Lot Nr. 25 -


Anthonis Mor van Dashorst und Werkstatt


(Utrecht 1519–1575 Antwerpen)
Bildnis der Anna von Egmond (1533–1558), Gräfin von Büren und Gemahlin von Wilhelm dem Schweiger, Fürst von Oranien,
bezeichnet links oben: Printzessin von Orannien des von Beurn dochtter,
Öl auf Holz, 109 x 84 cm, gerahmt

Wir danken Gloria Martínez-Leiva für ihre Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes.

Am 6. Juli 1551 heiratete Wilhelm der Schweiger, der später als „Pater Patriae“ der Niederlande galt und dem man bis heute in der holländischen Nationalhymne die Ehre erweist, Anna, die Tochter und Erbin des Grafen Maximilian van Egmond. Die Verbindung war von niemand Geringerem als Kaiser Karl V. gestiftet worden. Annas Vater war 1548 verstorben, und Wilhelm wurde dadurch an seinem Hochzeitstag zum Landesherrn von Egmond und Grafen von Büren. Es sollte eine glückliche Ehe werden. Während Anna eine der begehrtesten jungen Erbinnen der Niederlande war, so war ihr Gemahl damals überaus beliebt und erfolgreich am kaiserlichen Hof in Brüssel und ein Günstling des Kaisers und seiner Schwester, Maria von Ungarn.

Wilhelm war auf Schloss Dillenburg lutherisch erzogen worden, doch 1544 war sein Cousin ersten Grades, René de Chalon, Prinz von Oranien (1519–1544) und Statthalter der holländischen Niederlande, kinderlos gestorben und hatte ihm sein gesamtes Vermögen mit der Auflage hinterlassen, dass er zum Katholizismus übertreten musste. Neben dem Fürstentum Orange (heute in Frankreich gelegen) und bedeutenden Ländereien in Deutschland erbte Wilhelm auch große Ländereien in den Niederlanden. Aufgrund von Wilhelms zartem Alter diente Kaiser Karl V. als Regent, bis Wilhelm alt genug war, um selbst zu regieren. Wilhelms Vater stimmte dieser Bedingung zu. Die Heirat Wilhelms mit der katholischen Anna von Egmond sicherte ihm eine hohe gesellschaftliche Stellung. 1551 wurde er zum Hauptmann der Kavallerie ernannt und im Krieg mit Frankreich rasch zum Heerführer befördert. Wilhelm wurde auch Mitglied des Raad van State, des höchsten beratenden politischen Gremiums in den Niederlanden. Im November 1555 stützte sich Kaiser Karl während der Zeremonie der Abtretung der Niederlande an seinen Sohn Philipp II. von Spanien auf Wilhelm. Wilhelm wurde auch dazu auserkoren, Karls Bruder Ferdinand die Insignien des Heiligen Römischen Reiches zu überbringen, als Karl 1556 auf die Kaiserkrone verzichtete. Erst später sollte Wilhelm zum Rebellen gegen den neuen König werden und im Achtzigjährigen Krieg den Kampf um die Unabhängigkeit entfachen. Anna verbrachte die meiste Zeit ihres Lebens in der Residenz des Paares auf Schloss Breda und besuchte nur selten den Hof in Brüssel. Dennoch begleitete sie ihren Mann nach Brüssel, um den neuen König Philipp II. im Jahr 1555 zu empfangen.

Bei diesem Gemälde handelt es sich um eine bedeutende Wiederentdeckung. Es scheint das einzige erhaltene Originalporträt der Anna von Egmond zu sein, das zu dieser Zeit am habsburgischen Hof entstanden sein dürfte. Eine in der Physiognomie sehr ähnliche Zeichnung im Recueil d’Arras sowie die Inschrift belegen zweifellos die Identität der Dargestellten. Der Recueil d’Arras ist ein Manuskript von der Mitte des 16. Jahrhunderts, das versuchsweise dem niederländischen Künstler Jacques Le Boucq zugeschrieben wird. Der Recueil besteht aus 293 Blättern, die 289 Kopien von Porträts namhafter historischer Persönlichkeiten enthalten.

Das vorliegende Gemälde steht zweifelsohne im Zusammenhang mit einer Porträtgruppe in der Gemäldegalerie Alte Meister in Kassel. Es handelt sich zum einen um ein Bildnis Wilhelms I. (Inv.-Nr. GK 37, Öl auf Holz, 105 x 82,1 cm), zum anderen um ein Bildnis der Anna von Lothringen, der Witwe Renés von Oranien, die Wilhelm zu seinem Nachfolger bestimmt hatte (Inv.-Nr. GK 926, Öl auf Holz, 106,8 x 82 cm). Die beiden anderen Porträts sind das Bildnis von Rainoud III. de Brederode, Graf von Holland und Kammerherr Kaiser Karls V. (Inv.-Nr. SM 1.1.938, Öl auf Holz, 114 x 89,5 cm), und das Bildnis eines adeligen Knappen (Inv.-Nr. GK 39, Öl auf Holz, 105 x 82,2 cm). Alle vier Porträts der Kasseler Gruppe sowie das vorliegende Gemälde scheinen einst Teil einer Fürstengalerie der Spätrenaissance gewesen zu sein und weisen bemerkenswert ähnliche Formate und Bildträger auf. Alle Porträts, einschließlich des vorliegenden Gemäldes, aber mit Ausnahme des Porträts des adeligen Knappen, tragen im oberen Bereich deutsche Bezeichnungen in nahezu identischer Schrift. Auf dem Porträt des unbekannten Knappen erscheint jedoch wie auf dem vorliegenden Gemälde im Hintergrund ein Fenster, das sich in eine ähnlich schlichte, dunkle Wand einfügt, und auch der Himmel ist vergleichbar umgesetzt.

Die frühe Provenienz der Kasseler Serie ist nicht bekannt. Wahrscheinlich wurde sie von Wilhelm von Oranien selbst oder der Familie Nassau in Auftrag gegeben und nicht von den hessischen Landgrafen. Ein plausibles Datum für den Eintritt in die hessischen Sammlungen scheint 1603, als Landgraf Moritz von Hessen-Kassel Juliane von Nassau-Siegen ehelichte (siehe B. Schnackenburg, Gemäldegalerie Alte Meister Gesamtkatalog, Staatliche Museen Kassel, Mainz 1996, S. 190f.). Außerdem trägt das Porträt Wilhelms der Serie in seiner deutschen Inschrift die Bezeichnung der wohlhabenden Grafschaft „Katzenellenbogen“, ein Lehen, das zwischen den Häusern Hessen und Nassau umstritten war – Nassau hatte es nie offiziell aufgegeben, obwohl es 1557 an die Familie Hessen überging. Eine Serie, die ursprünglich für den hessischen Hof angefertigt wurde, hätte höchstwahrscheinlich keine Inschrift enthalten, die den territorialen Ansprüchen des auftraggebenden Herrscherhauses widerspricht. Es ist daher viel schlüssiger, dass die Serie ursprünglich für die nassauische Familie gemalt wurde und später auf dem Wege der Erbfolge in die hessischen Sammlungen gelangte. Die Gruppe und damit auch das vorliegende Gemälde wurden daher höchstwahrscheinlich Mitte der 1550er-Jahre ausgeführt, vielleicht anlässlich der Thronbesteigung Philipps II. in Brüssel im Jahr 1555. Eine von Peter Klein durchgeführte dendrochronologische Untersuchung des Porträts von Wilhelm ergab ein glaubhaftes Ausführungsdatum nach 1552.

Der vorgeschlagene Entstehungszeitpunkt würde ganz im Einklang mit der äußerst aufwendigen und eleganten Kleidung der Prinzessin von Oranien stehen, die ihrem hohen Status als eine der reichsten und ranghöchsten Adligen des kaiserlichen Hofes entspricht. Anna ist in einem spanischen Verdugado dargestellt, einem steifen, konisch geformten Unterrock, der im frühen 16. Jahrhundert populär wurde und bis zum Ende des Jahrhunderts in Mode blieb. Darüber trägt Anna einen Kirtel, ein stützendes Unterkleid aus feinster Seide, das durch eine Perlenreihe in der Mitte betont wird. Das schwarze Kleid ist mit einer mittigen Paspel aus Hermelin versehen, die über die Brust und zu beiden Seiten des Überrocks verläuft. Der quadratische Ausschnitt des Kleides ist mit besticktem Goldbrokat, auf dem große Perlen in einem geometrischen Muster aufgenäht sind, sowie mit einem kleinen gekräuselten Spitzenunterkragen verziert, den Anna auch auf der Zeichnung des Recueil d’Arras trägt. Die üppigen Stulpen aus durchscheinender Spitze sind ein weiteres kunstvolles Detail, ebenso die konisch geformten Ärmel aus Hermelin, die in das Kleid gebunden wurden. Die Prinzessin trägt eine sogenannte „französische Haube“, die den größten Teil ihres Haars bedeckt und wiederum reich mit Perlenbändern und einer goldbestickten Bongrace, einer Art Krempe, verziert ist. Ein schwarzer Schleier, der gerade von der Haube herabhängt, bedeckt den hinteren Teil des Haars. Um den Hals trägt Anna eine dreireihige Perlenkette, die vorne zusammengebunden ist; um die Taille liegt ein Gürtel aus Gold und Perlen. Reich verzierte Armbänder, die sie über den Rüschenmanschetten trägt, sowie nicht weniger als sechs mit Steinen besetzte Ringe und ein Paar Handschuhe aus Sämischleder vervollständigen die Aufmachung, die man nur als höchst luxuriös bezeichnen kann.

Bemerkenswerterweise haben sich keine anderen zeitgenössischen Porträts der Anna von Egmond erhalten. Es muss einen kleinformatigen Prototyp mit stark standardisierter Physiognomie gegeben haben, wie eine große Anzahl von Kopien bezeugt. Eine Version mit einer Inschrift zur Identifizierung der Dargestellten befindet sich in den Königlichen Sammlungen der Niederlande in Den Haag (Inv.-Nr. SC-0069). Eine weitere Fassung bewahrt das Musée de la Chartreuse de Douai auf (Öl auf Holz, 28 x 22 cm), während sich weitere Versionen im Herzogspalast in Mantua und in der Walker Art Gallery in Liverpool (Inv.-Nr. WAG 827) sowie in Privatsammlungen befinden. Man hat vermutet, dass auch diese Porträts auf einem verlorenen Original von Anthonis Mor beruhen. Es wurden jedoch keine Spuren eines solchen Originals entdeckt. Während sich der kleinere Porträttypus in einigen Aspekten der Kleidung unterscheidet, ist das schwarz-weiße Farbschema vergleichbar.

Die vier Gemälde in Kassel werden seit langem Anthonis Mor van Dashorst zugeschrieben; einige unter ihnen, wie die Porträts des Grafen von Brederode und der Anna von Lothringen, sind möglicherweise mit Werkstattbeteiligung entstanden. Mor war der einflussreichste Maler, der damals an den habsburgischen Höfen tätig war. In der Vergangenheit wurden auch Vermutungen geäußert, dass es sich um die Werkstatt von Willem Key in Breda handeln könnte. Vergleicht man die Details der Hände und Manschetten der vorliegenden Darstellung mit Mors Porträt von Königin Mary Tudor im Prado (von vergleichbarem Format, Öl auf Holz, 109 x 84 cm, Inv.-Nr. P002108), so gibt es offensichtliche Parallelen, aber auch Unterschiede. Für einen großen Auftrag wie eine ganze Serie war Mor sicherlich auf die Unterstützung seiner Assistenten angewiesen gewesen. Mor war 1555 gerade aus Spanien zurückgekehrt und reiste höchstwahrscheinlich mit dem Gefolge von König Philipp II. Gloria Martínez-Leiva kommt zu dem Schluss, dass innerhalb der Gruppe und im Vergleich mit dem vorliegenden Gemälde Unterschiede in Qualität und Erhaltung bestehen, die auf eine mögliche Werkstattbeteiligung hindeuten.

Experte: Dr. Alexander Strasoldo Dr. Alexander Strasoldo
+43 1 515 60 403

old.masters@dorotheum.com

25.10.2023 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 226.000,-
Schätzwert:
EUR 80.000,- bis EUR 120.000,-

Anthonis Mor van Dashorst und Werkstatt


(Utrecht 1519–1575 Antwerpen)
Bildnis der Anna von Egmond (1533–1558), Gräfin von Büren und Gemahlin von Wilhelm dem Schweiger, Fürst von Oranien,
bezeichnet links oben: Printzessin von Orannien des von Beurn dochtter,
Öl auf Holz, 109 x 84 cm, gerahmt

Wir danken Gloria Martínez-Leiva für ihre Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes.

Am 6. Juli 1551 heiratete Wilhelm der Schweiger, der später als „Pater Patriae“ der Niederlande galt und dem man bis heute in der holländischen Nationalhymne die Ehre erweist, Anna, die Tochter und Erbin des Grafen Maximilian van Egmond. Die Verbindung war von niemand Geringerem als Kaiser Karl V. gestiftet worden. Annas Vater war 1548 verstorben, und Wilhelm wurde dadurch an seinem Hochzeitstag zum Landesherrn von Egmond und Grafen von Büren. Es sollte eine glückliche Ehe werden. Während Anna eine der begehrtesten jungen Erbinnen der Niederlande war, so war ihr Gemahl damals überaus beliebt und erfolgreich am kaiserlichen Hof in Brüssel und ein Günstling des Kaisers und seiner Schwester, Maria von Ungarn.

Wilhelm war auf Schloss Dillenburg lutherisch erzogen worden, doch 1544 war sein Cousin ersten Grades, René de Chalon, Prinz von Oranien (1519–1544) und Statthalter der holländischen Niederlande, kinderlos gestorben und hatte ihm sein gesamtes Vermögen mit der Auflage hinterlassen, dass er zum Katholizismus übertreten musste. Neben dem Fürstentum Orange (heute in Frankreich gelegen) und bedeutenden Ländereien in Deutschland erbte Wilhelm auch große Ländereien in den Niederlanden. Aufgrund von Wilhelms zartem Alter diente Kaiser Karl V. als Regent, bis Wilhelm alt genug war, um selbst zu regieren. Wilhelms Vater stimmte dieser Bedingung zu. Die Heirat Wilhelms mit der katholischen Anna von Egmond sicherte ihm eine hohe gesellschaftliche Stellung. 1551 wurde er zum Hauptmann der Kavallerie ernannt und im Krieg mit Frankreich rasch zum Heerführer befördert. Wilhelm wurde auch Mitglied des Raad van State, des höchsten beratenden politischen Gremiums in den Niederlanden. Im November 1555 stützte sich Kaiser Karl während der Zeremonie der Abtretung der Niederlande an seinen Sohn Philipp II. von Spanien auf Wilhelm. Wilhelm wurde auch dazu auserkoren, Karls Bruder Ferdinand die Insignien des Heiligen Römischen Reiches zu überbringen, als Karl 1556 auf die Kaiserkrone verzichtete. Erst später sollte Wilhelm zum Rebellen gegen den neuen König werden und im Achtzigjährigen Krieg den Kampf um die Unabhängigkeit entfachen. Anna verbrachte die meiste Zeit ihres Lebens in der Residenz des Paares auf Schloss Breda und besuchte nur selten den Hof in Brüssel. Dennoch begleitete sie ihren Mann nach Brüssel, um den neuen König Philipp II. im Jahr 1555 zu empfangen.

Bei diesem Gemälde handelt es sich um eine bedeutende Wiederentdeckung. Es scheint das einzige erhaltene Originalporträt der Anna von Egmond zu sein, das zu dieser Zeit am habsburgischen Hof entstanden sein dürfte. Eine in der Physiognomie sehr ähnliche Zeichnung im Recueil d’Arras sowie die Inschrift belegen zweifellos die Identität der Dargestellten. Der Recueil d’Arras ist ein Manuskript von der Mitte des 16. Jahrhunderts, das versuchsweise dem niederländischen Künstler Jacques Le Boucq zugeschrieben wird. Der Recueil besteht aus 293 Blättern, die 289 Kopien von Porträts namhafter historischer Persönlichkeiten enthalten.

Das vorliegende Gemälde steht zweifelsohne im Zusammenhang mit einer Porträtgruppe in der Gemäldegalerie Alte Meister in Kassel. Es handelt sich zum einen um ein Bildnis Wilhelms I. (Inv.-Nr. GK 37, Öl auf Holz, 105 x 82,1 cm), zum anderen um ein Bildnis der Anna von Lothringen, der Witwe Renés von Oranien, die Wilhelm zu seinem Nachfolger bestimmt hatte (Inv.-Nr. GK 926, Öl auf Holz, 106,8 x 82 cm). Die beiden anderen Porträts sind das Bildnis von Rainoud III. de Brederode, Graf von Holland und Kammerherr Kaiser Karls V. (Inv.-Nr. SM 1.1.938, Öl auf Holz, 114 x 89,5 cm), und das Bildnis eines adeligen Knappen (Inv.-Nr. GK 39, Öl auf Holz, 105 x 82,2 cm). Alle vier Porträts der Kasseler Gruppe sowie das vorliegende Gemälde scheinen einst Teil einer Fürstengalerie der Spätrenaissance gewesen zu sein und weisen bemerkenswert ähnliche Formate und Bildträger auf. Alle Porträts, einschließlich des vorliegenden Gemäldes, aber mit Ausnahme des Porträts des adeligen Knappen, tragen im oberen Bereich deutsche Bezeichnungen in nahezu identischer Schrift. Auf dem Porträt des unbekannten Knappen erscheint jedoch wie auf dem vorliegenden Gemälde im Hintergrund ein Fenster, das sich in eine ähnlich schlichte, dunkle Wand einfügt, und auch der Himmel ist vergleichbar umgesetzt.

Die frühe Provenienz der Kasseler Serie ist nicht bekannt. Wahrscheinlich wurde sie von Wilhelm von Oranien selbst oder der Familie Nassau in Auftrag gegeben und nicht von den hessischen Landgrafen. Ein plausibles Datum für den Eintritt in die hessischen Sammlungen scheint 1603, als Landgraf Moritz von Hessen-Kassel Juliane von Nassau-Siegen ehelichte (siehe B. Schnackenburg, Gemäldegalerie Alte Meister Gesamtkatalog, Staatliche Museen Kassel, Mainz 1996, S. 190f.). Außerdem trägt das Porträt Wilhelms der Serie in seiner deutschen Inschrift die Bezeichnung der wohlhabenden Grafschaft „Katzenellenbogen“, ein Lehen, das zwischen den Häusern Hessen und Nassau umstritten war – Nassau hatte es nie offiziell aufgegeben, obwohl es 1557 an die Familie Hessen überging. Eine Serie, die ursprünglich für den hessischen Hof angefertigt wurde, hätte höchstwahrscheinlich keine Inschrift enthalten, die den territorialen Ansprüchen des auftraggebenden Herrscherhauses widerspricht. Es ist daher viel schlüssiger, dass die Serie ursprünglich für die nassauische Familie gemalt wurde und später auf dem Wege der Erbfolge in die hessischen Sammlungen gelangte. Die Gruppe und damit auch das vorliegende Gemälde wurden daher höchstwahrscheinlich Mitte der 1550er-Jahre ausgeführt, vielleicht anlässlich der Thronbesteigung Philipps II. in Brüssel im Jahr 1555. Eine von Peter Klein durchgeführte dendrochronologische Untersuchung des Porträts von Wilhelm ergab ein glaubhaftes Ausführungsdatum nach 1552.

Der vorgeschlagene Entstehungszeitpunkt würde ganz im Einklang mit der äußerst aufwendigen und eleganten Kleidung der Prinzessin von Oranien stehen, die ihrem hohen Status als eine der reichsten und ranghöchsten Adligen des kaiserlichen Hofes entspricht. Anna ist in einem spanischen Verdugado dargestellt, einem steifen, konisch geformten Unterrock, der im frühen 16. Jahrhundert populär wurde und bis zum Ende des Jahrhunderts in Mode blieb. Darüber trägt Anna einen Kirtel, ein stützendes Unterkleid aus feinster Seide, das durch eine Perlenreihe in der Mitte betont wird. Das schwarze Kleid ist mit einer mittigen Paspel aus Hermelin versehen, die über die Brust und zu beiden Seiten des Überrocks verläuft. Der quadratische Ausschnitt des Kleides ist mit besticktem Goldbrokat, auf dem große Perlen in einem geometrischen Muster aufgenäht sind, sowie mit einem kleinen gekräuselten Spitzenunterkragen verziert, den Anna auch auf der Zeichnung des Recueil d’Arras trägt. Die üppigen Stulpen aus durchscheinender Spitze sind ein weiteres kunstvolles Detail, ebenso die konisch geformten Ärmel aus Hermelin, die in das Kleid gebunden wurden. Die Prinzessin trägt eine sogenannte „französische Haube“, die den größten Teil ihres Haars bedeckt und wiederum reich mit Perlenbändern und einer goldbestickten Bongrace, einer Art Krempe, verziert ist. Ein schwarzer Schleier, der gerade von der Haube herabhängt, bedeckt den hinteren Teil des Haars. Um den Hals trägt Anna eine dreireihige Perlenkette, die vorne zusammengebunden ist; um die Taille liegt ein Gürtel aus Gold und Perlen. Reich verzierte Armbänder, die sie über den Rüschenmanschetten trägt, sowie nicht weniger als sechs mit Steinen besetzte Ringe und ein Paar Handschuhe aus Sämischleder vervollständigen die Aufmachung, die man nur als höchst luxuriös bezeichnen kann.

Bemerkenswerterweise haben sich keine anderen zeitgenössischen Porträts der Anna von Egmond erhalten. Es muss einen kleinformatigen Prototyp mit stark standardisierter Physiognomie gegeben haben, wie eine große Anzahl von Kopien bezeugt. Eine Version mit einer Inschrift zur Identifizierung der Dargestellten befindet sich in den Königlichen Sammlungen der Niederlande in Den Haag (Inv.-Nr. SC-0069). Eine weitere Fassung bewahrt das Musée de la Chartreuse de Douai auf (Öl auf Holz, 28 x 22 cm), während sich weitere Versionen im Herzogspalast in Mantua und in der Walker Art Gallery in Liverpool (Inv.-Nr. WAG 827) sowie in Privatsammlungen befinden. Man hat vermutet, dass auch diese Porträts auf einem verlorenen Original von Anthonis Mor beruhen. Es wurden jedoch keine Spuren eines solchen Originals entdeckt. Während sich der kleinere Porträttypus in einigen Aspekten der Kleidung unterscheidet, ist das schwarz-weiße Farbschema vergleichbar.

Die vier Gemälde in Kassel werden seit langem Anthonis Mor van Dashorst zugeschrieben; einige unter ihnen, wie die Porträts des Grafen von Brederode und der Anna von Lothringen, sind möglicherweise mit Werkstattbeteiligung entstanden. Mor war der einflussreichste Maler, der damals an den habsburgischen Höfen tätig war. In der Vergangenheit wurden auch Vermutungen geäußert, dass es sich um die Werkstatt von Willem Key in Breda handeln könnte. Vergleicht man die Details der Hände und Manschetten der vorliegenden Darstellung mit Mors Porträt von Königin Mary Tudor im Prado (von vergleichbarem Format, Öl auf Holz, 109 x 84 cm, Inv.-Nr. P002108), so gibt es offensichtliche Parallelen, aber auch Unterschiede. Für einen großen Auftrag wie eine ganze Serie war Mor sicherlich auf die Unterstützung seiner Assistenten angewiesen gewesen. Mor war 1555 gerade aus Spanien zurückgekehrt und reiste höchstwahrscheinlich mit dem Gefolge von König Philipp II. Gloria Martínez-Leiva kommt zu dem Schluss, dass innerhalb der Gruppe und im Vergleich mit dem vorliegenden Gemälde Unterschiede in Qualität und Erhaltung bestehen, die auf eine mögliche Werkstattbeteiligung hindeuten.

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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 25.10.2023 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 14.10. - 25.10.2023


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