Lot Nr. 76 -


Giovanni Odazzi


Giovanni Odazzi - Alte Meister

(Rom 1663-1731)
Die Versuchung des heiligen Antonius,
Öl auf Leinwand, 72 x 96 cm, gerahmt

Provenienz:
Auktion, Christie’s, Paris, 26. Juni 2002, Lot 33;
Auktion, Woolley & Wallis, Salisbury, 7. März 2018, Lot 333

(Vermutliche) Dokumentation:
im Nachlassinventar des Testaments von Odazzi von 1731 unter der Nummer 176 aufgeführt: „tela di palmi 4 ½ lunghezza e 4 larghezza rapp.a la tentazione di S. Antonio Ab.e“ (publiziert in: M. Trimarchi, Giovanni Odazzi pittore romano (1663-1731), Rom 1979, S. 103)

Literatur:
E. Schleier, Aggiunte a Giovanni Odazzi, in: Arte Cristiana, XCVI, Nr. 844, Januar - Februar 2008, S. 51 und 54

Wir danken Erich Schleier für die Bestätigung der Zuschreibung auf Grundlage einer Fotografie und für seine Hilfe bei der Recherche und Katalogisierung dieses Gemäldes (schriftliche Mitteilung).

Als Eremit musste der heilige Antonius zahlreichen Versuchungen böser Geister widerstehen, wie hier im vorliegenden Bild, wo ihm ein Dämon in Gestalt einer jungen Frau erscheint. Besonders in der venezianischen Malerei des 16. bis 18. Jahrhunderts ist die Erscheinung des Dämons als weibliche Figur oft dargestellt worden, etwa von Sebastiano Ricci, der das Thema mehrfach aufgegriffen hat (vgl. A. Scarpa, Sebastiano Ricci, Venedig 2006, S. 249, Nr. 299, Abb. 232), und Giovanni Battista Tiepolo, der in seinem Gemälde in Mailand, Pinacoteca di Brera, die Frau fast ganz nackt dargestellt hat. Odazzi hat, den Gepflogenheiten der römischen Malerei des 18. Jahrhunderts folgend, eine dezentere Variante gewählt. Dass die junge Frau ein Dämon ist, ist nur daran zu erkennen, dass sie an den Fingern krallenartige Nägel hat.

Erich Schleier identifizierte das vorliegende Gemälde erstmals als Werk Odazzis, als es am 26. Juni 2002 bei Christie’s in Paris zur Auktion gelangte. Er reiht es in das Spätwerk des Künstlers und datiert es in die Zeit um 1730.

Am 1. Mai 1731 verfasste Odazzi sein Testament und setzte seine Schwester Caterina als Universalerbin ein. Dem Testament beigelegt war eine Inventarliste seiner Besitztümer (beides wird im Archivio di Stato in Rom aufbewahrt), die auch eine Schätzung der Werke enthält, die sich bei seinem Tod in der Werkstatt befanden. Möglicherweise kann das vorliegende Gemälde mit dem unter Nr. 176 aufgeführten Bild identifiziert werden: „tela di palmi 4 ½ lunghezza e 4 larghezza rapp.a la tentazione di S. Antonio Ab.e“ (siehe Trimarchi 1979, S. 103; Schleier 2008, S. 51). Die Maße des querformatigen Bildes sind etwas kleiner als das in Rom sehr verbreitete Standardmaß der „tela d’imperatore“ (4 x 6 palmi romani = ca. 95 x 130 cm). Die angegebenen Maße entsprechen 89 x 100 cm, jedoch könnte das Bild im Rahmen gemessen worden sein. Das Thema ist in der römischen Malerei des 18. Jahrhunderts eher selten dargestellt worden.

Was den Gesichtstypus des heiligen Antonius und der Stil seines Gewandes betrifft, so lässt sich das Bild mit den Figuren in Odazzis Altarbild im Santuario della Madonna della Costa in San Remo vergleichen, das in den Jahren 1724-1730 entstanden ist (vgl. M. Trimarchi ebd., 1979, S. 62-63, Nr. 53, fig. 56), ebenso mit dem Altarbild in der Kirche der Kapuziner im nahegelegenen Taggia in Ligurien (vgl. M. Trimarchi ebd., 1979, S. 61-62, Nr. 52, fig. 55) sowie mit dem großen Altarfresko in San Giovanni in Laterano in Rom, seinem letzten Werk (vgl. M. Trimarchi ebd., 1979, S. 63-64, Nr. 54, fig. 57). Der Gesichtstypus der weiblichen Figur findet sich in dem der heiligen Jungfrau in dem späten Bild der Ruhe auf der Flucht wieder, das am 5. Oktober 1995 bei Christie’s in New York als Werk Odazzis versteigert wurde (vgl. E. Schleier ebd., 2008, S. 51-52, fig. 9). Die Darstellung der Landschaft weist Einflüsse von Gaspard Dughet, Jan Frans van Bloemen und besonders von Salvator Rosa auf, letztlich ist Odazzis Stil aber sehr eigenständig und gekennzeichnet durch sehr dichtes, filigranes Blattwerk, vergleichbar mit dem schon erwähnten Bild der Ruhe auf der Flucht und der großen Landschaft mit Diana und Endymion (ehemals Privatsammlung, Italien), einem Hauptwerk aus der Spätzeit, das wahrscheinlich auch mit einem Bild im Nachlassinventar identifiziert werden kann (vgl. E. Schleier, Giovanni Odazzi: inediti e nuove proposte, in: Pittura Toscana e Pittura Europea nel Secolo del Lumi, atti del convegno Pisa, Domus Galileana, 1990, Florenz 1993, S. 13-14, Farbtafel 21).

Odazzi war ein Schüler von Ciro Ferri, später von Giovanni Battista Gaulli. 1706 wurde er Mitglied der Accademia di S. Luca in Rom. Odazzi war ein in seiner Zeit sehr erfolgreicher und sehr produktiver Maler. Seine Werke, zumeist Fresken, befinden sich in zahlreichen Kirchen Roms. Das vorliegende Gemälde gehört zu den qualitätvollsten Bildern seiner Spätzeit.

23.10.2018 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 32.772,-
Schätzwert:
EUR 20.000,- bis EUR 30.000,-

Giovanni Odazzi


(Rom 1663-1731)
Die Versuchung des heiligen Antonius,
Öl auf Leinwand, 72 x 96 cm, gerahmt

Provenienz:
Auktion, Christie’s, Paris, 26. Juni 2002, Lot 33;
Auktion, Woolley & Wallis, Salisbury, 7. März 2018, Lot 333

(Vermutliche) Dokumentation:
im Nachlassinventar des Testaments von Odazzi von 1731 unter der Nummer 176 aufgeführt: „tela di palmi 4 ½ lunghezza e 4 larghezza rapp.a la tentazione di S. Antonio Ab.e“ (publiziert in: M. Trimarchi, Giovanni Odazzi pittore romano (1663-1731), Rom 1979, S. 103)

Literatur:
E. Schleier, Aggiunte a Giovanni Odazzi, in: Arte Cristiana, XCVI, Nr. 844, Januar - Februar 2008, S. 51 und 54

Wir danken Erich Schleier für die Bestätigung der Zuschreibung auf Grundlage einer Fotografie und für seine Hilfe bei der Recherche und Katalogisierung dieses Gemäldes (schriftliche Mitteilung).

Als Eremit musste der heilige Antonius zahlreichen Versuchungen böser Geister widerstehen, wie hier im vorliegenden Bild, wo ihm ein Dämon in Gestalt einer jungen Frau erscheint. Besonders in der venezianischen Malerei des 16. bis 18. Jahrhunderts ist die Erscheinung des Dämons als weibliche Figur oft dargestellt worden, etwa von Sebastiano Ricci, der das Thema mehrfach aufgegriffen hat (vgl. A. Scarpa, Sebastiano Ricci, Venedig 2006, S. 249, Nr. 299, Abb. 232), und Giovanni Battista Tiepolo, der in seinem Gemälde in Mailand, Pinacoteca di Brera, die Frau fast ganz nackt dargestellt hat. Odazzi hat, den Gepflogenheiten der römischen Malerei des 18. Jahrhunderts folgend, eine dezentere Variante gewählt. Dass die junge Frau ein Dämon ist, ist nur daran zu erkennen, dass sie an den Fingern krallenartige Nägel hat.

Erich Schleier identifizierte das vorliegende Gemälde erstmals als Werk Odazzis, als es am 26. Juni 2002 bei Christie’s in Paris zur Auktion gelangte. Er reiht es in das Spätwerk des Künstlers und datiert es in die Zeit um 1730.

Am 1. Mai 1731 verfasste Odazzi sein Testament und setzte seine Schwester Caterina als Universalerbin ein. Dem Testament beigelegt war eine Inventarliste seiner Besitztümer (beides wird im Archivio di Stato in Rom aufbewahrt), die auch eine Schätzung der Werke enthält, die sich bei seinem Tod in der Werkstatt befanden. Möglicherweise kann das vorliegende Gemälde mit dem unter Nr. 176 aufgeführten Bild identifiziert werden: „tela di palmi 4 ½ lunghezza e 4 larghezza rapp.a la tentazione di S. Antonio Ab.e“ (siehe Trimarchi 1979, S. 103; Schleier 2008, S. 51). Die Maße des querformatigen Bildes sind etwas kleiner als das in Rom sehr verbreitete Standardmaß der „tela d’imperatore“ (4 x 6 palmi romani = ca. 95 x 130 cm). Die angegebenen Maße entsprechen 89 x 100 cm, jedoch könnte das Bild im Rahmen gemessen worden sein. Das Thema ist in der römischen Malerei des 18. Jahrhunderts eher selten dargestellt worden.

Was den Gesichtstypus des heiligen Antonius und der Stil seines Gewandes betrifft, so lässt sich das Bild mit den Figuren in Odazzis Altarbild im Santuario della Madonna della Costa in San Remo vergleichen, das in den Jahren 1724-1730 entstanden ist (vgl. M. Trimarchi ebd., 1979, S. 62-63, Nr. 53, fig. 56), ebenso mit dem Altarbild in der Kirche der Kapuziner im nahegelegenen Taggia in Ligurien (vgl. M. Trimarchi ebd., 1979, S. 61-62, Nr. 52, fig. 55) sowie mit dem großen Altarfresko in San Giovanni in Laterano in Rom, seinem letzten Werk (vgl. M. Trimarchi ebd., 1979, S. 63-64, Nr. 54, fig. 57). Der Gesichtstypus der weiblichen Figur findet sich in dem der heiligen Jungfrau in dem späten Bild der Ruhe auf der Flucht wieder, das am 5. Oktober 1995 bei Christie’s in New York als Werk Odazzis versteigert wurde (vgl. E. Schleier ebd., 2008, S. 51-52, fig. 9). Die Darstellung der Landschaft weist Einflüsse von Gaspard Dughet, Jan Frans van Bloemen und besonders von Salvator Rosa auf, letztlich ist Odazzis Stil aber sehr eigenständig und gekennzeichnet durch sehr dichtes, filigranes Blattwerk, vergleichbar mit dem schon erwähnten Bild der Ruhe auf der Flucht und der großen Landschaft mit Diana und Endymion (ehemals Privatsammlung, Italien), einem Hauptwerk aus der Spätzeit, das wahrscheinlich auch mit einem Bild im Nachlassinventar identifiziert werden kann (vgl. E. Schleier, Giovanni Odazzi: inediti e nuove proposte, in: Pittura Toscana e Pittura Europea nel Secolo del Lumi, atti del convegno Pisa, Domus Galileana, 1990, Florenz 1993, S. 13-14, Farbtafel 21).

Odazzi war ein Schüler von Ciro Ferri, später von Giovanni Battista Gaulli. 1706 wurde er Mitglied der Accademia di S. Luca in Rom. Odazzi war ein in seiner Zeit sehr erfolgreicher und sehr produktiver Maler. Seine Werke, zumeist Fresken, befinden sich in zahlreichen Kirchen Roms. Das vorliegende Gemälde gehört zu den qualitätvollsten Bildern seiner Spätzeit.


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 23.10.2018 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 13.10. - 23.10.2018


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer(für Lieferland Österreich)

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