Lot Nr. 55 -


Diego Rodríguez de Silva y Velázquez Werkstatt


Diego Rodríguez de Silva y Velázquez Werkstatt - Alte Meister

(Sevilla 1599-1660 Madrid)
Bildnis von König Philipp IV. im schwarzen Gewand mit dem Orden vom Goldenen Vlies,
Öl auf Leinwand, 206 x 108 cm, gerahmt

Wir danken Gloria Martínez-Leiva, die die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes nach dessen Prüfung im Original vorgeschlagen hat, für ihre Hilfe bei der Katalogisierung. Ein Gutachten liegt vor.

Dieses kürzlich wiederaufgefundene Porträt beruht auf Velázquez’ Prinzip, „auf alle Spuren königlichen Tands zu verzichten und dem Gedanken zu huldigen, dass es keinen wirkungsvolleren Ausdruck majestätischer Würde gibt als die königliche Person selbst“ (siehe G. Finaldi, Philip IV, in: Velázquez, Ausstellungskatalog, London 2006, S. 172). Nach seiner Rückkehr aus Italien 1651 richtete Velázquez im Alcázar von Madrid seine Werkstatt im „Cuarto del Príncipe“ ein: in jenem Raum, der auch in Las Meninas zu sehen ist. Die Arbeitsweise seiner Werkstatt wird durch die Anwesenheit seiner ersten Gehilfen dokumentiert. Einer von ihnen, Juan Bautista Martínez del Mazo, sollte sogar sein Schwiegersohn werden.

Velázquez war immer mehr damit beschäftigt, das öffentliche Ansehen des Königshauses zu verbreiten und die Ikonografie der Monarchie zu befördern (siehe J. Portús, Diego Velázquez, 1650-1660. Retrato y cultura cortesana, in: Velázquez y la familia de Philip IV., Ausstellungskatalog, Madrid, Museo Nacional del Prado, 2013, S. 37). Die vorliegende Komposition verbindet das Bild des älteren Königs mit einem ganzfigurigen Porträttypus, dessen sich Velázquesz bereits zu einem früheren Zeitpunkt bedient hatte. König Philipp war 46 Jahre alt, als Velázquez aus Italien zurückkehrte. Er zögerte, seinem Lieblingskünstler Modell zu sitzen, zum Teil deshalb, weil er nicht mit seinem alternden Abbild konfrontiert werden wollte, zum Teil aufgrund von Velázquez’ berüchtigter Langsamkeit bei der Arbeit. In einem Brief vom 8. Juli 1653 an seine Schwester Luise bemerkte Philipp: „Ich habe kein Bildnis von mir geschickt, weil mir in den letzten neun Jahren nicht danach war, mich malen zu lassen, und ich bin nicht gewillt, noch einmal Velázquez’ Phlegma über mich ergehen zu lassen und mich dabei altern zu sehen“(siehe Corpus Velazqueño, Madrid 2000, S. 286, Dok. 340).

Trotz des Widerstands des Königs, weitere Porträtsitzungen zu absolvieren, schuf Velázquez ab Mitte der 1650er-Jahre zumindest zwei Brustbilder. Eines davon befindet sich im Prado, Madrid (siehe Abb. 1), das andere in der National Gallery in London (Inv. Nr. NG745). Diese beiden Porträts dienten offenbar als Vorlage für mehrere Varianten, die vom Meister und seiner königlichen Werkstatt ausgeführt wurden. Das vorliegende Gemälde stellt eine seltene Kombination der Gesichtszüge der Porträts der 1650er-Jahre im Prado und in London mit einem ganzfigurigen Porträttypus dar, der ebenfalls auf ein schon früher entwickeltes Kompositionsschema zurückgriff. Es zeigt sich eine große Ähnlichkeit mit dem Porträt des Infanten Don Carlos, des Bruders Philipps IV., das Velázquez um 1626 ausführte (siehe Abb. 2).

Nahezu alle Fassungen, die auf den Vorlagen im Prado und in London basieren, weisen eine eingeschränkte Farbigkeit auf, die vor allem Schwarz sowie Grau- und Rottöne umfasst. Oft ist der König nur in Schwarz gekleidet dargestellt, mit dem Orden vom Goldenen Vlies als einzigem Hinweis auf eine königliche Ikonografie. Das einzige Element, das eine kompositionelle Veränderung von den Zwanziger- zu den Fünfzigerjahren mit sich brachte, ist der von Velázquez eingesetzte rote Vorhang. Die Maler der königlichen Werkstatt trachteten offenbar danach, hier der künstlerischen Entwicklung ihres Meisters zu folgen. Der Vorhang ist mit schnell hingeworfenen, fast „impressionistisch“ wirkenden Pinselstrichen gemalt, deren sich Velázquez erst in seiner Spätzeit bediente. Gloria Martinez verweist auf eine Variante der vorliegenden Komposition, die einen anderen Hintergrund zeigt und auf der der möglicherweise ein paar Jahre älter erscheinende König mit nur einem Handschuh und einen Hut haltend dargestellt ist (Museo del Prado, Inv. Nr. P1232, Leihgabe Biblioteca-Museu Víctor Balaguer, Vilanueva i la Geltrú). Dieses Gemälde wird Pedro de Villafranca Malagón, einem Maler und Stecher der königlichen Werkstatt, zugeschrieben. Mit großer Wahrscheinlichkeit besteht ein Zusammenhang zwischen Malagóns Gemälde und dem vorliegenden Porträt, die möglicherweise auf demselben Vorbild beruhen, vermutlich sogar auf einer heute verlorenen Fassung Velásquez’. Es zeigt sich hier die Arbeitsweise der Gehilfen der königlichen Werkstatt im Alcázar in Madrid, die Varianten nach vom Meister entwickelten und ausgeführten Vorlagen schufen. Es ist davon auszugehen, dass Velázquez die Endphase der Ausführung dieser königlichen Bildnisse, die an Höfe im Ausland verschickt wurden, selbst überwachte.

Die Bezeichnung des Monarchen als „Phelipe IIII.“ mag darauf hinweisen, dass das vorliegende Gemälde ins Ausland gehen sollte und möglicherweise für den französischen Hof bestimmt war. An ausländische Fürstenhöfe versendete Bilder der Werkstatt sind zahlreich dokumentiert, darunter das von Velázquez und seiner Werkstatt ausgeführte Bildnispaar, das am 24. September 1632 bestellt und sodann nach Wien verschickt wurde (heute Kunsthistorisches Museum, Inv. Nr. 314 und 731).

23.10.2018 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 27.310,-
Schätzwert:
EUR 40.000,- bis EUR 60.000,-

Diego Rodríguez de Silva y Velázquez Werkstatt


(Sevilla 1599-1660 Madrid)
Bildnis von König Philipp IV. im schwarzen Gewand mit dem Orden vom Goldenen Vlies,
Öl auf Leinwand, 206 x 108 cm, gerahmt

Wir danken Gloria Martínez-Leiva, die die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes nach dessen Prüfung im Original vorgeschlagen hat, für ihre Hilfe bei der Katalogisierung. Ein Gutachten liegt vor.

Dieses kürzlich wiederaufgefundene Porträt beruht auf Velázquez’ Prinzip, „auf alle Spuren königlichen Tands zu verzichten und dem Gedanken zu huldigen, dass es keinen wirkungsvolleren Ausdruck majestätischer Würde gibt als die königliche Person selbst“ (siehe G. Finaldi, Philip IV, in: Velázquez, Ausstellungskatalog, London 2006, S. 172). Nach seiner Rückkehr aus Italien 1651 richtete Velázquez im Alcázar von Madrid seine Werkstatt im „Cuarto del Príncipe“ ein: in jenem Raum, der auch in Las Meninas zu sehen ist. Die Arbeitsweise seiner Werkstatt wird durch die Anwesenheit seiner ersten Gehilfen dokumentiert. Einer von ihnen, Juan Bautista Martínez del Mazo, sollte sogar sein Schwiegersohn werden.

Velázquez war immer mehr damit beschäftigt, das öffentliche Ansehen des Königshauses zu verbreiten und die Ikonografie der Monarchie zu befördern (siehe J. Portús, Diego Velázquez, 1650-1660. Retrato y cultura cortesana, in: Velázquez y la familia de Philip IV., Ausstellungskatalog, Madrid, Museo Nacional del Prado, 2013, S. 37). Die vorliegende Komposition verbindet das Bild des älteren Königs mit einem ganzfigurigen Porträttypus, dessen sich Velázquesz bereits zu einem früheren Zeitpunkt bedient hatte. König Philipp war 46 Jahre alt, als Velázquez aus Italien zurückkehrte. Er zögerte, seinem Lieblingskünstler Modell zu sitzen, zum Teil deshalb, weil er nicht mit seinem alternden Abbild konfrontiert werden wollte, zum Teil aufgrund von Velázquez’ berüchtigter Langsamkeit bei der Arbeit. In einem Brief vom 8. Juli 1653 an seine Schwester Luise bemerkte Philipp: „Ich habe kein Bildnis von mir geschickt, weil mir in den letzten neun Jahren nicht danach war, mich malen zu lassen, und ich bin nicht gewillt, noch einmal Velázquez’ Phlegma über mich ergehen zu lassen und mich dabei altern zu sehen“(siehe Corpus Velazqueño, Madrid 2000, S. 286, Dok. 340).

Trotz des Widerstands des Königs, weitere Porträtsitzungen zu absolvieren, schuf Velázquez ab Mitte der 1650er-Jahre zumindest zwei Brustbilder. Eines davon befindet sich im Prado, Madrid (siehe Abb. 1), das andere in der National Gallery in London (Inv. Nr. NG745). Diese beiden Porträts dienten offenbar als Vorlage für mehrere Varianten, die vom Meister und seiner königlichen Werkstatt ausgeführt wurden. Das vorliegende Gemälde stellt eine seltene Kombination der Gesichtszüge der Porträts der 1650er-Jahre im Prado und in London mit einem ganzfigurigen Porträttypus dar, der ebenfalls auf ein schon früher entwickeltes Kompositionsschema zurückgriff. Es zeigt sich eine große Ähnlichkeit mit dem Porträt des Infanten Don Carlos, des Bruders Philipps IV., das Velázquez um 1626 ausführte (siehe Abb. 2).

Nahezu alle Fassungen, die auf den Vorlagen im Prado und in London basieren, weisen eine eingeschränkte Farbigkeit auf, die vor allem Schwarz sowie Grau- und Rottöne umfasst. Oft ist der König nur in Schwarz gekleidet dargestellt, mit dem Orden vom Goldenen Vlies als einzigem Hinweis auf eine königliche Ikonografie. Das einzige Element, das eine kompositionelle Veränderung von den Zwanziger- zu den Fünfzigerjahren mit sich brachte, ist der von Velázquez eingesetzte rote Vorhang. Die Maler der königlichen Werkstatt trachteten offenbar danach, hier der künstlerischen Entwicklung ihres Meisters zu folgen. Der Vorhang ist mit schnell hingeworfenen, fast „impressionistisch“ wirkenden Pinselstrichen gemalt, deren sich Velázquez erst in seiner Spätzeit bediente. Gloria Martinez verweist auf eine Variante der vorliegenden Komposition, die einen anderen Hintergrund zeigt und auf der der möglicherweise ein paar Jahre älter erscheinende König mit nur einem Handschuh und einen Hut haltend dargestellt ist (Museo del Prado, Inv. Nr. P1232, Leihgabe Biblioteca-Museu Víctor Balaguer, Vilanueva i la Geltrú). Dieses Gemälde wird Pedro de Villafranca Malagón, einem Maler und Stecher der königlichen Werkstatt, zugeschrieben. Mit großer Wahrscheinlichkeit besteht ein Zusammenhang zwischen Malagóns Gemälde und dem vorliegenden Porträt, die möglicherweise auf demselben Vorbild beruhen, vermutlich sogar auf einer heute verlorenen Fassung Velásquez’. Es zeigt sich hier die Arbeitsweise der Gehilfen der königlichen Werkstatt im Alcázar in Madrid, die Varianten nach vom Meister entwickelten und ausgeführten Vorlagen schufen. Es ist davon auszugehen, dass Velázquez die Endphase der Ausführung dieser königlichen Bildnisse, die an Höfe im Ausland verschickt wurden, selbst überwachte.

Die Bezeichnung des Monarchen als „Phelipe IIII.“ mag darauf hinweisen, dass das vorliegende Gemälde ins Ausland gehen sollte und möglicherweise für den französischen Hof bestimmt war. An ausländische Fürstenhöfe versendete Bilder der Werkstatt sind zahlreich dokumentiert, darunter das von Velázquez und seiner Werkstatt ausgeführte Bildnispaar, das am 24. September 1632 bestellt und sodann nach Wien verschickt wurde (heute Kunsthistorisches Museum, Inv. Nr. 314 und 731).


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 23.10.2018 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 13.10. - 23.10.2018


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer(für Lieferland Österreich)

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