Lot Nr. 320 V


Georg Raphael Donner


Georg Raphael Donner - Osterauktion

(Eßlingen 1693-1741 Wien)
Beweinung Christi - Pietà, um 1735 am unteren Rand signiert: G RAV. DONNE F. A.(?) rotes Wachsrelief, goldbronziert, Höhe ca. 68,3 cm, Breite ca. 36 cm, oben mit halbrundem Abschluss, beschädigt, Sprung vertikal durch die Mitte und in der linken unteren Ecke, ein Fuß des sitzenden Putto fehlt, Fehlstellen in der Goldbronzierung, Altersspuren, montiert in barockem, teils vergoldetem und ebonisiertem Kastenrahmen mit geschmiedeter Eisenaufhängung, rückseitig blauer Stempel "Von der Zentralstelle für Denkmalschutz zur Ausfuhr freigegeben" (Ausfuhrstempel Zentralstelle für Denkmalschutz Wien, 1934-1940), Gegenstück zu Vorangehendem Rufpreis 8.000

Provenienz:
Hans Otto Wessner (1901-1990), Wien; dessen Erben - Privatsammlung Wien; Dorotheum, Wien, 16.10.1995, Los 133; Österreichische Privatsammlung

Literatur:
Claudia Maué, Zu den Modellen Georg Raphael Donners, in: Peter Volk (Hrsg.), Entwurf und Ausführung in der europäischen Barockplastik, München [u.a.] 1986, S. 157-176, insbesondere S. 160-161, Anm. 42, 43, Abb. 10, 11; sowie vgl. Sabine Grabner (Hrsg.), Georg Raphael Donner (1693-1741), Katalog zur 173. Wechselausstellung der Österreichischen Galerie anlässlich des 300. Geburtstages von Georg Raphael Donner, Wien 1993, insbesondere S. 276-280, Kat. Nr. 27, 28, m. Abb.

Das Reliefpaar wurde 1984 von Claudia Maué erstmals kurz erwähnt. Bei der großen Jubiläumsausstellung zu Georg Raphael Donner im Belvedere (1993) blieb es jedoch unbeachtet, ebenso nach seiner Versteigerung 1995 – ein erstaunlicher Umstand angesichts seiner Qualität und der Signaturen, die beide Exemplare unter der Goldbronzierung, im roten Wachs zeigen.

Die Kreuzabnahme und Beweinung Christi gehören zu den wichtigsten Bildinventionen in Donners Œuvre. Von ihnen gibt es mehrere Ausführungen als Reliefs (und Varianten). Zudem wurden sie – neben seinen Kleinplastiken – am häufigsten nachgeahmt.
An den Beginn der Werkreihe stellte man bisher die bronzefarben bemalten Wachsreliefs-Pendants aus der Österreichischen Galerie Belvedere (Inv.Nr. Lg 4, 71,5 x 37,5 cm; Inv.Nr. Lg 5, 71 x 38 cm), da sie aus dem Nachlass von Matthäus Donner, dem Bruder des Künstlers stammen.
Das zur Auktion stehende Paar zeigt dieselben Kompositionen – jedoch bisher einmalig mit der goldene Gussreliefs imitierenden Erscheinung und einer besonderen plastischen Prägnanz einzelner Details. Auszumachen sind sogar Unterschiede in der feiner strukturierten Stadtansicht und bei der Marienfigur, deren Brüste unter dem Gewand deutlich betont sind. Darüber hinaus ist in der Kreuzabnahme das Haupt Christi vom Kopf des Soldaten mehr entfernt und die Schriftzüge der INRI-Tafeln sind verschieden.
Donner verarbeitete für die Gegenstücke italienische und österreichische Vorbilder seiner Zeit zu eigenständigen und meisterhaft elaborierten Bildlösungen.
Der Stellenwert der Signaturen und die hervorragende Ausführungsqualität und Ausdrucksstärke lassen zweierlei vermuten: Entweder handelt es sich um Auftragswerke für die private Andacht oder vielleicht sogar um „Prototypen“, die Georg Raphael Donner in seiner Werkstatt behielt. Ihre Entstehung dürfte in die Jahre 1734/35 fallen.
Negative Abgussformen der beiden Kompositionen haben sich nicht erhalten, wie auch Donners Gusstechnik bis heute im Wesentlichen unbekannt ist. Ebenso ist nicht klar, wie viele Vorlagen es für solche nahezu gleichen Gegenstücke gab.

In der Gattung der Freiplastiken und vor allem der Reliefs führte Donner öfters Pendants aus, die neben mythologischen hauptsächlich religiöse Themen darstellten.
In seiner Körpergestaltung vermied Donner meist den üppigen Gewandstil und das barocke Pathos seiner Zeit. Vielmehr suchte er die beruhigte anmutige Form und die seelische Verinnerlichung – so auch im vorliegenden Paar. Ab circa 1734 darf diese Stilentwicklung als wegbereitend für den Klassizismus bezeichnet werden.

Donners Relief-Kompositionen der Kreuzabnahme und Pietà gehören zu den Inkunabeln der hochbarocken Bildhauerei. Das vorliegende Paar ist im Werk von Georg Raphael Donner eines der qualitätvollsten und bemerkenswerterweise das einzige signierte. Sein Auftauchen nach einem Vierteljahrhundert in Privatbesitz darf daher als Seltenheit bezeichnet werden.

Wir danken Dr. Georg Lechner, Prof. Maria Pötzl-Malikova und Dr. Johann Kronbichler für die wissenschaftliche Unterstützung.

Tobias Nickel

Experte: Mag. Dr. Tobias Nickel Mag. Dr. Tobias Nickel
+43-662-871671-21

experts-salzburg@dorotheum.at

31.03.2021 - 15:40

Schätzwert:
EUR 12.000,- bis EUR 15.000,-
Startpreis:
EUR 8.000,-

Georg Raphael Donner


(Eßlingen 1693-1741 Wien)
Beweinung Christi - Pietà, um 1735 am unteren Rand signiert: G RAV. DONNE F. A.(?) rotes Wachsrelief, goldbronziert, Höhe ca. 68,3 cm, Breite ca. 36 cm, oben mit halbrundem Abschluss, beschädigt, Sprung vertikal durch die Mitte und in der linken unteren Ecke, ein Fuß des sitzenden Putto fehlt, Fehlstellen in der Goldbronzierung, Altersspuren, montiert in barockem, teils vergoldetem und ebonisiertem Kastenrahmen mit geschmiedeter Eisenaufhängung, rückseitig blauer Stempel "Von der Zentralstelle für Denkmalschutz zur Ausfuhr freigegeben" (Ausfuhrstempel Zentralstelle für Denkmalschutz Wien, 1934-1940), Gegenstück zu Vorangehendem Rufpreis 8.000

Provenienz:
Hans Otto Wessner (1901-1990), Wien; dessen Erben - Privatsammlung Wien; Dorotheum, Wien, 16.10.1995, Los 133; Österreichische Privatsammlung

Literatur:
Claudia Maué, Zu den Modellen Georg Raphael Donners, in: Peter Volk (Hrsg.), Entwurf und Ausführung in der europäischen Barockplastik, München [u.a.] 1986, S. 157-176, insbesondere S. 160-161, Anm. 42, 43, Abb. 10, 11; sowie vgl. Sabine Grabner (Hrsg.), Georg Raphael Donner (1693-1741), Katalog zur 173. Wechselausstellung der Österreichischen Galerie anlässlich des 300. Geburtstages von Georg Raphael Donner, Wien 1993, insbesondere S. 276-280, Kat. Nr. 27, 28, m. Abb.

Das Reliefpaar wurde 1984 von Claudia Maué erstmals kurz erwähnt. Bei der großen Jubiläumsausstellung zu Georg Raphael Donner im Belvedere (1993) blieb es jedoch unbeachtet, ebenso nach seiner Versteigerung 1995 – ein erstaunlicher Umstand angesichts seiner Qualität und der Signaturen, die beide Exemplare unter der Goldbronzierung, im roten Wachs zeigen.

Die Kreuzabnahme und Beweinung Christi gehören zu den wichtigsten Bildinventionen in Donners Œuvre. Von ihnen gibt es mehrere Ausführungen als Reliefs (und Varianten). Zudem wurden sie – neben seinen Kleinplastiken – am häufigsten nachgeahmt.
An den Beginn der Werkreihe stellte man bisher die bronzefarben bemalten Wachsreliefs-Pendants aus der Österreichischen Galerie Belvedere (Inv.Nr. Lg 4, 71,5 x 37,5 cm; Inv.Nr. Lg 5, 71 x 38 cm), da sie aus dem Nachlass von Matthäus Donner, dem Bruder des Künstlers stammen.
Das zur Auktion stehende Paar zeigt dieselben Kompositionen – jedoch bisher einmalig mit der goldene Gussreliefs imitierenden Erscheinung und einer besonderen plastischen Prägnanz einzelner Details. Auszumachen sind sogar Unterschiede in der feiner strukturierten Stadtansicht und bei der Marienfigur, deren Brüste unter dem Gewand deutlich betont sind. Darüber hinaus ist in der Kreuzabnahme das Haupt Christi vom Kopf des Soldaten mehr entfernt und die Schriftzüge der INRI-Tafeln sind verschieden.
Donner verarbeitete für die Gegenstücke italienische und österreichische Vorbilder seiner Zeit zu eigenständigen und meisterhaft elaborierten Bildlösungen.
Der Stellenwert der Signaturen und die hervorragende Ausführungsqualität und Ausdrucksstärke lassen zweierlei vermuten: Entweder handelt es sich um Auftragswerke für die private Andacht oder vielleicht sogar um „Prototypen“, die Georg Raphael Donner in seiner Werkstatt behielt. Ihre Entstehung dürfte in die Jahre 1734/35 fallen.
Negative Abgussformen der beiden Kompositionen haben sich nicht erhalten, wie auch Donners Gusstechnik bis heute im Wesentlichen unbekannt ist. Ebenso ist nicht klar, wie viele Vorlagen es für solche nahezu gleichen Gegenstücke gab.

In der Gattung der Freiplastiken und vor allem der Reliefs führte Donner öfters Pendants aus, die neben mythologischen hauptsächlich religiöse Themen darstellten.
In seiner Körpergestaltung vermied Donner meist den üppigen Gewandstil und das barocke Pathos seiner Zeit. Vielmehr suchte er die beruhigte anmutige Form und die seelische Verinnerlichung – so auch im vorliegenden Paar. Ab circa 1734 darf diese Stilentwicklung als wegbereitend für den Klassizismus bezeichnet werden.

Donners Relief-Kompositionen der Kreuzabnahme und Pietà gehören zu den Inkunabeln der hochbarocken Bildhauerei. Das vorliegende Paar ist im Werk von Georg Raphael Donner eines der qualitätvollsten und bemerkenswerterweise das einzige signierte. Sein Auftauchen nach einem Vierteljahrhundert in Privatbesitz darf daher als Seltenheit bezeichnet werden.

Wir danken Dr. Georg Lechner, Prof. Maria Pötzl-Malikova und Dr. Johann Kronbichler für die wissenschaftliche Unterstützung.

Tobias Nickel

Experte: Mag. Dr. Tobias Nickel Mag. Dr. Tobias Nickel
+43-662-871671-21

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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 09.00 - 18.00, Sa.: 09.00 - 13.00
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+43 662 871671 22
Auktion: Osterauktion
Auktionstyp: Online Auction
Datum: 31.03.2021 - 15:40
Auktionsort: Salzburg
Besichtigung: 23.03. - 31.03.2021