Lot Nr. 69


Giovanni Benedetto Castiglione, gen. Grechetto


Giovanni Benedetto Castiglione, gen. Grechetto - Alte Meister

(Genua 1609–1664 Mantua)
Die Auffindung des Cyrus,
Öl auf Leinwand, 220,6 x 223 cm, gerahmt

Provenienz:
vermutlich Sammlung Carlo II. Gonzaga-Nevers (1629–1665), Herzog von Mantua und Monferrat, Villa La Favorita, Toscolano, vor 1664;
vermutlich Weitergabe im Erbgang an dessen Sohn Ferdinando Carlo Gonzaga (1652–1708), Herzog von Mantua und Monferrat, Villa La Favorita, Toscolano, 1665;
vermutlich Sammlung Herzog Leopold von Lothringen (1679–1729), Villa La Favorita, Toscolano, nach 1707 – vor 1729;
europäische Privatsammlung;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Dokumentation:
vermutlich verzeichnet im Inventar der Gonzaga vom 10. Dezember 1665: „Inventario overo descritione de beni tanto mobili quanto stabili lasciati nel luogo di Maderno dal fu Serenissimo Signor Duca Carlo primo Gonzaga“, c. 26: „Nella prima camera contigua alla detta Salla a mano sinistra verso il giardino […] Un quadro del detto [Giovanni Benedetto Castiglione] di Ciro infante instoriato con cornici adorate“ (siehe U. Meroni, G. B. Castiglione detto il Grechetto. Fonti per la storia della pittura, Bd. II, Genua 1971, S. 24f.)

Literatur:
A. Orlando, F. Rotatori (Hrsg.), Giovanni Benedetto Castiglione, Il Grechetto Genovese a Roma. Committenza e opere, Genua 2022, Erwähnung unter Nr. 14, S. 143, S. 140, Abb. 6 (als Giovanni Benedetto Castiglione)

Anna Orlando datiert das vorliegende Werk um 1661–1664.

Die Geschichte des Cyrus, des Begründers des Achämenidenreiches – des ersten persischen Reichs – erschien erstmals in Herodots Historien (Buch 1, 101–129). Die vorliegende Szene bezieht sich jedoch auf die Beschreibung der mythologischen Begebenheit im Werk Epitoma historiarum Philippicarum (Buch 1, 4–10) des lateinischen Historikers Justinus: Der zukünftige König wurde durch göttliche Vorsehung von Mandana, der Tochter des medischen Königs Astyages, zur Welt gebracht. Ein Orakel prophezeit ihm, dass sein Enkelsohn ihn einst an Macht übertreffen würde, und in einem Traum sah er, wie seine Tochter einen außergewöhnlich mächtigen Weinstock gebar. Aus Angst, dass er seine eigene Macht verlieren würde, entschied er, dass das Kind sofort nach seiner Geburt sterben sollte. Er vertraute es einem Hirten und dessen Frau Spaco an, die es im Wald aussetzen sollten. Der Plan wurde ausgeführt, scheiterte aber, weil das Ehepaar das Kind nicht dem Schicksal überlassen wollte. Sie vertrauten es einer Hündin an, die es stillte.

Giovanni Benedetto Castiglione kehrte in seiner Laufbahn wiederholt zu dem Thema zurück: Die früheste, in die 1640er-Jahre zu datierende Fassung scheint sich in einer Genueser Privatsammlung zu befinden, folgt aber einem anderen Kompositionsschema, wo der Hirte und links ein erweiterter Waldbereich zu sehen sind (siehe Orlando 2022, S. 138, Abb. 3). Dieser Typus ist mit einer eigenhändigen um 1646/47 datierenden Variante in einer anderen Genueser Privatsammlung verwandt (siehe Orlando 2022, Kat.-Nr. 14). Die Version des vorliegenden Bildes korrespondiert mit einer Fassung, die sich in der National Gallery von Dublin befindet (Inv.-Nr. NG1994) und aus den 1660er-Jahren datiert. Jedoch gibt es Unterschiede in der Farbintensität, die für das vorliegende Bild einen Besuch Castigliones in Venedig um 1660/61 und damit in der chronologischen Abfolge eine spätere Entstehungszeit als bei dem Dubliner Bild annehmen lassen.

Unter Castigliones bekannten Zeichnungen des Cyrus-Themas hält die Version im Musée des Beaux-Arts in Dijon bis auf das gegenüber dem besprochenen Gemälde verlängerte Querformat und abgesehen von einigen Details – wie dem auf der Zeichnung fehlenden kleinen Hund und der Darstellung der Vegetation im Vordergrund – Elemente des vorliegenden Gemäldes fest,.

Auf unserem Gemälde nähert sich die Hirtin Spaco dem Kind von rechts; der Stoff ihres Gewandes flattert im Wind, was den Eindruck von Bewegung erweckt. Cyrus ist in Rückenansicht im unteren Vordergrund dargestellt; er ist auf weichen, üppig drapierten Tüchern neben martialischen Gegenständen wie einem Helm und einem Köcher mit Pfeilen gebettet. Die blauen Farbtöne im Vordergrund wiederholen sich im Himmel und in den Bergen im Hintergrund und kontrastieren mit dem Orange der Kleidung der Hirtin. Die erdigen Ockertöne der Tiere, des Geländes und der antiken Skulpturen bilden ein Gegengewicht zur beschriebenen Farbdiagonale. Die Marmorbüste einer weiblichen Figur und das Hochrelief eines Mannes links beziehen sich auf das Orakel in der Geschichte.

Das Gemälde wurde vermutlich von Carlo II. Gonzaga, dem Herzog von Mantua und Montferrat, für die Villa La Favorita in Toscolano Maderno nahe dem Gardasee – der Sommerresidenz der Familie – in Auftrag gegeben. Das Bild in Dublin scheint das im Inventarverzeichnis der Gonzaga von 1705 für den Palazzo Ducale in Mantua erwähnte Gemälde zu sein, sodass man angenommen hat, dass Carlo II. bei Castiglione eine zweite Version für seine Villa bestellte, die im 1665 von Maderno erstellten Inventarverzeichnis dokumentiert ist.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

03.05.2023 - 18:00

Schätzwert:
EUR 80.000,- bis EUR 120.000,-

Giovanni Benedetto Castiglione, gen. Grechetto


(Genua 1609–1664 Mantua)
Die Auffindung des Cyrus,
Öl auf Leinwand, 220,6 x 223 cm, gerahmt

Provenienz:
vermutlich Sammlung Carlo II. Gonzaga-Nevers (1629–1665), Herzog von Mantua und Monferrat, Villa La Favorita, Toscolano, vor 1664;
vermutlich Weitergabe im Erbgang an dessen Sohn Ferdinando Carlo Gonzaga (1652–1708), Herzog von Mantua und Monferrat, Villa La Favorita, Toscolano, 1665;
vermutlich Sammlung Herzog Leopold von Lothringen (1679–1729), Villa La Favorita, Toscolano, nach 1707 – vor 1729;
europäische Privatsammlung;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Dokumentation:
vermutlich verzeichnet im Inventar der Gonzaga vom 10. Dezember 1665: „Inventario overo descritione de beni tanto mobili quanto stabili lasciati nel luogo di Maderno dal fu Serenissimo Signor Duca Carlo primo Gonzaga“, c. 26: „Nella prima camera contigua alla detta Salla a mano sinistra verso il giardino […] Un quadro del detto [Giovanni Benedetto Castiglione] di Ciro infante instoriato con cornici adorate“ (siehe U. Meroni, G. B. Castiglione detto il Grechetto. Fonti per la storia della pittura, Bd. II, Genua 1971, S. 24f.)

Literatur:
A. Orlando, F. Rotatori (Hrsg.), Giovanni Benedetto Castiglione, Il Grechetto Genovese a Roma. Committenza e opere, Genua 2022, Erwähnung unter Nr. 14, S. 143, S. 140, Abb. 6 (als Giovanni Benedetto Castiglione)

Anna Orlando datiert das vorliegende Werk um 1661–1664.

Die Geschichte des Cyrus, des Begründers des Achämenidenreiches – des ersten persischen Reichs – erschien erstmals in Herodots Historien (Buch 1, 101–129). Die vorliegende Szene bezieht sich jedoch auf die Beschreibung der mythologischen Begebenheit im Werk Epitoma historiarum Philippicarum (Buch 1, 4–10) des lateinischen Historikers Justinus: Der zukünftige König wurde durch göttliche Vorsehung von Mandana, der Tochter des medischen Königs Astyages, zur Welt gebracht. Ein Orakel prophezeit ihm, dass sein Enkelsohn ihn einst an Macht übertreffen würde, und in einem Traum sah er, wie seine Tochter einen außergewöhnlich mächtigen Weinstock gebar. Aus Angst, dass er seine eigene Macht verlieren würde, entschied er, dass das Kind sofort nach seiner Geburt sterben sollte. Er vertraute es einem Hirten und dessen Frau Spaco an, die es im Wald aussetzen sollten. Der Plan wurde ausgeführt, scheiterte aber, weil das Ehepaar das Kind nicht dem Schicksal überlassen wollte. Sie vertrauten es einer Hündin an, die es stillte.

Giovanni Benedetto Castiglione kehrte in seiner Laufbahn wiederholt zu dem Thema zurück: Die früheste, in die 1640er-Jahre zu datierende Fassung scheint sich in einer Genueser Privatsammlung zu befinden, folgt aber einem anderen Kompositionsschema, wo der Hirte und links ein erweiterter Waldbereich zu sehen sind (siehe Orlando 2022, S. 138, Abb. 3). Dieser Typus ist mit einer eigenhändigen um 1646/47 datierenden Variante in einer anderen Genueser Privatsammlung verwandt (siehe Orlando 2022, Kat.-Nr. 14). Die Version des vorliegenden Bildes korrespondiert mit einer Fassung, die sich in der National Gallery von Dublin befindet (Inv.-Nr. NG1994) und aus den 1660er-Jahren datiert. Jedoch gibt es Unterschiede in der Farbintensität, die für das vorliegende Bild einen Besuch Castigliones in Venedig um 1660/61 und damit in der chronologischen Abfolge eine spätere Entstehungszeit als bei dem Dubliner Bild annehmen lassen.

Unter Castigliones bekannten Zeichnungen des Cyrus-Themas hält die Version im Musée des Beaux-Arts in Dijon bis auf das gegenüber dem besprochenen Gemälde verlängerte Querformat und abgesehen von einigen Details – wie dem auf der Zeichnung fehlenden kleinen Hund und der Darstellung der Vegetation im Vordergrund – Elemente des vorliegenden Gemäldes fest,.

Auf unserem Gemälde nähert sich die Hirtin Spaco dem Kind von rechts; der Stoff ihres Gewandes flattert im Wind, was den Eindruck von Bewegung erweckt. Cyrus ist in Rückenansicht im unteren Vordergrund dargestellt; er ist auf weichen, üppig drapierten Tüchern neben martialischen Gegenständen wie einem Helm und einem Köcher mit Pfeilen gebettet. Die blauen Farbtöne im Vordergrund wiederholen sich im Himmel und in den Bergen im Hintergrund und kontrastieren mit dem Orange der Kleidung der Hirtin. Die erdigen Ockertöne der Tiere, des Geländes und der antiken Skulpturen bilden ein Gegengewicht zur beschriebenen Farbdiagonale. Die Marmorbüste einer weiblichen Figur und das Hochrelief eines Mannes links beziehen sich auf das Orakel in der Geschichte.

Das Gemälde wurde vermutlich von Carlo II. Gonzaga, dem Herzog von Mantua und Montferrat, für die Villa La Favorita in Toscolano Maderno nahe dem Gardasee – der Sommerresidenz der Familie – in Auftrag gegeben. Das Bild in Dublin scheint das im Inventarverzeichnis der Gonzaga von 1705 für den Palazzo Ducale in Mantua erwähnte Gemälde zu sein, sodass man angenommen hat, dass Carlo II. bei Castiglione eine zweite Version für seine Villa bestellte, die im 1665 von Maderno erstellten Inventarverzeichnis dokumentiert ist.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 03.05.2023 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 22.04. - 03.05.2023

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