Lot Nr. 58 V


1939 Steyr 220 Kabriolett


1939 Steyr 220 Kabriolett - Klassische Fahrzeuge

Weitgereistes Steyr Kabriolett
Kürzlich mechanisch serviciert
Ältere Restaurierung

www.youtube.com/watch



Als nach nicht einmal einjährigem Porsche Interregnum Karl Jenschke 1930 zum Chefkonstrukteur aufstieg, sah es düster aus in Steyr. Ganze 12, in Worten zwölf, Automobile baute man in jenem schwarzen Jahr, nachdem die New Yorker Börse im Oktober davor die Welt in die Depression gestürzt hatte. Die Hälfte der Belegschaft war entlassen und die Steyr-Werke wurden mit Austro Daimler in eine Zwangshochzeit gezwungen, weil die eine Hausbank, die Bodencreditanstalt, von der anderen, der Creditanstalt, auf Geheiß der Regierung geschluckt werden musste. Erst 1931 lief die Produktion zaghaft wieder an, während sich im Werk die Steyr türmten, die man nicht mehr hatte verkaufen können. Jenschke war nicht zu beneiden, musste doch gleichzeitig auch die Entwicklung weiter gehen. Aus dem XXX wurde der 30 S, mit fünf Pferdestärken mehr an Leistung und einem vierten Schnell-Gang im Getriebe. Noch 1932 konnte man bereits den 430 bestellen, der sich mechanisch nicht von seinem Vorgänger unterschied, aber optisch einen zarten Ausblick in die Zukunft gewährte. Die Ecken und Kanten waren merklich runder geworden, ein Vorgeschmack dessen, was bald kommen sollte.

Ab Mitte der 1930er Jahre war im Automobilbau die Stromlinie angesagt. Die Aerodynamik hatte begonnen die Form vorzugeben und was bislang eckig und kantig war, musste nun ausladend fließen. Auch die Steyr-Werke hatte dieses Lüftchen von einem Aufschwung erfasst und Karl Jenschke präsentierte 1934 seine Interpretation davon. Die war freilich nicht ganz so dramatisch wie so manch flamboyanter Auswuchs französischen Karosseriekunsthandwerks, dafür gab es gleich zwei neue Modelle, den 100 und den 120 Super. Ersterer war ein neues Einstiegsmodell mit seitengesteuertem Vierzylindermotor, der vor allem erschwinglich sein sollte. Im 120 Super arbeitete wieder der bekannte Sechszylinder, mit etwas weniger Hub auf knapp unter zwei Liter reduziert, gleichzeitig sorgten aber ein Querstromkopf und zwei Pallas-Vergaser für satte 50 PS. Gemeinsam mit dem geringeren Luftwiderstand machte ihn das ganze 20 km/h schneller als seinen Vorgänger. Die Höchstgeschwindigkeit wurde dann gleich stolz zum Modellnamen stilisiert. Beide Modelle hatten vorne wie hinten einzeln aufgehängte Räder und auch ihre verwindungssteifen Plattformrahmen trugen zu bester Straßenlage und Fahrverhalten bei. Für den Sechszylinder wurde beim Super der Vorbau verlängert, was dem Wagen zu einer viel gestreckteren, eleganten Erscheinung verhalf. Schon 1937 folgte mit dem 220 ein in jeder Hinsicht etwas gewachsener Nachfolger: größerer Motor, breitere Spur, zwei Armaturen, doch die Erscheinung blieb weitgehend gleich.

Mit einer größeren Bohrung von 73 mm stieg der Hubraum auf 2.260 ccm und die Leistung auf 55 PS. Damit war der Steyr 220 in seiner Zeit ausgesprochen souverän motorisiert, auf gleichem Niveau wie etwa BMWs 327. Als Aufbauten gab es neben dem Innenlenker, der ganz modern ohne B-Säule auskam, natürlich auch verschiedene Kabrioletts im Programm. Das Zwei-Fenster-Modell wurde dabei im Werk gebaut, die Fertigung des Vier-Fenster-Kabrioletts vergab man hingegen nach Dresden an die Karosseriefabrik Gläser. Dort entstanden auch ein paar schnitte Sport-Zweisitzer, die den Kunstwerken aus den französischen Manufakturen absolut ebenbürtig waren. Vom 220 entstanden bis 1941 exakt 5.900 Stück, ehe die Produktion auf Kriegsgerät umgestellt wurde. Damit endete die Geschichte des Automobilbaus in Steyr, für immer.

Dieses Steyr 220 S ist schon weit gereist, ist es doch aus den Vereinigten Staaten über den Atlantik zurück nach Europa gekehrt. Wie es das Kabriolett dorthin verschlagen hat, ist nicht bekannt, bietet aber genug Anlass zur Recherche für den neuen Besitzer, genauso wie einige Details, die sich von den hierzulande überlebenden Artgenossen unterscheiden, wie etwa die rechteckigen Jäger-Instrumente, die sicherlich aus der richtigen Zeit stammen. Der 220er wurde augenscheinlich vor bereits einiger Zeit restauriert, zeigt aber nur wenig Gebrauchsspuren, was wohl von überschaubarer Verwendung zeugt. Das zeigte sich auch, als das Kabriolett beim Einbringer ankam, denn so manches musste erst wieder gangbar gemacht werden. Für den Liebhaber von Vorkriegsfahrzeugen war das allerdings keine Herausforderung, wenngleich er betont, dass es da und dort sicherlich noch Potenzial zur Verbesserung gibt. Die erste Ausfahrt wurde sodann gleich auf Film festgehalten und ist in unserem Online-Katalog zu sehen.

Der Steyr 220 ist ein Zeugnis davon, warum aller Widrigkeiten zum Trotz Automobile aus Österreich damals von Weltruf waren. So ist auch dieses Kabriolett ein seltenes Stück dieser Geschichte, das nun neuen Händen anvertraut wird.

Chassis: CC3338S
Motor: CC3479S
Papiere Tschechische Fahrzeugpapiere (historisch)

15.10.2022 - 16:00

Schätzwert:
EUR 80.000,- bis EUR 110.000,-

1939 Steyr 220 Kabriolett


Weitgereistes Steyr Kabriolett
Kürzlich mechanisch serviciert
Ältere Restaurierung

www.youtube.com/watch



Als nach nicht einmal einjährigem Porsche Interregnum Karl Jenschke 1930 zum Chefkonstrukteur aufstieg, sah es düster aus in Steyr. Ganze 12, in Worten zwölf, Automobile baute man in jenem schwarzen Jahr, nachdem die New Yorker Börse im Oktober davor die Welt in die Depression gestürzt hatte. Die Hälfte der Belegschaft war entlassen und die Steyr-Werke wurden mit Austro Daimler in eine Zwangshochzeit gezwungen, weil die eine Hausbank, die Bodencreditanstalt, von der anderen, der Creditanstalt, auf Geheiß der Regierung geschluckt werden musste. Erst 1931 lief die Produktion zaghaft wieder an, während sich im Werk die Steyr türmten, die man nicht mehr hatte verkaufen können. Jenschke war nicht zu beneiden, musste doch gleichzeitig auch die Entwicklung weiter gehen. Aus dem XXX wurde der 30 S, mit fünf Pferdestärken mehr an Leistung und einem vierten Schnell-Gang im Getriebe. Noch 1932 konnte man bereits den 430 bestellen, der sich mechanisch nicht von seinem Vorgänger unterschied, aber optisch einen zarten Ausblick in die Zukunft gewährte. Die Ecken und Kanten waren merklich runder geworden, ein Vorgeschmack dessen, was bald kommen sollte.

Ab Mitte der 1930er Jahre war im Automobilbau die Stromlinie angesagt. Die Aerodynamik hatte begonnen die Form vorzugeben und was bislang eckig und kantig war, musste nun ausladend fließen. Auch die Steyr-Werke hatte dieses Lüftchen von einem Aufschwung erfasst und Karl Jenschke präsentierte 1934 seine Interpretation davon. Die war freilich nicht ganz so dramatisch wie so manch flamboyanter Auswuchs französischen Karosseriekunsthandwerks, dafür gab es gleich zwei neue Modelle, den 100 und den 120 Super. Ersterer war ein neues Einstiegsmodell mit seitengesteuertem Vierzylindermotor, der vor allem erschwinglich sein sollte. Im 120 Super arbeitete wieder der bekannte Sechszylinder, mit etwas weniger Hub auf knapp unter zwei Liter reduziert, gleichzeitig sorgten aber ein Querstromkopf und zwei Pallas-Vergaser für satte 50 PS. Gemeinsam mit dem geringeren Luftwiderstand machte ihn das ganze 20 km/h schneller als seinen Vorgänger. Die Höchstgeschwindigkeit wurde dann gleich stolz zum Modellnamen stilisiert. Beide Modelle hatten vorne wie hinten einzeln aufgehängte Räder und auch ihre verwindungssteifen Plattformrahmen trugen zu bester Straßenlage und Fahrverhalten bei. Für den Sechszylinder wurde beim Super der Vorbau verlängert, was dem Wagen zu einer viel gestreckteren, eleganten Erscheinung verhalf. Schon 1937 folgte mit dem 220 ein in jeder Hinsicht etwas gewachsener Nachfolger: größerer Motor, breitere Spur, zwei Armaturen, doch die Erscheinung blieb weitgehend gleich.

Mit einer größeren Bohrung von 73 mm stieg der Hubraum auf 2.260 ccm und die Leistung auf 55 PS. Damit war der Steyr 220 in seiner Zeit ausgesprochen souverän motorisiert, auf gleichem Niveau wie etwa BMWs 327. Als Aufbauten gab es neben dem Innenlenker, der ganz modern ohne B-Säule auskam, natürlich auch verschiedene Kabrioletts im Programm. Das Zwei-Fenster-Modell wurde dabei im Werk gebaut, die Fertigung des Vier-Fenster-Kabrioletts vergab man hingegen nach Dresden an die Karosseriefabrik Gläser. Dort entstanden auch ein paar schnitte Sport-Zweisitzer, die den Kunstwerken aus den französischen Manufakturen absolut ebenbürtig waren. Vom 220 entstanden bis 1941 exakt 5.900 Stück, ehe die Produktion auf Kriegsgerät umgestellt wurde. Damit endete die Geschichte des Automobilbaus in Steyr, für immer.

Dieses Steyr 220 S ist schon weit gereist, ist es doch aus den Vereinigten Staaten über den Atlantik zurück nach Europa gekehrt. Wie es das Kabriolett dorthin verschlagen hat, ist nicht bekannt, bietet aber genug Anlass zur Recherche für den neuen Besitzer, genauso wie einige Details, die sich von den hierzulande überlebenden Artgenossen unterscheiden, wie etwa die rechteckigen Jäger-Instrumente, die sicherlich aus der richtigen Zeit stammen. Der 220er wurde augenscheinlich vor bereits einiger Zeit restauriert, zeigt aber nur wenig Gebrauchsspuren, was wohl von überschaubarer Verwendung zeugt. Das zeigte sich auch, als das Kabriolett beim Einbringer ankam, denn so manches musste erst wieder gangbar gemacht werden. Für den Liebhaber von Vorkriegsfahrzeugen war das allerdings keine Herausforderung, wenngleich er betont, dass es da und dort sicherlich noch Potenzial zur Verbesserung gibt. Die erste Ausfahrt wurde sodann gleich auf Film festgehalten und ist in unserem Online-Katalog zu sehen.

Der Steyr 220 ist ein Zeugnis davon, warum aller Widrigkeiten zum Trotz Automobile aus Österreich damals von Weltruf waren. So ist auch dieses Kabriolett ein seltenes Stück dieser Geschichte, das nun neuen Händen anvertraut wird.

Chassis: CC3338S
Motor: CC3479S
Papiere Tschechische Fahrzeugpapiere (historisch)

Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 16.00
oldtimer@dorotheum.at

+43 1 515 60 428
Auktion: Klassische Fahrzeuge
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 15.10.2022 - 16:00
Auktionsort: Messezentrum Salzburg
Besichtigung: 14.10. - 15.10.2022