Lot Nr. 24


Meister von Hartford (?), Pendants (2)


Meister von Hartford (?), Pendants (2) - Alte Meister

(tätig in Rom um 1600)
Weintrauben, Sellerie und Pfirsiche in einer Metallschale und weitere Früchte in einem Korb auf einem Steinsims; und
Blumenvase mit Feigen in einer Tazza und Wassermelonen, Pflaumen, Pfirsichen und Kirschen auf einem Steinsims,
Öl auf Leinwand, je 94 x 135 cm, ungerahmt, Pendants (2)

Provenienz:
Kunstmarkt, Mailand, 1996;
Privatsammlung, Imperia, 1997;
Privatsammlung, Italien

Literatur:
A. Ottani Cavina (Hg.), Prospettiva Zeri, Turin 2009, S. 126/127, Abb. 18, 19 (als Meister von Hartford);
A. Cottino, Riesaminando il Maestro di Hartford. Riflessioni a margine di mostre e convegni, in: Valori tattili, 2011, S. 31/32, Abb. 7, 8 (als Giovanni Quinsa);
A. Coliva, D. Dotti (Hg.), L’origine della natura morta in Italia. Caravaggio e il Maestro di Hartford, Mailand 2016, S. 128/129 und S. 143, Anm. 52 (als Giovanni Quinsa)

Die vorliegenden Gemälde sind im Archiv der Fototeca Zeri (Nr. 85809, 85810) als Werke des Meisters von Hartford verzeichnet (Fondazione Federico Zeri, Bildarchiv, coll. ex. 636/5).

Beim Meister von Hartford oder Meister des Hartford-Stilllebens handelt es sich um einen anonymen Künstler, der in den ersten Jahren des 17. Jahrhunderts in Rom tätig war. Federico Zeri prägte den Hilfsnamen nach einer der emblematischsten Arbeiten des Künstlers, dem Stillleben mit Blumen und Früchten im Wadsworth Atheneum in Hartford, Connecticut. Die Wissenschaft ist sich hinsichtlich der Identität des Künstlers nach wie vor uneins. Nichtsdestotrotz wird er als einer der eigenständigsten Vertreter der Stilllebenmalerei und als Erneuerer des Genres anerkannt, welches sich im 17. Jahrhundert in Rom und anderen italienischen Städten wachsender Beliebtheit erfreute.

Zeri hat das sich heute im Wadsworth Atheneum in Hartford befindliche Bild einer Gruppe von Werken zugeordnet, die sich einst in der römischen Werkstatt des Künstlers Giuseppe Cesari, gen. Cavalier d’Arpino, befand und 1607 von Papst Paul V. Borghese requiriert wurde (siehe F. Zeri, Sull’esecuzione di ‘nature morte’ nella bottega del Cavalier d’Arpino, e sulla presenza ivi del giovane Caravaggio, in: Diari di Lavoro, Turin 1976, II, S. 92-103). Unter den requirierten Bildern befanden sich Werke Caravaggios, der in der Werkstatt des Cavalier d’Arpino ausgebildet worden war. Zwei weitere Gemälde der Gruppe requirierter Werke, die dem Meister von Hartford zugeschrieben sind, befinden sich nach wie vor in der Galleria Borghese in Rom: Blumenvase mit Früchten und Gemüse und Stillleben mit Federwild und einer Eule (A. Bacchi et al., La natura morta di Federico Zeri, Bologna 2015, S. 20/21, Abb. 9, 10).

Was die beiden vorliegenden Gemälde betrifft, hält Anna Ottani Cavina die Zuschreibung an den Meister von Hartford aufrecht und bekräftigt deren Nähe zu den Werken der Sammlung Borghese. Wie Zeri weist sie auf die gläserne Blumenvase als typisches Element der Gemälde des Künstlers hin (siehe Literatur). Zudem lenkt Ottani Cavina die Aufmerksamkeit insbesondere auf das Vorhandensein von „motivi Lombardi come le due fruttiere“ [„lombardische Motive wie die zwei Gefäße mit Früchten“] in den beiden vorliegenden Werken. Zeri hat in Erwägung gezogen, dass sich hinter der Hand des als Meister von Hartford bekannten anonymen Künstlers der junge Caravaggio verbergen könnte, als dieser sich am Anfang seiner Laufbahn und Ausbildung um 1593 noch in der Werkstatt des Cavalier d’Arpino befand (siehe Zeri 1976).

Eine alternative Zuschreibung des vorliegenden Gemäldepaars wurde von Cottino und anderen Kunsthistorikern vorgeschlagen (siehe Literatur), die die beiden Werke dem spanischen Künstler Giovanni Quinsa zuordnen (tätig in Neapel Mitte des 17. Jahrhunderts). Diese Zuschreibung basiert auf einem zusammen mit seinem Pendant 2004 bei Sotheby’s zum Verkauf angebotenen Werk einer Blumenvase mit Früchten auf einem Tisch, das mit „Quinsa“ signiert und mit 1643 datiert ist (Sotheby’s, London, 9. Dezember 2004, Lot 197 und 198).

Technische Untersuchung:
 IR- und IRT-Aufnahmen ergeben, dass die Gemälde zu einem unbekannten Zeitpunkt durch Hinzufügungen im oberen Viertel vergrößert wurden. Die Originalleinwand ist dicht mit einem braunen Grund vorbereitet, der in der Infrarotreflektografie merkwürdig hell erscheint, was darauf hinweist, dass die dunkleren Lichthöfe mit einem unter Infrarotlicht ausgesprochen transparent erscheinenden Pigment ausgeführt wurden, d h. mit einer braunen Erde, die wie Kasseler Erde reich an organischen Bestandteilen ist, was sich auch mit der Reflexionsspektroskopie deckt. Diese Lichthöfe im Hintergrund sind eigentümlich und ähneln jenen in Werken aus der Anfangszeit Caravaggios in Rom um 1597.

Beide Gemälde lassen dieselbe Vorgangsweise bei der Darstellung von Blättern und mehreren Früchten erkennen. Unter Infrarot- und Streiflicht zeigen sich insbesondere bei einem der Bilder Linien einer Unterzeichnung und ein paar Einritzungen, die dem Aufbau der Bildelemente dienten.

Unter den Pigmenten finden sich Bleiweiß, ein bleibasiertes Gelb, Zinnober, Ockergelb und braune Erden. Die spektroskopische Untersuchung weist bei den schwarzen Trauben eines der beiden Gemälde auf stark verfärbtes Smalteblau hin, was vermuten lässt, dass die ursprünglichen Blautöne über die Jahrhunderte durch die Reaktion des glasbasierten Smaltepigments mit dem trocknenden Öl verschwunden sind. Bleihaltiges Gelb wurde im Bereich der Feigen auch dunklen Farbmischungen sowie zumeist in helleren Zonen zusammen mit einem nicht näher bestimmbaren blaugrünen Farbstoff den Grüntönen von Blättern und Früchten beigegeben. Im Bereich der Blumen findet sich ein qualitativ hochwertiger Rotlack auf Karminbasis, wobei Rotlack auch in den Schattenbereichen der mit Zinnober ausgeführten roten Früchte zum Einsatz kam. Die mikroskopische Untersuchung hat ergeben, dass die braune Grundierung aus Eisenoxiden besteht, die stellenweise mit Zinnober oder einem blaugrünen Farbstoff, aber auch mit anderen Farbstoffen der Palette des Malers vermischt wurden.

Wir danken Gianluca Poldi für die Durchführung der technischen Untersuchung der vorliegenden Gemälde.

23.10.2018 - 18:00

Schätzwert:
EUR 80.000,- bis EUR 120.000,-

Meister von Hartford (?), Pendants (2)


(tätig in Rom um 1600)
Weintrauben, Sellerie und Pfirsiche in einer Metallschale und weitere Früchte in einem Korb auf einem Steinsims; und
Blumenvase mit Feigen in einer Tazza und Wassermelonen, Pflaumen, Pfirsichen und Kirschen auf einem Steinsims,
Öl auf Leinwand, je 94 x 135 cm, ungerahmt, Pendants (2)

Provenienz:
Kunstmarkt, Mailand, 1996;
Privatsammlung, Imperia, 1997;
Privatsammlung, Italien

Literatur:
A. Ottani Cavina (Hg.), Prospettiva Zeri, Turin 2009, S. 126/127, Abb. 18, 19 (als Meister von Hartford);
A. Cottino, Riesaminando il Maestro di Hartford. Riflessioni a margine di mostre e convegni, in: Valori tattili, 2011, S. 31/32, Abb. 7, 8 (als Giovanni Quinsa);
A. Coliva, D. Dotti (Hg.), L’origine della natura morta in Italia. Caravaggio e il Maestro di Hartford, Mailand 2016, S. 128/129 und S. 143, Anm. 52 (als Giovanni Quinsa)

Die vorliegenden Gemälde sind im Archiv der Fototeca Zeri (Nr. 85809, 85810) als Werke des Meisters von Hartford verzeichnet (Fondazione Federico Zeri, Bildarchiv, coll. ex. 636/5).

Beim Meister von Hartford oder Meister des Hartford-Stilllebens handelt es sich um einen anonymen Künstler, der in den ersten Jahren des 17. Jahrhunderts in Rom tätig war. Federico Zeri prägte den Hilfsnamen nach einer der emblematischsten Arbeiten des Künstlers, dem Stillleben mit Blumen und Früchten im Wadsworth Atheneum in Hartford, Connecticut. Die Wissenschaft ist sich hinsichtlich der Identität des Künstlers nach wie vor uneins. Nichtsdestotrotz wird er als einer der eigenständigsten Vertreter der Stilllebenmalerei und als Erneuerer des Genres anerkannt, welches sich im 17. Jahrhundert in Rom und anderen italienischen Städten wachsender Beliebtheit erfreute.

Zeri hat das sich heute im Wadsworth Atheneum in Hartford befindliche Bild einer Gruppe von Werken zugeordnet, die sich einst in der römischen Werkstatt des Künstlers Giuseppe Cesari, gen. Cavalier d’Arpino, befand und 1607 von Papst Paul V. Borghese requiriert wurde (siehe F. Zeri, Sull’esecuzione di ‘nature morte’ nella bottega del Cavalier d’Arpino, e sulla presenza ivi del giovane Caravaggio, in: Diari di Lavoro, Turin 1976, II, S. 92-103). Unter den requirierten Bildern befanden sich Werke Caravaggios, der in der Werkstatt des Cavalier d’Arpino ausgebildet worden war. Zwei weitere Gemälde der Gruppe requirierter Werke, die dem Meister von Hartford zugeschrieben sind, befinden sich nach wie vor in der Galleria Borghese in Rom: Blumenvase mit Früchten und Gemüse und Stillleben mit Federwild und einer Eule (A. Bacchi et al., La natura morta di Federico Zeri, Bologna 2015, S. 20/21, Abb. 9, 10).

Was die beiden vorliegenden Gemälde betrifft, hält Anna Ottani Cavina die Zuschreibung an den Meister von Hartford aufrecht und bekräftigt deren Nähe zu den Werken der Sammlung Borghese. Wie Zeri weist sie auf die gläserne Blumenvase als typisches Element der Gemälde des Künstlers hin (siehe Literatur). Zudem lenkt Ottani Cavina die Aufmerksamkeit insbesondere auf das Vorhandensein von „motivi Lombardi come le due fruttiere“ [„lombardische Motive wie die zwei Gefäße mit Früchten“] in den beiden vorliegenden Werken. Zeri hat in Erwägung gezogen, dass sich hinter der Hand des als Meister von Hartford bekannten anonymen Künstlers der junge Caravaggio verbergen könnte, als dieser sich am Anfang seiner Laufbahn und Ausbildung um 1593 noch in der Werkstatt des Cavalier d’Arpino befand (siehe Zeri 1976).

Eine alternative Zuschreibung des vorliegenden Gemäldepaars wurde von Cottino und anderen Kunsthistorikern vorgeschlagen (siehe Literatur), die die beiden Werke dem spanischen Künstler Giovanni Quinsa zuordnen (tätig in Neapel Mitte des 17. Jahrhunderts). Diese Zuschreibung basiert auf einem zusammen mit seinem Pendant 2004 bei Sotheby’s zum Verkauf angebotenen Werk einer Blumenvase mit Früchten auf einem Tisch, das mit „Quinsa“ signiert und mit 1643 datiert ist (Sotheby’s, London, 9. Dezember 2004, Lot 197 und 198).

Technische Untersuchung:
 IR- und IRT-Aufnahmen ergeben, dass die Gemälde zu einem unbekannten Zeitpunkt durch Hinzufügungen im oberen Viertel vergrößert wurden. Die Originalleinwand ist dicht mit einem braunen Grund vorbereitet, der in der Infrarotreflektografie merkwürdig hell erscheint, was darauf hinweist, dass die dunkleren Lichthöfe mit einem unter Infrarotlicht ausgesprochen transparent erscheinenden Pigment ausgeführt wurden, d h. mit einer braunen Erde, die wie Kasseler Erde reich an organischen Bestandteilen ist, was sich auch mit der Reflexionsspektroskopie deckt. Diese Lichthöfe im Hintergrund sind eigentümlich und ähneln jenen in Werken aus der Anfangszeit Caravaggios in Rom um 1597.

Beide Gemälde lassen dieselbe Vorgangsweise bei der Darstellung von Blättern und mehreren Früchten erkennen. Unter Infrarot- und Streiflicht zeigen sich insbesondere bei einem der Bilder Linien einer Unterzeichnung und ein paar Einritzungen, die dem Aufbau der Bildelemente dienten.

Unter den Pigmenten finden sich Bleiweiß, ein bleibasiertes Gelb, Zinnober, Ockergelb und braune Erden. Die spektroskopische Untersuchung weist bei den schwarzen Trauben eines der beiden Gemälde auf stark verfärbtes Smalteblau hin, was vermuten lässt, dass die ursprünglichen Blautöne über die Jahrhunderte durch die Reaktion des glasbasierten Smaltepigments mit dem trocknenden Öl verschwunden sind. Bleihaltiges Gelb wurde im Bereich der Feigen auch dunklen Farbmischungen sowie zumeist in helleren Zonen zusammen mit einem nicht näher bestimmbaren blaugrünen Farbstoff den Grüntönen von Blättern und Früchten beigegeben. Im Bereich der Blumen findet sich ein qualitativ hochwertiger Rotlack auf Karminbasis, wobei Rotlack auch in den Schattenbereichen der mit Zinnober ausgeführten roten Früchte zum Einsatz kam. Die mikroskopische Untersuchung hat ergeben, dass die braune Grundierung aus Eisenoxiden besteht, die stellenweise mit Zinnober oder einem blaugrünen Farbstoff, aber auch mit anderen Farbstoffen der Palette des Malers vermischt wurden.

Wir danken Gianluca Poldi für die Durchführung der technischen Untersuchung der vorliegenden Gemälde.


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 23.10.2018 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 13.10. - 23.10.2018

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