Lot Nr. 106 V


1938 S. S. 100 Jaguar 2 1/2 Litre


1938 S. S. 100 Jaguar 2 1/2 Litre - Klassische Fahrzeuge

Einer von 198 zweieinhalb Liter S.S. Jaguar 100
Äußerst aufwändige und penibel dokumentierte Schweizer Restaurierung
Seit 37 Jahren bei Einbringer

Am 2. September 1922 gründete William Lyons im Alter von nur 20 Jahren gemeinsam mit seinem Partner William Walmsley in Blackpool die Swallow Sidecar Company. Was mit der Herstellung von Beiwägen für Motorräder begann, entwickelte sich rasch weiter zur Reparaturwerkstätte für Automobile und dank einer Finanzspritze von Walmsleys Vater entstand in der Cocker Street auch etwas, das tatsächlich den Namen Werkstätte verdiente.

So änderte man den Namen auf Swallow Sidecar and Coachbuilding Company und Anfang 1927 meinte es das Schicksal gut mit der noch jungen Firma. Unter der Hand konnte man ein Austin 7 Chassis erstehen und gänzlich selbst einkleiden. Der Entwurf wusste zu gefallen und ein Londoner Händler orderte gleich 500 Stück davon. Damit war auch das Sidecar im Firmennamen Geschichte, man war jetzt Autohersteller. Also fast, denn vorerst baute man nur Karosserien.

Weil die Geschäfte gut liefen, wurde der Platz bald zu wenig und Lyons und Walmsley übersiedelten mit ihrer Firma im Winter 1928/29 in den Norden von Coventry. Im selben Jahr begann eine Zusammenarbeit mit dem Hersteller Standard, auf die, wie man so sagt, die Bezeichnung S.S. zurückgesehen soll, da man sich nicht auf einen Namen einigen konnte, und eben die Initialen beider Firmen dafür herhalten mussten. Was musste folglich her? Ein neuer Firmenname, S.S. Cars Limited.

1932 präsentierte man schließlich das erste eigene Automobil mit eigenem Chassis, eigenem Motor, eigener Karosse: den S.S. 1 mit seitengesteuertem 2- bzw. 2,5-Liter Reihensechszylinder und den S.S. 2 mit seitengesteuertem Vierzylinder. 1935 verließ Walmsley die Firma und Lyons präsentierte seinen ersten Sportwagen, namens S.S. 90, basierend auf einem gekürzten S.S. 1 Chassis und ausgestattet mit dessen Motor. 90, weil Lyons behauptete, der Wagen würde 90 in der Stunde schnell sein. Konjunktiv, wie die Presse schnell herausfand und sich abschätzig mit „more show than go“ äußerte. Das Design fanden hingegen alle hinreißend.

Lyons engagierte daraufhin William Heynes und Harry Weslake, die dem Seitenventiler mehr Leben einhauchen sollten. 90 PS hatte sich Lyons gewünscht, 102 hat er bekommen, und das in einem neu konstruiertem OHV-Motor mit knapp 2,7-Liter Hubraum. Der Motor war die Sensation als er im September 1935 im Londoner Mayfair Hotel in einer Limousine präsentiert wurde. Die unterschiedlichen Modelle bekamen nun neben den Nummern auch einen Namen: Jaguar.

Im Jahr darauf bekam auch der Sportwagen den neuen Motor verpasst. Der hieß nun S.S. 100 Jaguar und hielt, was er versprach. Bald schon tummelten sich die relativ preiswerten Sportwagen auf den Rennstrecken der Insel und fuhren alles in Grund und Boden. 1937 folgte mit dem 3½ litre die nächste Ausbaustufe, doch der große Krieg bedeutete nach nur 300 Stück ein jähes Ende für die Produktion. Nach dem Krieg gab Lyons der Firma noch einmal einen neuen Namen, Jaguar Cars. Der blieb bis heute und der S.S. 100 gilt als Begründer deren Legende und als einer der Vorkriegssportwagen schlechthin!

Das Production Record Trace Certificate dokumentiert für die Chassisnummer 49060 den 1. November 1938 als Produktionsdatum. Am 23. des Monats wurde der S.S. 100 dann über Henley, London ausgeliefert und mit der registration number FGW804 zum ersten Mal zugelassen. Die weiteren Besitzverhältnisse sind im vorliegenden registration book dann erst wieder ab 1961 bis in die frühen 1970er dokumentiert: Die Heimat des Jaguars waren demnach zwischen 1963 und den frühen 70ern die Grafschaften Devon und Somerset im Südwesten Englands. Die drei Einträge dieser Zeit lauten auf Freemans Car Sales und einen Mr. Robert King Hart, jeweils in Plymouth, sowie Mr. Geoffrey Godbert Milverton in Somerset.

Im Mai 1982 begann die Schweizer Geschichte mit dem Verkauf durch die Oldtimer Garage Bern an den Einbringer, der den S.S. 100 bis jetzt in seiner Sammlung hielt. Eine Mechanik, die nicht läuft wie ein Uhrwerk, ist dem Schweizer jedoch ein Graus und insofern vereinbarte er mit dem Händler sogleich noch eine vorsorgliche Motorrevision. Im November des Jahres konnte er den S.S. 100 dann mit potentem Motor übernehmen. Dies alles ist im archivierten Schriftverkehr nachlesbar. Fünf Jahre später entschied sich der Eigner dann, den S.S. 100 grundlegend zu restaurieren. Er gab noch 1987 eine Komplettsanierung in Auftrag. Diese zog sich über viele Jahre hin und gestaltete sich aufgrund der peniblen Anforderungen des Einbringers sehr aufwändig und entsprechend teuer. Dies ist mit hunderten Seiten an Rechnungen und Arbeitsbelegen sowie Fotos dokumentiert. Es scheint, kein Teil ist unberührt geblieben. Der Motor bekam abermals eine Überholung bzw. diesmal eine Rundumkur vom Spezialisten. Stellmacher, Spengler, Lackierer, Sattler und Mechaniker durften ab jetzt Rechnungen für viele hunderte Stunden stellen. Die detaillierte Auflistung der Arbeiten in den Rechnungsbelegen lässt die Schweizer Akribie miterleben. Federführend waren bei den Restaurierungsarbeiten die Firmen Müller AG Moosleerau und Gautschi in Gontenschwil.

1994 konnte der Einbringer nach dieser ersten Restaurierungsetappe dann wieder erste km abspulen. 4 Jahre später wurde dann wohl mit der Kür begonnen und der S.S. 100 in einer zweiten wiederum sehr teuren Restaurierungswelle perfektioniert. In Summe flossen ca. 280.000 Franken in den Wiederaufbau. Ab 2002 kam dann der langersehnte Genuss im vollrestaurierten Auto. Ab jetzt hatte auch der Wegstreckenzähler wieder zu tun und zeigt seither ca. zusätzlich gefahrene 8.000 mls an. Der S.S. 100 durfte fortan an verschiedenen Oldtimer-Veranstaltungen, u.a. in 2002 am Klausen-Memorial, seine Qualitäten zeigen.

Die S.S. 100 haben heute ihren festen Platz in der Automobilgeschichte und diesen hier zeichnet eine äußerst aufwändige, voll dokumentierte Restaurierung aus. Er ist schön, er ist schnell und er atmet unendlich viel Geschichte. Eine Legende eben.

Chassis: 49060,
Motor: L 1736 E,
Papiere: Schweizer Fahrzeugausweis, Veteraneneintrag

15.06.2019 - 15:00

Erzielter Preis: **
EUR 339.000,-
Schätzwert:
EUR 290.000,- bis EUR 370.000,-

1938 S. S. 100 Jaguar 2 1/2 Litre


Einer von 198 zweieinhalb Liter S.S. Jaguar 100
Äußerst aufwändige und penibel dokumentierte Schweizer Restaurierung
Seit 37 Jahren bei Einbringer

Am 2. September 1922 gründete William Lyons im Alter von nur 20 Jahren gemeinsam mit seinem Partner William Walmsley in Blackpool die Swallow Sidecar Company. Was mit der Herstellung von Beiwägen für Motorräder begann, entwickelte sich rasch weiter zur Reparaturwerkstätte für Automobile und dank einer Finanzspritze von Walmsleys Vater entstand in der Cocker Street auch etwas, das tatsächlich den Namen Werkstätte verdiente.

So änderte man den Namen auf Swallow Sidecar and Coachbuilding Company und Anfang 1927 meinte es das Schicksal gut mit der noch jungen Firma. Unter der Hand konnte man ein Austin 7 Chassis erstehen und gänzlich selbst einkleiden. Der Entwurf wusste zu gefallen und ein Londoner Händler orderte gleich 500 Stück davon. Damit war auch das Sidecar im Firmennamen Geschichte, man war jetzt Autohersteller. Also fast, denn vorerst baute man nur Karosserien.

Weil die Geschäfte gut liefen, wurde der Platz bald zu wenig und Lyons und Walmsley übersiedelten mit ihrer Firma im Winter 1928/29 in den Norden von Coventry. Im selben Jahr begann eine Zusammenarbeit mit dem Hersteller Standard, auf die, wie man so sagt, die Bezeichnung S.S. zurückgesehen soll, da man sich nicht auf einen Namen einigen konnte, und eben die Initialen beider Firmen dafür herhalten mussten. Was musste folglich her? Ein neuer Firmenname, S.S. Cars Limited.

1932 präsentierte man schließlich das erste eigene Automobil mit eigenem Chassis, eigenem Motor, eigener Karosse: den S.S. 1 mit seitengesteuertem 2- bzw. 2,5-Liter Reihensechszylinder und den S.S. 2 mit seitengesteuertem Vierzylinder. 1935 verließ Walmsley die Firma und Lyons präsentierte seinen ersten Sportwagen, namens S.S. 90, basierend auf einem gekürzten S.S. 1 Chassis und ausgestattet mit dessen Motor. 90, weil Lyons behauptete, der Wagen würde 90 in der Stunde schnell sein. Konjunktiv, wie die Presse schnell herausfand und sich abschätzig mit „more show than go“ äußerte. Das Design fanden hingegen alle hinreißend.

Lyons engagierte daraufhin William Heynes und Harry Weslake, die dem Seitenventiler mehr Leben einhauchen sollten. 90 PS hatte sich Lyons gewünscht, 102 hat er bekommen, und das in einem neu konstruiertem OHV-Motor mit knapp 2,7-Liter Hubraum. Der Motor war die Sensation als er im September 1935 im Londoner Mayfair Hotel in einer Limousine präsentiert wurde. Die unterschiedlichen Modelle bekamen nun neben den Nummern auch einen Namen: Jaguar.

Im Jahr darauf bekam auch der Sportwagen den neuen Motor verpasst. Der hieß nun S.S. 100 Jaguar und hielt, was er versprach. Bald schon tummelten sich die relativ preiswerten Sportwagen auf den Rennstrecken der Insel und fuhren alles in Grund und Boden. 1937 folgte mit dem 3½ litre die nächste Ausbaustufe, doch der große Krieg bedeutete nach nur 300 Stück ein jähes Ende für die Produktion. Nach dem Krieg gab Lyons der Firma noch einmal einen neuen Namen, Jaguar Cars. Der blieb bis heute und der S.S. 100 gilt als Begründer deren Legende und als einer der Vorkriegssportwagen schlechthin!

Das Production Record Trace Certificate dokumentiert für die Chassisnummer 49060 den 1. November 1938 als Produktionsdatum. Am 23. des Monats wurde der S.S. 100 dann über Henley, London ausgeliefert und mit der registration number FGW804 zum ersten Mal zugelassen. Die weiteren Besitzverhältnisse sind im vorliegenden registration book dann erst wieder ab 1961 bis in die frühen 1970er dokumentiert: Die Heimat des Jaguars waren demnach zwischen 1963 und den frühen 70ern die Grafschaften Devon und Somerset im Südwesten Englands. Die drei Einträge dieser Zeit lauten auf Freemans Car Sales und einen Mr. Robert King Hart, jeweils in Plymouth, sowie Mr. Geoffrey Godbert Milverton in Somerset.

Im Mai 1982 begann die Schweizer Geschichte mit dem Verkauf durch die Oldtimer Garage Bern an den Einbringer, der den S.S. 100 bis jetzt in seiner Sammlung hielt. Eine Mechanik, die nicht läuft wie ein Uhrwerk, ist dem Schweizer jedoch ein Graus und insofern vereinbarte er mit dem Händler sogleich noch eine vorsorgliche Motorrevision. Im November des Jahres konnte er den S.S. 100 dann mit potentem Motor übernehmen. Dies alles ist im archivierten Schriftverkehr nachlesbar. Fünf Jahre später entschied sich der Eigner dann, den S.S. 100 grundlegend zu restaurieren. Er gab noch 1987 eine Komplettsanierung in Auftrag. Diese zog sich über viele Jahre hin und gestaltete sich aufgrund der peniblen Anforderungen des Einbringers sehr aufwändig und entsprechend teuer. Dies ist mit hunderten Seiten an Rechnungen und Arbeitsbelegen sowie Fotos dokumentiert. Es scheint, kein Teil ist unberührt geblieben. Der Motor bekam abermals eine Überholung bzw. diesmal eine Rundumkur vom Spezialisten. Stellmacher, Spengler, Lackierer, Sattler und Mechaniker durften ab jetzt Rechnungen für viele hunderte Stunden stellen. Die detaillierte Auflistung der Arbeiten in den Rechnungsbelegen lässt die Schweizer Akribie miterleben. Federführend waren bei den Restaurierungsarbeiten die Firmen Müller AG Moosleerau und Gautschi in Gontenschwil.

1994 konnte der Einbringer nach dieser ersten Restaurierungsetappe dann wieder erste km abspulen. 4 Jahre später wurde dann wohl mit der Kür begonnen und der S.S. 100 in einer zweiten wiederum sehr teuren Restaurierungswelle perfektioniert. In Summe flossen ca. 280.000 Franken in den Wiederaufbau. Ab 2002 kam dann der langersehnte Genuss im vollrestaurierten Auto. Ab jetzt hatte auch der Wegstreckenzähler wieder zu tun und zeigt seither ca. zusätzlich gefahrene 8.000 mls an. Der S.S. 100 durfte fortan an verschiedenen Oldtimer-Veranstaltungen, u.a. in 2002 am Klausen-Memorial, seine Qualitäten zeigen.

Die S.S. 100 haben heute ihren festen Platz in der Automobilgeschichte und diesen hier zeichnet eine äußerst aufwändige, voll dokumentierte Restaurierung aus. Er ist schön, er ist schnell und er atmet unendlich viel Geschichte. Eine Legende eben.

Chassis: 49060,
Motor: L 1736 E,
Papiere: Schweizer Fahrzeugausweis, Veteraneneintrag


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 16.00
oldtimer@dorotheum.at

+43 1 515 60 428
Auktion: Klassische Fahrzeuge
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 15.06.2019 - 15:00
Auktionsort: Vösendorf
Besichtigung: 13.06. - 15.06.2019


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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