Lot Nr. 60


Renée Sintenis *


Renée Sintenis * - Klassische Moderne

(Glatz/Schlesien 1888–1965 Berlin)
Polospieler II, 1929, auf dem Sockel signiert R. Sintenis, Guss H Noack Berlin Friedenau, ges. 40,5 x 38 x 17 cm (Sockel 2 x 25,2 x 13,5 cm)

Seltenes Exemplar mit dem Stempel H Noack Berlin Friedenau aus der Lebenszeit des Künstlers.

Provenienz:
Galerie Vömel, Düsseldorf

Literatur:
René Crevel, Sculpteurs Allemands, Renée Sintenis, Paris 1930, Nr. 91, Abb. Nr. 52
Hanna Kiel, Renée Sintenis, Berlin 1935, S. 58–60 und Berlin 1956, S. 38–39
Britta Buhlmann, Renée Sintenis, Plastiken, Zeichnungen, Druckgraphik, Ausst.-Kat. Georg-Kolbe- Museum, Berlin 1984, Nr. 37
Britta E. Buhlmann, Renée Sintenis, Werkmonographie der Skulpturen, Darmstadt 1987, Nr. 52
Ursel Berger/Günter Ladwig Hrsg., Renée Sintenis,
Das plastische Werk, Werkverzeichnis, Berlin 2013, Nr. 109

Mit ihrem Werk Polospieler II, das Renée Sintenis ursprünglich 1928 als Preis für den Berliner Poloclub mit Polospieler I entworfen hat, lässt sie die Bewegung von Mensch und Tier perfekt ineinanderfließen und hält zugleich einen Moment unglaublicher Spannung fest. Im Laufe der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts setzt sich die Künstlerin, neben der Gestaltung der verschiedenen Tierfiguren, auch immer intensiver mit Motiven aus der Welt des Sports auseinander. Den Höhepunkt dieser Werkphase bildet der Polospieler II von 1929, bei dem das „Drama der Harmonie“ (Britta Buhlmann, Die Bildhauerin Renée Sintenis, in: Renée Sintenis Plastiken, Zeichnungen, Druckgrafik, Berlin 1983, S. 37), durch das bewusste und unbewusste Zusammenspiel von Mensch und Tier in Vollendung zum Ausdruck gebracht wird.
Das Pferd steht lediglich auf der linken Hinterhand und der Spieler hat bereits zum Schlag ausgeholt, sein ansonsten gerader Schläger ist gleich einer Gerte stark gebogen. Sowohl die Konzentration des Reiters im Schlag, wie auch die extreme Bewegung des Pferdes, dessen Beine dicht beieinanderstehen, um in nächster Sekunde wieder vollends nach vorne gestreckt zu werden, kann der Betrachter deutlich spüren. Das perfekte Zusammenspiel von Mensch und Tier erfasst Renée Sintenis in dieser Plastik.
Der extrem zur Seite geworfene Pferdekopf mit dem kraftvoll gespannten Hals, der dem Schlag seines Reiters ausweicht, kontrastiert mit der Bewegung des auf die andere Seite gebeugten Spielers. Die Plastik ist von Renée Sintenis so gestaltet, dass sich der Hals des Tieres und der Thorax des Reiters auf dem Sattel treffen und in der Seitenansicht der gebeugte Rücken des Spielers beinahe die Krümmung der Kruppe des Pferdes aufweist.
Die bewusst gelenkte Kraft, das Muskelspiel des Tieres und die Dynamik des gesamten Bewegungsablaufs werden durch die bewegte Oberflächenstruktur der Bronze zusätzlich unterstrichen.
Renée Sintenis arbeitet an ihren Werken am liebsten in ihrer Wohnung, um sich dort ohne weitere Ablenkung rein auf das Werk konzentrieren zu können. Die Modelle entstehen nach Skizzen und Fotografien auf dem Modellierbrett. Zunächst formt die Künstlerin für die kleineren Plastiken ein Drahtgerüst, in dem bereits die grobe Form der Figur enthalten ist, die größeren Tiere und die Sportler werden in Ton vorgefertigt. In der Regel werden die Plastiken der Künstlerin im Wachsausschmelzverfahren gegossen, da damit eine besonders dezidierte Oberflächengestaltung möglich ist. All ihre Plastiken lässt Renée Sintenis bei der Bildgießerei Hermann Noack Berlin fertigen. Die Modelle für das Wachsausschmelzverfahren hat sie häufig in der Gießerei nachbearbeitet, ebenso wie sie Hand an die fertig gegossenen Plastiken anlegt.
Über ihre Erfahrung bei Noack schrieb sie 1927: „Noack Vater hat mich ziselieren und patinieren gelehrt. Wir haben alle in der Werkstatt zusammen gearbeitet und sind immer miteinander zufrieden gewesen, haben Kriegsstulle und Zigarette zusammen gegessen und geraucht. Ohne einen guten Gießer kommt der Bildhauer nicht aus, und wir Künstler haben der steten Bereitwilligkeit zu Versuchen, dem guten Willen und Geschmack dieser Gießerfamilie viel zu danken – und ihrer Liebe zu diesem ach so schwierigen Handwerk.“ (ebd. S. 41)
„Der Gießerstempel H NOACK BERLIN FRIEDENAU [den die Plastik des Polospieler II trägt], der gemeinhin als kennzeichnend für alle frühen Noack-Güsse gilt, scheint erst ab 1912 die generell angewendete Version zu sein. Er ist bis in die späten dreißiger Jahre üblich, doch Ausnahmen waren immer möglich. […] Im Bestand des Georg-Kolbe Museum läßt sich der Wechsel zum Stempel H NOACK BERLIN ungefähr auf 1937/1938 festlegen – mit Ausnahmen von unbekanntem Umfang. Da im Zweiten Weltkrieg Güsse in Bronze weitgehend verboten waren kann man davon ausgehen, daß die meisten Bronzen ohne FRIEDENAU nach dem Krieg entstanden sind.“
(Ausstellungskatalog Georg-Kolbe Museum,
Hundert Jahre Bildgiesserei H Noack,
Berlin 1997, S. 57)

Die Werke Renée Sintenis sind kein Abbild der Wirklichkeit, sondern ein Bild einer Wirklichkeit.
Hanna Kiel, Renée Sintenis, Berlin 1935, S. 34

15.05.2018 - 19:00

Schätzwert:
EUR 75.000,- bis EUR 90.000,-

Renée Sintenis *


(Glatz/Schlesien 1888–1965 Berlin)
Polospieler II, 1929, auf dem Sockel signiert R. Sintenis, Guss H Noack Berlin Friedenau, ges. 40,5 x 38 x 17 cm (Sockel 2 x 25,2 x 13,5 cm)

Seltenes Exemplar mit dem Stempel H Noack Berlin Friedenau aus der Lebenszeit des Künstlers.

Provenienz:
Galerie Vömel, Düsseldorf

Literatur:
René Crevel, Sculpteurs Allemands, Renée Sintenis, Paris 1930, Nr. 91, Abb. Nr. 52
Hanna Kiel, Renée Sintenis, Berlin 1935, S. 58–60 und Berlin 1956, S. 38–39
Britta Buhlmann, Renée Sintenis, Plastiken, Zeichnungen, Druckgraphik, Ausst.-Kat. Georg-Kolbe- Museum, Berlin 1984, Nr. 37
Britta E. Buhlmann, Renée Sintenis, Werkmonographie der Skulpturen, Darmstadt 1987, Nr. 52
Ursel Berger/Günter Ladwig Hrsg., Renée Sintenis,
Das plastische Werk, Werkverzeichnis, Berlin 2013, Nr. 109

Mit ihrem Werk Polospieler II, das Renée Sintenis ursprünglich 1928 als Preis für den Berliner Poloclub mit Polospieler I entworfen hat, lässt sie die Bewegung von Mensch und Tier perfekt ineinanderfließen und hält zugleich einen Moment unglaublicher Spannung fest. Im Laufe der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts setzt sich die Künstlerin, neben der Gestaltung der verschiedenen Tierfiguren, auch immer intensiver mit Motiven aus der Welt des Sports auseinander. Den Höhepunkt dieser Werkphase bildet der Polospieler II von 1929, bei dem das „Drama der Harmonie“ (Britta Buhlmann, Die Bildhauerin Renée Sintenis, in: Renée Sintenis Plastiken, Zeichnungen, Druckgrafik, Berlin 1983, S. 37), durch das bewusste und unbewusste Zusammenspiel von Mensch und Tier in Vollendung zum Ausdruck gebracht wird.
Das Pferd steht lediglich auf der linken Hinterhand und der Spieler hat bereits zum Schlag ausgeholt, sein ansonsten gerader Schläger ist gleich einer Gerte stark gebogen. Sowohl die Konzentration des Reiters im Schlag, wie auch die extreme Bewegung des Pferdes, dessen Beine dicht beieinanderstehen, um in nächster Sekunde wieder vollends nach vorne gestreckt zu werden, kann der Betrachter deutlich spüren. Das perfekte Zusammenspiel von Mensch und Tier erfasst Renée Sintenis in dieser Plastik.
Der extrem zur Seite geworfene Pferdekopf mit dem kraftvoll gespannten Hals, der dem Schlag seines Reiters ausweicht, kontrastiert mit der Bewegung des auf die andere Seite gebeugten Spielers. Die Plastik ist von Renée Sintenis so gestaltet, dass sich der Hals des Tieres und der Thorax des Reiters auf dem Sattel treffen und in der Seitenansicht der gebeugte Rücken des Spielers beinahe die Krümmung der Kruppe des Pferdes aufweist.
Die bewusst gelenkte Kraft, das Muskelspiel des Tieres und die Dynamik des gesamten Bewegungsablaufs werden durch die bewegte Oberflächenstruktur der Bronze zusätzlich unterstrichen.
Renée Sintenis arbeitet an ihren Werken am liebsten in ihrer Wohnung, um sich dort ohne weitere Ablenkung rein auf das Werk konzentrieren zu können. Die Modelle entstehen nach Skizzen und Fotografien auf dem Modellierbrett. Zunächst formt die Künstlerin für die kleineren Plastiken ein Drahtgerüst, in dem bereits die grobe Form der Figur enthalten ist, die größeren Tiere und die Sportler werden in Ton vorgefertigt. In der Regel werden die Plastiken der Künstlerin im Wachsausschmelzverfahren gegossen, da damit eine besonders dezidierte Oberflächengestaltung möglich ist. All ihre Plastiken lässt Renée Sintenis bei der Bildgießerei Hermann Noack Berlin fertigen. Die Modelle für das Wachsausschmelzverfahren hat sie häufig in der Gießerei nachbearbeitet, ebenso wie sie Hand an die fertig gegossenen Plastiken anlegt.
Über ihre Erfahrung bei Noack schrieb sie 1927: „Noack Vater hat mich ziselieren und patinieren gelehrt. Wir haben alle in der Werkstatt zusammen gearbeitet und sind immer miteinander zufrieden gewesen, haben Kriegsstulle und Zigarette zusammen gegessen und geraucht. Ohne einen guten Gießer kommt der Bildhauer nicht aus, und wir Künstler haben der steten Bereitwilligkeit zu Versuchen, dem guten Willen und Geschmack dieser Gießerfamilie viel zu danken – und ihrer Liebe zu diesem ach so schwierigen Handwerk.“ (ebd. S. 41)
„Der Gießerstempel H NOACK BERLIN FRIEDENAU [den die Plastik des Polospieler II trägt], der gemeinhin als kennzeichnend für alle frühen Noack-Güsse gilt, scheint erst ab 1912 die generell angewendete Version zu sein. Er ist bis in die späten dreißiger Jahre üblich, doch Ausnahmen waren immer möglich. […] Im Bestand des Georg-Kolbe Museum läßt sich der Wechsel zum Stempel H NOACK BERLIN ungefähr auf 1937/1938 festlegen – mit Ausnahmen von unbekanntem Umfang. Da im Zweiten Weltkrieg Güsse in Bronze weitgehend verboten waren kann man davon ausgehen, daß die meisten Bronzen ohne FRIEDENAU nach dem Krieg entstanden sind.“
(Ausstellungskatalog Georg-Kolbe Museum,
Hundert Jahre Bildgiesserei H Noack,
Berlin 1997, S. 57)

Die Werke Renée Sintenis sind kein Abbild der Wirklichkeit, sondern ein Bild einer Wirklichkeit.
Hanna Kiel, Renée Sintenis, Berlin 1935, S. 34


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kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Klassische Moderne
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 15.05.2018 - 19:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 05.05. - 15.05.2018

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