Lot Nr. 18


Rogier van der Weyden Umkreis


Rogier van der Weyden Umkreis - Alte Meister I

(Tournai 1400–1464 Brüssel)
Kreuzabnahme
Öl auf Holz, 79,5 x 60 cm, gerahmt

Provenienz:
Sammlung Antonio Plasencia Bohigas (1845–1936), Bilbao;
im Erbgang an Rafael de Garamendi Ordenana (1882–1945), Bilbao;
Weitergabe an die heutigen Besitzerin, die Familie Gonzalez de Aguilar, Madrid

Literatur:
E. Bermejo, La pintura de los primitivos flamencos en España, Bd. I, Madrid 1980, Kat.-Nr. 30g, Abb. 105

Das vorliegende Gemälde, das aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts datiert, wiederholt eine Komposition des burgundischen Hofmalers Rogier van der Weyden, deren Original heute verloren ist, die jedoch von Friedländer auf Grundlage erhaltener zeitgenössischer Fassungen von Werkstattmitarbeitern und Künstlern aus dem unmittelbaren Umkreis des Künstlers identifiziert wurde (siehe M. J. Friedländer, Rogier van Weyden and the Master of Flemalle, in: Early Netherlandish Painting, Bd. II, Leiden 1967, Kat.-Nr. 97).

Der Realismus der vorliegenden Kreuzabnahme mit der Heiligen Jungfrau, dem Evangelisten Johannes und Josef von Arimathäa lebt von den Texturen der in satten Lasuren aufgetragenen Ölfarbe und dem kompositorischem Einfallsreichtum, was dem Ganzen jenen Eindruck von Plastizität verleiht, der bereits an van der Weydens früherer und heute im Prado in Madrid aufbewahrter Kreuzabnahme von 1436 so gepriesen wurde. Hier wie dort drängt die dichte Anordnung der Figuren, deren Schatten auf Leiter, Kreuz und Goldgrund fällt, sie aus dem Bildraum heraus, was die emotionale Wirkung steigert und in uns das Gefühl weckt, als würde die Kreuzabnahme vor unseren Augen in der Gegenwart stattfinden.

Auf dem Rahmen befindet sich der Aufkleber der Rahmenmacherfamilie Camo, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einen großen Teil der Sammlung des Prados neu gerahmt hat.

Technische Untersuchung durch Gianluca Poldi:

Die in der Infrarotreflektografie zutage tretende Unterzeichnung ist linear und dünn mit einem trockenen schwarzen Medium ausgeführt. Sie erscheint nicht fließend, ist häufig unterbrochen, bisweilen ziemlich detailliert, bisweilen gar nicht, etwa im Bereich der Gesichter der Heiligen Jungfrau und des heiligen Johannes, wo die Augen rasch als einfache Kreise ohne Details gesetzt wurden. Ähnliches gilt für jene von Christus, bei denen bloß Ober- und Unterlid umrissen wurden. Einiges scheint auf die erste Eingebung hin entstanden zu sein, nicht nur im Bereich der Faltenwürfe, sondern auch bei weiteren Details, beispielsweise bei den Wangen und dem Kinn der Madonna; die die Nasenlöcher flankierenden Nasenansätze und die Münder sind mit doppelt bis dreifachen gezogenen Linien markiert. Mit kurzen, regelmäßigen Strichen ausgeführte Schraffuren kamen nur stellenweise zum Einsatz, zum Beispiel im Bereich des Halses von Christus und entlang des Unterkiefers des heiligen Johannes. Beinahe alle Schatten wurden während des Malprozesses gesetzt, vermutlich unter Bezugnahme auf eine gezeichnete Vorlage.

Hinsichtlich der Pigmente zeigt sich in der spektroskopischen Untersuchung das Vorhandensein von Azurit, der als einziger blauer Farbstoff in unterschiedlicher Mischung mit Bleiweiß zum Einsatz kam. Rotlack in Form von aus Schildläusen gewonnenem Karmin ist im Mantel des heiligen Johannes und im Blut Christi feststellbar. Zinnober findet sich im kräftigen Rot des Ärmels der Figur rechts und mit Weiß vermischt in den rosigen Hauttönen sowie unter Hinzufügung von Eisenoxiden in den Schattenbereichen der Figur Christi. Gelber Ocker und Erden fanden für die Brauntöne Verwendung. Eigentümlich ist die Umsetzung des Hintergrunds, wo die Schicht von kupferbasiertem Grün zum Teil von kurzen vertikalen schwarzen Strichen überdeckt wird, wodurch eine intime Atmosphäre evoziert scheint, etwa ein Altartisch oder ein Interieur, was das Werk in mit Zusammenhang privater Andacht sehen lässt. Besondere Aufmerksamkeit galt den Verzierungen entlang der Kanten der Gewänder, etwa im Mantel der Heiligen Jungfrau, dessen goldene Spitzen aus feinen hellgelben Strichen und Punkten (aus bleibasiertem Gelb) auf einem abschattierten braunen Grund (aus gelbraunem Ocker) bestehen.

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

10.11.2021 - 16:00

Erzielter Preis: **
EUR 76.800,-
Schätzwert:
EUR 60.000,- bis EUR 80.000,-

Rogier van der Weyden Umkreis


(Tournai 1400–1464 Brüssel)
Kreuzabnahme
Öl auf Holz, 79,5 x 60 cm, gerahmt

Provenienz:
Sammlung Antonio Plasencia Bohigas (1845–1936), Bilbao;
im Erbgang an Rafael de Garamendi Ordenana (1882–1945), Bilbao;
Weitergabe an die heutigen Besitzerin, die Familie Gonzalez de Aguilar, Madrid

Literatur:
E. Bermejo, La pintura de los primitivos flamencos en España, Bd. I, Madrid 1980, Kat.-Nr. 30g, Abb. 105

Das vorliegende Gemälde, das aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts datiert, wiederholt eine Komposition des burgundischen Hofmalers Rogier van der Weyden, deren Original heute verloren ist, die jedoch von Friedländer auf Grundlage erhaltener zeitgenössischer Fassungen von Werkstattmitarbeitern und Künstlern aus dem unmittelbaren Umkreis des Künstlers identifiziert wurde (siehe M. J. Friedländer, Rogier van Weyden and the Master of Flemalle, in: Early Netherlandish Painting, Bd. II, Leiden 1967, Kat.-Nr. 97).

Der Realismus der vorliegenden Kreuzabnahme mit der Heiligen Jungfrau, dem Evangelisten Johannes und Josef von Arimathäa lebt von den Texturen der in satten Lasuren aufgetragenen Ölfarbe und dem kompositorischem Einfallsreichtum, was dem Ganzen jenen Eindruck von Plastizität verleiht, der bereits an van der Weydens früherer und heute im Prado in Madrid aufbewahrter Kreuzabnahme von 1436 so gepriesen wurde. Hier wie dort drängt die dichte Anordnung der Figuren, deren Schatten auf Leiter, Kreuz und Goldgrund fällt, sie aus dem Bildraum heraus, was die emotionale Wirkung steigert und in uns das Gefühl weckt, als würde die Kreuzabnahme vor unseren Augen in der Gegenwart stattfinden.

Auf dem Rahmen befindet sich der Aufkleber der Rahmenmacherfamilie Camo, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einen großen Teil der Sammlung des Prados neu gerahmt hat.

Technische Untersuchung durch Gianluca Poldi:

Die in der Infrarotreflektografie zutage tretende Unterzeichnung ist linear und dünn mit einem trockenen schwarzen Medium ausgeführt. Sie erscheint nicht fließend, ist häufig unterbrochen, bisweilen ziemlich detailliert, bisweilen gar nicht, etwa im Bereich der Gesichter der Heiligen Jungfrau und des heiligen Johannes, wo die Augen rasch als einfache Kreise ohne Details gesetzt wurden. Ähnliches gilt für jene von Christus, bei denen bloß Ober- und Unterlid umrissen wurden. Einiges scheint auf die erste Eingebung hin entstanden zu sein, nicht nur im Bereich der Faltenwürfe, sondern auch bei weiteren Details, beispielsweise bei den Wangen und dem Kinn der Madonna; die die Nasenlöcher flankierenden Nasenansätze und die Münder sind mit doppelt bis dreifachen gezogenen Linien markiert. Mit kurzen, regelmäßigen Strichen ausgeführte Schraffuren kamen nur stellenweise zum Einsatz, zum Beispiel im Bereich des Halses von Christus und entlang des Unterkiefers des heiligen Johannes. Beinahe alle Schatten wurden während des Malprozesses gesetzt, vermutlich unter Bezugnahme auf eine gezeichnete Vorlage.

Hinsichtlich der Pigmente zeigt sich in der spektroskopischen Untersuchung das Vorhandensein von Azurit, der als einziger blauer Farbstoff in unterschiedlicher Mischung mit Bleiweiß zum Einsatz kam. Rotlack in Form von aus Schildläusen gewonnenem Karmin ist im Mantel des heiligen Johannes und im Blut Christi feststellbar. Zinnober findet sich im kräftigen Rot des Ärmels der Figur rechts und mit Weiß vermischt in den rosigen Hauttönen sowie unter Hinzufügung von Eisenoxiden in den Schattenbereichen der Figur Christi. Gelber Ocker und Erden fanden für die Brauntöne Verwendung. Eigentümlich ist die Umsetzung des Hintergrunds, wo die Schicht von kupferbasiertem Grün zum Teil von kurzen vertikalen schwarzen Strichen überdeckt wird, wodurch eine intime Atmosphäre evoziert scheint, etwa ein Altartisch oder ein Interieur, was das Werk in mit Zusammenhang privater Andacht sehen lässt. Besondere Aufmerksamkeit galt den Verzierungen entlang der Kanten der Gewänder, etwa im Mantel der Heiligen Jungfrau, dessen goldene Spitzen aus feinen hellgelben Strichen und Punkten (aus bleibasiertem Gelb) auf einem abschattierten braunen Grund (aus gelbraunem Ocker) bestehen.

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
+43 1 515 60 403

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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister I
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 10.11.2021 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 29.10. - 10.11.2021


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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