Meister der Scandicci-Beweinung
(Florenz, tätig 1. Viertel 16. Jahrhundert)
Madonna mit Kind,
Öl auf Holz, 87 x 64,5 cm, gerahmt
Provenienz:
europäische Privatsammlung
Wir danken Louis Waldman, der die Zuschreibung auf der Grundlage einer Fotografie vorgeschlagen hat.
Das Oeuvre des Meisters der Scandicci-Beweinung wurde 1968 erstmals in der Dissertation Everett Fahys (siehe E. Fahy, Some Followers of Domenico Ghirlandaio, unveröff. Diss., Harvard University, Cambridge, MA 1968) dargelegt. 1976 widmete sich Fahy dem Thema noch einmal und stellte fünfzehn Arbeiten des anonymen Meisters vor (siehe E. Fahy, Some Followers of Domenico Ghirlandaio, New York 1976). Fahy trug viel zum Verständnis dieses unbekannten Künstlers bei. Er bestätigte dessen Tätigkeit in Florenz in den ersten Dezennien des 16. Jahrhunderts. Der Meister malte in einem Stil, der Gemeinsamkeiten mit dem Frühwerk Francesco Granaccis und Ridolfo del Ghirlandaios aufwies (beide waren ebenfalls in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts tätig). Fahys Beobachtungen gingen mit Studien einher, die vor ihm ähnliche stilistisch kohärente Arbeiten in einer Kerngruppe zusammensahen, aber keiner künstlerischen Persönlichkeit eindeutig zugeordnet werden konnten.
Der Notname des Künstlers leitet sich von einer Tafel mit der Darstellung einer Beweinung Christi, dem Hauptwerk seines künstlerischen Schaffens, ab. Dieses Bild führte er für die Kirche San Bartolomeo in Tuto in Scandicci nahe Florenz aus. Die Komposition der Tafel leitet sich von Pietro Peruginos Beweinung des toten Christus ab, die vom Orden der Armen Klarissinnen des Klosters Santa Chiara in Florenz beauftragt worden war und sich heute in der Galleria Palatina im Palazzo Pitti (Inv. 1912 Nr. 164) befindet. Fahy hält daher fest, dass der Meister der Scandicci-Beweiunung eigentlich präziser als ein Nachfolger Peruginos identifiziert werden sollte. Perugino hatte sein Werk in der ersten Dekade des 16. Jahrhunderts an Domenico Ghirlandaio orientiert und beeinflusste andere Florentiner Maler wie beispielsweise Raffael, Michelangelo und den jungen Andrea del Sarto.
Das vorliegende Gemälde zeigt deutlich die künstlerische Praxis in Florenz am Beginn des 16. Jahrhunderts. Das Gemälde kann mit einer anderen Madonna mit Kind gleichen Formats des Künstlers verglichen werden, das sich heute im Museum of Fine Arts in Boston (Inv.-Nr. 17.3227) befindet. Beide Bilder basieren auf der zentralen Komposition von Raffaels Madonna del Baldacchino (Palazzo Pitti, Florenz, Inv. 1912 Nr. 165) und zeigen dieselben klar definierten Figurentypen mit ihren sorgfältig beschriebenen Anatomien, dieselben geschmeidigen Faltenwürfe der Gewänder und dieselben zarten Höhungen im Haar der Figuren. Die Demut ausstrahlende Haltung und der nach unten gerichtete Blick der Madonna schaffen ein Gegengewicht zu den verspielt dreinblickenden Augen und der lebhaften Pose des Jesuskindes.
Experte: Mark MacDonnell
Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403
old.masters@dorotheum.com
11.11.2021 - 15:29
- Erzielter Preis: **
-
EUR 51.200,-
- Schätzwert:
-
EUR 40.000,- bis EUR 60.000,-
- Startpreis:
-
EUR 36.000,-
Meister der Scandicci-Beweinung
(Florenz, tätig 1. Viertel 16. Jahrhundert)
Madonna mit Kind,
Öl auf Holz, 87 x 64,5 cm, gerahmt
Provenienz:
europäische Privatsammlung
Wir danken Louis Waldman, der die Zuschreibung auf der Grundlage einer Fotografie vorgeschlagen hat.
Das Oeuvre des Meisters der Scandicci-Beweinung wurde 1968 erstmals in der Dissertation Everett Fahys (siehe E. Fahy, Some Followers of Domenico Ghirlandaio, unveröff. Diss., Harvard University, Cambridge, MA 1968) dargelegt. 1976 widmete sich Fahy dem Thema noch einmal und stellte fünfzehn Arbeiten des anonymen Meisters vor (siehe E. Fahy, Some Followers of Domenico Ghirlandaio, New York 1976). Fahy trug viel zum Verständnis dieses unbekannten Künstlers bei. Er bestätigte dessen Tätigkeit in Florenz in den ersten Dezennien des 16. Jahrhunderts. Der Meister malte in einem Stil, der Gemeinsamkeiten mit dem Frühwerk Francesco Granaccis und Ridolfo del Ghirlandaios aufwies (beide waren ebenfalls in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts tätig). Fahys Beobachtungen gingen mit Studien einher, die vor ihm ähnliche stilistisch kohärente Arbeiten in einer Kerngruppe zusammensahen, aber keiner künstlerischen Persönlichkeit eindeutig zugeordnet werden konnten.
Der Notname des Künstlers leitet sich von einer Tafel mit der Darstellung einer Beweinung Christi, dem Hauptwerk seines künstlerischen Schaffens, ab. Dieses Bild führte er für die Kirche San Bartolomeo in Tuto in Scandicci nahe Florenz aus. Die Komposition der Tafel leitet sich von Pietro Peruginos Beweinung des toten Christus ab, die vom Orden der Armen Klarissinnen des Klosters Santa Chiara in Florenz beauftragt worden war und sich heute in der Galleria Palatina im Palazzo Pitti (Inv. 1912 Nr. 164) befindet. Fahy hält daher fest, dass der Meister der Scandicci-Beweiunung eigentlich präziser als ein Nachfolger Peruginos identifiziert werden sollte. Perugino hatte sein Werk in der ersten Dekade des 16. Jahrhunderts an Domenico Ghirlandaio orientiert und beeinflusste andere Florentiner Maler wie beispielsweise Raffael, Michelangelo und den jungen Andrea del Sarto.
Das vorliegende Gemälde zeigt deutlich die künstlerische Praxis in Florenz am Beginn des 16. Jahrhunderts. Das Gemälde kann mit einer anderen Madonna mit Kind gleichen Formats des Künstlers verglichen werden, das sich heute im Museum of Fine Arts in Boston (Inv.-Nr. 17.3227) befindet. Beide Bilder basieren auf der zentralen Komposition von Raffaels Madonna del Baldacchino (Palazzo Pitti, Florenz, Inv. 1912 Nr. 165) und zeigen dieselben klar definierten Figurentypen mit ihren sorgfältig beschriebenen Anatomien, dieselben geschmeidigen Faltenwürfe der Gewänder und dieselben zarten Höhungen im Haar der Figuren. Die Demut ausstrahlende Haltung und der nach unten gerichtete Blick der Madonna schaffen ein Gegengewicht zu den verspielt dreinblickenden Augen und der lebhaften Pose des Jesuskindes.
Experte: Mark MacDonnell
Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403
old.masters@dorotheum.com
Käufer Hotline
Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at +43 1 515 60 403 |
Auktion: | Alte Meister II |
Auktionstyp: | Online Auction |
Datum: | 11.11.2021 - 15:29 |
Auktionsort: | Wien | Palais Dorotheum |
Besichtigung: | 29.10. - 11.11.2021 |
** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer
Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.