Lot Nr. 359


Römische Schule, um 1603–1620


Römische Schule, um 1603–1620 - Alte Meister

Der heilige Bartholomäus,
Öl auf Leinwand, 109,5 x 85 cm, gerahmt

Provenienz:
vermutlich Sammlung des Wiener Malers Eugen Felix (1873–1906);
vermutlich Kunsthandel Knoedler & Co., New York, 1985 (lt. Literatur);
Privatsammlung, New York und später Wien

Literatur:
vermutlich T. v. Frimmel, Lexikon der Wiener Gemäldesammlungen, München 1913, Bd. I, S. 340;
T. Döring, Studien zur Künstlerfamilie Van Bronchorst: Jan Gerritsz. (ca. 1603–1661), Johannes (1627–1656) und Gerrit van Bronchorst (ca. 1636–1673) in Utrecht und Amsterdam, Alfter 1993, S. 137, S. 229, B 5a, Abb. S. 383 (als Kopie nach Johannes van Bronchorst, von Mina Gregori versuchsweise Caravaggio zugeschrieben);
A. Hanzl, in: J. Kräftner (Hg.), Menschenbilder – Götterwelten. The Worlds of Gods and Men, Ausstellungskatalog, Wien 2016, S. 91, Erwähnung unter Nr. 12 (als Kopie nach Johannes van Bronchorst, von Mina Gregori Caravaggio zugeschrieben)

Wir danken John Gash für seine Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes.

Dieses unverkennbar caravaggeske Werk ist von so hoher Qualität, dass es Mina Gregori einst veranlasste, es versuchsweise Caravaggio selbst zuzuschreiben (siehe Literatur).

Das vorliegende Gemälde steht in Zusammenhang mit einem von der Komposition her nahezu identischen Werk der Sammlung Liechtenstein in Wien, das die Signatur von Johannes van Bronchorst trägt und mit 1652 datiert ist (Inv.-Nr. GE 119). Die Komposition des Liechtenstein’schen Bronchorsts weist ein etwas höheres Format auf. Bronchorst stammte aus Utrecht und war Schüler des Caravaggisten Gerard van Honthorst. Er ist in Rom von 1648 bis 1650 dokumentiert. Johannes van Bronchorst müsste daher seinen heiligen Bartholomäus bald nach seiner Rückkehr nach Holland gemalt haben, wofür er sich vermutlich von einem Vorbild, das er in Rom gesehen hatte, anregen ließ.

Ein Caravaggio zugeschriebenes Gemälde eines „Apostels“ wird unter den Beständen niederländischer Sammlungen des 17. Jahrhunderts verzeichnet, wo es als Teil der Sammlung des Chevalier Jan-Baptiste Anthoine, des Antwerpener Postmeisters, vermerkt ist. Es taucht in seinem Inventar unter der Nr. 127 auf: „Een half figuer appostel Thadeus van Michiel Angel Caravagio soo men gelooft“ (siehe J. Denucé, The Antwerpen Art Galleries Inventories of the Art-Collections in Antwerp in the 16th and 17th Centuries, Antwerpen 1932, S. 93).

Im vorliegenden Gemälde ist der heilige Bartholomäus am Messer zu erkennen, das er in der linken Hand hält: eine Anspielung auf sein Martyrium. Ansonsten gibt es keine weiteren Hinweise auf das gewaltsame und qualvolle Ende des Heiligen, ganz im Gegensatz zu traditionellen Darstellungen des Bildthemas aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Stattdessen tritt die monumentale Gestalt des Heiligen aus dem dunklen Hintergrund hervor; die rechte Schulter ist entblößt und sein Kopf gesenkt, was den Anschein hat, als würde er über das ihn erwartende Schicksal nachsinnen.

Die Wahl der Bildsprache, der extreme Realismus der Darstellung und die kompositionelle Entwicklung des Bildgegenstands aus einem dramatischen Spiel mit Helldunkeleffekten weisen alle in Richtung der bildnerischen Revolution, die Caravaggio im frühen 17. Jahrhundert in Rom herbeigeführt und die sich durch seine Nachfolger in ganz Europa ausgebreitet hat. Der vorliegende heilige Bartholomäus ist aufgrund der Aufmerksamkeit, die der Künstler anatomischen Details wie den hervortretenden Adern, der Feinheit des Bartes, den tiefen Falten im Gesicht und der realistischen Warze auf der rechten Wange des Mannes gewidmet hat, besonders eindrucksvoll. Dieser augenscheinlich genau beobachtete Naturalismus, die Ausdruckskraft der Gestalt und die einzigartige Lichtführung, mit der die Monumentalität der nahezu theatralisch anmutenden Figur unterstrichen wird, sind alles Merkmale, die dem Schaffen Caravaggios nahestehen, der in den ersten Jahren des 17. Jahrhunderts eine neue Bildsprache entwickelte, welche die europäische Malerei auf dramatische Art und Weise revolutionierte.

30.04.2019 - 17:00

Erzielter Preis: **
EUR 100.300,-
Schätzwert:
EUR 80.000,- bis EUR 120.000,-

Römische Schule, um 1603–1620


Der heilige Bartholomäus,
Öl auf Leinwand, 109,5 x 85 cm, gerahmt

Provenienz:
vermutlich Sammlung des Wiener Malers Eugen Felix (1873–1906);
vermutlich Kunsthandel Knoedler & Co., New York, 1985 (lt. Literatur);
Privatsammlung, New York und später Wien

Literatur:
vermutlich T. v. Frimmel, Lexikon der Wiener Gemäldesammlungen, München 1913, Bd. I, S. 340;
T. Döring, Studien zur Künstlerfamilie Van Bronchorst: Jan Gerritsz. (ca. 1603–1661), Johannes (1627–1656) und Gerrit van Bronchorst (ca. 1636–1673) in Utrecht und Amsterdam, Alfter 1993, S. 137, S. 229, B 5a, Abb. S. 383 (als Kopie nach Johannes van Bronchorst, von Mina Gregori versuchsweise Caravaggio zugeschrieben);
A. Hanzl, in: J. Kräftner (Hg.), Menschenbilder – Götterwelten. The Worlds of Gods and Men, Ausstellungskatalog, Wien 2016, S. 91, Erwähnung unter Nr. 12 (als Kopie nach Johannes van Bronchorst, von Mina Gregori Caravaggio zugeschrieben)

Wir danken John Gash für seine Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes.

Dieses unverkennbar caravaggeske Werk ist von so hoher Qualität, dass es Mina Gregori einst veranlasste, es versuchsweise Caravaggio selbst zuzuschreiben (siehe Literatur).

Das vorliegende Gemälde steht in Zusammenhang mit einem von der Komposition her nahezu identischen Werk der Sammlung Liechtenstein in Wien, das die Signatur von Johannes van Bronchorst trägt und mit 1652 datiert ist (Inv.-Nr. GE 119). Die Komposition des Liechtenstein’schen Bronchorsts weist ein etwas höheres Format auf. Bronchorst stammte aus Utrecht und war Schüler des Caravaggisten Gerard van Honthorst. Er ist in Rom von 1648 bis 1650 dokumentiert. Johannes van Bronchorst müsste daher seinen heiligen Bartholomäus bald nach seiner Rückkehr nach Holland gemalt haben, wofür er sich vermutlich von einem Vorbild, das er in Rom gesehen hatte, anregen ließ.

Ein Caravaggio zugeschriebenes Gemälde eines „Apostels“ wird unter den Beständen niederländischer Sammlungen des 17. Jahrhunderts verzeichnet, wo es als Teil der Sammlung des Chevalier Jan-Baptiste Anthoine, des Antwerpener Postmeisters, vermerkt ist. Es taucht in seinem Inventar unter der Nr. 127 auf: „Een half figuer appostel Thadeus van Michiel Angel Caravagio soo men gelooft“ (siehe J. Denucé, The Antwerpen Art Galleries Inventories of the Art-Collections in Antwerp in the 16th and 17th Centuries, Antwerpen 1932, S. 93).

Im vorliegenden Gemälde ist der heilige Bartholomäus am Messer zu erkennen, das er in der linken Hand hält: eine Anspielung auf sein Martyrium. Ansonsten gibt es keine weiteren Hinweise auf das gewaltsame und qualvolle Ende des Heiligen, ganz im Gegensatz zu traditionellen Darstellungen des Bildthemas aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Stattdessen tritt die monumentale Gestalt des Heiligen aus dem dunklen Hintergrund hervor; die rechte Schulter ist entblößt und sein Kopf gesenkt, was den Anschein hat, als würde er über das ihn erwartende Schicksal nachsinnen.

Die Wahl der Bildsprache, der extreme Realismus der Darstellung und die kompositionelle Entwicklung des Bildgegenstands aus einem dramatischen Spiel mit Helldunkeleffekten weisen alle in Richtung der bildnerischen Revolution, die Caravaggio im frühen 17. Jahrhundert in Rom herbeigeführt und die sich durch seine Nachfolger in ganz Europa ausgebreitet hat. Der vorliegende heilige Bartholomäus ist aufgrund der Aufmerksamkeit, die der Künstler anatomischen Details wie den hervortretenden Adern, der Feinheit des Bartes, den tiefen Falten im Gesicht und der realistischen Warze auf der rechten Wange des Mannes gewidmet hat, besonders eindrucksvoll. Dieser augenscheinlich genau beobachtete Naturalismus, die Ausdruckskraft der Gestalt und die einzigartige Lichtführung, mit der die Monumentalität der nahezu theatralisch anmutenden Figur unterstrichen wird, sind alles Merkmale, die dem Schaffen Caravaggios nahestehen, der in den ersten Jahren des 17. Jahrhunderts eine neue Bildsprache entwickelte, welche die europäische Malerei auf dramatische Art und Weise revolutionierte.


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old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 30.04.2019 - 17:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 20.04. - 30.04.2019


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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