Lot Nr. 37 -


Prager Schule, frühes 17. Jahrhundert


Prager Schule, frühes 17. Jahrhundert - Alte Meister I

Halbfiguriges Porträt eines jungen Osmanen, möglicherweise Sultan Osman II. (1604–1622), in Rüstung mit Zepter und einem Turban neben ihm,
Öl auf Holz, 111,3 x 88,2 cm, gerahmt

Provenienz:
Kunsthandel, USA;
europäische Privatsammlung

Es wurde vorgeschlagen, das vorliegende Werk mit Staatsporträts des Habsburger Hofmalers Jeremias Günther zu vergleichen, etwa mit dem Bildnis von Kaiserin Anna aus dem Jahr 1613 (siehe T. DaCosta Kaufmann, The School of Prague, Painting in the Court of Rudolf II, London 1988, S. 178).

Günther war vermutlich ein Schüler oder enger Mitarbeiter von Joseph Heintz dem Älteren (1564–1609). Ab 1604 bis zum Tod Rudolfs II. im Jahr 1612 war er Kammermaler am Prager Hof; im selben Jahr trat er in der Folge in den Dienst von Kaiser Matthias, der ihn nach Wien berief. Als offizieller Porträtist der Habsburger Monarchen war es ihm gestattet, den Kaiser 1613 zum Reichstag nach Regensburg zu begleiten, wo er die Anwesenden porträtierte. Neben seiner Stellung als Maler und Restaurator entwarf Jeremias Günther auch die Kleidung von Kaiser Matthias und beriet ihn möglicherweise außerdem beim Ankauf von Kunstwerken für die kaiserlichen Sammlungen (siehe ebd.).

Der Dargestellte des vorliegenden Gemäldes trägt eine reich verzierte Prunkrüstung über einer mit Edelsteinen besetzten, bestickten weißen Tunika. Die Stickereien auf dem Kleidungsstück zeigen den islamischen Halbmond und Sonnensymbole. In seiner Rechten hält der junge Osmane ein goldenes Zepter, dessen Spitze mit Edelsteinen geschmückt ist. Seine Linke liegt auf dem Heft des Schwertes. Rechts liegt auf einem mit einem grünen Tuch bedeckten Tisch ein großer, weißer Turban, der in einem perlenbesetzten roten Kegel endet. Ähnliche Insignien sind auf Tizians Porträt von Sultan Süleyman dem Prächtigen (1495/96–1566) auf Schloss Ambras in Innsbruck (GG Inv.-Nr. 2429) zu sehen.

Kaiserliche Insignien wie Kronen, Zepter, Reichsapfel oder Goldketten waren nicht Teil der osmanischen Tradition, bevor Süleyman I. 1520 den Thron bestieg (siehe G. Necipoğlu, Süleyman the Magnificent and the Representation of Power in the Context of Ottoman-Hapsburg[sic]-Papal Rivalry, in: The Art Bulletin, September 1989, Bd. 71, Nr. 3, S. 407). Um mit der Erscheinung westlicher Monarchen, vor allem der Habsburger, mithalten zu können, gab Süleyman eindrucksvolle und kostbare symbolträchtige Objekte in Auftrag, darunter gemalte Porträts oder Arbeiten venezianischer Goldschmiede (siehe ebd., S. 425). Während der Sultan auf jenen Gemälden, die dazu gedacht waren, an europäischen Höfen verbreitet zu werden, mit westlichen Machtinsignien dargestellt war, zeigte er sich auf Werken für ein islamisches Umfeld im traditioneller osmanischer Aufmachung (siehe zum Beispiel cArifi, Süleymānnāme [Buch des Süleyman], Istanbul, Topkapı Sarayı Müzesi Kütüphanesi, ms H. 1517, fol. 337r).

Unter den dokumentierten Werken Jeremias Günthers befindet sich das „Item des jezigen Turgischen Kaisers contrafet von oelfarb klein copier, 7 gulden“ [die „kleine Kopie in Öl eines Porträts des jetzigen türkischen Kaisers“] für Kaiser Matthias (siehe T. DaCosta Kaufmann, The School of Prague, Painting in the Court of Rudolf II, London 1988, S. 179). Es ist wahrscheinlich, dass Günther Zugang zu dem eingangs erwähnten Porträt Tizians in den kaiserlichen Sammlungen hatte.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

old.masters@dorotheum.com

11.05.2022 - 16:00

Erzielter Preis: **
EUR 20.906,-
Schätzwert:
EUR 15.000,- bis EUR 20.000,-

Prager Schule, frühes 17. Jahrhundert


Halbfiguriges Porträt eines jungen Osmanen, möglicherweise Sultan Osman II. (1604–1622), in Rüstung mit Zepter und einem Turban neben ihm,
Öl auf Holz, 111,3 x 88,2 cm, gerahmt

Provenienz:
Kunsthandel, USA;
europäische Privatsammlung

Es wurde vorgeschlagen, das vorliegende Werk mit Staatsporträts des Habsburger Hofmalers Jeremias Günther zu vergleichen, etwa mit dem Bildnis von Kaiserin Anna aus dem Jahr 1613 (siehe T. DaCosta Kaufmann, The School of Prague, Painting in the Court of Rudolf II, London 1988, S. 178).

Günther war vermutlich ein Schüler oder enger Mitarbeiter von Joseph Heintz dem Älteren (1564–1609). Ab 1604 bis zum Tod Rudolfs II. im Jahr 1612 war er Kammermaler am Prager Hof; im selben Jahr trat er in der Folge in den Dienst von Kaiser Matthias, der ihn nach Wien berief. Als offizieller Porträtist der Habsburger Monarchen war es ihm gestattet, den Kaiser 1613 zum Reichstag nach Regensburg zu begleiten, wo er die Anwesenden porträtierte. Neben seiner Stellung als Maler und Restaurator entwarf Jeremias Günther auch die Kleidung von Kaiser Matthias und beriet ihn möglicherweise außerdem beim Ankauf von Kunstwerken für die kaiserlichen Sammlungen (siehe ebd.).

Der Dargestellte des vorliegenden Gemäldes trägt eine reich verzierte Prunkrüstung über einer mit Edelsteinen besetzten, bestickten weißen Tunika. Die Stickereien auf dem Kleidungsstück zeigen den islamischen Halbmond und Sonnensymbole. In seiner Rechten hält der junge Osmane ein goldenes Zepter, dessen Spitze mit Edelsteinen geschmückt ist. Seine Linke liegt auf dem Heft des Schwertes. Rechts liegt auf einem mit einem grünen Tuch bedeckten Tisch ein großer, weißer Turban, der in einem perlenbesetzten roten Kegel endet. Ähnliche Insignien sind auf Tizians Porträt von Sultan Süleyman dem Prächtigen (1495/96–1566) auf Schloss Ambras in Innsbruck (GG Inv.-Nr. 2429) zu sehen.

Kaiserliche Insignien wie Kronen, Zepter, Reichsapfel oder Goldketten waren nicht Teil der osmanischen Tradition, bevor Süleyman I. 1520 den Thron bestieg (siehe G. Necipoğlu, Süleyman the Magnificent and the Representation of Power in the Context of Ottoman-Hapsburg[sic]-Papal Rivalry, in: The Art Bulletin, September 1989, Bd. 71, Nr. 3, S. 407). Um mit der Erscheinung westlicher Monarchen, vor allem der Habsburger, mithalten zu können, gab Süleyman eindrucksvolle und kostbare symbolträchtige Objekte in Auftrag, darunter gemalte Porträts oder Arbeiten venezianischer Goldschmiede (siehe ebd., S. 425). Während der Sultan auf jenen Gemälden, die dazu gedacht waren, an europäischen Höfen verbreitet zu werden, mit westlichen Machtinsignien dargestellt war, zeigte er sich auf Werken für ein islamisches Umfeld im traditioneller osmanischer Aufmachung (siehe zum Beispiel cArifi, Süleymānnāme [Buch des Süleyman], Istanbul, Topkapı Sarayı Müzesi Kütüphanesi, ms H. 1517, fol. 337r).

Unter den dokumentierten Werken Jeremias Günthers befindet sich das „Item des jezigen Turgischen Kaisers contrafet von oelfarb klein copier, 7 gulden“ [die „kleine Kopie in Öl eines Porträts des jetzigen türkischen Kaisers“] für Kaiser Matthias (siehe T. DaCosta Kaufmann, The School of Prague, Painting in the Court of Rudolf II, London 1988, S. 179). Es ist wahrscheinlich, dass Günther Zugang zu dem eingangs erwähnten Porträt Tizians in den kaiserlichen Sammlungen hatte.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
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Auktion: Alte Meister I
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 11.05.2022 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 30.04. - 11.05.2022


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer(für Lieferland Österreich)

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