Lot Nr. 132 -


Anton Hickel


Anton Hickel - Alte Meister I

(Česká Lípa1745–1798 Hamburg)
Bildnis von Kaiser Joseph II. mit dem Orden vom Goldenen Vlies,
Öl auf Leinwand, 99 x 74 cm, gerahmt

Wir danken Georg Lechner, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes an Anton Hickel vorgeschlagen hat.

Dieses Porträt stellte eine rare Ausnahme in der Porträtikonografie von Kaiser Joseph II. dar. Sein Bildnis war eines der am meist verbreiteten von allen Herrschern der Habsburger Dynastie. Das vorliegende Porträt ist bemerkenswert, weil es Joseph mit allem imperialem Pomp des Habsburger Hofes wiedergibt und sich damit im Gegensatz zu dem ansonsten bescheidenen Lebensstil befindet, wie er auf anderen Porträts des Kaisers zum Ausdruck kommt.

Porträts von Joseph II. zeigen ihn normalerweise in einfacher Uniform, die seine persönliche aufgeklärte Regentschaft symbolisiert und auch seine Bewunderung für Friedrich den Großen von Preußen zum Ausdruck bringt. Auf dem vorliegenden Werk trägt der Herrscher jedoch eine Rüstung, die mit großer Detailfreude in einer besonders verfeinerten Malweise wiedergegeben wurde. Mit ähnlicher Aufmerksamkeit hat der Künstler die Reichskrone und den Reichsapfel gemalt. Bei dem Versuch, den Monarchen mit der glorreichen Vergangenheit seiner Dynastie zu verbinden, ließ sich der Schöpfer des Bildnisses von Werken einer früheren Generation, nämlich von Porträts, die Martin van Meytens von Kaiser Franz I. Stephan und seinem Bruder Karl Alexander von Lothringen in prächtigen Rüstungen schuf, inspirieren. In gewisser Hinsicht stellt Hickels Porträttyp im späten 18. Jahrhundert einen Anachronismus dar, der jedoch nicht ohne zeitgenössische Beispiele ist. Joseph Kreutzinger porträtierte 1806 Kaiser Franz II. in einer Rüstung mit Mühlsteinkragen (Franz. II in Rüstung, Schloss Laxenburg), und Heinrich Friedrich Füger stellte Kaiser Joseph II. in Lebensgröße in einem Porträt dar, das historistisch und eher theatralisch-dramatisch anmutet (Heinrich Friedrich Füger, Kaiser Joseph II. in Rüstung, um 1787–1788, Wien Museum, Inv.-Nr. 139700). Es wäre denkbar, dass die historisierende und militärische Ikonografie des vorliegenden Gemäldes in gewisser Hinsicht mit Josephs Engagement im Russisch-Österreichischen Osmanenkrieg (1788–1791) im Zusammenhang steht, wie auch Franz Streicher sein Porträt von Joseph II., das sich heute in der Benediktinerabtei Michaelbeuern in Salzburg befindet, mit dem Bayerischen Erbfolgekrieg kontextualisert hat.

Hickel wurde in Česká Lípa, oder Böhmisch Leipa, das sich heute in der Tschechischen Republik befindet, geboren. 1758 schrieb er sich an der Wiener Kunstakademie in Wien ein. Nach seinem Abschluss arbeitete er bei seinem Bruder, Joseph Hickel. Ab 1779 war er reisender Porträtmaler, verbrachte zunächst einige Zeit in München, wo er u. a. Kurfürst Karl Theodor malte, bevor er seine Reise nach Süddeutschland und in die Schweiz und später nach Mannheim und Mainz fortsetzte. Nachdem er sich 1785 in der Schweiz aufgehalten hatte, wurde er nach seiner Rückkehr in Wien Hofmaler von Joseph II. 1786 reiste Hickel nach Frankreich, arbeitete dort für Königin Marie-Antoinette und schuf das bekannte Porträt von Marie-Luise, der Prinzessin de Lamballe. Aufgrund der Französischen Revolution verließ er Frankreich und wurde in London ein gefeierter Künstler. Vermutlich um die Zeit, als das vorliegende Bildnis entstand, stand Hickel seinem Bruder bei dem bedeutenden Auftrag des Kaisers für eine Porträtgalerie mit Bildnissen aller bedeutenden Schauspieler des kaiserlichen Burgtheaters zur Seite. Bei diesem enorm aufwendigen Unterfangen musste Hickel den Bruder unterstützen und malte die Porträts der Schauspieler Jacquet-Adamberger, Katharina Jacquet, Nouseul und Stierle (siehe G. Sebestyén, Burgtheater-Galerie. 148 Künstlerporträts der „Ehrengalerie“ des Wiener Burgtheaters nach Aufnahmen von Csaba Tarcsay. Mit einer historisch-biographischen Dokumentation von Konrad Schrögendorfer, Wien 1976). Das vorliegende Gemälde teilt viele ähnliche charakteristische Merkmale mit anderen Arbeiten Hickels dieser Jahre. Sie helfen, das Porträt fest im Werk des Künstlers zu verankern. Das vorliegende Bild verrät eine große Sensibilität bei der Wiedergabe der Gesichtszüge und eine eigentümliche Art, die Hände und das Inkarnat zu malen, ebenso eine gewisse herbe Behandlung metallischer Oberflächen und üppiger samtiger Stoffe, Goldstickereien und Spitzen.

Experte: Dr. Alexander Strasoldo Dr. Alexander Strasoldo
+43 1 515 60 403

old.masters@dorotheum.com

11.05.2022 - 16:00

Schätzwert:
EUR 20.000,- bis EUR 30.000,-

Anton Hickel


(Česká Lípa1745–1798 Hamburg)
Bildnis von Kaiser Joseph II. mit dem Orden vom Goldenen Vlies,
Öl auf Leinwand, 99 x 74 cm, gerahmt

Wir danken Georg Lechner, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes an Anton Hickel vorgeschlagen hat.

Dieses Porträt stellte eine rare Ausnahme in der Porträtikonografie von Kaiser Joseph II. dar. Sein Bildnis war eines der am meist verbreiteten von allen Herrschern der Habsburger Dynastie. Das vorliegende Porträt ist bemerkenswert, weil es Joseph mit allem imperialem Pomp des Habsburger Hofes wiedergibt und sich damit im Gegensatz zu dem ansonsten bescheidenen Lebensstil befindet, wie er auf anderen Porträts des Kaisers zum Ausdruck kommt.

Porträts von Joseph II. zeigen ihn normalerweise in einfacher Uniform, die seine persönliche aufgeklärte Regentschaft symbolisiert und auch seine Bewunderung für Friedrich den Großen von Preußen zum Ausdruck bringt. Auf dem vorliegenden Werk trägt der Herrscher jedoch eine Rüstung, die mit großer Detailfreude in einer besonders verfeinerten Malweise wiedergegeben wurde. Mit ähnlicher Aufmerksamkeit hat der Künstler die Reichskrone und den Reichsapfel gemalt. Bei dem Versuch, den Monarchen mit der glorreichen Vergangenheit seiner Dynastie zu verbinden, ließ sich der Schöpfer des Bildnisses von Werken einer früheren Generation, nämlich von Porträts, die Martin van Meytens von Kaiser Franz I. Stephan und seinem Bruder Karl Alexander von Lothringen in prächtigen Rüstungen schuf, inspirieren. In gewisser Hinsicht stellt Hickels Porträttyp im späten 18. Jahrhundert einen Anachronismus dar, der jedoch nicht ohne zeitgenössische Beispiele ist. Joseph Kreutzinger porträtierte 1806 Kaiser Franz II. in einer Rüstung mit Mühlsteinkragen (Franz. II in Rüstung, Schloss Laxenburg), und Heinrich Friedrich Füger stellte Kaiser Joseph II. in Lebensgröße in einem Porträt dar, das historistisch und eher theatralisch-dramatisch anmutet (Heinrich Friedrich Füger, Kaiser Joseph II. in Rüstung, um 1787–1788, Wien Museum, Inv.-Nr. 139700). Es wäre denkbar, dass die historisierende und militärische Ikonografie des vorliegenden Gemäldes in gewisser Hinsicht mit Josephs Engagement im Russisch-Österreichischen Osmanenkrieg (1788–1791) im Zusammenhang steht, wie auch Franz Streicher sein Porträt von Joseph II., das sich heute in der Benediktinerabtei Michaelbeuern in Salzburg befindet, mit dem Bayerischen Erbfolgekrieg kontextualisert hat.

Hickel wurde in Česká Lípa, oder Böhmisch Leipa, das sich heute in der Tschechischen Republik befindet, geboren. 1758 schrieb er sich an der Wiener Kunstakademie in Wien ein. Nach seinem Abschluss arbeitete er bei seinem Bruder, Joseph Hickel. Ab 1779 war er reisender Porträtmaler, verbrachte zunächst einige Zeit in München, wo er u. a. Kurfürst Karl Theodor malte, bevor er seine Reise nach Süddeutschland und in die Schweiz und später nach Mannheim und Mainz fortsetzte. Nachdem er sich 1785 in der Schweiz aufgehalten hatte, wurde er nach seiner Rückkehr in Wien Hofmaler von Joseph II. 1786 reiste Hickel nach Frankreich, arbeitete dort für Königin Marie-Antoinette und schuf das bekannte Porträt von Marie-Luise, der Prinzessin de Lamballe. Aufgrund der Französischen Revolution verließ er Frankreich und wurde in London ein gefeierter Künstler. Vermutlich um die Zeit, als das vorliegende Bildnis entstand, stand Hickel seinem Bruder bei dem bedeutenden Auftrag des Kaisers für eine Porträtgalerie mit Bildnissen aller bedeutenden Schauspieler des kaiserlichen Burgtheaters zur Seite. Bei diesem enorm aufwendigen Unterfangen musste Hickel den Bruder unterstützen und malte die Porträts der Schauspieler Jacquet-Adamberger, Katharina Jacquet, Nouseul und Stierle (siehe G. Sebestyén, Burgtheater-Galerie. 148 Künstlerporträts der „Ehrengalerie“ des Wiener Burgtheaters nach Aufnahmen von Csaba Tarcsay. Mit einer historisch-biographischen Dokumentation von Konrad Schrögendorfer, Wien 1976). Das vorliegende Gemälde teilt viele ähnliche charakteristische Merkmale mit anderen Arbeiten Hickels dieser Jahre. Sie helfen, das Porträt fest im Werk des Künstlers zu verankern. Das vorliegende Bild verrät eine große Sensibilität bei der Wiedergabe der Gesichtszüge und eine eigentümliche Art, die Hände und das Inkarnat zu malen, ebenso eine gewisse herbe Behandlung metallischer Oberflächen und üppiger samtiger Stoffe, Goldstickereien und Spitzen.

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+43 1 515 60 403

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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
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Auktion: Alte Meister I
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 11.05.2022 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 30.04. - 11.05.2022

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