Lot Nr. 129


Anthony van Dyck Werkstatt/Studio


Anthony van Dyck Werkstatt/Studio - Meisterzeichnungen und Druckgraphik bis 1900, Aquarelle, Miniaturen

(1599-1640)
Der Verrat Christi, Feder und Pinsel in brauner Tusche über schwarzer Kreide, weiß gehöht, mit Ölfarbe übergangen, 48,3 x 40,6 cm, am rechten unteren Rand in Gouache nummeriert "41", Passep., gerahmt, (Sch)

Provenienz:
Sammlung Fürst Franz Joseph II. von und zu Liechtenstein (1906-1989), Mappe IV 58; L'Art Ancien S. A., Zürich; 1963 dort von Michael Jaffé erworben; Christie's London, 7. Juli 2010, Lot 339 (als Van Dyck Nachfolger).

Ausgestellt:
Ottawa, National Gallery of Canada, Jacob Jordaens 1593-1678, 30. Nov. 1968 - 5. Jän. 1969, Kat. Nr. 144 (als Jacob Jordaens).

Literatur:
M. Jaffé, "Jordaens Drawings at Antwerp and Rotterdam", Burlington Magazine, CXU, Mai 1969, S. 267; C. Brown, "Van Dyck catalogue of drawings", Antwerpen 1991, Nr. 34, S. 143, in Vergleich mit dem Gemälde im Prado; S. Barnes, N. de Poorter, O. Millar, H. Vey, "Van Dyck. A Complete Catalogue of the Paintings, Yale University Press, New Haven and London, 2004, Kat. 1.20, S. 36 (Abb. des Gemäldes im Prado).

Van Dyck setzte sich gegen Ende seiner Antwerpener Periode vor 1623 in mehreren Studien mit dem Thema der "Gefangennahme Christi" auseinander. Es existieren drei Gemälde zu dem Sujet: eine großformatige Komposition in Corsham Court (Leihgabe des Bristol Museum and Art Gallery), ein Gemälde im Minneapolis Institute of Arts (Inv. 5745) sowie ein Gemälde im Prado (Madrid, Museo Nacional del Prado, Inv.1477), in dessen Vorbereitung die vorliegende Zeichnung entstanden sein dürfte. Die "Gefangennahme" im Prado, die der Komposition in Minneapolis sehr ähnlich ist, befand sich einst in der Sammlung von Rubens und wurde später von König Philipp IV von Spanien erworben.

Die Genese der verschiedenen Versionen, die sich vor allem in ihrem Format undder Physiognomie von Christus unterscheiden, ist durch mehrere vorbereitende Zeichnungen und Ölstudien van Dycks bekannt, darunter sieben Entwürfe für die gesamte Komposition und drei Detailstudien: eine für die Gruppe von Petrus und Malchus, eine für die Gruppe der schlafenden Apostel und eine Studie in schwarzer Kreide für die Figur des Malchus. Die Chronologie der Entstehung der drei Versionen konnte bisher nicht eindeutig geklärt werden. Bei dem Gemälde im Prado, das die monumentalste der drei Kompositionen (344 x 248 cm) darstellt, dürfte es sich jedoch um die letzte Version handeln, die im Auftrag von Rubens für eine religiöse Einrichtung entstanden sein könnte. Bisher sind drei Vorstudien für das Gemälde im Prado bekannt: eine dynamische Federskizze der gesamten Komposition mit Christus, Judas und den Schergen mit brauner Lavierung befindet sich in der Albertina (Inv. 17537), eine Studie zu den Figuren von Petrus und Malchus in der Hamburger Kunsthalle (Inv. 21882) sowie eine Studie zur Figur von Malchus in der Rhode Island, School of Design (Inv. 20.443). Bei der vorliegenden Zeichnung könnte es sich um ein Modello für die endgültige Version im Prado handeln, die in der Werkstatt von van Dyck entstanden sein dürfte. Bei der fast identischen Übereinstimmung der Studie mit dem Gemälde ist jedoch ein interessantes Detail zu bemerken: Malchus hat wie in der ausgeführten Version die Augen geschlossen, was darauf schließen lässt, dass die vorliegende Studie nach jener in Rhode Island entstanden sein muss.

Van Dyck schildert den Verrat Christ, den entscheidenen Moment von Judas Kuss und die Gefangennahme am Ölberg mit großer dynamischer Intensität. Christus im Zentrum der Komposition strahlt im Vergleich zu dem bewegten Geschehen um ihn herum eine große Ruhe aus, verstärkt durch das dunkle Gewand, die Beschattung seiner Figur und die ruhige Pose, während die Soldaten und der sich zum Kuss nach vorne beugende Judas durch die starke Beleuchtung hervorgehoben werden. Der Blick des Betrachters wird durch das dynamische Zusammenspiel der Figuren und die geschickte Beleuchtungsregie in einer diagonalen Achse von links unten nach rechts oben geführt, was sich in dem vorliegenden Modello in dem Helldunkelkontrast von Licht und Schatten mit noch größerer Klarheit zeigt. Auch in den übrigen Studien zu dem Gemälde wird die Dramatik der Szene durch das Hervorheben der Helldunkelwirkungen bestimmt. Im Frühwerk von van Dyck stellt die vorliegende Komposition somit einen Höhepunkt an bildlicher Inszenierung und der psychologischen Schilderung eines Geschehens dar.

Expertin: Mag. Astrid-Christina Schierz Mag. Astrid-Christina Schierz
+43-1-515 60-546

astrid.schierz@dorotheum.at

27.03.2018 - 17:00

Erzielter Preis: **
EUR 27.500,-
Schätzwert:
EUR 6.000,- bis EUR 8.000,-
Rufpreis:
EUR 0,-

Anthony van Dyck Werkstatt/Studio


(1599-1640)
Der Verrat Christi, Feder und Pinsel in brauner Tusche über schwarzer Kreide, weiß gehöht, mit Ölfarbe übergangen, 48,3 x 40,6 cm, am rechten unteren Rand in Gouache nummeriert "41", Passep., gerahmt, (Sch)

Provenienz:
Sammlung Fürst Franz Joseph II. von und zu Liechtenstein (1906-1989), Mappe IV 58; L'Art Ancien S. A., Zürich; 1963 dort von Michael Jaffé erworben; Christie's London, 7. Juli 2010, Lot 339 (als Van Dyck Nachfolger).

Ausgestellt:
Ottawa, National Gallery of Canada, Jacob Jordaens 1593-1678, 30. Nov. 1968 - 5. Jän. 1969, Kat. Nr. 144 (als Jacob Jordaens).

Literatur:
M. Jaffé, "Jordaens Drawings at Antwerp and Rotterdam", Burlington Magazine, CXU, Mai 1969, S. 267; C. Brown, "Van Dyck catalogue of drawings", Antwerpen 1991, Nr. 34, S. 143, in Vergleich mit dem Gemälde im Prado; S. Barnes, N. de Poorter, O. Millar, H. Vey, "Van Dyck. A Complete Catalogue of the Paintings, Yale University Press, New Haven and London, 2004, Kat. 1.20, S. 36 (Abb. des Gemäldes im Prado).

Van Dyck setzte sich gegen Ende seiner Antwerpener Periode vor 1623 in mehreren Studien mit dem Thema der "Gefangennahme Christi" auseinander. Es existieren drei Gemälde zu dem Sujet: eine großformatige Komposition in Corsham Court (Leihgabe des Bristol Museum and Art Gallery), ein Gemälde im Minneapolis Institute of Arts (Inv. 5745) sowie ein Gemälde im Prado (Madrid, Museo Nacional del Prado, Inv.1477), in dessen Vorbereitung die vorliegende Zeichnung entstanden sein dürfte. Die "Gefangennahme" im Prado, die der Komposition in Minneapolis sehr ähnlich ist, befand sich einst in der Sammlung von Rubens und wurde später von König Philipp IV von Spanien erworben.

Die Genese der verschiedenen Versionen, die sich vor allem in ihrem Format undder Physiognomie von Christus unterscheiden, ist durch mehrere vorbereitende Zeichnungen und Ölstudien van Dycks bekannt, darunter sieben Entwürfe für die gesamte Komposition und drei Detailstudien: eine für die Gruppe von Petrus und Malchus, eine für die Gruppe der schlafenden Apostel und eine Studie in schwarzer Kreide für die Figur des Malchus. Die Chronologie der Entstehung der drei Versionen konnte bisher nicht eindeutig geklärt werden. Bei dem Gemälde im Prado, das die monumentalste der drei Kompositionen (344 x 248 cm) darstellt, dürfte es sich jedoch um die letzte Version handeln, die im Auftrag von Rubens für eine religiöse Einrichtung entstanden sein könnte. Bisher sind drei Vorstudien für das Gemälde im Prado bekannt: eine dynamische Federskizze der gesamten Komposition mit Christus, Judas und den Schergen mit brauner Lavierung befindet sich in der Albertina (Inv. 17537), eine Studie zu den Figuren von Petrus und Malchus in der Hamburger Kunsthalle (Inv. 21882) sowie eine Studie zur Figur von Malchus in der Rhode Island, School of Design (Inv. 20.443). Bei der vorliegenden Zeichnung könnte es sich um ein Modello für die endgültige Version im Prado handeln, die in der Werkstatt von van Dyck entstanden sein dürfte. Bei der fast identischen Übereinstimmung der Studie mit dem Gemälde ist jedoch ein interessantes Detail zu bemerken: Malchus hat wie in der ausgeführten Version die Augen geschlossen, was darauf schließen lässt, dass die vorliegende Studie nach jener in Rhode Island entstanden sein muss.

Van Dyck schildert den Verrat Christ, den entscheidenen Moment von Judas Kuss und die Gefangennahme am Ölberg mit großer dynamischer Intensität. Christus im Zentrum der Komposition strahlt im Vergleich zu dem bewegten Geschehen um ihn herum eine große Ruhe aus, verstärkt durch das dunkle Gewand, die Beschattung seiner Figur und die ruhige Pose, während die Soldaten und der sich zum Kuss nach vorne beugende Judas durch die starke Beleuchtung hervorgehoben werden. Der Blick des Betrachters wird durch das dynamische Zusammenspiel der Figuren und die geschickte Beleuchtungsregie in einer diagonalen Achse von links unten nach rechts oben geführt, was sich in dem vorliegenden Modello in dem Helldunkelkontrast von Licht und Schatten mit noch größerer Klarheit zeigt. Auch in den übrigen Studien zu dem Gemälde wird die Dramatik der Szene durch das Hervorheben der Helldunkelwirkungen bestimmt. Im Frühwerk von van Dyck stellt die vorliegende Komposition somit einen Höhepunkt an bildlicher Inszenierung und der psychologischen Schilderung eines Geschehens dar.

Expertin: Mag. Astrid-Christina Schierz Mag. Astrid-Christina Schierz
+43-1-515 60-546

astrid.schierz@dorotheum.at


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Meisterzeichnungen und Druckgraphik bis 1900, Aquarelle, Miniaturen
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 27.03.2018 - 17:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 17.03. - 27.03.2018


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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