Lot Nr. 64 -


Georg Gärtner der Jüngere


(Nürnberg 1575/80–1654)
Die Gottesmutter mit dem Wickelkind in einer Landschaft,
Öl auf Holz, 37 x 26,5 cm, gerahmt

Wir danken Rainer Stüwe, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes an Georg Gärtner den Jüngeren bestätigt hat. Sein ausführliches Gutachten vom Mai 2023 liegt dem Lot bei.

Georg Gärtner der Jüngere war ein deutscher Maler und Kupferstecher, der in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Nürnberg tätig war. Als Hans Hoffmann 1591/92 starb, wurde Georg Gärtner der Jüngere zu einem der wichtigsten Vertreter der sogenannten „Dürer-Renaissance“, eines Phänomens, das sich im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert in ganz Europa ausbreitete und sich vor allem in Dürers Heimatstadt Nürnberg und am Prager Kaiserhof stark durchsetzte. Gärtner wurde in der Werkstatt seines Vaters ausgebildet, die er 1612 übernahm. Unter seiner Leitung expandierte die Werkstatt allmählich und wurde zu einer der führenden Nürnbergs. Gärtner war von 1620 bis 1624 und erneut von 1638 bis 1642 Dekan der örtlichen Malerzunft. Als „felicissimus Düreri Imitator“ gerühmt, schufen er und seine Werkstatt Variationen nach Dürers Werken, wobei sie dessen Stil nachahmten, aber eine ganz eigene künstlerische Sprache entwickelten.

Auf dem vorliegenden Gemälde ruht die Jungfrau Maria mit dem Kind im Arm auf einer Steinbank mit rotem Samtkissen, dessen Ecken mit goldenen Quasten verziert sind. Über einem weiten karminroten Kleid trägt Maria ein olivgrünes Gewand, das über den Knien faltenreich zu Boden fällt. Oberhalb der Brust wird das Kleid an der goldenen Borte von einer mit Rubinen und Perlen besetzten Brosche zusammengehalten. Das Kind, das bis zum Hinterkopf in weiße Leinentücher gewickelt ist, schläft friedlich in ihren Armen. Links hinter den Figuren öffnet sich eine weite Flusslandschaft mit grünen bis blassblauen Hügeln. Ein heller Himmelsstreifen über dem Horizont zeigt die beginnende Morgendämmerung an und versetzt die Szene in die ersten Stunden des Tages. Die Heiligenscheine der Figuren heben sich in sehr weichen Übergängen von blassem Gelb zu Rot-Orange vom Morgenhimmel ab.

Der Maler der vorliegenden Tafel orientierte sich an einem Kupferstich Albrecht Dürers von 1520, der kurz vor seiner Reise in die Niederlande entstand und in seinem Reisetagebuch als eine der „drei neuen Marien“ (Bartsch 38/Meder 40a/c) erwähnt wird. Da der Maler versuchte, Dürers Stich durch eine glattere und brillantere malerische Wirkung aufzuwerten und der Komposition mehr räumliche Tiefe zu verleihen, lassen sich einige kleinere Veränderungen beobachten. Rainer Stüwe führt aus: „Dürers Heiligenscheine wirken strahlend bis gleißend, im Gemälde haben sie einen weichen Schimmer; die Veränderung des Kreuznimbus des Kindes zu einem runden reduziert die markante Wirkung der Stichvorlage und macht sie weicher. Von den Proportionen her ist die Bildtafel etwas breiter als der Stich, sodass mehr Raum für die Szenerie hinter den Figuren bleibt. Der Hintergrund wird durch zwei junge Bäume und einen teilweise sichtbaren Strauch aufgelockert. Insgesamt ist die Landschaft deutlicher erkennbar wiedergegeben als auf dem Stich. Insbesondere die beiden Bäume mit dem erhöhten Standpunkt der von Dürers Kupferstich übernommenen Landschaft erinnern an niederländische Vorbilder Joachim Patiniers. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Gemälde die Vorlage konsequent in Richtung eines weicheren, gefälligeren Eindrucks umgestaltet, ganz im Sinn der sogenannten Dürer-Renaissance.“ Stüwe weiter: „Die stilistische Abgrenzung zum Dürer-Stich weist stark auf den bekannten Dürer-Kopisten Georg Gärtner aus Nürnberg hin. Insbesondere die Betonung weicher Hauttöne und sanft schimmernder Lichteffekte ist sehr charakteristisch für Gärtner.“ Stüwe vermutet, dass die Madonna mit Kind als ein Werk von hoher Qualität um 1620–1630 entstanden ist.

Experte: Dr. Alexander Strasoldo Dr. Alexander Strasoldo
+43 1 515 60 403

old.masters@dorotheum.com

25.10.2023 - 18:00

Schätzwert:
EUR 15.000,- bis EUR 20.000,-

Georg Gärtner der Jüngere


(Nürnberg 1575/80–1654)
Die Gottesmutter mit dem Wickelkind in einer Landschaft,
Öl auf Holz, 37 x 26,5 cm, gerahmt

Wir danken Rainer Stüwe, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes an Georg Gärtner den Jüngeren bestätigt hat. Sein ausführliches Gutachten vom Mai 2023 liegt dem Lot bei.

Georg Gärtner der Jüngere war ein deutscher Maler und Kupferstecher, der in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Nürnberg tätig war. Als Hans Hoffmann 1591/92 starb, wurde Georg Gärtner der Jüngere zu einem der wichtigsten Vertreter der sogenannten „Dürer-Renaissance“, eines Phänomens, das sich im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert in ganz Europa ausbreitete und sich vor allem in Dürers Heimatstadt Nürnberg und am Prager Kaiserhof stark durchsetzte. Gärtner wurde in der Werkstatt seines Vaters ausgebildet, die er 1612 übernahm. Unter seiner Leitung expandierte die Werkstatt allmählich und wurde zu einer der führenden Nürnbergs. Gärtner war von 1620 bis 1624 und erneut von 1638 bis 1642 Dekan der örtlichen Malerzunft. Als „felicissimus Düreri Imitator“ gerühmt, schufen er und seine Werkstatt Variationen nach Dürers Werken, wobei sie dessen Stil nachahmten, aber eine ganz eigene künstlerische Sprache entwickelten.

Auf dem vorliegenden Gemälde ruht die Jungfrau Maria mit dem Kind im Arm auf einer Steinbank mit rotem Samtkissen, dessen Ecken mit goldenen Quasten verziert sind. Über einem weiten karminroten Kleid trägt Maria ein olivgrünes Gewand, das über den Knien faltenreich zu Boden fällt. Oberhalb der Brust wird das Kleid an der goldenen Borte von einer mit Rubinen und Perlen besetzten Brosche zusammengehalten. Das Kind, das bis zum Hinterkopf in weiße Leinentücher gewickelt ist, schläft friedlich in ihren Armen. Links hinter den Figuren öffnet sich eine weite Flusslandschaft mit grünen bis blassblauen Hügeln. Ein heller Himmelsstreifen über dem Horizont zeigt die beginnende Morgendämmerung an und versetzt die Szene in die ersten Stunden des Tages. Die Heiligenscheine der Figuren heben sich in sehr weichen Übergängen von blassem Gelb zu Rot-Orange vom Morgenhimmel ab.

Der Maler der vorliegenden Tafel orientierte sich an einem Kupferstich Albrecht Dürers von 1520, der kurz vor seiner Reise in die Niederlande entstand und in seinem Reisetagebuch als eine der „drei neuen Marien“ (Bartsch 38/Meder 40a/c) erwähnt wird. Da der Maler versuchte, Dürers Stich durch eine glattere und brillantere malerische Wirkung aufzuwerten und der Komposition mehr räumliche Tiefe zu verleihen, lassen sich einige kleinere Veränderungen beobachten. Rainer Stüwe führt aus: „Dürers Heiligenscheine wirken strahlend bis gleißend, im Gemälde haben sie einen weichen Schimmer; die Veränderung des Kreuznimbus des Kindes zu einem runden reduziert die markante Wirkung der Stichvorlage und macht sie weicher. Von den Proportionen her ist die Bildtafel etwas breiter als der Stich, sodass mehr Raum für die Szenerie hinter den Figuren bleibt. Der Hintergrund wird durch zwei junge Bäume und einen teilweise sichtbaren Strauch aufgelockert. Insgesamt ist die Landschaft deutlicher erkennbar wiedergegeben als auf dem Stich. Insbesondere die beiden Bäume mit dem erhöhten Standpunkt der von Dürers Kupferstich übernommenen Landschaft erinnern an niederländische Vorbilder Joachim Patiniers. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Gemälde die Vorlage konsequent in Richtung eines weicheren, gefälligeren Eindrucks umgestaltet, ganz im Sinn der sogenannten Dürer-Renaissance.“ Stüwe weiter: „Die stilistische Abgrenzung zum Dürer-Stich weist stark auf den bekannten Dürer-Kopisten Georg Gärtner aus Nürnberg hin. Insbesondere die Betonung weicher Hauttöne und sanft schimmernder Lichteffekte ist sehr charakteristisch für Gärtner.“ Stüwe vermutet, dass die Madonna mit Kind als ein Werk von hoher Qualität um 1620–1630 entstanden ist.

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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 25.10.2023 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 14.10. - 25.10.2023

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