Lot Nr. 115


Römische Schule, 17. Jahrhundert


Römische Schule, 17. Jahrhundert - Alte Meister

Christus vertreibt die Geldwechsler aus dem Tempel,
Öl auf Leinwand, 124 x 174 cm, gerahmt

Provenienz:
Sammlung Compagnoni Marefoschi, Macerata;
deren Auktion, Christie’s, Rom, 21. November 1995, Lot 254 (als Viviano Codazzi);
dort durch den jetzigen Besitzer erworben

Die vorliegende Komposition lässt einen Zusammenhang mit dem Œuvre von Viviano (um 1604‒1670) und Niccolò Codazzi (1642‒1693) erkennen und steht den Bildfindungen des in Bergamo geborenen Viviano, der ab Ende der 1640er-Jahre in Rom tätig war und sich auf architektonische Kompositionen spezialisierte, besonders nahe. In diesem Gemälde auftauchende Details wie die ionischen Kapitelle mit grotesken Masken, die auf jene der römischen Palazzi Capitolini von Michelangelo zurückgehen, sind für das Werk des Malers in den 1660er-Jahren charakteristisch.

Die Hauptepisode der Szene spielt sich auf der Treppe des Hauptgebäudes ab, das durch einen großen zentralen Eingangsbogen gekennzeichnet ist, der von kannelierten ionischen Säulen flankiert und von einem großen dreieckigen Giebel überragt wird. Dieser architektonische Typus erinnert an den des in der Galleria Nazionale di Palazzo Barberini aufbewahrten Cortile di Palazzo Viviano Codazzis (Inv.-Nr. 2407). Der Tempel auf der rechten Seite mit seiner viersäuligen Vorhalle ist mit dem Bauwerk vergleichbar, das ein Gemälde Viviano Codazzis in der Galerie der Prager Burg darstellt (siehe D. R. Marshall, Viviano and Niccolò Codazzi and the Baroque Architectural Fantasy, Rom 1993, Kat.-Nr. VC110).

In den zahlreichen Figuren, welche die Szene beleben, lassen sich Elemente aus anderen Kompositionen erkennen. Die Figur der sitzenden Frau auf der rechten Seite zum Beispiel scheint dem Fresko Guido Renis Die Kreuzigung des heiligen Andreas im Oratorio di Sant’Andrea in Rom entnommen zu sein. Die Farbe des Kleides der Frau entspricht dem Fresko Renis ebenso wie das Blau, das der Knabe trägt: Dies legt die Vermutung nahe, dass der Maler, der Anleihen bei bekannten Werken machte, nicht nur einen Stich benutzte, sondern wahrscheinlich das Originalgemälde kannte.

Der Palazzo Compagnoni Marefoschi in Macerata, zu dessen Beständen dieses Gemälde einst zählte, wurde ab 1755 von Kardinal Mario (1714‒1780) und seinen Brüdern Camillo und Giuseppe vergrößert. Kardinal Mario Marefoschi war 1759 Sekretär der „Kongregation für die Verbreitung des Glaubens“ und ist auch für die Ausgrabungen bekannt, die er in der Hadriansvilla in Tivoli durchführte. Der Familienpalast war mit direkt aus der Hadriansvilla stammenden Gemälden, Marmorstatuen und Inschriften sowie mit Fresken geschmückt, die Giovanni Stern entworfen hatte. Über die Gemäldesammlung ist wenig bekannt, da das einzige bekannte Inventar das des 1732 verstorbenen Kardinals Prospero ist. Der Kardinal residierte in Rom gegenüber dem Palazzo Venezia, wo seine Sammlung untergebracht war. Diese bestand hauptsächlich aus religiösen Themen gewidmeten Werken römischer Künstler, die um 1650 entstanden, umfasste aber auch eine Reihe von Gemälden aus dem 16. Jahrhundert von Meistern wie Perin del Vaga, Francesco Salviati und Garofalo.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

old.masters@dorotheum.com

10.11.2020 - 16:00

Schätzwert:
EUR 20.000,- bis EUR 30.000,-

Römische Schule, 17. Jahrhundert


Christus vertreibt die Geldwechsler aus dem Tempel,
Öl auf Leinwand, 124 x 174 cm, gerahmt

Provenienz:
Sammlung Compagnoni Marefoschi, Macerata;
deren Auktion, Christie’s, Rom, 21. November 1995, Lot 254 (als Viviano Codazzi);
dort durch den jetzigen Besitzer erworben

Die vorliegende Komposition lässt einen Zusammenhang mit dem Œuvre von Viviano (um 1604‒1670) und Niccolò Codazzi (1642‒1693) erkennen und steht den Bildfindungen des in Bergamo geborenen Viviano, der ab Ende der 1640er-Jahre in Rom tätig war und sich auf architektonische Kompositionen spezialisierte, besonders nahe. In diesem Gemälde auftauchende Details wie die ionischen Kapitelle mit grotesken Masken, die auf jene der römischen Palazzi Capitolini von Michelangelo zurückgehen, sind für das Werk des Malers in den 1660er-Jahren charakteristisch.

Die Hauptepisode der Szene spielt sich auf der Treppe des Hauptgebäudes ab, das durch einen großen zentralen Eingangsbogen gekennzeichnet ist, der von kannelierten ionischen Säulen flankiert und von einem großen dreieckigen Giebel überragt wird. Dieser architektonische Typus erinnert an den des in der Galleria Nazionale di Palazzo Barberini aufbewahrten Cortile di Palazzo Viviano Codazzis (Inv.-Nr. 2407). Der Tempel auf der rechten Seite mit seiner viersäuligen Vorhalle ist mit dem Bauwerk vergleichbar, das ein Gemälde Viviano Codazzis in der Galerie der Prager Burg darstellt (siehe D. R. Marshall, Viviano and Niccolò Codazzi and the Baroque Architectural Fantasy, Rom 1993, Kat.-Nr. VC110).

In den zahlreichen Figuren, welche die Szene beleben, lassen sich Elemente aus anderen Kompositionen erkennen. Die Figur der sitzenden Frau auf der rechten Seite zum Beispiel scheint dem Fresko Guido Renis Die Kreuzigung des heiligen Andreas im Oratorio di Sant’Andrea in Rom entnommen zu sein. Die Farbe des Kleides der Frau entspricht dem Fresko Renis ebenso wie das Blau, das der Knabe trägt: Dies legt die Vermutung nahe, dass der Maler, der Anleihen bei bekannten Werken machte, nicht nur einen Stich benutzte, sondern wahrscheinlich das Originalgemälde kannte.

Der Palazzo Compagnoni Marefoschi in Macerata, zu dessen Beständen dieses Gemälde einst zählte, wurde ab 1755 von Kardinal Mario (1714‒1780) und seinen Brüdern Camillo und Giuseppe vergrößert. Kardinal Mario Marefoschi war 1759 Sekretär der „Kongregation für die Verbreitung des Glaubens“ und ist auch für die Ausgrabungen bekannt, die er in der Hadriansvilla in Tivoli durchführte. Der Familienpalast war mit direkt aus der Hadriansvilla stammenden Gemälden, Marmorstatuen und Inschriften sowie mit Fresken geschmückt, die Giovanni Stern entworfen hatte. Über die Gemäldesammlung ist wenig bekannt, da das einzige bekannte Inventar das des 1732 verstorbenen Kardinals Prospero ist. Der Kardinal residierte in Rom gegenüber dem Palazzo Venezia, wo seine Sammlung untergebracht war. Diese bestand hauptsächlich aus religiösen Themen gewidmeten Werken römischer Künstler, die um 1650 entstanden, umfasste aber auch eine Reihe von Gemälden aus dem 16. Jahrhundert von Meistern wie Perin del Vaga, Francesco Salviati und Garofalo.

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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 10.11.2020 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 04.11. - 10.11.2020

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