria geboren, das damals zur Republik Venedig gehörte. Er war der Sohn des Architekten Antonio Trevisani, der ihn in die Grundlagen der Bildkomposition einführte. Er ging bei Antonio Zanchi in Venedig in die Lehre und danach nach Rom, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 1746 lebte. Sein Bruder Angelo Trevisani blieb als bekannter Maler in Venedig zurück. In Rom wurde der Künstler von Kardinal Pietro Ottoboni gefördert.

Francesco Trevisani stand unter dem starken Einfluss Carlo Marattas und arbeitete mit Giuseppe Chiari und Ludovico Gimignani zusammen. In Rom genoss er auch die Unterstützung Kardinal Chigis, der ihn mit mehreren wichtigen Arbeiten betraute und ihn an Papst Klemens XI. empfahl, welcher ihn mit den Prophetendarstellungen in San Giovanni in Laterano und mit der Kuppeldekoration des Doms von Urbino beauftragte. Dort freskierte er die von großer Erfindungsgabe und Einfallsreichtum zeugenden Allegorien der vier Weltgegenden. Er trat in den Dienst des Herzogs von Modena und war außerdem in Braunschweig, Madrid, München, Stockholm und Wien tätig. Marattas Einfluss tritt in den Kartons für das Baptisterium von St. Peter, in dem Ovalbild des Propheten Baruch in San Giovanni in Laterano sowie im Tod des hl. Josef in Sant’Ignazio zutage. In der Kirche von Narni (1714/1715) gestaltete Trevisani Szenen aus dem Leben der hl. Lucia von Narni. Im Jahr 1712 wurde er in die Accademia dell’Arcadia aufgenommen.

24.04.2018 - 17:00

Erzielter Preis: **
EUR 31.750,-
Schätzwert:
EUR 30.000,- bis EUR 40.000,-

Francesco Trevisani


(Capodistria 1656–1746 Rom)
Die büßende Maria Magdalena,
monogrammiert unten Mitte (auf einem Lesezeichen): F.T.,
Öl auf Leinwand, 99,5 x 73,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Galleria Breda, Mailand;
europäische Privatsammlung

Das vorliegende Gemälde ähnelt anderen bekannten Fassungen dieser Komposition der büßenden Maria Magdalene, darunter auch einem Ovalformat, das sich einst im Besitz von Lucio Pascoli, Trevisanis Freund und Biografen, befand. Zwischen diesem und dem vorliegenden Werk gibt es abgesehen vom Format einige Unterschiede in der Kopfhaltung und der Wuchtigkeit des hölzernen Kreuzes. Pascoli beschreibt, dass er eine Kopie seines Ovalbildes anfertigen lassen wollte und niemanden fand, der an Trevisanis Fähigkeiten herankam, um es getreu zu wiederholen, und er daher Trevisani eine Kopie der Komposition übergab, damit dieser sie überarbeiten sollte. Es wurde erwogen, dass es sich dabei um das vorliegende Gemälde handelt (siehe dazu Trevisanis Schaffen als Repertoiremaler, dessen Thema der Maria Magdalena in einem Beitrag von Karin Wolfe besprochen wird: K. Wolfe, Acquisitive Tourism: Francesco Trevisani’s Roman Studio and British Visitors, in: Roma Britannica. Art Patronage and Cultural Exchange in Eighteenth-Century Rome, hgg. von D. Marshall, S. Russell, K. Wolfe, The British School at Rome, London 2011, S. 83–101).

Wolfe berichtet, dass Trevisanis Biograf Lione Pascoli die Arbeitsweise des Malers um 1736 in einem Absatz des Manuskripts der Francesco Trevisani (1656–1746) gewidmeten Biografie beschrieb, den er später aus unerklärlichen Gründen strich:

„Mit seinen Schülern hatte er wenig Glück; entweder, weil sie nicht fähig waren, ihn nachzuahmen, oder weil nur er sich auf ein so verfeinertes, reizvolles und ansprechendes Malen versteht, sodass es bis heute nur wenige gibt, die befähigt sind, seinen Stil in einer seinem Namen gerecht werdenden Art und Weise zu beherrschen. Auch wenn man sich umsieht, ist es schwer, jemanden zu finden, der ihn zufriedenstellend kopieren kann; ich spreche aus Erfahrung, denn ich wollte von einem schönen Gemälde einer Maria Magdalena, das ich von Trevisani vor vielen Jahren bekam, eine Kopie anfertigen lassen, und da ich niemanden von seiner Begabung finden konnte, blieb mir nichts anderes übrig, als die Kopie, die ich hatte machen lassen, zu ihm bringen, um sie von ihm überarbeiten zu lassen. Darauf versteht sich Trevisani sicherlich meisterhaft, denn abgesehen davon, dass er bei der Kopie Haltung und Ausdruck sowie die Farbigkeit korrigiert hat, wird man unter den unzähligen Fassungen, die er von diesem Thema (mir Abmessungen von vier palmi) gemalt hat, keine finden, die der anderen aufs Haar gleicht. Dasselbe kann über seine Madonnen und viele andere Bilder gesagt werden, von denen er Duplikate auf Leinwand in mehr oder weniger derselben Größe aufbewahrt“ (siehe K. Wolfe, ebd., 2011, S. 83).

Dieser Absatz trägt laut Wolfe dazu bei, Licht in Trevisanis verwirrendes Oeuvre zu bringen. In einer weiteren Passage seiner Viten beschreibt Pascoli Trevisanis Maria Magdalena, die in einer Privatsammlung aufgefunden wurde: „Trevisani malte für mich eine Magdalena im Ovalformat im Ausmaß von vier palmi, die eine der schönsten ist, die er je geschaffen hat, auch wenn sie allesamt unvergesslich und anders und ganz und gar anmutig sind.“ Bei der hier besprochenen Büßenden Maria Magdalena könnte es sich um die Kopie handeln, die Pascoli von seiner eigenen Maria Magdalena anfertigen ließ: „Es blieb mir nichts anderes übrig, als die Kopie, die ich hatte machen lassen, zu ihm bringen, um sie von ihm überarbeiten zu lassen.“ Dies deckt sich genau mit der weiter oben von Pascoli beschriebenen Arbeitsweise der Werkstatt Trevisanis, wonach Trevisani Bilder, die in seiner Werkstatt – oder, wie im vorliegenden Fall, von einem Maler außerhalb seiner Werkstatt – angelegt worden waren, „überarbeitete“, um ihnen den letzten Schliff zu geben, welcher sie schließlich zu einem echten „Trevisani“ machte.

Eine weitere Fassung dieses Bildthemas befindet sich noch heute in der schottischen Sammlung, für die es ursprünglich erworben wurde (Clerk Collection, Penicuik House, rückseitig beschrieben als „ein Original von Fran. Trevisani Rom 1739 / angekauft für meinen Sohn / James Clerk“). Die Jahreszahl des Penicuik-Bildes 1739 verweist höchstwahrscheinlich auf den Zeitpunkt, zu dem das Bild in Rom erworben wurde. Zudem ist noch eine weitere vom Künstler mit 1727 datierte Fassung bekannt, auf der die Protagonistin den Blick nach oben richtet, die aber ansonsten sehr ähnlich ist.

Francesco Trevisani war einer der führenden zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert in Rom tätigen Künstler. Seine Werke wurden gepriesen und waren bei zeitgenössischen Sammlern stark nachgefragt. Der Künstler wurde in Capodistria geboren, das damals zur Republik Venedig gehörte. Er war der Sohn des Architekten Antonio Trevisani, der ihn in die Grundlagen der Bildkomposition einführte. Er ging bei Antonio Zanchi in Venedig in die Lehre und danach nach Rom, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 1746 lebte. Sein Bruder Angelo Trevisani blieb als bekannter Maler in Venedig zurück. In Rom wurde der Künstler von Kardinal Pietro Ottoboni gefördert.

Francesco Trevisani stand unter dem starken Einfluss Carlo Marattas und arbeitete mit Giuseppe Chiari und Ludovico Gimignani zusammen. In Rom genoss er auch die Unterstützung Kardinal Chigis, der ihn mit mehreren wichtigen Arbeiten betraute und ihn an Papst Klemens XI. empfahl, welcher ihn mit den Prophetendarstellungen in San Giovanni in Laterano und mit der Kuppeldekoration des Doms von Urbino beauftragte. Dort freskierte er die von großer Erfindungsgabe und Einfallsreichtum zeugenden Allegorien der vier Weltgegenden. Er trat in den Dienst des Herzogs von Modena und war außerdem in Braunschweig, Madrid, München, Stockholm und Wien tätig. Marattas Einfluss tritt in den Kartons für das Baptisterium von St. Peter, in dem Ovalbild des Propheten Baruch in San Giovanni in Laterano sowie im Tod des hl. Josef in Sant’Ignazio zutage. In der Kirche von Narni (1714/1715) gestaltete Trevisani Szenen aus dem Leben der hl. Lucia von Narni. Im Jahr 1712 wurde er in die Accademia dell’Arcadia aufgenommen.


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 24.04.2018 - 17:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 14.04. - 24.04.2018


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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