Lot Nr. 678


Robert Russ


Robert Russ - Gemälde des 19. Jahrhunderts

(Wien 1847–1922)
Der Burghof von Schloss Petersberg in Friesach in Kärnten, signiert, datiert Robert Russ 1879, Öl auf Leinwand, 114 x 174 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung Wien.

Ausgestellt:
1879, Jahresausstellung, Künstlerhaus Wien;
1879, Glaspalast München.

Verzeichnet und abgebildet in:
Andrea Winkelbauer, Marianne Hussl-Hörmann, Robert Russ. Monographie mit Verzeichnis der Gemälde, Wien 2016, S. 129, WVZ Nr. I.116.

Verzeichnet in:
Friedrich von Boetticher, Malerwerke des 19. Jahrhunderts, Hofheim am Taunus, 1979, Bd. II, 1, S. 497, Nr. 29.

Auf einem Felsrücken oberhalb von Friesach im Kärntner Mednitztal erstreckt sich die mächtige Burganlage von Schloss Petersberg. Einst in Besitz des Salzburger Erzbischofs spielte die Burg mit der schon 1215 zur Stadt erhobenen Ortschaft während des ganzen Mittelalters bis ins 16. Jhd. hinein eine bedeutende Rolle an einer der wichtigsten Handelsrouten nach Italien. Danach erfolgte ein politischer wie wirtschaftlicher Niedergang und nach einem Brand Ende des 17. Jahrhunderts wurde die Burg ganz dem Verfall überlassen.

Es waren die Künstler, die um 1850 die malerischen Werte der Burg neu entdeckten und Petersberg zu einem „Must-see“ der österreichischen Landschaftsmaler wurde. 1874 suchte auch Robert Russ diesen besonderen Ort mit seiner geheimnisvollen Aura der Vergänglichkeit und der damit verbundenen künstlerischen Herausforderung auf. Wenige Jahre zuvor, 1871, hatte er bereits mit einem vergleichbaren Motiv in historischem Ambiente, dem „Hof der Fürstenburg in Burgeis“ im Wiener Künstlerhaus und in München große Erfolge gefeiert. Es war also naheliegend, dass er sich auch in Friesach für den unteren Burghof als Motiv für ein besonderes Gemälde entschied, das er erst später im Atelier ausführen sollte.
Selbstbewusst wählte Russ für dieses schwierige architektonische Ensemble ein großes Format, um die Suggestion des unmittelbaren Erlebens beim Betrachter überzeugend auszuspielen. In einer scharfen Diagonale führt er den Blick des Betrachters entlang der Fassade der ehemaligen Burghauptmannschaft mit ihren rhythmischen Arkadenreihen in die Tiefe des Bildes, begleitet vom Übergang von hellem zu dunklem Ton. Es scheint Vormittag zu sein, die Arkaden liegen im Schatten, während das frühe Sonnenlicht auf die Ruinen der anderen Gebäudetrakte fällt. Andererseits ist das Licht bei Russ selten authentisch, er setzt es als gestaltendes Element ein, um die Atmosphäre eines Ortes stimmungsvoll zu verzaubern. Ein dramatisches und vom Maler durchaus mutiges Wechselspiel von tiefem Schatten und hellen Bildflächen verstärkt die großartige Illusion von Raum, Atmosphäre, Lebendigkeit. Während die Gruppe von Kindern in der Mitte des Hofes mit dem Schälen der Maiskolben beschäftigt ist, findet der Betrachter zahllose Details im Bild, wie den abgestellten Blumentopf an der Brüstung, die Inschriften über dem Türstock oder die Mauerstruktur unter dem abfallenden Verputz.

Der Burghof von Petersberg wird so über die Zeit hinweg zu einem Ort des Betrachtens, der historischen Reflexion und des künstlerischen Genusses. „Der Betrachter sollte den Atem anhalten, um dem Moment Dauer zu geben.“ (Winkelbauer)

Expertin: Dr. Marianne Hussl-Hörmann Dr. Marianne Hussl-Hörmann
+43-1-515 60-765

marianne.hussl-hoermann@dorotheum.at

09.11.2021 - 16:00

Schätzwert:
EUR 30.000,- bis EUR 50.000,-

Robert Russ


(Wien 1847–1922)
Der Burghof von Schloss Petersberg in Friesach in Kärnten, signiert, datiert Robert Russ 1879, Öl auf Leinwand, 114 x 174 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung Wien.

Ausgestellt:
1879, Jahresausstellung, Künstlerhaus Wien;
1879, Glaspalast München.

Verzeichnet und abgebildet in:
Andrea Winkelbauer, Marianne Hussl-Hörmann, Robert Russ. Monographie mit Verzeichnis der Gemälde, Wien 2016, S. 129, WVZ Nr. I.116.

Verzeichnet in:
Friedrich von Boetticher, Malerwerke des 19. Jahrhunderts, Hofheim am Taunus, 1979, Bd. II, 1, S. 497, Nr. 29.

Auf einem Felsrücken oberhalb von Friesach im Kärntner Mednitztal erstreckt sich die mächtige Burganlage von Schloss Petersberg. Einst in Besitz des Salzburger Erzbischofs spielte die Burg mit der schon 1215 zur Stadt erhobenen Ortschaft während des ganzen Mittelalters bis ins 16. Jhd. hinein eine bedeutende Rolle an einer der wichtigsten Handelsrouten nach Italien. Danach erfolgte ein politischer wie wirtschaftlicher Niedergang und nach einem Brand Ende des 17. Jahrhunderts wurde die Burg ganz dem Verfall überlassen.

Es waren die Künstler, die um 1850 die malerischen Werte der Burg neu entdeckten und Petersberg zu einem „Must-see“ der österreichischen Landschaftsmaler wurde. 1874 suchte auch Robert Russ diesen besonderen Ort mit seiner geheimnisvollen Aura der Vergänglichkeit und der damit verbundenen künstlerischen Herausforderung auf. Wenige Jahre zuvor, 1871, hatte er bereits mit einem vergleichbaren Motiv in historischem Ambiente, dem „Hof der Fürstenburg in Burgeis“ im Wiener Künstlerhaus und in München große Erfolge gefeiert. Es war also naheliegend, dass er sich auch in Friesach für den unteren Burghof als Motiv für ein besonderes Gemälde entschied, das er erst später im Atelier ausführen sollte.
Selbstbewusst wählte Russ für dieses schwierige architektonische Ensemble ein großes Format, um die Suggestion des unmittelbaren Erlebens beim Betrachter überzeugend auszuspielen. In einer scharfen Diagonale führt er den Blick des Betrachters entlang der Fassade der ehemaligen Burghauptmannschaft mit ihren rhythmischen Arkadenreihen in die Tiefe des Bildes, begleitet vom Übergang von hellem zu dunklem Ton. Es scheint Vormittag zu sein, die Arkaden liegen im Schatten, während das frühe Sonnenlicht auf die Ruinen der anderen Gebäudetrakte fällt. Andererseits ist das Licht bei Russ selten authentisch, er setzt es als gestaltendes Element ein, um die Atmosphäre eines Ortes stimmungsvoll zu verzaubern. Ein dramatisches und vom Maler durchaus mutiges Wechselspiel von tiefem Schatten und hellen Bildflächen verstärkt die großartige Illusion von Raum, Atmosphäre, Lebendigkeit. Während die Gruppe von Kindern in der Mitte des Hofes mit dem Schälen der Maiskolben beschäftigt ist, findet der Betrachter zahllose Details im Bild, wie den abgestellten Blumentopf an der Brüstung, die Inschriften über dem Türstock oder die Mauerstruktur unter dem abfallenden Verputz.

Der Burghof von Petersberg wird so über die Zeit hinweg zu einem Ort des Betrachtens, der historischen Reflexion und des künstlerischen Genusses. „Der Betrachter sollte den Atem anhalten, um dem Moment Dauer zu geben.“ (Winkelbauer)

Expertin: Dr. Marianne Hussl-Hörmann Dr. Marianne Hussl-Hörmann
+43-1-515 60-765

marianne.hussl-hoermann@dorotheum.at


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Gemälde des 19. Jahrhunderts
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 09.11.2021 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 29.10. - 09.11.2021