Lot Nr. 566 -


Olga Wisinger-Florian


Olga Wisinger-Florian - Gemälde des 19. Jahrhunderts

(Wien 1844–1926 Grafenegg)
“Im Bauerngarten”, rückseitig eigenhändige Betitelung der Künstlerin, sowie weitere Etiketten, Öl auf Karton, 77,5 x 94 cm, gerahmt

Provenienz:
Sammlung Prinzregent Luitpold von Bayern (1821-1912), München;
Sammlung Therese von Bayern (1850-1925);
Im Erbgang an Helmtrud von Bayern (1886-1977);
Galerie Zinckgraf, München (Nr. 21121);
Kunsthaus Bühler, Stuttgart, ca. Ende 1950iger/ Anfang 1960er Jahre;
Seither Privatsammlung, Schweiz.

Ausgestellt:
Kunstverein München, 1898; Jahres-Ausstellung, Glaspalast München, 1898 als “Bauerngarten”, Kat. Nr. 1121.

Verzeichnet in:
Friedrich von Boetticher, Malerwerke des 19. Jahrhunderts, Hofheim am Taunus 1979, Bd. II, 2, S. 1029, Nr. 46.

Dem Motiv des Bauerngartens begegnet man in der Malerei des
19. Jahrhunderts nicht selten, doch hebt sich dieses Gemälde
Olga Wisinger-Florians durch den ungewöhnlichen, beinahe an einen Schnappschuss erinnernden Bildausschnitt von motivisch verwandten Bildern ihrer Zeitgenossen ab. Von einer üppig mit zartlila Mohn bewachsenen Anhöhe blickt man über ein einfaches Strohdach auf einen schmalen Streifen baumgesäumter Wiese. Diese unerwartete Perspektive, in der die den Garten erst als Bauerngarten kennzeichnende Hütte nur durch ihr Dach vertreten ist, lässt sich durch ein Grundprinzip Wisinger-Florians (reiferer) Malerei erklären: dem Malen vor dem – häufig zufällig entdeckten – Motiv. Fiel der Künstlerin auf einem Spaziergang eine Szene ins Auge, so wurde sie gemalt, und zwar so, wie sie vorgefunden wurde. Dabei störte es sie nicht, dass der Mohn eben nicht ‚ordnungsgemäß‘ vor dem Haus wuchs oder dass es sich um ein eher struppiges, nicht perfekt gebündeltes Strohdach handelte. Durch diese so am Naturvorbild orientierte Malerei ergaben sich natürlich auch besondere Probleme, so beklagte Wisinger-Florian etwa nach einigen Arbeitstagen an dem Gemälde in ihrem Tagebuch den Umstand, dass das Gras rund um die Blumen gemäht worden war (Tagebuch Olga Wisinger-Florian, 08. Juli 1897). Derartige kleine Hürden lassen heute als charmante Anekdoten den Malprozess lebendiger werden, sind im vollendeten Gemälde aber natürlich nicht ersichtlich.

Die dargestellte Blütenpracht, die von den noch geschlossenen Kapseln im linken Vordergrund über einzelne aufblühende Mohnblumen zu den in voller Blüte stehenden Blumen nach rechts oben anschwillt, besticht durch die Abwechslung in ihrer Gestaltung. Besonders kunstvoll ist auch der Farbauftrag auf den Blütenblättern, wo die zarten, vom Zentrum ausstrahlenden Farbverläufe sowie einzelne, vom Sonnenlicht hervorgehobene Blütenränder hervorstechen. Für Abwechslung in der Farbpalette, die vom Kontrast zwischen dem dunklen Grün der Blätter und Bäume und den hellen Blüten, die sich zum Hintergrund hin verdichten, bestimmt wird, sorgen die einzelnen roten Mohnblumen am rechten Bildrand und das saftige Hellgrün des Wiesenstreifens.

Als das Gemälde im Münchner Kunstverein 1898 erstmals ausgestellt wurde, stieß es auf großen Anklang und fand zu einem prominenten Erstbesitzer: keinem geringeren als Prinzregent Luitpold von Bayern. Dazu hielt Wisinger-Florian in ihrem Tagebuch fest: „Früh ½ 9 Uhr in den Kunstverein, Prinz Regent kam um 9 Uhr, war äußerst lieb und kaufte den lila Mohn, welche Freude! Es gefiel ihm alles ungemein, sehr starker Besuch, ich hörte nur Lob und wieder Lob!“ (Tagebuch Olga Wisinger-Florian,
09. Jänner 1898).

(Lara Bandion, BA MA)

Expertin: Dr. Christl Wolf Dr. Christl Wolf
+43-1-515 60-377

19c.paintings@dorotheum.at

09.11.2020 - 16:00

Schätzwert:
EUR 250.000,- bis EUR 350.000,-

Olga Wisinger-Florian


(Wien 1844–1926 Grafenegg)
“Im Bauerngarten”, rückseitig eigenhändige Betitelung der Künstlerin, sowie weitere Etiketten, Öl auf Karton, 77,5 x 94 cm, gerahmt

Provenienz:
Sammlung Prinzregent Luitpold von Bayern (1821-1912), München;
Sammlung Therese von Bayern (1850-1925);
Im Erbgang an Helmtrud von Bayern (1886-1977);
Galerie Zinckgraf, München (Nr. 21121);
Kunsthaus Bühler, Stuttgart, ca. Ende 1950iger/ Anfang 1960er Jahre;
Seither Privatsammlung, Schweiz.

Ausgestellt:
Kunstverein München, 1898; Jahres-Ausstellung, Glaspalast München, 1898 als “Bauerngarten”, Kat. Nr. 1121.

Verzeichnet in:
Friedrich von Boetticher, Malerwerke des 19. Jahrhunderts, Hofheim am Taunus 1979, Bd. II, 2, S. 1029, Nr. 46.

Dem Motiv des Bauerngartens begegnet man in der Malerei des
19. Jahrhunderts nicht selten, doch hebt sich dieses Gemälde
Olga Wisinger-Florians durch den ungewöhnlichen, beinahe an einen Schnappschuss erinnernden Bildausschnitt von motivisch verwandten Bildern ihrer Zeitgenossen ab. Von einer üppig mit zartlila Mohn bewachsenen Anhöhe blickt man über ein einfaches Strohdach auf einen schmalen Streifen baumgesäumter Wiese. Diese unerwartete Perspektive, in der die den Garten erst als Bauerngarten kennzeichnende Hütte nur durch ihr Dach vertreten ist, lässt sich durch ein Grundprinzip Wisinger-Florians (reiferer) Malerei erklären: dem Malen vor dem – häufig zufällig entdeckten – Motiv. Fiel der Künstlerin auf einem Spaziergang eine Szene ins Auge, so wurde sie gemalt, und zwar so, wie sie vorgefunden wurde. Dabei störte es sie nicht, dass der Mohn eben nicht ‚ordnungsgemäß‘ vor dem Haus wuchs oder dass es sich um ein eher struppiges, nicht perfekt gebündeltes Strohdach handelte. Durch diese so am Naturvorbild orientierte Malerei ergaben sich natürlich auch besondere Probleme, so beklagte Wisinger-Florian etwa nach einigen Arbeitstagen an dem Gemälde in ihrem Tagebuch den Umstand, dass das Gras rund um die Blumen gemäht worden war (Tagebuch Olga Wisinger-Florian, 08. Juli 1897). Derartige kleine Hürden lassen heute als charmante Anekdoten den Malprozess lebendiger werden, sind im vollendeten Gemälde aber natürlich nicht ersichtlich.

Die dargestellte Blütenpracht, die von den noch geschlossenen Kapseln im linken Vordergrund über einzelne aufblühende Mohnblumen zu den in voller Blüte stehenden Blumen nach rechts oben anschwillt, besticht durch die Abwechslung in ihrer Gestaltung. Besonders kunstvoll ist auch der Farbauftrag auf den Blütenblättern, wo die zarten, vom Zentrum ausstrahlenden Farbverläufe sowie einzelne, vom Sonnenlicht hervorgehobene Blütenränder hervorstechen. Für Abwechslung in der Farbpalette, die vom Kontrast zwischen dem dunklen Grün der Blätter und Bäume und den hellen Blüten, die sich zum Hintergrund hin verdichten, bestimmt wird, sorgen die einzelnen roten Mohnblumen am rechten Bildrand und das saftige Hellgrün des Wiesenstreifens.

Als das Gemälde im Münchner Kunstverein 1898 erstmals ausgestellt wurde, stieß es auf großen Anklang und fand zu einem prominenten Erstbesitzer: keinem geringeren als Prinzregent Luitpold von Bayern. Dazu hielt Wisinger-Florian in ihrem Tagebuch fest: „Früh ½ 9 Uhr in den Kunstverein, Prinz Regent kam um 9 Uhr, war äußerst lieb und kaufte den lila Mohn, welche Freude! Es gefiel ihm alles ungemein, sehr starker Besuch, ich hörte nur Lob und wieder Lob!“ (Tagebuch Olga Wisinger-Florian,
09. Jänner 1898).

(Lara Bandion, BA MA)

Expertin: Dr. Christl Wolf Dr. Christl Wolf
+43-1-515 60-377

19c.paintings@dorotheum.at


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Gemälde des 19. Jahrhunderts
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 09.11.2020 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 02.11. - 09.11.2020