Lot Nr. 63


Giovanni Francesco Barbieri, gen. Guercino


Giovanni Francesco Barbieri, gen. Guercino - Alte Meister

(Cento 1591–1666 Bologna)
Madonna mit Kind, heiliger Katharina (?), heiligem Franziskus und heiligem Ludwig von Frankreich,
Öl auf Kupfer, 43 x 36 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung;
dort durch den jetzigen Besitzer erworben

Literatur:
N. Turner, The Paintings of Guercino. A Revised and Expanded Catalogue raisonné, Rom 2017, S. 305, Nr. 46;
D. Benati, Purché vi sia il naturale dentro ogn’uno e’ padrone della sua meniera, in: D. Benati (Hg.), Guercino tra Sacro e Profano, Ausstellungskatalog, Mailand 2017, S. 35/36, Abb. 9

Bei dem vorliegenden Werk handelt es sich um eines der frühesten bekannten Gemälde Guercinos auf Kupfer. Es wird um 1616/1617 datiert und scheint kurz nach der ebenfalls auf Kupfer gemalten Madonna della Pappa entstanden zu sein (siehe N. Turner, The Paintings of Guercino. A Revised and Expanded Catalogue raisonné, Rom 2017, S. 272/273, Nr. 15. I-IV).

Das vorliegende Gemälde scheint als vorbereitende Studie oder modello für ein monumentales Altarbild gedient zu haben, das heute entweder verloren oder nicht auffindbar ist. Die Madonna ist auf einem hohen Thron sitzend dargestellt, über dem sich ein an die Sacre conversazioni der Ferrareser Malschule erinnernder Baldachin erhebt. Maria hält das nackte Jesuskind auf dem Knie. Im Vordergrund knien zwei Heilige – links eine Nonne, bei der es sich um die hl. Katharina handeln könnte, rechts der hl. Franziskus in seiner typischen Mönchstracht. Hinter ihm seht im Mittelgrund der hl. Ludwig von Frankreich, zu erkennen an der Krone und am Lilienzepter in seiner Hand.

Von Bedeutung ist die Kenntnis einer Vorzeichnung zur vorliegenden Komposition, die bereits in den 1970er-Jahren entdeckt wurde (siehe F. Russell, A Guercino Footnote, in: Master Drawings, 11, Nr. 3, 1973, S. 271 und S. 352, Taf. 27). Das rasch und impulsiv gezeichnete Blatt weist einige interessante Pentimente auf, etwa im Arm des hl. Ludwig, der auf der Kupfertafel anders dargestellt ist. Von Bedeutung ist auch, dass die Madonna auf der Zeichnung auf einem niedrigeren Podest erscheint, wodurch sie weiter nach vorne gebeugt wiedergegeben ist, um dem hl. Franziskus eine Blume zu überreichen. Dieser Gestus wurde im hier besprochenen Gemälde fallengelassen.

Die Figur des hl. Ludwig ist in der Ikonografie der italienischen Kunst des 17. Jahrhunderts selten anzutreffen, doch erscheint sie auch in einem weiteren Frühwerk Guercinos, dem mit 1616 zu datierenden Altarbild einer Madonna mit Kind und den Heiligen Josef, Augustus, Ludwig und Franziskus, das sich einst in der Kirche Sant’Agostino in Cento befand und heute in den Musées royaux des Beaux-Arts in Brüssel aufbewahrt wird. Dessen starke, von markanten Helldunkeleffekten modulierte Dynamik, die zur Belebung der Figuren beiträgt, findet sich ansatzweise auch in der vorliegenden Studie und beruht auf dem Studium der Gesten und des Gefühlsausdrucks in Gemälden der Carracci. Das Vorbild Ludovico Carraccis, der 1591 in Guercinos Geburtsstadt das Altarbild der Heiligen Familie mit hl. Franziskus für die Kapuzinerkirche ausführte (heute in der Pinacotecta Civica, Cento), war in der Tat prägend für Guercinos Entwicklung der Frühzeit.

In der vorliegenden Kupfertafel zeigt sich die Ausbildung der dichten Bildsprache, die in Guercinos ersten Altargemälden Anwendung fand, etwa in der Thronende Madonna mit den Heiligen Franziskus, Antonius Abbas und Bovo, deren Bildaufbau hier übernommen wurde. Im letztgenannten Altarbild, das für die Pfarrkirche des hl. Sebastian der Gemeinde Renazzo di Cento entstanden ist, wurde eine Gemeinschaftsarbeit vermutet, die unter Mithilfe Lorenzo Gennaris zustande kam (siehe Literatur). Das vorliegende Gemälde, ausgeführt mit zarten Pinselstrichen, verströmt sowohl Intimität als auch Monumentalität.

24.04.2018 - 17:00

Schätzwert:
EUR 80.000,- bis EUR 120.000,-

Giovanni Francesco Barbieri, gen. Guercino


(Cento 1591–1666 Bologna)
Madonna mit Kind, heiliger Katharina (?), heiligem Franziskus und heiligem Ludwig von Frankreich,
Öl auf Kupfer, 43 x 36 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung;
dort durch den jetzigen Besitzer erworben

Literatur:
N. Turner, The Paintings of Guercino. A Revised and Expanded Catalogue raisonné, Rom 2017, S. 305, Nr. 46;
D. Benati, Purché vi sia il naturale dentro ogn’uno e’ padrone della sua meniera, in: D. Benati (Hg.), Guercino tra Sacro e Profano, Ausstellungskatalog, Mailand 2017, S. 35/36, Abb. 9

Bei dem vorliegenden Werk handelt es sich um eines der frühesten bekannten Gemälde Guercinos auf Kupfer. Es wird um 1616/1617 datiert und scheint kurz nach der ebenfalls auf Kupfer gemalten Madonna della Pappa entstanden zu sein (siehe N. Turner, The Paintings of Guercino. A Revised and Expanded Catalogue raisonné, Rom 2017, S. 272/273, Nr. 15. I-IV).

Das vorliegende Gemälde scheint als vorbereitende Studie oder modello für ein monumentales Altarbild gedient zu haben, das heute entweder verloren oder nicht auffindbar ist. Die Madonna ist auf einem hohen Thron sitzend dargestellt, über dem sich ein an die Sacre conversazioni der Ferrareser Malschule erinnernder Baldachin erhebt. Maria hält das nackte Jesuskind auf dem Knie. Im Vordergrund knien zwei Heilige – links eine Nonne, bei der es sich um die hl. Katharina handeln könnte, rechts der hl. Franziskus in seiner typischen Mönchstracht. Hinter ihm seht im Mittelgrund der hl. Ludwig von Frankreich, zu erkennen an der Krone und am Lilienzepter in seiner Hand.

Von Bedeutung ist die Kenntnis einer Vorzeichnung zur vorliegenden Komposition, die bereits in den 1970er-Jahren entdeckt wurde (siehe F. Russell, A Guercino Footnote, in: Master Drawings, 11, Nr. 3, 1973, S. 271 und S. 352, Taf. 27). Das rasch und impulsiv gezeichnete Blatt weist einige interessante Pentimente auf, etwa im Arm des hl. Ludwig, der auf der Kupfertafel anders dargestellt ist. Von Bedeutung ist auch, dass die Madonna auf der Zeichnung auf einem niedrigeren Podest erscheint, wodurch sie weiter nach vorne gebeugt wiedergegeben ist, um dem hl. Franziskus eine Blume zu überreichen. Dieser Gestus wurde im hier besprochenen Gemälde fallengelassen.

Die Figur des hl. Ludwig ist in der Ikonografie der italienischen Kunst des 17. Jahrhunderts selten anzutreffen, doch erscheint sie auch in einem weiteren Frühwerk Guercinos, dem mit 1616 zu datierenden Altarbild einer Madonna mit Kind und den Heiligen Josef, Augustus, Ludwig und Franziskus, das sich einst in der Kirche Sant’Agostino in Cento befand und heute in den Musées royaux des Beaux-Arts in Brüssel aufbewahrt wird. Dessen starke, von markanten Helldunkeleffekten modulierte Dynamik, die zur Belebung der Figuren beiträgt, findet sich ansatzweise auch in der vorliegenden Studie und beruht auf dem Studium der Gesten und des Gefühlsausdrucks in Gemälden der Carracci. Das Vorbild Ludovico Carraccis, der 1591 in Guercinos Geburtsstadt das Altarbild der Heiligen Familie mit hl. Franziskus für die Kapuzinerkirche ausführte (heute in der Pinacotecta Civica, Cento), war in der Tat prägend für Guercinos Entwicklung der Frühzeit.

In der vorliegenden Kupfertafel zeigt sich die Ausbildung der dichten Bildsprache, die in Guercinos ersten Altargemälden Anwendung fand, etwa in der Thronende Madonna mit den Heiligen Franziskus, Antonius Abbas und Bovo, deren Bildaufbau hier übernommen wurde. Im letztgenannten Altarbild, das für die Pfarrkirche des hl. Sebastian der Gemeinde Renazzo di Cento entstanden ist, wurde eine Gemeinschaftsarbeit vermutet, die unter Mithilfe Lorenzo Gennaris zustande kam (siehe Literatur). Das vorliegende Gemälde, ausgeführt mit zarten Pinselstrichen, verströmt sowohl Intimität als auch Monumentalität.


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+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 24.04.2018 - 17:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 14.04. - 24.04.2018

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