Arnulf Rainer *
(Baden bei Wien 1929 geb.)
„Irma la Douce“, signiert A. Rainer sowie rückseitig auf der Überlappung signiert, datiert und betitelt Rainer 63 „Irma la Douce“, Öl auf Leinwand, 65 x 50,5 cm, auf Keilrahmen
Provenienz:
Privatsammlung, Wien
Der verkulturierte Künstler
Referat für das II. Wiener Österreichgespräch „Kunst wofür?“
Kunst ist natürlich für alle da, und für jeden zu erschließen. Das nennt man KULTURIERUNG. Aber da Kunst keine Unterabteilung der Kulturverwaltung ist, so wie Löwen keine Unterabteilung der Zooverwaltung sind, und Kultur andererseits nicht bloß Nachgeburt der Kunst ist, gibt es eine problematische Beziehung zwischen Kunst und Kultur, Künstler und Kulturmenschen.
Von Künstlerseite her gesehen, besteht heute die Problematik vor allem durch einen HEDONISTISCHEN Kulturbegriff, der sich überall, sei es in Hoch- oder Basisformen, ausbreitet. Überall wittern wir eine für uns gefährliche PLATTform im Vordringen: die ZIRZENSIERUNG. Sei es in den Kulturdemokratisierungen oder bei Festspielen, sei es im Sponsorentum amerkianischer Molkereien oder beim größten Kunstsammler aller Zeiten, in Museen, überall herrscht Promotion für eine gewisse Manegenkultur; Artistenperfektionismus, Dressurnummern, ästhetische Spielereien und dekorativer Flitter, also leichter Nervenkitzel statt Gehirnerregung, charmante Zaubertricks statt Schamanen- und Tiefenzauber, Repertoireclowns statt Hamm und Clov, Schlangenfrauen statt Arnulf Rainer, Seiltänzer statt Irritatoren. Neue Institutionalisierungen kündigen sich an.
Wir werden sie zu verdauen haben:
die Künstlerbewältigungsagenturen,
die Kulturjahrmärkte,
das Safari- und Trophäenwesen,
die Diplomanimatoren,
das Unterhaltungsministerium,
oder zumindest den Staatssekretär für Zirkus, Zärtlichkeit und Verzooung.
Aktionen wie: „Alle malen ohne Müh und Plag“ oder die „Atelierjause für Tausende“ harren auf ihre Bewältigung. Was tun? Der Künstler muss Konsequenzen ziehen:
1.Die große Verweigerung (im Malerrudel oft als Parole ausgerufen) – durchzuführen ist sie nicht, da der Homo sapiens sich das von uns nicht bieten läßt.
2.Der Rückzug: Der Künstler läßt sich auch unter Naturschutz stellen wie andere aussterbende Arten. Er führt sein Dasein als Hochgebirgshirsch, Wüstenskorpion, Tiefseequalle, Malaffe, Wildsau oder Igel. (Problem: wenn der Lebensraum nicht mehr reicht, kommt die „Künstlerförderung“. Sie wird zur unkalkulierbaren Wildfütterung; oder gar: Kunstheger werden Kunstjäger.)
3.Distanzstrategien und Schutzhaltungen gegen die Vereinnahmung, also Schwierigkeiten schaffen, die im Dressurwesen gefürchtet sind, wie: die „widerspenstige Zähmung“. Erarbeitung eines negativen Image (etwa „kranker Hund“ oder dauerndes Knurren).
Bewährt haben sich auch:
eine zurückgezogene Lebensweise,
geographisch weit verstreute Aktivitäten,
ein fluider Lebensstil, die relative Verweigerung,
oder die Rolle des „schwierigen Künstlers“ spielen... 1979
Aus: Arnulf Rainer Schriften, Selbstzeugnisse und ausgewählte Interviews, Pinaktothek der Moderne. Hatje Cantz 2010
Expertin: Mag. Elke Königseder
Mag. Elke Königseder
+43-1-515 60-358
elke.koenigseder@dorotheum.at
23.06.2021 - 16:00
- Erzielter Preis: **
-
EUR 94.050,-
- Schätzwert:
-
EUR 40.000,- bis EUR 70.000,-
Arnulf Rainer *
(Baden bei Wien 1929 geb.)
„Irma la Douce“, signiert A. Rainer sowie rückseitig auf der Überlappung signiert, datiert und betitelt Rainer 63 „Irma la Douce“, Öl auf Leinwand, 65 x 50,5 cm, auf Keilrahmen
Provenienz:
Privatsammlung, Wien
Der verkulturierte Künstler
Referat für das II. Wiener Österreichgespräch „Kunst wofür?“
Kunst ist natürlich für alle da, und für jeden zu erschließen. Das nennt man KULTURIERUNG. Aber da Kunst keine Unterabteilung der Kulturverwaltung ist, so wie Löwen keine Unterabteilung der Zooverwaltung sind, und Kultur andererseits nicht bloß Nachgeburt der Kunst ist, gibt es eine problematische Beziehung zwischen Kunst und Kultur, Künstler und Kulturmenschen.
Von Künstlerseite her gesehen, besteht heute die Problematik vor allem durch einen HEDONISTISCHEN Kulturbegriff, der sich überall, sei es in Hoch- oder Basisformen, ausbreitet. Überall wittern wir eine für uns gefährliche PLATTform im Vordringen: die ZIRZENSIERUNG. Sei es in den Kulturdemokratisierungen oder bei Festspielen, sei es im Sponsorentum amerkianischer Molkereien oder beim größten Kunstsammler aller Zeiten, in Museen, überall herrscht Promotion für eine gewisse Manegenkultur; Artistenperfektionismus, Dressurnummern, ästhetische Spielereien und dekorativer Flitter, also leichter Nervenkitzel statt Gehirnerregung, charmante Zaubertricks statt Schamanen- und Tiefenzauber, Repertoireclowns statt Hamm und Clov, Schlangenfrauen statt Arnulf Rainer, Seiltänzer statt Irritatoren. Neue Institutionalisierungen kündigen sich an.
Wir werden sie zu verdauen haben:
die Künstlerbewältigungsagenturen,
die Kulturjahrmärkte,
das Safari- und Trophäenwesen,
die Diplomanimatoren,
das Unterhaltungsministerium,
oder zumindest den Staatssekretär für Zirkus, Zärtlichkeit und Verzooung.
Aktionen wie: „Alle malen ohne Müh und Plag“ oder die „Atelierjause für Tausende“ harren auf ihre Bewältigung. Was tun? Der Künstler muss Konsequenzen ziehen:
1.Die große Verweigerung (im Malerrudel oft als Parole ausgerufen) – durchzuführen ist sie nicht, da der Homo sapiens sich das von uns nicht bieten läßt.
2.Der Rückzug: Der Künstler läßt sich auch unter Naturschutz stellen wie andere aussterbende Arten. Er führt sein Dasein als Hochgebirgshirsch, Wüstenskorpion, Tiefseequalle, Malaffe, Wildsau oder Igel. (Problem: wenn der Lebensraum nicht mehr reicht, kommt die „Künstlerförderung“. Sie wird zur unkalkulierbaren Wildfütterung; oder gar: Kunstheger werden Kunstjäger.)
3.Distanzstrategien und Schutzhaltungen gegen die Vereinnahmung, also Schwierigkeiten schaffen, die im Dressurwesen gefürchtet sind, wie: die „widerspenstige Zähmung“. Erarbeitung eines negativen Image (etwa „kranker Hund“ oder dauerndes Knurren).
Bewährt haben sich auch:
eine zurückgezogene Lebensweise,
geographisch weit verstreute Aktivitäten,
ein fluider Lebensstil, die relative Verweigerung,
oder die Rolle des „schwierigen Künstlers“ spielen... 1979
Aus: Arnulf Rainer Schriften, Selbstzeugnisse und ausgewählte Interviews, Pinaktothek der Moderne. Hatje Cantz 2010
Expertin: Mag. Elke Königseder
Mag. Elke Königseder
+43-1-515 60-358
elke.koenigseder@dorotheum.at
Käufer Hotline
Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at +43 1 515 60 200 |
Auktion: | Zeitgenössische Kunst I |
Auktionstyp: | Saalauktion mit Live Bidding |
Datum: | 23.06.2021 - 16:00 |
Auktionsort: | Wien | Palais Dorotheum |
Besichtigung: | 17.06. - 23.06.2021 |
** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer
Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.
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