Lot Nr. 10


Albrecht Dürer


Albrecht Dürer - Meisterzeichnungen und Druckgraphik bis 1900

(Nürnberg 1471-1528)
Hl. Hieronymus im Gehäuse, 1514, Kupferstich auf Bütten, in der Platte monogrammiert und datiert AD 1514, 24,5 x 18,6 cm, bis knapp innerhalb der Plattenkante geschnitten, Bartsch 60, Meder 59 b-c (von f), Passep., gerahmt, (Sch)

Provenienz:
Privatsammlung, Italien.

Ganz hervorragender, klarer und gleichmäßiger Abdruck Meder 59 b-c, vor dem gebogenen Kratzer und der Vertikalen in der Kästchentüre, auf Bütten ohne Wasserzeichen. In ausgezeichnetem Erhaltungszustand.

Der vorliegende Kupferstich mit der Darstellung des „Hl. Hieronymus“ zählt gemeinsam mit den Blättern „Ritter, Tod und Teufel“ (1513) und „Melencolia I“ (1514) zu den sogenannten Meisterstichen in Dürers graphischem Oeuvre, die aufgrund ihrer haptischen Qualität, ihrer Stofflichkeit und ihrem Reichtum an Tonwerten zu den bekanntesten des Künstlers zählen. Obwohl Dürer die drei Blätter in seinen Tagebucheintragungen nie zusammen erwähnte und es keine Beweise gibt, dass sie als Triptychon oder als Folge konzipiert wurden, sind sie doch aufgrund des gleichen Formats, der technischen Virtuosität und der Konzentration auf eine einzelne Figur in einem symbolischen Umfeld in einem geistigen Sinn miteinander verbunden. Es bestehen verschiedene Hypothesen über den symbolischen Zusammenhang der drei Blätter, etwa dass es sich dabei um eine inkomplette Folge der „Vier Temperamente“ oder eine Darstellung der „Drei Tugenden“ (intellectuales, morales, et theologicales) handeln könnte. Der Hl. Hieronymus würde demzufolge die vita contemplativa darstellen, während „Ritter, Tod und Teufel“ für die vita activa stehe, die „Melencolia I“ wiederum stelle eine Antithese zum Hl. Hieronymus dar.
Die Bedeutung der perspektivischen Konstruktion der Gelehrtenstube und ihre optische Verzerrung wurden auch vielfach gedeutet. Das Kruzifix auf dem Tisch befindet sich in einer Blickachse mit dem Heiligen und dem Totenkopf, dem Symbol der Vergänglichkeit, und damit werden diese zwei Gegenstände, die für Tod und Auferstehung stehen, miteinander in Verbindung gebracht. Eine abgebrannte Kerze auf dem Regal deutet auf das Lebensende hin, ebenso die Sanduhr, die an die verrinnende Zeit mahnt. Im Vordergrund des Bildes befinden sich ein Löwe, traditionell ein Bestandteil der Ikonographie des Hieronymus, und ein schlafender Hund, die beide in den durch die „Legenda aurea“ überlieferten Geschichten von Hieronymus erwähnt werden. Der von der Decke herabhängende Kürbis bezieht sich auf einen theologischen Disput mit dem hl. Augustinus betreffend die korrekte Übersetzung des hebräischen Wortes „kikayon“ (Jona 4:6), wo sie sich nicht einig darüber sind, welche Pflanze, Kürbis oder Efeu damit gemeint ist.

Expertin: Mag. Astrid-Christina Schierz Mag. Astrid-Christina Schierz
+43-1-515 60-546

astrid.schierz@dorotheum.at

04.04.2023 - 13:05

Erzielter Preis: **
EUR 65.000,-
Schätzwert:
EUR 25.000,- bis EUR 30.000,-
Startpreis:
EUR 23.000,-

Albrecht Dürer


(Nürnberg 1471-1528)
Hl. Hieronymus im Gehäuse, 1514, Kupferstich auf Bütten, in der Platte monogrammiert und datiert AD 1514, 24,5 x 18,6 cm, bis knapp innerhalb der Plattenkante geschnitten, Bartsch 60, Meder 59 b-c (von f), Passep., gerahmt, (Sch)

Provenienz:
Privatsammlung, Italien.

Ganz hervorragender, klarer und gleichmäßiger Abdruck Meder 59 b-c, vor dem gebogenen Kratzer und der Vertikalen in der Kästchentüre, auf Bütten ohne Wasserzeichen. In ausgezeichnetem Erhaltungszustand.

Der vorliegende Kupferstich mit der Darstellung des „Hl. Hieronymus“ zählt gemeinsam mit den Blättern „Ritter, Tod und Teufel“ (1513) und „Melencolia I“ (1514) zu den sogenannten Meisterstichen in Dürers graphischem Oeuvre, die aufgrund ihrer haptischen Qualität, ihrer Stofflichkeit und ihrem Reichtum an Tonwerten zu den bekanntesten des Künstlers zählen. Obwohl Dürer die drei Blätter in seinen Tagebucheintragungen nie zusammen erwähnte und es keine Beweise gibt, dass sie als Triptychon oder als Folge konzipiert wurden, sind sie doch aufgrund des gleichen Formats, der technischen Virtuosität und der Konzentration auf eine einzelne Figur in einem symbolischen Umfeld in einem geistigen Sinn miteinander verbunden. Es bestehen verschiedene Hypothesen über den symbolischen Zusammenhang der drei Blätter, etwa dass es sich dabei um eine inkomplette Folge der „Vier Temperamente“ oder eine Darstellung der „Drei Tugenden“ (intellectuales, morales, et theologicales) handeln könnte. Der Hl. Hieronymus würde demzufolge die vita contemplativa darstellen, während „Ritter, Tod und Teufel“ für die vita activa stehe, die „Melencolia I“ wiederum stelle eine Antithese zum Hl. Hieronymus dar.
Die Bedeutung der perspektivischen Konstruktion der Gelehrtenstube und ihre optische Verzerrung wurden auch vielfach gedeutet. Das Kruzifix auf dem Tisch befindet sich in einer Blickachse mit dem Heiligen und dem Totenkopf, dem Symbol der Vergänglichkeit, und damit werden diese zwei Gegenstände, die für Tod und Auferstehung stehen, miteinander in Verbindung gebracht. Eine abgebrannte Kerze auf dem Regal deutet auf das Lebensende hin, ebenso die Sanduhr, die an die verrinnende Zeit mahnt. Im Vordergrund des Bildes befinden sich ein Löwe, traditionell ein Bestandteil der Ikonographie des Hieronymus, und ein schlafender Hund, die beide in den durch die „Legenda aurea“ überlieferten Geschichten von Hieronymus erwähnt werden. Der von der Decke herabhängende Kürbis bezieht sich auf einen theologischen Disput mit dem hl. Augustinus betreffend die korrekte Übersetzung des hebräischen Wortes „kikayon“ (Jona 4:6), wo sie sich nicht einig darüber sind, welche Pflanze, Kürbis oder Efeu damit gemeint ist.

Expertin: Mag. Astrid-Christina Schierz Mag. Astrid-Christina Schierz
+43-1-515 60-546

astrid.schierz@dorotheum.at


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Meisterzeichnungen und Druckgraphik bis 1900
Auktionstyp: Online Auction
Datum: 04.04.2023 - 13:05
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 29.03. - 04.04.2023


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.