Lot Nr. 41


Zugeschrieben an Giovanna Garzoni


Zugeschrieben an Giovanna Garzoni - Alte Meister

(Ascoli Piceno 1600–1670 Rom)
Pfirsiche, Pflaumen, Kirschen, Rosen und weitere Früchte in einer metallenen Schale auf einem Steinsims,
Tempera auf Velin, auf Holz aufgezogen, 29 x 39,3 cm, gerahmt

Provenienz:
vermutlich Sammlung Graneri, Piemont (lt. rückseitigem Wachssiegel)

Das vorliegende Stillleben hat man traditionell Octavianus Monfort (tätig im Piemont, dokumentiert 1646–1696) zugeschrieben. Die Ausführungsqualität und das stilistische Raffinement des Früchte- und Blumenstilllebens, gestaltet in tonalen Kontrasten von Rosa, Grün und Blau, ist mit zwei weiteren Werken auf Pergament vergleichbar, die ursprünglich aus dem Palazzo Reale in Turin stammen und sich heute in der Basilica di Superga befinden. Die Forschung war über die Zuweisung dieser Werke an Giovanna Garzoni bzw. Octavianus Monfort gespalten (siehe G. Casale, Giovanna Garzoni. „Insigne miniatrice“ 1600–1670, Rom 1991, S. 190f., Nr. C 27, C 28; Marco Rosci schreibt die beiden Gemälde in der Superga Giovanna Garzoni zu, wohingegen Silvana Pettenati sie Monfort zuweist). Die Provenienz des vorliegenden Gemäldes aus dem Piemont belegt das Vorhandensein eines Wappens mit Burg und Kornähre auf der Rückseite des Schutzdeckels, das möglicherweise mit dem der Marquis Graneri gleichzusetzen ist. Auch der Rahmen scheint piemontesischer Herkunft zu sein.

Giovanna Garzoni kam 1632 nach Turin und blieb dort fünf Jahre auf Geheiß Christinas von Frankreich, die sie als Porträtistin beschäftigte. Während ihrer Zugehörigkeit zum Hof von Savoyen setzte die Künstlerin auch ihre Stilllebenmalerei fort, die einen zweiten Schwerpunkt ihres Schaffens bildeten. Dies belegen auch die Inventarverzeichnisse der herzoglichen Sammlungen. Abgesehen von Projekten für das Haus Savoyen erhielt Garzoni auch Aufträge anderer Adelsfamilien, die mit dem Hof in Verbindung standen: Eine ihrer Blumenminiaturen scheint beispielsweise in den Inventaren der Sammlung von Amedeo dal Pozzo, dem Marquis von Voghera und Cousin des berühmten Cassiano, auf (siehe M. Rosci, Octavianus Monfort e la pittura su pergamena nel XVII secolo, in: P. Chiapatti, M. Rosci [Hrsg.], Octavianus Monfort, Turin 1985, S. 12).

Heute ist es schwierig, die Piemonteser Stillleben der Künstlerin mit Sicherheit zu bestimmen, doch übten sie großen Einfluss auf örtliche Maler sowie die nachfolgende Künstlergeneration, insbesondere auf Octavianus Monfort, aus. Der wenig dokumentierte Miniaturist, dessen frühe Jahre noch umfassend zu erforschen sind, muss seine Ausbildung in enger Verbindung mit Garzoni erfahren haben.

Das vorliegende Werk auf Pergament weist sowohl stilistisch als auch kompositorisch viele Gemeinsamkeiten mit bestimmten Monfort gegebenen Werken auf, doch zeichnet es sich durch seine überragende Qualität der Malerei aus, wie sie sich u. a. in der perspektivischen Darstellung des Gefäßes zeigt. Eine derartige Ausführungsqualität ist bei Werken Monforts in der Regel nicht gegeben. Es ist daher gut möglich, dass es sich bei diesem Werk um eines der wenigen erhaltenen Beispiele für Giovanna Garzonis künstlerisches Schaffen in Turin handelt. Als solches wäre es ein wichtiges Zeugnis ihrer Arbeit, bevor sie ihre berühmten Stillleben für Ferdinando II. de’ Medici schuf, die in den Inventarverzeichnissen der Florentiner Villa in Poggio Imperiale aufscheinen.

Technische Untersuchung durch Gianluca Poldi:

Das Werk wurde auf weißem Pergament gemalt. In der UV-Fluoreszenz ergibt sich eine gleichmäßige Reaktion ohne Hinweis auf eine etwaige Retuschierung. Bevor sie mit dem Malen begann, führte die Künstlerin mit einem trockenen, dünnen Zeichenmedium, vermutlich mit spitzer schwarzer Kreide, eine minutiöse Zeichnung aus. Zwischen Zeichnung und Malerei sind keine besonderen Abweichungen, sondern bloß minimale Anpassungen erkennbar; einige Elemente im rechten oberen Bereich scheinen direkt mit dem Pinsel hinzugefügt worden zu sein, ohne die Zuhilfenahme einer darunterliegenden Zeichnung.

Die Qualität von Zeichnung und ausgeführter Malerei ist zweifelsfrei hoch. Es lassen sich mehrere Eigenheiten beobachten, etwa die Entscheidung, die Oberfläche aller dargestellten Früchte bis auf die Pflaumen mit der Pinselspitze in Form sehr dicht gesetzter Punkte zu malen und Pflaumen, Astwerk und Blätter zu schraffieren.

Die Vergoldung der Obstschale scheint unter Verwendung von Muschelgold ausgeführt, während die Marmor nachempfindende Äderung des Tisches mit einem hellbraunen Pigment umgesetzt wurde.

Die mittels Reflexionsspektroskopie festgestellten Pigment umfassen natürliches Ultramarin für das Blau der Pflaumen, mit Gelb vermischtes Indigo für die Grüntöne und einen Rotlack auf Karminbasis für die Rosa- und Rottöne.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

03.05.2023 - 18:00

Schätzwert:
EUR 25.000,- bis EUR 35.000,-

Zugeschrieben an Giovanna Garzoni


(Ascoli Piceno 1600–1670 Rom)
Pfirsiche, Pflaumen, Kirschen, Rosen und weitere Früchte in einer metallenen Schale auf einem Steinsims,
Tempera auf Velin, auf Holz aufgezogen, 29 x 39,3 cm, gerahmt

Provenienz:
vermutlich Sammlung Graneri, Piemont (lt. rückseitigem Wachssiegel)

Das vorliegende Stillleben hat man traditionell Octavianus Monfort (tätig im Piemont, dokumentiert 1646–1696) zugeschrieben. Die Ausführungsqualität und das stilistische Raffinement des Früchte- und Blumenstilllebens, gestaltet in tonalen Kontrasten von Rosa, Grün und Blau, ist mit zwei weiteren Werken auf Pergament vergleichbar, die ursprünglich aus dem Palazzo Reale in Turin stammen und sich heute in der Basilica di Superga befinden. Die Forschung war über die Zuweisung dieser Werke an Giovanna Garzoni bzw. Octavianus Monfort gespalten (siehe G. Casale, Giovanna Garzoni. „Insigne miniatrice“ 1600–1670, Rom 1991, S. 190f., Nr. C 27, C 28; Marco Rosci schreibt die beiden Gemälde in der Superga Giovanna Garzoni zu, wohingegen Silvana Pettenati sie Monfort zuweist). Die Provenienz des vorliegenden Gemäldes aus dem Piemont belegt das Vorhandensein eines Wappens mit Burg und Kornähre auf der Rückseite des Schutzdeckels, das möglicherweise mit dem der Marquis Graneri gleichzusetzen ist. Auch der Rahmen scheint piemontesischer Herkunft zu sein.

Giovanna Garzoni kam 1632 nach Turin und blieb dort fünf Jahre auf Geheiß Christinas von Frankreich, die sie als Porträtistin beschäftigte. Während ihrer Zugehörigkeit zum Hof von Savoyen setzte die Künstlerin auch ihre Stilllebenmalerei fort, die einen zweiten Schwerpunkt ihres Schaffens bildeten. Dies belegen auch die Inventarverzeichnisse der herzoglichen Sammlungen. Abgesehen von Projekten für das Haus Savoyen erhielt Garzoni auch Aufträge anderer Adelsfamilien, die mit dem Hof in Verbindung standen: Eine ihrer Blumenminiaturen scheint beispielsweise in den Inventaren der Sammlung von Amedeo dal Pozzo, dem Marquis von Voghera und Cousin des berühmten Cassiano, auf (siehe M. Rosci, Octavianus Monfort e la pittura su pergamena nel XVII secolo, in: P. Chiapatti, M. Rosci [Hrsg.], Octavianus Monfort, Turin 1985, S. 12).

Heute ist es schwierig, die Piemonteser Stillleben der Künstlerin mit Sicherheit zu bestimmen, doch übten sie großen Einfluss auf örtliche Maler sowie die nachfolgende Künstlergeneration, insbesondere auf Octavianus Monfort, aus. Der wenig dokumentierte Miniaturist, dessen frühe Jahre noch umfassend zu erforschen sind, muss seine Ausbildung in enger Verbindung mit Garzoni erfahren haben.

Das vorliegende Werk auf Pergament weist sowohl stilistisch als auch kompositorisch viele Gemeinsamkeiten mit bestimmten Monfort gegebenen Werken auf, doch zeichnet es sich durch seine überragende Qualität der Malerei aus, wie sie sich u. a. in der perspektivischen Darstellung des Gefäßes zeigt. Eine derartige Ausführungsqualität ist bei Werken Monforts in der Regel nicht gegeben. Es ist daher gut möglich, dass es sich bei diesem Werk um eines der wenigen erhaltenen Beispiele für Giovanna Garzonis künstlerisches Schaffen in Turin handelt. Als solches wäre es ein wichtiges Zeugnis ihrer Arbeit, bevor sie ihre berühmten Stillleben für Ferdinando II. de’ Medici schuf, die in den Inventarverzeichnissen der Florentiner Villa in Poggio Imperiale aufscheinen.

Technische Untersuchung durch Gianluca Poldi:

Das Werk wurde auf weißem Pergament gemalt. In der UV-Fluoreszenz ergibt sich eine gleichmäßige Reaktion ohne Hinweis auf eine etwaige Retuschierung. Bevor sie mit dem Malen begann, führte die Künstlerin mit einem trockenen, dünnen Zeichenmedium, vermutlich mit spitzer schwarzer Kreide, eine minutiöse Zeichnung aus. Zwischen Zeichnung und Malerei sind keine besonderen Abweichungen, sondern bloß minimale Anpassungen erkennbar; einige Elemente im rechten oberen Bereich scheinen direkt mit dem Pinsel hinzugefügt worden zu sein, ohne die Zuhilfenahme einer darunterliegenden Zeichnung.

Die Qualität von Zeichnung und ausgeführter Malerei ist zweifelsfrei hoch. Es lassen sich mehrere Eigenheiten beobachten, etwa die Entscheidung, die Oberfläche aller dargestellten Früchte bis auf die Pflaumen mit der Pinselspitze in Form sehr dicht gesetzter Punkte zu malen und Pflaumen, Astwerk und Blätter zu schraffieren.

Die Vergoldung der Obstschale scheint unter Verwendung von Muschelgold ausgeführt, während die Marmor nachempfindende Äderung des Tisches mit einem hellbraunen Pigment umgesetzt wurde.

Die mittels Reflexionsspektroskopie festgestellten Pigment umfassen natürliches Ultramarin für das Blau der Pflaumen, mit Gelb vermischtes Indigo für die Grüntöne und einen Rotlack auf Karminbasis für die Rosa- und Rottöne.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 03.05.2023 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 22.04. - 03.05.2023

Warum bei myDOROTHEUM registrieren?

Die kostenlose Registrierung bei myDOROTHEUM ermöglicht Ihnen die komplette Nutzung folgender Funktionen:

Katalog Benachrichtigungen sobald ein neuer Auktionskatalog online ist.
Auktionstermin Erinnerung zwei Tage vor Auktionsbeginn.
Mitbieten Bieten Sie auf Ihre Lieblingsstücke und ersteigern Sie neue Meisterwerke!
Suchservice Sie suchen nach einem bestimmten Künstler oder einer bestimmten Marke? Speichern Sie Ihre Suche ab und werden Sie automatisch informiert, sobald diese in einer Auktion angeboten werden!