Lot Nr. 37


Hendrick ter Brugghen


Hendrick ter Brugghen - Alte Meister

(Den Haag 1588–1629 Utrecht)
Ein Lautenspieler,
Öl auf Leinwand, 76 x 63,5 cm, gerahmt

Provenienz:
vermutlich Auktion, Sotheby’s, London, 7. Dezember 1927, Lot 25 (als Van Honthorst, verkauft an Mori);
Henri Albert Vermunt (1891–1969), Hamburg und Rottach-Egern am Tegernsee, erworben zwischen 1927 und 1954;
im Erbgang an den jetzigen Besitzer

Ausgestellt:
Utrecht, Centraal Museum, Utrecht, Caravaggio and Europe, 15. Dezember 2018 – 24. März 2019

Literatur:
B. Nicolson, Hendrick Terbrugghen, London 1958, S. 96, unter Kat.-Nr. A66;
Staatsgalerie Stuttgart, Katalog der Staatsgalerie Stuttgart: Alte Meister, Stuttgart 1962, S. 216;
A. Blankert, L. J. Slatkes, Holländische Malerei im neuen Licht. Hendrick ter Burgghen und seine Zeitgenossen, Ausstellungskatalog, Braunschweig 1986, S. 24, Erwähnung unter Kat.-Nr. 24, Nr. 2 (als weitere Fassung); B. Nicolson, The International Caravaggesque Movement: Lists of Pictures by Caravaggio and His Followers throughout Europe from 1590 to 1650, Oxford 1979, S. 99f. (als Kopie, Nr. 2);
B. Nicolson, Caravaggism in Europe, überarbeitete Auflage in 3 Bänden, hrsg. von L. Vertova, Turin 1989, Bd. 1, S. 193, unter Kat.-Nr. 1147;
L. J. Slatkes, W. Franits, The Paintings of Hendrick ter Brugghen 1588–1629: Catalogue Raisonné, Amsterdam/Philadelphia 2007, S. 195, Kat.-Nr. R101, (als Kopie, unbekannter Aufbewahrungsort)

Wir danken Wayne Franits, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes an Hendrick ter Brugghen nach Prüfung des Bildes im Original bestätigt hat. Er datiert es um 1626. Sein Gutachten vom 21. Juni 2022 liegt vor.

Der vorliegende Lautenspieler ist eine bedeutende Ergänzung zum Werk ter Brugghens und wird von Franits als das vorzüglichste von drei existierenden eigenhändigen Versionen der Komposition angesehen. Die beinahe lebensgroße Nahaufnahme verleiht dem Werk Realismus und Unmittelbarkeit, die durch die dramatische Lichteffekte weiter belebt werden und den rötlichen Teint des Musikers unterstreichen sowie auf den unterschiedlichen Tönen des Inkarnats der Fingerspitzen zu tanzen scheinen, die an der sorgfältig modellierten Laute zupfen. Das in Utrecht ausgeführte Bild entstand zeitgleich mit einem von ter Brugghens bedeutendsten Gemälden mit dem Titel Das Konzert, das ebenfalls um 1626 gemalt wurde und sich heute in der National Gallery in London befindet (Inv.-Nr. NG6483). Beide Gemälde verströmen den Einfluss verwandter Arbeiten Caravaggios aus seiner römischen Zeit, etwa Die Musiker im Metropolitan Museum in New York (Inv.-Nr. 52.81). Die versteckten Anspielungen dieser der Musik gewidmeten Darstellungen, darunter auch Arbeiten von ter Brugghens Zeitgenossen, den Utrechter Caravaggisti Dirck van Baburen (1596–1624) und Gerrit van Honthorst (1592–1656), sind nach wie vor Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion. Den Künstlern gemeinsam waren prägende Aufenthalte in Roms Rotlichtviertel um Santa Maria del Popolo, wo sie den Einfluss von Caravaggios späten Meisterwerken in der Pfarrkirche und den Werken seiner im Viertel wohnhaften italienischen und nordeuropäischen Nachfolger aufsaugten.

In den Niederlanden bezeichnete der vulgärsprachliche Ausdruck „Luit“ das weibliche Genital und die Laute galt in der Kunst üblicherweise als Attribut von Kurtisanen. Die mit einer Feder besetzte Haube rief eine ähnliche Assoziation wach, wie dies auch in einem 1614 verfassten Gedicht von Roemer Visscher über die Zügellosigkeit von Männern, die „triumphierend Amors Federhut auf ihre lüsternen Häupter setzen“, anklingt. Das vorliegende Gemälde verströmt eine umwerfende Lebendigkeit, und man mag sich fragen, zu wem der Lautenspieler aufblickt, dessen Mund zum Gesang geöffnet ist und dessen Feder verführerisch von seiner Kopfbedeckung herabwinkt.

Franits weist zudem auf die „schillernden Gewänder“ hin: ein Beispiel dafür ist das schimmernde blaue Seidenwams es vorliegenden Gemäldes. Es kann laut Franits nicht mit zeitgenössischer Bekleidung in Verbindung gebracht werden, aber möglicherweise mit der burgundischen Kleidung der Mitglieder von Rhetorikkammern, den sogenannten Rederijkers, die als Laienversammlungen bekannt waren, wo Dramen vortragen wurden. Laut Franits diente die Kleidung ungeachtet der ikonografischen oder stilistischen Wurzeln dieser Mode vermutlich als Mittel der Distanzierung des Betrachters, der sich mit den bezwingenden Inhalten der Künstler befasste.

Ter Brugghen wurde lange als einer der bedeutendsten Vertreter der holländischen Gouden Eeuw, des Goldenen Zeitalters, angesehen. Der in Utrecht bei Abraham Bloemaert (1566–1651) ausgebildete Künstler hielt sich wahrscheinlich spätestens 1608 in Rom auf und war ein Mitglied der Bentvueghels, bevor er 1614 in die Niederlande zurückkehrte. Diese bacchantische Gemeinschaft in der Ewigen Stadt, der Künstler aus dem Norden angehörten, veranstaltete neuheidnische Messen in der Kirche Santa Constanza und kritzelte Graffiti sowohl auf die Wände von Kirche und als auch lärmender Tavernen, was mit der anzüglichen und ausgelassenen Stimmung des Bildes im Einklang steht.

Zuvor von Franits und L. J. Slatkes als „zurückgewiesenes“ Werk publiziert, das nur in Form von historischen Reproduktionen als eine von mehreren Wiederholungen nach ter Brugghens mutmaßlicher Urfassung in der Staatsgalerie in Stuttgart bekannt war (siehe Literatur), wurde das Bild nach der Untersuchung im Original von Franits rechtmäßig wieder in ter Brugghens Œuvre aufgenommen. Franits weist auf die charakteristischen Pentimenti im vorliegenden Bild hin, mit der ter Brugghen kompositionelle Veränderungen bei der Stellung beider Hände und besonders beim Daumen der rechten Hand vorgenommen hat, um damit das Zupfen des Akkords überzeugender darzustellen. Die Veränderungen in der Körperhaltung des Lautenspielers hat er in den beiden weiteren existierenden eigenhändigen Fassungen, von denen sich eine in der Sammlung Koelliker in Mailand und die andere bereits erwähnte in der Staatsgalerie in Stuttgart befindet, übernommen. Das vorliegende Bild auf Leinwand enthält Hinweise, dass der Künstler es ursprünglich für ein Querformat vorgesehen hat. Später hat er die Leinwand abgeschabt und sie für das vorliegende Hochformat wiederverwendet. Franits geht davon aus, dass das vorliegende Werk die Urfassung aller weiteren Versionen war. Darüber hinaus müssen die maßgeblichen Veränderungen als zweckbestimmt und zweckgerichtet angesehen werden, sodass es sich jedenfalls nicht um die Arbeit eines Kopisten handeln kann, sei es ein Werkstattmitarbeiter oder ein Schüler. Im Gegenteil, die Änderungen müssen direkt mit ter Brugghen selbst in Verbindung gebracht werden. Franits zieht den Schluss, dass „die Hinweise bestätigen, dass unser Bild die Urfassung war, die zwei weitere eigenhändige Repliken und eine beträchtliche Anzahl von Werkstattkopien nach sich zog“, was das vorliegende Werk zu einem außergewöhnlichen Beispiel des Nordischen Caravaggismus macht.

Technische Untersuchung durch Gianluca Poldi:

Infrarotreflektografie und Röntgenuntersuchung zeigen, dass während des Malprozesses kleinere Veränderungen besonders im Profil an der linken Kante der Laute, am Rand des linken Ärmelaufschlags, in einigen Schattenpartien des Hemdes, sehr wahrscheinlich bei der Position des ursprünglich tiefer gemalten rechten Daumens und im Bereich einiger Lautenwirbel vorgenommen wurden. Zudem scheint es, dass der Maler beim Malen der linken Hand etwas tiefer begonnen hat. Es gibt keine Hinweise auf eine Unterzeichnung, aber es ist wahrscheinlich, dass es eine Art mit Kreide oder direkt mit dem Pinsel ausgeführte Vorzeichnung gab, die sich nicht mit diagnostischen Methoden identifizieren lässt. Im Vergleich zur Stuttgarter Version hat die Laute auf unserem Bild einen größeren Klangkörper und scheint mehr zum Betrachter gedreht, wodurch der Wirbelkasten gelängt und auch der linke Arm des Musikers anders ausgerichtet erscheint. Schließlich zeigt sich das Gesicht des Mannes weniger symmetrisch dargestellt, sondern aufgrund des Singens stärker verzogen.

Hinsichtlich der Pigmente hat man mit nichtinvasiven spektroskopischen Untersuchungen Smalteblau (grob vermahlen, um die Intensität der Farbe zu erhalten) entdeckt, welches an einigen Stellen des Hemdes mit Bleiweiß vermischt wurde, während in anderen Bereichen statt des blauen schwarzes Pigment gefunden wurde, was bedeutet, dass es bei der Umsetzung der Kleidung zu leichten Farbveränderungen gekommen ist. Tatsächlich scheinen die in der Falschfarbenfotografie der Infrarotreflektografie deutlicher erkennbaren Ärmel wie bei anderen Gemälden ter Brugghens auch zuerst mit Streifenmuster gemalt worden zu sein. Die Digitalmikroskopie hat ergeben, dass das Inkarnat aus einer Mischung aus Bleiweiß, gelben, braunen und roten Ockerpigmenten sowie Partikeln aus Zinnoberrot und größeren Körnern grüner Erden besteht, der grob vermahlenes schwarzes Pigment in den Schattenpartien hinzugefügt wurde. Grüne Erden sind auch im weißen Ärmelaufschlag nachweisbar, wo sie den Farbton nachbessern. Der dunkle Hintergrund wurde durch eine Mischung von Bleiweiß mit schwarzem und gelbem Pigment erzielt.

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

03.05.2023 - 18:00

Schätzwert:
EUR 400.000,- bis EUR 600.000,-

Hendrick ter Brugghen


(Den Haag 1588–1629 Utrecht)
Ein Lautenspieler,
Öl auf Leinwand, 76 x 63,5 cm, gerahmt

Provenienz:
vermutlich Auktion, Sotheby’s, London, 7. Dezember 1927, Lot 25 (als Van Honthorst, verkauft an Mori);
Henri Albert Vermunt (1891–1969), Hamburg und Rottach-Egern am Tegernsee, erworben zwischen 1927 und 1954;
im Erbgang an den jetzigen Besitzer

Ausgestellt:
Utrecht, Centraal Museum, Utrecht, Caravaggio and Europe, 15. Dezember 2018 – 24. März 2019

Literatur:
B. Nicolson, Hendrick Terbrugghen, London 1958, S. 96, unter Kat.-Nr. A66;
Staatsgalerie Stuttgart, Katalog der Staatsgalerie Stuttgart: Alte Meister, Stuttgart 1962, S. 216;
A. Blankert, L. J. Slatkes, Holländische Malerei im neuen Licht. Hendrick ter Burgghen und seine Zeitgenossen, Ausstellungskatalog, Braunschweig 1986, S. 24, Erwähnung unter Kat.-Nr. 24, Nr. 2 (als weitere Fassung); B. Nicolson, The International Caravaggesque Movement: Lists of Pictures by Caravaggio and His Followers throughout Europe from 1590 to 1650, Oxford 1979, S. 99f. (als Kopie, Nr. 2);
B. Nicolson, Caravaggism in Europe, überarbeitete Auflage in 3 Bänden, hrsg. von L. Vertova, Turin 1989, Bd. 1, S. 193, unter Kat.-Nr. 1147;
L. J. Slatkes, W. Franits, The Paintings of Hendrick ter Brugghen 1588–1629: Catalogue Raisonné, Amsterdam/Philadelphia 2007, S. 195, Kat.-Nr. R101, (als Kopie, unbekannter Aufbewahrungsort)

Wir danken Wayne Franits, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes an Hendrick ter Brugghen nach Prüfung des Bildes im Original bestätigt hat. Er datiert es um 1626. Sein Gutachten vom 21. Juni 2022 liegt vor.

Der vorliegende Lautenspieler ist eine bedeutende Ergänzung zum Werk ter Brugghens und wird von Franits als das vorzüglichste von drei existierenden eigenhändigen Versionen der Komposition angesehen. Die beinahe lebensgroße Nahaufnahme verleiht dem Werk Realismus und Unmittelbarkeit, die durch die dramatische Lichteffekte weiter belebt werden und den rötlichen Teint des Musikers unterstreichen sowie auf den unterschiedlichen Tönen des Inkarnats der Fingerspitzen zu tanzen scheinen, die an der sorgfältig modellierten Laute zupfen. Das in Utrecht ausgeführte Bild entstand zeitgleich mit einem von ter Brugghens bedeutendsten Gemälden mit dem Titel Das Konzert, das ebenfalls um 1626 gemalt wurde und sich heute in der National Gallery in London befindet (Inv.-Nr. NG6483). Beide Gemälde verströmen den Einfluss verwandter Arbeiten Caravaggios aus seiner römischen Zeit, etwa Die Musiker im Metropolitan Museum in New York (Inv.-Nr. 52.81). Die versteckten Anspielungen dieser der Musik gewidmeten Darstellungen, darunter auch Arbeiten von ter Brugghens Zeitgenossen, den Utrechter Caravaggisti Dirck van Baburen (1596–1624) und Gerrit van Honthorst (1592–1656), sind nach wie vor Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion. Den Künstlern gemeinsam waren prägende Aufenthalte in Roms Rotlichtviertel um Santa Maria del Popolo, wo sie den Einfluss von Caravaggios späten Meisterwerken in der Pfarrkirche und den Werken seiner im Viertel wohnhaften italienischen und nordeuropäischen Nachfolger aufsaugten.

In den Niederlanden bezeichnete der vulgärsprachliche Ausdruck „Luit“ das weibliche Genital und die Laute galt in der Kunst üblicherweise als Attribut von Kurtisanen. Die mit einer Feder besetzte Haube rief eine ähnliche Assoziation wach, wie dies auch in einem 1614 verfassten Gedicht von Roemer Visscher über die Zügellosigkeit von Männern, die „triumphierend Amors Federhut auf ihre lüsternen Häupter setzen“, anklingt. Das vorliegende Gemälde verströmt eine umwerfende Lebendigkeit, und man mag sich fragen, zu wem der Lautenspieler aufblickt, dessen Mund zum Gesang geöffnet ist und dessen Feder verführerisch von seiner Kopfbedeckung herabwinkt.

Franits weist zudem auf die „schillernden Gewänder“ hin: ein Beispiel dafür ist das schimmernde blaue Seidenwams es vorliegenden Gemäldes. Es kann laut Franits nicht mit zeitgenössischer Bekleidung in Verbindung gebracht werden, aber möglicherweise mit der burgundischen Kleidung der Mitglieder von Rhetorikkammern, den sogenannten Rederijkers, die als Laienversammlungen bekannt waren, wo Dramen vortragen wurden. Laut Franits diente die Kleidung ungeachtet der ikonografischen oder stilistischen Wurzeln dieser Mode vermutlich als Mittel der Distanzierung des Betrachters, der sich mit den bezwingenden Inhalten der Künstler befasste.

Ter Brugghen wurde lange als einer der bedeutendsten Vertreter der holländischen Gouden Eeuw, des Goldenen Zeitalters, angesehen. Der in Utrecht bei Abraham Bloemaert (1566–1651) ausgebildete Künstler hielt sich wahrscheinlich spätestens 1608 in Rom auf und war ein Mitglied der Bentvueghels, bevor er 1614 in die Niederlande zurückkehrte. Diese bacchantische Gemeinschaft in der Ewigen Stadt, der Künstler aus dem Norden angehörten, veranstaltete neuheidnische Messen in der Kirche Santa Constanza und kritzelte Graffiti sowohl auf die Wände von Kirche und als auch lärmender Tavernen, was mit der anzüglichen und ausgelassenen Stimmung des Bildes im Einklang steht.

Zuvor von Franits und L. J. Slatkes als „zurückgewiesenes“ Werk publiziert, das nur in Form von historischen Reproduktionen als eine von mehreren Wiederholungen nach ter Brugghens mutmaßlicher Urfassung in der Staatsgalerie in Stuttgart bekannt war (siehe Literatur), wurde das Bild nach der Untersuchung im Original von Franits rechtmäßig wieder in ter Brugghens Œuvre aufgenommen. Franits weist auf die charakteristischen Pentimenti im vorliegenden Bild hin, mit der ter Brugghen kompositionelle Veränderungen bei der Stellung beider Hände und besonders beim Daumen der rechten Hand vorgenommen hat, um damit das Zupfen des Akkords überzeugender darzustellen. Die Veränderungen in der Körperhaltung des Lautenspielers hat er in den beiden weiteren existierenden eigenhändigen Fassungen, von denen sich eine in der Sammlung Koelliker in Mailand und die andere bereits erwähnte in der Staatsgalerie in Stuttgart befindet, übernommen. Das vorliegende Bild auf Leinwand enthält Hinweise, dass der Künstler es ursprünglich für ein Querformat vorgesehen hat. Später hat er die Leinwand abgeschabt und sie für das vorliegende Hochformat wiederverwendet. Franits geht davon aus, dass das vorliegende Werk die Urfassung aller weiteren Versionen war. Darüber hinaus müssen die maßgeblichen Veränderungen als zweckbestimmt und zweckgerichtet angesehen werden, sodass es sich jedenfalls nicht um die Arbeit eines Kopisten handeln kann, sei es ein Werkstattmitarbeiter oder ein Schüler. Im Gegenteil, die Änderungen müssen direkt mit ter Brugghen selbst in Verbindung gebracht werden. Franits zieht den Schluss, dass „die Hinweise bestätigen, dass unser Bild die Urfassung war, die zwei weitere eigenhändige Repliken und eine beträchtliche Anzahl von Werkstattkopien nach sich zog“, was das vorliegende Werk zu einem außergewöhnlichen Beispiel des Nordischen Caravaggismus macht.

Technische Untersuchung durch Gianluca Poldi:

Infrarotreflektografie und Röntgenuntersuchung zeigen, dass während des Malprozesses kleinere Veränderungen besonders im Profil an der linken Kante der Laute, am Rand des linken Ärmelaufschlags, in einigen Schattenpartien des Hemdes, sehr wahrscheinlich bei der Position des ursprünglich tiefer gemalten rechten Daumens und im Bereich einiger Lautenwirbel vorgenommen wurden. Zudem scheint es, dass der Maler beim Malen der linken Hand etwas tiefer begonnen hat. Es gibt keine Hinweise auf eine Unterzeichnung, aber es ist wahrscheinlich, dass es eine Art mit Kreide oder direkt mit dem Pinsel ausgeführte Vorzeichnung gab, die sich nicht mit diagnostischen Methoden identifizieren lässt. Im Vergleich zur Stuttgarter Version hat die Laute auf unserem Bild einen größeren Klangkörper und scheint mehr zum Betrachter gedreht, wodurch der Wirbelkasten gelängt und auch der linke Arm des Musikers anders ausgerichtet erscheint. Schließlich zeigt sich das Gesicht des Mannes weniger symmetrisch dargestellt, sondern aufgrund des Singens stärker verzogen.

Hinsichtlich der Pigmente hat man mit nichtinvasiven spektroskopischen Untersuchungen Smalteblau (grob vermahlen, um die Intensität der Farbe zu erhalten) entdeckt, welches an einigen Stellen des Hemdes mit Bleiweiß vermischt wurde, während in anderen Bereichen statt des blauen schwarzes Pigment gefunden wurde, was bedeutet, dass es bei der Umsetzung der Kleidung zu leichten Farbveränderungen gekommen ist. Tatsächlich scheinen die in der Falschfarbenfotografie der Infrarotreflektografie deutlicher erkennbaren Ärmel wie bei anderen Gemälden ter Brugghens auch zuerst mit Streifenmuster gemalt worden zu sein. Die Digitalmikroskopie hat ergeben, dass das Inkarnat aus einer Mischung aus Bleiweiß, gelben, braunen und roten Ockerpigmenten sowie Partikeln aus Zinnoberrot und größeren Körnern grüner Erden besteht, der grob vermahlenes schwarzes Pigment in den Schattenpartien hinzugefügt wurde. Grüne Erden sind auch im weißen Ärmelaufschlag nachweisbar, wo sie den Farbton nachbessern. Der dunkle Hintergrund wurde durch eine Mischung von Bleiweiß mit schwarzem und gelbem Pigment erzielt.

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 03.05.2023 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 22.04. - 03.05.2023

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