Lot Nr. 541 -


Hans Makart [Denkmalschutz]


Hans Makart [Denkmalschutz] - Gemälde des 19. Jahrhunderts

(Salzburg 1840–1884 Wien)
Moderne Amoretten, Triptychon, signiert auf der Mitteltafel
Hans Makart, Öl auf Leinwand, 292 x 167 cm (Mittelteil) sowie je 147 x 236 cm (Seitenteile), gerahmt

Provenienz:
Sammlung Graf János Pálffy-Erdöd (1829–1908), Schloss Králova/Königshaiden, Ankauf direkt vom Künstler 1868;
dessen Erben;
Auktion des Ostslovakischen Museums, Bad Pistyan, 30. Juni 1924, Los 15 und 16 (nur die beiden Seitenteile);
Kunsthandel Tschechoslowakei;
Sammlung Otokar (geb. 1882) und Melanie Tuma (geb. 1885), Prag;
im Erbgang an deren Tochter Adrienne (1914–1994), verh. Gräfin Waldstein-Wartenberg;
im Tauschweg an Marie Gräfin Bossi-Fedrigotti (geb. Gräfin Waldstein-Wartenberg, 1878–1950) bzw. deren Tochter Marie Gräfin Trapp, Schloss Friedberg, Tirol;
Verkauf an das Hotel Maria-Theresia, Innsbruck, Mitte/Ende der 1940er Jahre;
Ankauf durch den heutigen Eigentümer 1978.

Abgebildet und verzeichnet in:
Emil Pirchan, Hans Makart, Wien 1954, Abb. 10 (Mittelteil).
Hans Makart, Ausstellungskatalog, Staatliche Kunsthalle Baden-Baden, 1972,
S. 37–39, Kat. Nr. 11 mit Abb;
Gerbert Frodl, Hans Makart. Monographie und Werkverzeichnis, Salzburg 1974, S. 300, Kat. Nr. 94/1–3;
Friedrich von Boetticher, Malerwerke des 19. Jahrhunderts, Hofheim am Taunus 1979, Bd. I, 2, S. 957, Nr. 15;
Hans Makart. Malerfürst, Ausstellungkatalog, Historisches Museum der Stadt Wien, Wien 2000, S. 28, Nr. 1.4.
Makart. Ein Künstler regiert die Stadt, Ausstellungskatalog, Wien Museum, Wien 2011, S. 52, Abb. 2;
Hans Makart. Maler der Sinne, Ausstellungkatalog, Belvedere Wien, Wien 2011, S. 88-91, Taf. 33–35.
Gerbert Frodl, Hans Makart. Werkverzeichnis der Gemälde, Wien 2013, S. 90, Nr. 116/1 -3.

Ausgestellt:
Münchner Kunstausstellung, 1868 “Salonschmuck”;
Allgemeine Kunstausstellung, Wien, 1868;
Staatliche Kunsthalle, Baden -Baden, 23. Juni - 17. September 1972;
Das Zeitalter Kaiser Franz Joseph, Niederösterreichische Landesausstellung,
19. Mai – 28. Oktober 1984, Kat. Nr. 35.1.2
Hans Makart. Malerfürst, Historisches Museum der Stadt Wien, 14. Oktober 2000 – 4. März 2001, Kat. Nr. 1.4;
Hans Makart. Ein Künstler regiert die Stadt, Wien Museum,9. Juni – 16. Oktober 2011;
Hans Makart. Maler der Sinne, Belvedere Wien, 9. Juni – 9. Oktober 2011.

Das vorliegende Los steht als Ensemble seit 1975 unter Denkmalschutz.

Das dreiteilige Gemälde „Moderne Amoretten“ ist ein Meisterwerk der Malerei des Historismus, gemalt von Hans Makart im Jahr 1868. Er, der gebürtige Salzburger, war damals Schüler des berühmten Historienmalers Karl von Piloty in München. In vieler Hinsicht ist dieses Triptychon ein außergewöhnliches Stück Malerei, schon allein der Titel verlangt nach einer Deutung. In der Ausstellung des Münchener Kunstvereins im Sommer 1868 wurde das eben vollendete Werk unter dem Titel „Salonausstattung“ präsentiert. Der bekannte Kunstkritiker Friedrich Pecht nannte es ein „Kindermärchen“ und bereits wenig später war es als „Moderne Amoretten“ in aller Munde. Der 28-jährige Makart wollte diese ungewöhnliche Komposition als Teil einer Ausstattung für sein eigenes, einstweilen noch allein in seiner Phantasie bestehendes Atelier sehen. Wenig später malte er den Entwurf zu einer Wanddekoration (Abb.), indem er Fotos der „Modernen Amoretten“ auf die Leinwand klebte, in den Entwurf integrierte und auf diese Weise seiner Phantasie über sein künftiges Atelier freien Lauf ließ.

Amoretten sind weite Verwandte des Liebesgottes Amor, jener allgemein bekannten kleinen, nackten Kindergestalt, die mit Pfeil und Bogen bewaffnet die Göttin Venus begleitet und Liebespaaren auflauert. Seit dem Altertum spielten sie in der bildenden Kunst in unendlich vielen Interpretationen eine Rolle. In der Zeit des Historismus, also in Hans Makarts Zeit, dienten ihre zahllosen Nachkommen als mehr oder weniger originell gestaltete Verkörperungen von Allegorien und Ähnlichem oder einfach als inhaltslose Schmuckelemente.
Die „Modernen Amoretten“ Hans Makarts aber sind etwas seltsam Neues. Mit „Moderne Amoretten“ wird wenig gesagt aber viel mehr versprochen. Und dieses vage Versprechen mit den nach dem Augenschein möglichen Interpretationen war es, was das Publikum in zwei Lager teilte. Was sieht man denn nun auf diesen drei Bildern? Gruppen von, nein, nicht Amoretten, sondern von seltsam jungen Erwachsenen – oder ebenso seltsam alt gewordenen Kindern. Sie jagen und tanzen dahin, mehr oder weniger bekleidet, auch maskiert und ihr Ziel scheint die Gruppe in der Mitte der Komposition zu sein. Dort sieht man Kinder (Nymphen?), die ein anderes auf einer Art Thron sitzendes Kind tragen, blumenbekränzt und mit dem Gesichtsausdruck eines von der Übermacht der Geschäfte erdrückten Herrschers. Das alles in malerisch feinster Manier, im Vordergrund köstliche Stillleben, der Hintergrund hinter dem Geäst der Bäume in Gold. Das Triptychon ist eine ursprünglich religiöse Bildform, der Goldgrund war meist der Sonntagsseite von Altartriptychen vorbehalten. Nun hat plötzlich ein junger Maler sich das ohne Vorbehalte zu eigen gemacht ohne sich um alte Bedeutungen zu kümmern. Im Gold an Stelle des blauen Himmels könnte man sogar einen Vorboten der Secession sehen. Die Darstellungen auf den drei Teilen des Triptychons sind voll knisternder, kaum verschleierter Erotik. Makarts junge Meisterschaft ist hier maltechnisch und inhaltlich unübertroffen. Die Kaninchen zu Füßen der müden Königin, immer schon Symbole der Fruchtbarkeit, illustrieren es überdeutlich. Der in dieser exaltierten Form unerwartete, riesige Erfolg der Ausstellung in München führte wohl dazu, von der Bezeichnung des Werks „Salonausstattung“ abzugehen und dem Werk einen passenderen, wirksameren Titel zu geben.
Wie kam Makart zu dieser Thematik, die eigentlich gar keine war? Die Befreiung der Kunst von den Zwängen der Literatur und der Historie lag in der Luft ebenso wie die Befreiung von den Konventionen künstlerischer Gestaltung, von akademischen Zwängen. Dies ging einher mit einem neuen Selbstbewusstsein der Künstler. Gewisse Anzeichen dafür, welchen Weg die Malerei einschlagen könnte sind im München jener Zeit, wo die Schule Pilotys viele junge Maler anzog nicht zu übersehen. In diesem und auch in dem bereits nach wenigen Monaten folgenden nächsten, erneut dreiteiligen Werk Hans Makarts „Die Pest in Florenz“, in dem das erotische Element die Schleier abgelegt hatte, äußerte sich die von der Kunstkritik begeistert konstatierte Erneuerung der Kunst. Der Erfolg bei Publikum und Kritik, begeisterte Kommentare über die „reine Malerei“, den Zauber der Farbigkeit, das Lösen der Fesseln alter Fesseln brachten Makart die Berufung nach Wien ein, wo der Bau der Ringstraße im Gange war, ein riesiger Bedarf an Künstlern bestand, wo er 1869 eine beispiellose Karriere begann.

Dr. Gerbert Frodl

Expertin: Mag. Dimitra Reimüller Mag. Dimitra Reimüller
+43-1-515 60-355

19c.paintings@dorotheum.at

07.06.2021 - 16:00

Erzielter Preis: **
EUR 325.956,-
Schätzwert:
EUR 100.000,- bis EUR 150.000,-

Hans Makart [Denkmalschutz]


(Salzburg 1840–1884 Wien)
Moderne Amoretten, Triptychon, signiert auf der Mitteltafel
Hans Makart, Öl auf Leinwand, 292 x 167 cm (Mittelteil) sowie je 147 x 236 cm (Seitenteile), gerahmt

Provenienz:
Sammlung Graf János Pálffy-Erdöd (1829–1908), Schloss Králova/Königshaiden, Ankauf direkt vom Künstler 1868;
dessen Erben;
Auktion des Ostslovakischen Museums, Bad Pistyan, 30. Juni 1924, Los 15 und 16 (nur die beiden Seitenteile);
Kunsthandel Tschechoslowakei;
Sammlung Otokar (geb. 1882) und Melanie Tuma (geb. 1885), Prag;
im Erbgang an deren Tochter Adrienne (1914–1994), verh. Gräfin Waldstein-Wartenberg;
im Tauschweg an Marie Gräfin Bossi-Fedrigotti (geb. Gräfin Waldstein-Wartenberg, 1878–1950) bzw. deren Tochter Marie Gräfin Trapp, Schloss Friedberg, Tirol;
Verkauf an das Hotel Maria-Theresia, Innsbruck, Mitte/Ende der 1940er Jahre;
Ankauf durch den heutigen Eigentümer 1978.

Abgebildet und verzeichnet in:
Emil Pirchan, Hans Makart, Wien 1954, Abb. 10 (Mittelteil).
Hans Makart, Ausstellungskatalog, Staatliche Kunsthalle Baden-Baden, 1972,
S. 37–39, Kat. Nr. 11 mit Abb;
Gerbert Frodl, Hans Makart. Monographie und Werkverzeichnis, Salzburg 1974, S. 300, Kat. Nr. 94/1–3;
Friedrich von Boetticher, Malerwerke des 19. Jahrhunderts, Hofheim am Taunus 1979, Bd. I, 2, S. 957, Nr. 15;
Hans Makart. Malerfürst, Ausstellungkatalog, Historisches Museum der Stadt Wien, Wien 2000, S. 28, Nr. 1.4.
Makart. Ein Künstler regiert die Stadt, Ausstellungskatalog, Wien Museum, Wien 2011, S. 52, Abb. 2;
Hans Makart. Maler der Sinne, Ausstellungkatalog, Belvedere Wien, Wien 2011, S. 88-91, Taf. 33–35.
Gerbert Frodl, Hans Makart. Werkverzeichnis der Gemälde, Wien 2013, S. 90, Nr. 116/1 -3.

Ausgestellt:
Münchner Kunstausstellung, 1868 “Salonschmuck”;
Allgemeine Kunstausstellung, Wien, 1868;
Staatliche Kunsthalle, Baden -Baden, 23. Juni - 17. September 1972;
Das Zeitalter Kaiser Franz Joseph, Niederösterreichische Landesausstellung,
19. Mai – 28. Oktober 1984, Kat. Nr. 35.1.2
Hans Makart. Malerfürst, Historisches Museum der Stadt Wien, 14. Oktober 2000 – 4. März 2001, Kat. Nr. 1.4;
Hans Makart. Ein Künstler regiert die Stadt, Wien Museum,9. Juni – 16. Oktober 2011;
Hans Makart. Maler der Sinne, Belvedere Wien, 9. Juni – 9. Oktober 2011.

Das vorliegende Los steht als Ensemble seit 1975 unter Denkmalschutz.

Das dreiteilige Gemälde „Moderne Amoretten“ ist ein Meisterwerk der Malerei des Historismus, gemalt von Hans Makart im Jahr 1868. Er, der gebürtige Salzburger, war damals Schüler des berühmten Historienmalers Karl von Piloty in München. In vieler Hinsicht ist dieses Triptychon ein außergewöhnliches Stück Malerei, schon allein der Titel verlangt nach einer Deutung. In der Ausstellung des Münchener Kunstvereins im Sommer 1868 wurde das eben vollendete Werk unter dem Titel „Salonausstattung“ präsentiert. Der bekannte Kunstkritiker Friedrich Pecht nannte es ein „Kindermärchen“ und bereits wenig später war es als „Moderne Amoretten“ in aller Munde. Der 28-jährige Makart wollte diese ungewöhnliche Komposition als Teil einer Ausstattung für sein eigenes, einstweilen noch allein in seiner Phantasie bestehendes Atelier sehen. Wenig später malte er den Entwurf zu einer Wanddekoration (Abb.), indem er Fotos der „Modernen Amoretten“ auf die Leinwand klebte, in den Entwurf integrierte und auf diese Weise seiner Phantasie über sein künftiges Atelier freien Lauf ließ.

Amoretten sind weite Verwandte des Liebesgottes Amor, jener allgemein bekannten kleinen, nackten Kindergestalt, die mit Pfeil und Bogen bewaffnet die Göttin Venus begleitet und Liebespaaren auflauert. Seit dem Altertum spielten sie in der bildenden Kunst in unendlich vielen Interpretationen eine Rolle. In der Zeit des Historismus, also in Hans Makarts Zeit, dienten ihre zahllosen Nachkommen als mehr oder weniger originell gestaltete Verkörperungen von Allegorien und Ähnlichem oder einfach als inhaltslose Schmuckelemente.
Die „Modernen Amoretten“ Hans Makarts aber sind etwas seltsam Neues. Mit „Moderne Amoretten“ wird wenig gesagt aber viel mehr versprochen. Und dieses vage Versprechen mit den nach dem Augenschein möglichen Interpretationen war es, was das Publikum in zwei Lager teilte. Was sieht man denn nun auf diesen drei Bildern? Gruppen von, nein, nicht Amoretten, sondern von seltsam jungen Erwachsenen – oder ebenso seltsam alt gewordenen Kindern. Sie jagen und tanzen dahin, mehr oder weniger bekleidet, auch maskiert und ihr Ziel scheint die Gruppe in der Mitte der Komposition zu sein. Dort sieht man Kinder (Nymphen?), die ein anderes auf einer Art Thron sitzendes Kind tragen, blumenbekränzt und mit dem Gesichtsausdruck eines von der Übermacht der Geschäfte erdrückten Herrschers. Das alles in malerisch feinster Manier, im Vordergrund köstliche Stillleben, der Hintergrund hinter dem Geäst der Bäume in Gold. Das Triptychon ist eine ursprünglich religiöse Bildform, der Goldgrund war meist der Sonntagsseite von Altartriptychen vorbehalten. Nun hat plötzlich ein junger Maler sich das ohne Vorbehalte zu eigen gemacht ohne sich um alte Bedeutungen zu kümmern. Im Gold an Stelle des blauen Himmels könnte man sogar einen Vorboten der Secession sehen. Die Darstellungen auf den drei Teilen des Triptychons sind voll knisternder, kaum verschleierter Erotik. Makarts junge Meisterschaft ist hier maltechnisch und inhaltlich unübertroffen. Die Kaninchen zu Füßen der müden Königin, immer schon Symbole der Fruchtbarkeit, illustrieren es überdeutlich. Der in dieser exaltierten Form unerwartete, riesige Erfolg der Ausstellung in München führte wohl dazu, von der Bezeichnung des Werks „Salonausstattung“ abzugehen und dem Werk einen passenderen, wirksameren Titel zu geben.
Wie kam Makart zu dieser Thematik, die eigentlich gar keine war? Die Befreiung der Kunst von den Zwängen der Literatur und der Historie lag in der Luft ebenso wie die Befreiung von den Konventionen künstlerischer Gestaltung, von akademischen Zwängen. Dies ging einher mit einem neuen Selbstbewusstsein der Künstler. Gewisse Anzeichen dafür, welchen Weg die Malerei einschlagen könnte sind im München jener Zeit, wo die Schule Pilotys viele junge Maler anzog nicht zu übersehen. In diesem und auch in dem bereits nach wenigen Monaten folgenden nächsten, erneut dreiteiligen Werk Hans Makarts „Die Pest in Florenz“, in dem das erotische Element die Schleier abgelegt hatte, äußerte sich die von der Kunstkritik begeistert konstatierte Erneuerung der Kunst. Der Erfolg bei Publikum und Kritik, begeisterte Kommentare über die „reine Malerei“, den Zauber der Farbigkeit, das Lösen der Fesseln alter Fesseln brachten Makart die Berufung nach Wien ein, wo der Bau der Ringstraße im Gange war, ein riesiger Bedarf an Künstlern bestand, wo er 1869 eine beispiellose Karriere begann.

Dr. Gerbert Frodl

Expertin: Mag. Dimitra Reimüller Mag. Dimitra Reimüller
+43-1-515 60-355

19c.paintings@dorotheum.at


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Gemälde des 19. Jahrhunderts
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 07.06.2021 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 29.05. - 07.06.2021


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer(für Lieferland Österreich)

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