Lot Nr. 99


Giovanni Francesco Barbieri, gen. il Guercino


Giovanni Francesco Barbieri, gen. il Guercino - Meisterzeichnungen und Druckgraphik bis 1900, Aquarelle, Miniaturen

(Cento 1591–1666 Bologna)
Amor verstaut einen Pfeil in seinem Köcher, rote Kreide auf Bütten, auf Leinwand kaschiert, 24,7 x 15,3 cm, Passep., gerahmt, (Sch)

Provenienz:
Sammlung Anne Gore; Privatsammlung, Herefordshire.

Gutachten von Dr. Nicholas Turner (9. April 2020) in Kopie vorhanden.

Mit einer eleganten Drehung seines Körpers, den Kopf nach links unten gewandt, verstaut Amor, der geflügelte Gott der Liebe einen Pfeil in seinem Köcher. Sein Bogen ist nicht in Reichweite zu sehen, was vielleicht als Anspielung auf eine erzwungene Unterbrechung seiner neckischen Spiele gedeutet werden kann, in denen er Menschen und Götter mit dem Schuss seiner Pfeile willkürlich in einander verliebt macht. Das damit einhergehende Chaos verleitete die Götter oft dazu, seine Macht durch Stehlen, Brechen oder Verbrennen seiner Pfeile einzudämmen. Während Diana und Minerva die Mutwilligkeit seiner Handlungen verurteilten, suchte Venus, die Mutter Amors, Vergeltung für den Streich, den er ihr und ihrem Liebhaber Mars gespielt hatte. Die Entwaffnung Amors war somit seit der Renaissance bis in spätere Jahrhunderte ein beliebtes Thema in der bildenden Kunst.

Die vorliegende Zeichnung lässt sich anhand stilistischer Merkmale in die spätere Schaffensperiode Guercinos zwischen 1642 bis zu seinem Tod 1666 datieren, die der Künstler in Bologna verbrachte. Auch wenn sich die Studie nicht direkt mit einer Komposition aus dieser Zeit in Verbindung bringen lässt, so finden sich doch zahlreiche formale und ikonographische Parallelen zu zwei Gemälden mit ganzfigurigen Darstellungen Amors.

Das erste Bild „Amor verschmäht die Reichen“ (1654) befindet sich im Museo del Prado (Öl/Lwd., 99 x 75 cm; L. Salerino, I Dipinti del Guercino, Rom 1988, Nr. 303; N. Turner, The Paintings of Guercino. A Revised and Expanded Catalogue raisonné, Rom 2017, Nr. 423) und zeigt Amor in vergleichbarer Pose mit ähnlichen Attributen. Amor ist hier ebenfalls als geflügelter Liebesgott dargestellt, er blickt zu Boden und hält den rechten Arm vor seinem Körper um die Münzen aus seiner Geldbörse zu leeren – ikonographisch setzt sich das Gemälde somit weniger mit der Macht Amors über die Liebe und den damit verbundenen Problemen auseinander sondern bringt seine Verachtung für das Geld zum Ausdruck.
Das zweite Gemälde „Amor verbrennt seine Pfeile“, welches sich in Privatbesitz befindet, ist 1666 im Jahr von Guercinos Tod entstanden (Öl/Lwd., 106 x 84 cm; Turner 2017, Nr. 502). Das Motiv lässt sich thematisch mit der vorliegenden Zeichnung in Verbindung bringen und zeigt Amor in ähnlicher Pose mit gesenktem Kopf, wenn auch ohne Flügel, den letzten seiner Pfeile in der Hand haltend, die er bereits gemeinsam mit seinem Bogen und dem Köcher in das Feuer geworfen hat. Anhand stilistischer Merkmale datiert Turner die Zeichnung ähnlich wie das 1666 entstandene Gemälde, dennoch gibt es nicht genügend Belege dafür, dass beide Werke direkt miteinander in Verbindung zu bringen sind.

Um 1700 wurden viele Zeichnungen von Guercino und seinen beiden Neffen, Benedetto und Cesare Gennari, gerahmt in der Casa Gennari im Zentrum von Bologna sowie dem Landhaus der Familie in Bel Poggio aufbewahrt. Diese gerahmten Zeichnungen sind größtenteils auf Leinwand statt auf Karton montiert, wie es ab dem 18. Jahrhundert üblich war und wie es auch bei der vorliegenden Zeichnung der Fall ist. Auch der Großteil der Zeichnungen Guercinos und seiner Schule in der Royal Library, Windsor Castle, aus dem Besitz der Gennari-Familie, sind auf Leinwand kaschiert. Es ist daher nicht auszuschließen, dass auch die vorliegende Zeichnung aus der gleichen Provenienz stammt.

Expertin: Mag. Astrid-Christina Schierz Mag. Astrid-Christina Schierz
+43-1-515 60-546

astrid.schierz@dorotheum.at

20.10.2020 - 15:33

Erzielter Preis: **
EUR 8.960,-
Startpreis:
EUR 6.000,-

Giovanni Francesco Barbieri, gen. il Guercino


(Cento 1591–1666 Bologna)
Amor verstaut einen Pfeil in seinem Köcher, rote Kreide auf Bütten, auf Leinwand kaschiert, 24,7 x 15,3 cm, Passep., gerahmt, (Sch)

Provenienz:
Sammlung Anne Gore; Privatsammlung, Herefordshire.

Gutachten von Dr. Nicholas Turner (9. April 2020) in Kopie vorhanden.

Mit einer eleganten Drehung seines Körpers, den Kopf nach links unten gewandt, verstaut Amor, der geflügelte Gott der Liebe einen Pfeil in seinem Köcher. Sein Bogen ist nicht in Reichweite zu sehen, was vielleicht als Anspielung auf eine erzwungene Unterbrechung seiner neckischen Spiele gedeutet werden kann, in denen er Menschen und Götter mit dem Schuss seiner Pfeile willkürlich in einander verliebt macht. Das damit einhergehende Chaos verleitete die Götter oft dazu, seine Macht durch Stehlen, Brechen oder Verbrennen seiner Pfeile einzudämmen. Während Diana und Minerva die Mutwilligkeit seiner Handlungen verurteilten, suchte Venus, die Mutter Amors, Vergeltung für den Streich, den er ihr und ihrem Liebhaber Mars gespielt hatte. Die Entwaffnung Amors war somit seit der Renaissance bis in spätere Jahrhunderte ein beliebtes Thema in der bildenden Kunst.

Die vorliegende Zeichnung lässt sich anhand stilistischer Merkmale in die spätere Schaffensperiode Guercinos zwischen 1642 bis zu seinem Tod 1666 datieren, die der Künstler in Bologna verbrachte. Auch wenn sich die Studie nicht direkt mit einer Komposition aus dieser Zeit in Verbindung bringen lässt, so finden sich doch zahlreiche formale und ikonographische Parallelen zu zwei Gemälden mit ganzfigurigen Darstellungen Amors.

Das erste Bild „Amor verschmäht die Reichen“ (1654) befindet sich im Museo del Prado (Öl/Lwd., 99 x 75 cm; L. Salerino, I Dipinti del Guercino, Rom 1988, Nr. 303; N. Turner, The Paintings of Guercino. A Revised and Expanded Catalogue raisonné, Rom 2017, Nr. 423) und zeigt Amor in vergleichbarer Pose mit ähnlichen Attributen. Amor ist hier ebenfalls als geflügelter Liebesgott dargestellt, er blickt zu Boden und hält den rechten Arm vor seinem Körper um die Münzen aus seiner Geldbörse zu leeren – ikonographisch setzt sich das Gemälde somit weniger mit der Macht Amors über die Liebe und den damit verbundenen Problemen auseinander sondern bringt seine Verachtung für das Geld zum Ausdruck.
Das zweite Gemälde „Amor verbrennt seine Pfeile“, welches sich in Privatbesitz befindet, ist 1666 im Jahr von Guercinos Tod entstanden (Öl/Lwd., 106 x 84 cm; Turner 2017, Nr. 502). Das Motiv lässt sich thematisch mit der vorliegenden Zeichnung in Verbindung bringen und zeigt Amor in ähnlicher Pose mit gesenktem Kopf, wenn auch ohne Flügel, den letzten seiner Pfeile in der Hand haltend, die er bereits gemeinsam mit seinem Bogen und dem Köcher in das Feuer geworfen hat. Anhand stilistischer Merkmale datiert Turner die Zeichnung ähnlich wie das 1666 entstandene Gemälde, dennoch gibt es nicht genügend Belege dafür, dass beide Werke direkt miteinander in Verbindung zu bringen sind.

Um 1700 wurden viele Zeichnungen von Guercino und seinen beiden Neffen, Benedetto und Cesare Gennari, gerahmt in der Casa Gennari im Zentrum von Bologna sowie dem Landhaus der Familie in Bel Poggio aufbewahrt. Diese gerahmten Zeichnungen sind größtenteils auf Leinwand statt auf Karton montiert, wie es ab dem 18. Jahrhundert üblich war und wie es auch bei der vorliegenden Zeichnung der Fall ist. Auch der Großteil der Zeichnungen Guercinos und seiner Schule in der Royal Library, Windsor Castle, aus dem Besitz der Gennari-Familie, sind auf Leinwand kaschiert. Es ist daher nicht auszuschließen, dass auch die vorliegende Zeichnung aus der gleichen Provenienz stammt.

Expertin: Mag. Astrid-Christina Schierz Mag. Astrid-Christina Schierz
+43-1-515 60-546

astrid.schierz@dorotheum.at


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Meisterzeichnungen und Druckgraphik bis 1900, Aquarelle, Miniaturen
Auktionstyp: Online Auction
Datum: 20.10.2020 - 15:33
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 14.10.2020 - 20.10.2020


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.