(Neapel 1634–1705)
Raub der Proserpina,
Öl auf Leinwand, 130 x 180 cm, gerahmt

Provenienz:
vermutlich Casa Ranuzzi, Bologna, 1769;
europäischer Adelsbesitz, spätestens seit Ende des 18. Jahrhunderts

Ausgestellt:
London, Robilant+Voena, The Gentileschi Effect, 30. November 2018 – 15. Februar 2019 (als Luca Giordano)

Literatur:
vermutlich M. Oretti, Le pitture che si vedono nelle case e Palazzi de Nobili della città di Bologna, 1769, S. 75

Wir danken Nicola Spinosa, der die Zuschreibung nach Prüfung des vorliegenden Gemäldes im Original bestätigt hat. Ebenso danken wir Giuseppe Scavizzi, der die Zuschreibung unabhängig davon auf Grundlage einer Fotografie bestätigt hat.

Das vorliegende Gemälde wurde um 1688–1690 datiert und ist somit ein Werk aus Luca Giordanos Reifezeit. 1769 erwähnt Marcello Oretti Gemälde Luca Giordanos in der Casa Ranuzzi, darunter eines mit einer Darstellung des Raubes der Proserpina (siehe Literatur).

Das Thema ist Ovids Metamorphosen (V, 341–437) entnommen. Es stellt eine Szene dar, die Luca Giordano bereits in den Deckenfresken der Galerie im Palazzo Medici Riccardi in Florenz (1683–1685) umgesetzt hatte; später kehrte er zu diesem Sujet auch in einem auf Leinwand gemalten Bild (136 x 155 cm) zurück, das sich heute in der Casita del Príncipe in San Lorenzo de El Escorial befindet. Dieses war Teil eines Zyklus von Leinwandgemälden mit mythologischen Themen, der zwischen 1687 und 1689 für den Palacio del Buen Retiro in Madrid entstand und der sich heute auf die Casita und mehrere diplomatische Vertretungen Spaniens aufteilt. Die Gruppe von Poseidon und Proserpina gleicht beinahe vollkommen jener des vorliegenden Gemäldes, während sich der goldene Wagen, auf dem die Gottheiten fahren, unterscheidet: Im Gemälde der Casita fährt er über das Meer, während er hier von zwei Pferden durch die Wolken des Himmels gezogen wird.

Luca Giordano beherrschte das neapolitanische Kunstschaffen der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Er erhielt seine Ausbildung in Neapel, wo er die Werke Riberas und Lanfrancos studierte. Auf seinen Reisen durch Italien in den Norden geriet er unter den Einfluss Pietro da Cortonas, von dem er eine hellere Farbigkeit und freiere Pinselführung übernahm. Seiner fruchtbaren und flotten Arbeitsweise verdankt er den Beinamen „Fa presto“. Abgesehen von seiner Heimatstadt Neapel war er auch in Florenz und Venedig tätig, wo er insbesondere Veronese studierte und zwei wichtige Altarbilder für Santa Maria della Salute schuf. Von 1692 bis 1702 weilte Luca Giordano in Madrid, wo er als Hofmaler des spanischen Königshauses zu Berühmtheit gelangte. Die großen Ausstattungsprojekte, die er dort für Karl II. umsetzte, spielten eine maßgebliche Rolle bei der Weiterentwicklung der spanischen Malerei. Luca Giordanos bewegte Kompositionen und raffinierte Umsetzung szenischer Effekte sind Hauptmerkmale des Barocks und bereiteten der neapolitanischen Malerei des 18. Jahrhunderts die Bühne.