Neapolitanische Schule, frühes 17. Jahrhundert
Der heilige Franziskus in Ekstase,
bezeichnet rechts oben mit alter Inventarnummer „2(...)2“ und dem Wappen der Familie Colonna rechts unten,
Öl auf Leinwand, 85,5 x 69 cm, ungerahmt
Provenienz:
vermutlich Sammlung Colonna, Rom (lt. Familienwappen rechts unten);
europäische Privatsammlung
Das vorliegende Gemälde stellt den heiligen Franziskus in Ekstase dar, bevor er die Wundmale empfängt. Der Figur sind Gegenstände beigegeben, die die Meditation des Heiligen über den Tod symbolisieren: Schädel und Rosenkranz. Die malerische Darstellung ist von großer Raffinesse und konzentriert sich besonders auf die Beschreibung des schweren Tuchs der Kutte des Heiligen und des Knotens der dicken Kordel, die seine Taille umfasst; die Hände des heiligen Franziskus und der Schädel sind mit sorgfältig ausgewogenem Helldunkel ausgeführt.
In der rechten unteren Ecke der Leinwand erscheint das goldene Emblem einer Säule, was darauf hindeutet, dass das Bild sich vermutlich einst im Besitz einer der berühmtesten und mächtigsten römischen Familien befand: der Colonna. Aus der gleichen Zeit wie das Wappen stammt eine nur teilweise leserliche Nummer oben rechts, möglicherweise „232“. Leider war es nicht möglich, dieses Werk in den bisher veröffentlichten Inventarverzeichnissen der Colonna zu identifizieren (Eduard A. Safarik, Collezione dei dipinti Colonna: inventari 1611–1795, München, New Providence, London, Paris 1996). Allerdings handelte es sich um eine umfangreiche und auf mehrere Familienzweige verteilte Sammlung.
Das Gemälde ist einem Künstler zugeschrieben, der in der zweiten Dekade des 17. Jahrhunderts in Neapel tätig war und unter dem Einfluss des gewagten Realismus jener Werke stand, die Caravaggio während zweier aufeinanderfolgender Aufenthalte in der Stadt schuf, nämlich 1606/1607 und 1609/1610. Darüber hinaus scheint das Gemälde nicht den Einfluss Jusepe de Riberas zu verraten, der 1616 in Neapel eintraf und für eine andere Interpretation von Caravaggios Vorbild stand, womit er spürbaren Einfluss auf die in den folgenden Jahrzehnten in der Stadt tätigen Künstler ausübte. Spinosa schlägt insbesondere aus stilistischen Gründen vor, das vorliegende Werk entweder Carlo Sellitto (1581–1614) zuzuschreiben oder, was noch wahrscheinlicher sein mag, es dem Frühwerk seines Schülers Filippo Vitale (1585–1650) zuzuweisen. Der vorliegende Heilige Franziskus in Ekstase könnte daher zeitlich etwas früher angesetzt werden als die Befreiung des heiligen Petrus aus dem Gefängnis im Musée des Beaux-Arts in Nantes (Inv.-Nr. 30).
Es ist überliefert, dass Caravaggio während seines zweiten Aufenthalts in Neapel für die Fenaroli-Kapelle in Sant’Anna dei Lombardi einen heiligen Franziskus schuf, der die Wundmale empfängt, während Carlo Sellitto in der Cortona-Kapelle derselben Kirche an einem Leinwandbild arbeitete, das ebenfalls den Gründer des Franziskanerordens darstellte. Es ist daher nicht auszuschließen, dass das vorliegende Gemälde in gewisser Weise Caravaggios Bilderfindung widerspiegelt, die bisher spurlos verschwunden geblieben ist.
Experte: Mark MacDonnell
Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403
oldmasters@dorotheum.com
15.12.2023 - 17:02
- Schätzwert:
-
EUR 12.000,- bis EUR 18.000,-
- Startpreis:
-
EUR 12.000,-
Neapolitanische Schule, frühes 17. Jahrhundert
Der heilige Franziskus in Ekstase,
bezeichnet rechts oben mit alter Inventarnummer „2(...)2“ und dem Wappen der Familie Colonna rechts unten,
Öl auf Leinwand, 85,5 x 69 cm, ungerahmt
Provenienz:
vermutlich Sammlung Colonna, Rom (lt. Familienwappen rechts unten);
europäische Privatsammlung
Das vorliegende Gemälde stellt den heiligen Franziskus in Ekstase dar, bevor er die Wundmale empfängt. Der Figur sind Gegenstände beigegeben, die die Meditation des Heiligen über den Tod symbolisieren: Schädel und Rosenkranz. Die malerische Darstellung ist von großer Raffinesse und konzentriert sich besonders auf die Beschreibung des schweren Tuchs der Kutte des Heiligen und des Knotens der dicken Kordel, die seine Taille umfasst; die Hände des heiligen Franziskus und der Schädel sind mit sorgfältig ausgewogenem Helldunkel ausgeführt.
In der rechten unteren Ecke der Leinwand erscheint das goldene Emblem einer Säule, was darauf hindeutet, dass das Bild sich vermutlich einst im Besitz einer der berühmtesten und mächtigsten römischen Familien befand: der Colonna. Aus der gleichen Zeit wie das Wappen stammt eine nur teilweise leserliche Nummer oben rechts, möglicherweise „232“. Leider war es nicht möglich, dieses Werk in den bisher veröffentlichten Inventarverzeichnissen der Colonna zu identifizieren (Eduard A. Safarik, Collezione dei dipinti Colonna: inventari 1611–1795, München, New Providence, London, Paris 1996). Allerdings handelte es sich um eine umfangreiche und auf mehrere Familienzweige verteilte Sammlung.
Das Gemälde ist einem Künstler zugeschrieben, der in der zweiten Dekade des 17. Jahrhunderts in Neapel tätig war und unter dem Einfluss des gewagten Realismus jener Werke stand, die Caravaggio während zweier aufeinanderfolgender Aufenthalte in der Stadt schuf, nämlich 1606/1607 und 1609/1610. Darüber hinaus scheint das Gemälde nicht den Einfluss Jusepe de Riberas zu verraten, der 1616 in Neapel eintraf und für eine andere Interpretation von Caravaggios Vorbild stand, womit er spürbaren Einfluss auf die in den folgenden Jahrzehnten in der Stadt tätigen Künstler ausübte. Spinosa schlägt insbesondere aus stilistischen Gründen vor, das vorliegende Werk entweder Carlo Sellitto (1581–1614) zuzuschreiben oder, was noch wahrscheinlicher sein mag, es dem Frühwerk seines Schülers Filippo Vitale (1585–1650) zuzuweisen. Der vorliegende Heilige Franziskus in Ekstase könnte daher zeitlich etwas früher angesetzt werden als die Befreiung des heiligen Petrus aus dem Gefängnis im Musée des Beaux-Arts in Nantes (Inv.-Nr. 30).
Es ist überliefert, dass Caravaggio während seines zweiten Aufenthalts in Neapel für die Fenaroli-Kapelle in Sant’Anna dei Lombardi einen heiligen Franziskus schuf, der die Wundmale empfängt, während Carlo Sellitto in der Cortona-Kapelle derselben Kirche an einem Leinwandbild arbeitete, das ebenfalls den Gründer des Franziskanerordens darstellte. Es ist daher nicht auszuschließen, dass das vorliegende Gemälde in gewisser Weise Caravaggios Bilderfindung widerspiegelt, die bisher spurlos verschwunden geblieben ist.
Experte: Mark MacDonnell
Mark MacDonnell
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Käufer Hotline
Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at +43 1 515 60 403 |
Auktion: | Alte Meister - mit Werken aus der Rimpau-Langenstein Sammlung (Lot 108–139) |
Auktionstyp: | Online Auction |
Datum: | 15.12.2023 - 17:02 |
Auktionsort: | Wien | Palais Dorotheum |
Besichtigung: | 07.12. - 14.12.2023 |