Lot Nr. 546


Ferdinand Georg Waldmüller


Ferdinand Georg Waldmüller - Gemälde des 19. Jahrhunderts

(Wien 1793–1865 Hinterbrühl)
Vorbereitung zum Weinlesefest, signiert, datiert Waldmüller (18)60,
Öl auf Holz, 63,5 x 81 cm, gerahmt

Provenienz:
Sammlung Oscar Löwenstein (1868-1942), Wien/London;
Im Erbgang an seine Witwe Irma Löwenstein (1890-1975), Wien/London;
1938 Zwangsverkauf an Maria Almas Dietrich;
Führermuseum Linz, Inv Nr. 172;
Central Collecting Point, München, Inv Nr. 1741;
Oberfinanzdirektion Berlin;
Seit 1966 als Leihgabe der Bundesrepublik Deutschland in der Neuen Pinakothek München;
2019 Restitution an die Erben nach Oscar und Irma Löwenstein.
Das Gemälde wird zugunsten der „sight loss charity“ der Vision Foundation, UK versteigert.

Ausgestellt:
Waldmüller-Gedächtnisausstellung, Salzburg, 1953, Nr. 142;
München, Neue Pinakothek 1981–2019.

Abgebildet und verzeichnet in:
Bruno Grimschitz, Ferdinand Georg Waldmüller, Salzburg 1957, S. 362, Nr. 938.
München 1984, Gemäldekataloge, Bd. V, Spätromantik und Realismus,
S. 551 f. Abb.;
München Neue Pinakothek 1989, Museumskatalog 5. Aufl., S. 362, Abb.
Rupert Feuchtmüller, Ferdinand Georg Waldmüller. Leben, Schriften, Werke, Wien 1996, S. 520, Nr. 1023;
Sophie Lillie, Was einmal war. Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens, Wien 2003, S. 728.

In dem großen Querformat „Vorbereitung zum Weinlesefest“ ist die Handlung auf drei Ebenen im Bildraum gestaffelt: Wir blicken in das Halbdunkel eines typischen Presshauses, in dem einige junge Leute fröhlich damit beschäftigt sind, die alten Balken mit frischem Weinlaub für das Fest zu schmücken. Ungewöhnlich und expressiv ist besonders die Lichtregie: Zwischen die direkten Lichtquellen der Tür und des Fensters sowie der indirekten Beleuchtung von vorne gleichsam eingespannt befindet sich das eigentliche Geschehen im verschatteten Mittelgrund. Die vielen kleinen Interaktionen der Figuren, sowie die Stofflichkeit des bröckelnden Putzes an der Wand links oder des goldenen Strohs, das zwischen den Deckenbalken hervorblitzt, lenken den Blick auf immer neue Details.

Das Los 546 „Vorbereitung zum Weinlesefest“ und der „Besuch der Großeltern“ (Los 589) von Ferdinand Georg Waldmüller sind Gemälde, die in mehrfacher Weise zeitgeschichtlich stark geprägt sind. Zum einen sprechen sie von Waldmüllers persönlichem Rückzug aus dem Wiener Kunstbetrieb und seinem letzten Lebensabschnitt im Wienerwald, zum anderen zeugen sie von dem Schicksal der Familie von Irma und Oscar Löwenstein die durch das NS-Regime verfolgt wurden und ihrer Kunstsammlung.
Beide Werke stammen aus dem Spätwerk Waldmüllers, das sich durch einen flüchtigeren und offeneren Pinselduktus sowie starke Lichtwirkungen auszeichnet. Ab den 1840er Jahren geriet Waldmüller zusehends in Konflikt mit der Akademie in Wien und zog sich mehr und mehr in die Hinterbrühl im Wienerwald zurück, wo er sich verstärkt der Genremalerei widmete. Die ländliche Bevölkerung und ihre einfachere Lebensweise inspirierten ihn zu mehrfigurigen Kompositionen, die durch perspektivische Verkürzungen und komplexe Verschränkung der Figuren geprägt sind.

Die Gemälde befanden sich bis 1938 im Bestand der umfangreichen Sammlung von Irma und Oscar Löwenstein, dem Gründer und Herausgeber der 1893 gegründeten liberal ausgerichteten Zeitung „Neues Wiener Journal“. Unter nationalsozialistischer Herrschaft wurde das als „Juden“ verfolgte Ehepaar gezwungen, ihr gesamtes Vermögen bei den Behörden zu melden, worunter sich drei Gemälde aus der Hand Ferdinand Georg Waldmüllers befanden. Vor ihrer Emigration verkaufte das Ehepaar Löwenstein unter Zwang im Sommer 1938 diese drei Werke an die Münchner Kunsthändlerin Maria Almas-Dietrich, von der sie später in den Sonderauftrag Linz - das von Adolf Hitler geplante Führermuseum - übergingen. Dem Ehepaar Löwenstein gelang noch im selben Jahr die Flucht nach Großbritannien, wo Oscar Löwenstein noch während des Krieges verstarb. Nach dem Anschluss 1938 wurden die jüdischen Mitarbeiter und internationalen Korrespondenten des Neuen Wiener Journal entlassen. Die Zeitung erschien unter nationalsozialistischer Kontrolle weiter bis Ende Jänner 1939, als sie mit der Neuen Freien Presse und dem Neuen Wiener Tagblatt zusammengelegt wurde. 2019 konnten die Werke endlich nach langjährigen Leihgaben an Deutsche Bundesmuseen an die Erben nach Oscar und Irma Löwenstein restituiert werden und gelangen nun im Auftrag der Erben zur Versteigerung.

Expertin: Mag. Dimitra Reimüller Mag. Dimitra Reimüller
+43-1-515 60-355

19c.paintings@dorotheum.at

09.11.2020 - 16:00

Erzielter Preis: **
EUR 296.100,-
Schätzwert:
EUR 120.000,- bis EUR 180.000,-

Ferdinand Georg Waldmüller


(Wien 1793–1865 Hinterbrühl)
Vorbereitung zum Weinlesefest, signiert, datiert Waldmüller (18)60,
Öl auf Holz, 63,5 x 81 cm, gerahmt

Provenienz:
Sammlung Oscar Löwenstein (1868-1942), Wien/London;
Im Erbgang an seine Witwe Irma Löwenstein (1890-1975), Wien/London;
1938 Zwangsverkauf an Maria Almas Dietrich;
Führermuseum Linz, Inv Nr. 172;
Central Collecting Point, München, Inv Nr. 1741;
Oberfinanzdirektion Berlin;
Seit 1966 als Leihgabe der Bundesrepublik Deutschland in der Neuen Pinakothek München;
2019 Restitution an die Erben nach Oscar und Irma Löwenstein.
Das Gemälde wird zugunsten der „sight loss charity“ der Vision Foundation, UK versteigert.

Ausgestellt:
Waldmüller-Gedächtnisausstellung, Salzburg, 1953, Nr. 142;
München, Neue Pinakothek 1981–2019.

Abgebildet und verzeichnet in:
Bruno Grimschitz, Ferdinand Georg Waldmüller, Salzburg 1957, S. 362, Nr. 938.
München 1984, Gemäldekataloge, Bd. V, Spätromantik und Realismus,
S. 551 f. Abb.;
München Neue Pinakothek 1989, Museumskatalog 5. Aufl., S. 362, Abb.
Rupert Feuchtmüller, Ferdinand Georg Waldmüller. Leben, Schriften, Werke, Wien 1996, S. 520, Nr. 1023;
Sophie Lillie, Was einmal war. Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens, Wien 2003, S. 728.

In dem großen Querformat „Vorbereitung zum Weinlesefest“ ist die Handlung auf drei Ebenen im Bildraum gestaffelt: Wir blicken in das Halbdunkel eines typischen Presshauses, in dem einige junge Leute fröhlich damit beschäftigt sind, die alten Balken mit frischem Weinlaub für das Fest zu schmücken. Ungewöhnlich und expressiv ist besonders die Lichtregie: Zwischen die direkten Lichtquellen der Tür und des Fensters sowie der indirekten Beleuchtung von vorne gleichsam eingespannt befindet sich das eigentliche Geschehen im verschatteten Mittelgrund. Die vielen kleinen Interaktionen der Figuren, sowie die Stofflichkeit des bröckelnden Putzes an der Wand links oder des goldenen Strohs, das zwischen den Deckenbalken hervorblitzt, lenken den Blick auf immer neue Details.

Das Los 546 „Vorbereitung zum Weinlesefest“ und der „Besuch der Großeltern“ (Los 589) von Ferdinand Georg Waldmüller sind Gemälde, die in mehrfacher Weise zeitgeschichtlich stark geprägt sind. Zum einen sprechen sie von Waldmüllers persönlichem Rückzug aus dem Wiener Kunstbetrieb und seinem letzten Lebensabschnitt im Wienerwald, zum anderen zeugen sie von dem Schicksal der Familie von Irma und Oscar Löwenstein die durch das NS-Regime verfolgt wurden und ihrer Kunstsammlung.
Beide Werke stammen aus dem Spätwerk Waldmüllers, das sich durch einen flüchtigeren und offeneren Pinselduktus sowie starke Lichtwirkungen auszeichnet. Ab den 1840er Jahren geriet Waldmüller zusehends in Konflikt mit der Akademie in Wien und zog sich mehr und mehr in die Hinterbrühl im Wienerwald zurück, wo er sich verstärkt der Genremalerei widmete. Die ländliche Bevölkerung und ihre einfachere Lebensweise inspirierten ihn zu mehrfigurigen Kompositionen, die durch perspektivische Verkürzungen und komplexe Verschränkung der Figuren geprägt sind.

Die Gemälde befanden sich bis 1938 im Bestand der umfangreichen Sammlung von Irma und Oscar Löwenstein, dem Gründer und Herausgeber der 1893 gegründeten liberal ausgerichteten Zeitung „Neues Wiener Journal“. Unter nationalsozialistischer Herrschaft wurde das als „Juden“ verfolgte Ehepaar gezwungen, ihr gesamtes Vermögen bei den Behörden zu melden, worunter sich drei Gemälde aus der Hand Ferdinand Georg Waldmüllers befanden. Vor ihrer Emigration verkaufte das Ehepaar Löwenstein unter Zwang im Sommer 1938 diese drei Werke an die Münchner Kunsthändlerin Maria Almas-Dietrich, von der sie später in den Sonderauftrag Linz - das von Adolf Hitler geplante Führermuseum - übergingen. Dem Ehepaar Löwenstein gelang noch im selben Jahr die Flucht nach Großbritannien, wo Oscar Löwenstein noch während des Krieges verstarb. Nach dem Anschluss 1938 wurden die jüdischen Mitarbeiter und internationalen Korrespondenten des Neuen Wiener Journal entlassen. Die Zeitung erschien unter nationalsozialistischer Kontrolle weiter bis Ende Jänner 1939, als sie mit der Neuen Freien Presse und dem Neuen Wiener Tagblatt zusammengelegt wurde. 2019 konnten die Werke endlich nach langjährigen Leihgaben an Deutsche Bundesmuseen an die Erben nach Oscar und Irma Löwenstein restituiert werden und gelangen nun im Auftrag der Erben zur Versteigerung.

Expertin: Mag. Dimitra Reimüller Mag. Dimitra Reimüller
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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

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Auktion: Gemälde des 19. Jahrhunderts
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 09.11.2020 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 02.11. - 09.11.2020


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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