Lot Nr. 3 V


1940 Hanomag Typ 20B leichter geländegängiger Einheits-PKW


1940 Hanomag Typ 20B leichter geländegängiger Einheits-PKW - Klassische Fahrzeuge

Einer der wenigen noch existierenden Einheits-PKW
Bei Karmann zum Feuerlöschwagen aufgebaut
Vielleicht der letzte auf Hanomag-Basis
Umfangreich dokumentiert

Der Fahrzeugbestand der deutschen Reichswehr während der Weimarer Republik war ein buntes Sammelbecken unterschiedlichster Serienfahrzeuge, die allesamt für den Militäreinsatz mehr oder weniger adaptiert worden waren. Nach der Machtübernahme Adolf Hitlers Im Jänner 1933 begann ab 1935 die intensive Aufrüstung der deutschen Streitkräfte. Um dem Wildwuchs der Typenvielfalt im Fuhrpark Herr zu werden, startete ein Programm zur Vereinheitlichung des Fahrzeugbestands, eingeteilt in drei Klassen: leichter, mittlerer und schwerer geländegängiger Personenkraftwagen. Die Vorgabe für alle drei Typen war eine größtmögliche Geländegängigkeit mit Allradantrieb und Einzelradaufhängung und bisweilen sogar Allrad-Lenkung. Als verantwortlich für Entwurf und Konstruktion zeichnete sich das Heereswaffenamt aus, in Zusammenarbeit mit verschiedenen Herstellern, an die anschließend die Aufträge zum Fahrzeugbau entsprechend ihrer Kapazitäten vergeben wurden.

Federführung bei der Entwicklung des Fahrgestells des leichten geländegängigen PKWs waren die Stoewer-Werke in Stettin. Gebaut wurde der kleinste Einheits-PKW allerdings auch von BMW in Eisenach und von Hanomag in Hannover, die die Fahrgestelle mit ihren jeweils eigenen Antriebssträngen ausstatteten. Bei Hanomag und Stoewer waren das jeweiles Vierzylinder mit zwei Litern Hubraum, bei BMW ein Sechszylinder von gleicher Kubatur. Die Leistung war bei allen dreien mit rund 50 PS ident, lediglich Stoewer verbaute alternativ auch einen kleineren Motor mit 1,8 Litern Hubraum und 42 PS. Zum Eiensatz kam ein Fünf-Gang-Getriebe von ZF mit Gelände-Vorgelege. Innerhalb der Fahrzeugklasse unterschied man die leichten Einheits-PKWs außerdem durch ihre Aufbauten, etwa als Personenkraftwagen (Kfz. 1), Funkkraftwagen (Kfz. 2), Meßtruppkraftwagen (Kfz. 3) oder Truppenluftschutzkraftwagen mit Zwillings-MG (Kfz. 4). Die Aufbauten lieferte dabei zum größten Teil das Karosseriewerk Ambi Budd in Berlin.

Die aufwendige Konstruktion offenbarte schon allzubald etliche Schwach-stellen. Die Wagen waren fehleranfällig, reparaturunfreundlich und vor allem viel zu schwer. Die Konstruktion wurde daraufhin grundlegend überarbeitet zum „Einheitsfahrgestell für leichten PKW Typ 40“, der etwa auf die kapriziöse Allradlenkung verzichtete. Bei BMW und Hanomag neigten sich die Kapazitäten nach Kriegsausbruch alsbald dem Ende zu und der Typ 40 wurde alleinig bei Stoewer bis 1943 weiter gebaut. Da war bereits längst ein Ersatz für den leichten Einheits-PKW gefunden. Der stammte aus der Feder von Ferdinand Porsche, hieß Typ 82 Kübelwagen, wog weniger als die Hälfte und konnte alles besser.

Insgesamt sollen von allen drei Herstellern etwa 17.500 leichte Einheits-PKWs gebaut worden sein, wobei diese Zahlen durchaus mit Vorsicht zu genießen sind. Das Gros der Produktion entfiel sicherlich auf Stoewer. Von BMW sollen gut 3.200, von Hanomag nur 1.700 Stück gebaut worden sein.

Dieser leichte Einheits-PKW ist einer der raren, bei Hanomag gebauten, Typ 20B. Wie viele und ob überhaupt ein Zweiter bis heute überlebt haben, ist nicht bekannt. Dieser Zeitzeuge existiert heute noch, weil ihm offenbar durch eine glückliche Fügung der Kriegseinsatz erspart geblieben war. Er war als Feuerwehrfahrzeug bestimmt und wurde 1940, wie eine Plakette an seiner rechten Seite zeigt, dahingehend bei Karmann in Osnabrück umgebaut. In einem Brief bestätigt Karmann, dass man zwischen 1940 und 1943 insgesamt 326 Katastrophenschutzfahrzeuge gebaut hatte und das dieser Einheits-PKW einer davon sein könnte. Der Aufbau blieb bis zur B-Säule mit Ausnahme der Windschutzscheibe ident, dahinter wurde auf die hinteren Türen verzichtet um eine breitere Holzsitzbank zu verbauen, hinter der wiederum ein Kastenaufbau für die Pumpe saß und darauf Rollen für Schläuche.

Während über den Verbleib des Hanomags in den Kriegsjahren nichts bekannt ist, weiß man, dass er am 15. Oktober 1946 auf die Gebrüder Böhler A.G. in Kapfenberg mit dem Kennzeichen St. 5.422 als Werksfeuerwehr für deren dortiges Stahlwerk zugelassen wurde. Im vorliegenden Auszug aus der Zulassungskartei wird sogar auf ein früheres Kennzeichen St. 34.826 verwiesen und angeführt, dass der Wagen 1940 bei der Stoever-Vertretung (sic!) erworben worden wäre. Ein altes Schwarz-Weiß-Foto zeigt den Hanomag mit besagtem Kennzeichen an seiner alten Wirkungsstätte mitsamt eines dazu passenden Anhängers. Beide waren damals wohl wie alle Feuerwehren dunkelgrün lackiert.

1965 wurde der Feuerwehr-Wagen mitsamt Hänger der Caro-Metallwerke A.G. im niederösterreichischen Enzesfelden, einer Tochter der Böhler-Werke geschenkt. 1972 wurde er schließlich aus dem Bestand ausgeschieden und in einer alten Werkshalle abgestellt. 1978 gelangte der Hanomag in den Besitz eines Mitarbeiters, der sich mit seiner Pensionierung Mitte der 1990er Jahre eigenhändig an die Restaurierung machte. Über mehrere Jahre hinweg wurde der Hanomag in liebevoller Arbeit wieder zum Leben erweckt, was bei einer solchen Rarität alles andere als eine leichte Übung war, vieles an Recherche und manches an Improvisation bedurfte. Doch das Kunststück gelang, alle seine wesentlichen Bauteile konnten erhalten und wieder zum Laufen gebracht werden. 2012 nahm der Hanomag zuletzt an einer Parade historischer Feuerwehrfahrzeuge teil.

Weil ihm sein Besitzer nur um drei Jahre nachsteht, wird dieses außergewöhnliche Fahrzeug, dessen letztliche Bestimmung seinem ursprünglich angedachten Zweck diametral entgegen steht, nun in neue Hände abgegeben. Nach einigen Jahren der Standzeit wird die Mechanik etwas an Zuwendung brauchen, doch ist alles da, was rar und heute kaum noch zu bekommen ist. Dieser Hanomag ist ein Stück Zeitgeschichte, gedacht für den Krieg, eingesetzt um zu retten, und vermutlich einer der letzten seiner Art, wenn nicht gar der Allerletzte.

Chassis: LPI33111
Aufbau: 611/201
Papiere: Auszug aus der Zulassungskartei Bezirk Bruck/Mur in Kopie
Maschinen-Leistungskarte der Enzesfeld-Caro Metallwerke

02.07.2022 - 15:00

Erzielter Preis: **
EUR 46.000,-
Schätzwert:
EUR 25.000,- bis EUR 35.000,-

1940 Hanomag Typ 20B leichter geländegängiger Einheits-PKW


Einer der wenigen noch existierenden Einheits-PKW
Bei Karmann zum Feuerlöschwagen aufgebaut
Vielleicht der letzte auf Hanomag-Basis
Umfangreich dokumentiert

Der Fahrzeugbestand der deutschen Reichswehr während der Weimarer Republik war ein buntes Sammelbecken unterschiedlichster Serienfahrzeuge, die allesamt für den Militäreinsatz mehr oder weniger adaptiert worden waren. Nach der Machtübernahme Adolf Hitlers Im Jänner 1933 begann ab 1935 die intensive Aufrüstung der deutschen Streitkräfte. Um dem Wildwuchs der Typenvielfalt im Fuhrpark Herr zu werden, startete ein Programm zur Vereinheitlichung des Fahrzeugbestands, eingeteilt in drei Klassen: leichter, mittlerer und schwerer geländegängiger Personenkraftwagen. Die Vorgabe für alle drei Typen war eine größtmögliche Geländegängigkeit mit Allradantrieb und Einzelradaufhängung und bisweilen sogar Allrad-Lenkung. Als verantwortlich für Entwurf und Konstruktion zeichnete sich das Heereswaffenamt aus, in Zusammenarbeit mit verschiedenen Herstellern, an die anschließend die Aufträge zum Fahrzeugbau entsprechend ihrer Kapazitäten vergeben wurden.

Federführung bei der Entwicklung des Fahrgestells des leichten geländegängigen PKWs waren die Stoewer-Werke in Stettin. Gebaut wurde der kleinste Einheits-PKW allerdings auch von BMW in Eisenach und von Hanomag in Hannover, die die Fahrgestelle mit ihren jeweils eigenen Antriebssträngen ausstatteten. Bei Hanomag und Stoewer waren das jeweiles Vierzylinder mit zwei Litern Hubraum, bei BMW ein Sechszylinder von gleicher Kubatur. Die Leistung war bei allen dreien mit rund 50 PS ident, lediglich Stoewer verbaute alternativ auch einen kleineren Motor mit 1,8 Litern Hubraum und 42 PS. Zum Eiensatz kam ein Fünf-Gang-Getriebe von ZF mit Gelände-Vorgelege. Innerhalb der Fahrzeugklasse unterschied man die leichten Einheits-PKWs außerdem durch ihre Aufbauten, etwa als Personenkraftwagen (Kfz. 1), Funkkraftwagen (Kfz. 2), Meßtruppkraftwagen (Kfz. 3) oder Truppenluftschutzkraftwagen mit Zwillings-MG (Kfz. 4). Die Aufbauten lieferte dabei zum größten Teil das Karosseriewerk Ambi Budd in Berlin.

Die aufwendige Konstruktion offenbarte schon allzubald etliche Schwach-stellen. Die Wagen waren fehleranfällig, reparaturunfreundlich und vor allem viel zu schwer. Die Konstruktion wurde daraufhin grundlegend überarbeitet zum „Einheitsfahrgestell für leichten PKW Typ 40“, der etwa auf die kapriziöse Allradlenkung verzichtete. Bei BMW und Hanomag neigten sich die Kapazitäten nach Kriegsausbruch alsbald dem Ende zu und der Typ 40 wurde alleinig bei Stoewer bis 1943 weiter gebaut. Da war bereits längst ein Ersatz für den leichten Einheits-PKW gefunden. Der stammte aus der Feder von Ferdinand Porsche, hieß Typ 82 Kübelwagen, wog weniger als die Hälfte und konnte alles besser.

Insgesamt sollen von allen drei Herstellern etwa 17.500 leichte Einheits-PKWs gebaut worden sein, wobei diese Zahlen durchaus mit Vorsicht zu genießen sind. Das Gros der Produktion entfiel sicherlich auf Stoewer. Von BMW sollen gut 3.200, von Hanomag nur 1.700 Stück gebaut worden sein.

Dieser leichte Einheits-PKW ist einer der raren, bei Hanomag gebauten, Typ 20B. Wie viele und ob überhaupt ein Zweiter bis heute überlebt haben, ist nicht bekannt. Dieser Zeitzeuge existiert heute noch, weil ihm offenbar durch eine glückliche Fügung der Kriegseinsatz erspart geblieben war. Er war als Feuerwehrfahrzeug bestimmt und wurde 1940, wie eine Plakette an seiner rechten Seite zeigt, dahingehend bei Karmann in Osnabrück umgebaut. In einem Brief bestätigt Karmann, dass man zwischen 1940 und 1943 insgesamt 326 Katastrophenschutzfahrzeuge gebaut hatte und das dieser Einheits-PKW einer davon sein könnte. Der Aufbau blieb bis zur B-Säule mit Ausnahme der Windschutzscheibe ident, dahinter wurde auf die hinteren Türen verzichtet um eine breitere Holzsitzbank zu verbauen, hinter der wiederum ein Kastenaufbau für die Pumpe saß und darauf Rollen für Schläuche.

Während über den Verbleib des Hanomags in den Kriegsjahren nichts bekannt ist, weiß man, dass er am 15. Oktober 1946 auf die Gebrüder Böhler A.G. in Kapfenberg mit dem Kennzeichen St. 5.422 als Werksfeuerwehr für deren dortiges Stahlwerk zugelassen wurde. Im vorliegenden Auszug aus der Zulassungskartei wird sogar auf ein früheres Kennzeichen St. 34.826 verwiesen und angeführt, dass der Wagen 1940 bei der Stoever-Vertretung (sic!) erworben worden wäre. Ein altes Schwarz-Weiß-Foto zeigt den Hanomag mit besagtem Kennzeichen an seiner alten Wirkungsstätte mitsamt eines dazu passenden Anhängers. Beide waren damals wohl wie alle Feuerwehren dunkelgrün lackiert.

1965 wurde der Feuerwehr-Wagen mitsamt Hänger der Caro-Metallwerke A.G. im niederösterreichischen Enzesfelden, einer Tochter der Böhler-Werke geschenkt. 1972 wurde er schließlich aus dem Bestand ausgeschieden und in einer alten Werkshalle abgestellt. 1978 gelangte der Hanomag in den Besitz eines Mitarbeiters, der sich mit seiner Pensionierung Mitte der 1990er Jahre eigenhändig an die Restaurierung machte. Über mehrere Jahre hinweg wurde der Hanomag in liebevoller Arbeit wieder zum Leben erweckt, was bei einer solchen Rarität alles andere als eine leichte Übung war, vieles an Recherche und manches an Improvisation bedurfte. Doch das Kunststück gelang, alle seine wesentlichen Bauteile konnten erhalten und wieder zum Laufen gebracht werden. 2012 nahm der Hanomag zuletzt an einer Parade historischer Feuerwehrfahrzeuge teil.

Weil ihm sein Besitzer nur um drei Jahre nachsteht, wird dieses außergewöhnliche Fahrzeug, dessen letztliche Bestimmung seinem ursprünglich angedachten Zweck diametral entgegen steht, nun in neue Hände abgegeben. Nach einigen Jahren der Standzeit wird die Mechanik etwas an Zuwendung brauchen, doch ist alles da, was rar und heute kaum noch zu bekommen ist. Dieser Hanomag ist ein Stück Zeitgeschichte, gedacht für den Krieg, eingesetzt um zu retten, und vermutlich einer der letzten seiner Art, wenn nicht gar der Allerletzte.

Chassis: LPI33111
Aufbau: 611/201
Papiere: Auszug aus der Zulassungskartei Bezirk Bruck/Mur in Kopie
Maschinen-Leistungskarte der Enzesfeld-Caro Metallwerke


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 16.00
oldtimer@dorotheum.at

+43 1 515 60 428
Auktion: Klassische Fahrzeuge
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 02.07.2022 - 15:00
Auktionsort: Vösendorf
Besichtigung: 30.06. – 02.07.2022


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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