Lot Nr. 230


Apostel, Hans Erich,


Komponist, 1901 – 1972. Konvolut von 3 e. B. m. U., Karlsruhe, Wien, 14. 9. 1932 – 1. 1. 1936, 2 – 4 S., zusammen 8 S., 2 umfangreiche Notenbeispiele, qu.-8vo.

An den lange in Deutschland und Österreich wirkenden dänischen Komponisten Paul von Klenau (1883 – 1946): „Da Alban Berg ihnen anscheinend mitzuteilen vergaß, daß ich z. Zeit mich in Karlsruhe aufhalte, kam Ihr Brief erst heute auf dem Umweg über Wien in meine Hände. Ich habe erfreut Ihren Vorschlag Kenntnis genommen, und bin natürlich sofort, das heißt nach meiner Rückkehr nach Wien, bereit, mich in Ihr Werk zu vertiefen, um baldigst die Arbeit vornehmen zu können. Als Schüler Bergs ist es selbstverständlich einer künstlerischen Tätigkeit gegenüber, mich größtmöglicher Genauigkeit zu befleißigen, was ein überstürztes aber oberflächliches Arbeiten im Vorhinein ausschließt. Auch Ihren Wunsch, Diskretion zu bewahren, kann ich insofern erweitern indem ich überhaupt keinen Menschen etwas von der Existenz Ihrer Oper (wohl Michael Kohlhaas, 1933, vgl. Kat.-Nr. 246) erwähne, so Sie es wünschen (14. 9. 1932). Ich legte mir einen Fragebogen an, um bei späterer Besprechung Ihres Werkes etwaige Unklarheiten richtig zu stellen. Nun hält mich jedoch die Analyse der Reihen zu sehr auf, so daß ich schon heute eine Frage geklärt haben möchte. Sie schreiben in Ihrem Brief vom 10. Okt.: „Wo ein neuer Ton auftritt, ist er immer der jeder Reihe folgende“. Nun bin ich jedoch auf etliche Takte gestoßen, bei denen ich stundenlang grübelte, zu welcher Reihe der Satz gehöre. Ich schreibe nämlich immer über meine (...) Skizze die Reihenbezeichnug (O.1, O.8. K.4 u. s. w.) aber in einigen Fällen ist mir dies unmöglich. Nachdem mir eine Analyse bei anderen Werken (Schönberg) immer gelang, kann nur eine allzufreie Verwendung der Töne die Ursache meines Nichtfindens sein. Ich möchte ein paar Beispiele anführen (Es folgen Notenbeispiele: 9. Takt am Schluß des ersten Bildes; Takt 32, 33, 34 des ersten Bildes etc.) Soll ich daher im Klavierauszug Lücken lassen um die 12 Töne abzuzählen? (15. 12. 1932). Als ich Ihren Brief bekam war das Unabwendbare schon geschehen. Unser lieber teurer Berg war nicht mehr. Und heute weiß man ja, daß schon an jenem Dienstag, als er ins Spital kam, alle Hilfe zu spät war. Ein allzu optimistischer Arzt und Bergs Optimismus wollten nicht an die große Gefahr glauben. Und als man trotz Operation keinen Eiterherd fand, die Sepsis jedoch immer schlimmer wurde, wußte man, dass keine Hoffnung mehr bestand. Mit Hilfe unzähliger Injektionen hielt man das geschwächte Herz noch ein paar Tage am Leben, bis in der Nacht vom 23. auf 24. zwischen 1/4 und 1/2 1 Uhr der Tod unseren lieben teuren Berg erlöste. Bis zum letzten Moment ertrug er heroisch seinen Zustand, ohne je ein Wort über den Tod zu äußern. Es war die schmerzlichste Woche meines Lebens: in den Gängen herumzustehen, um immer wieder in langen Stunden zwischen Hoffnung und Aussichtslosigkeit mich fragen: Soll Berg uns wirklich verloren gehen? Es sollte so sein“ (1. 1. 1936).

Experte: Mag. Andreas Löbbecke Mag. Andreas Löbbecke
+43-1-515 60-389

books@dorotheum.at

27.06.2024 - 15:53

Erzielter Preis: **
EUR 750,-
Startpreis:
EUR 700,-

Apostel, Hans Erich,


Komponist, 1901 – 1972. Konvolut von 3 e. B. m. U., Karlsruhe, Wien, 14. 9. 1932 – 1. 1. 1936, 2 – 4 S., zusammen 8 S., 2 umfangreiche Notenbeispiele, qu.-8vo.

An den lange in Deutschland und Österreich wirkenden dänischen Komponisten Paul von Klenau (1883 – 1946): „Da Alban Berg ihnen anscheinend mitzuteilen vergaß, daß ich z. Zeit mich in Karlsruhe aufhalte, kam Ihr Brief erst heute auf dem Umweg über Wien in meine Hände. Ich habe erfreut Ihren Vorschlag Kenntnis genommen, und bin natürlich sofort, das heißt nach meiner Rückkehr nach Wien, bereit, mich in Ihr Werk zu vertiefen, um baldigst die Arbeit vornehmen zu können. Als Schüler Bergs ist es selbstverständlich einer künstlerischen Tätigkeit gegenüber, mich größtmöglicher Genauigkeit zu befleißigen, was ein überstürztes aber oberflächliches Arbeiten im Vorhinein ausschließt. Auch Ihren Wunsch, Diskretion zu bewahren, kann ich insofern erweitern indem ich überhaupt keinen Menschen etwas von der Existenz Ihrer Oper (wohl Michael Kohlhaas, 1933, vgl. Kat.-Nr. 246) erwähne, so Sie es wünschen (14. 9. 1932). Ich legte mir einen Fragebogen an, um bei späterer Besprechung Ihres Werkes etwaige Unklarheiten richtig zu stellen. Nun hält mich jedoch die Analyse der Reihen zu sehr auf, so daß ich schon heute eine Frage geklärt haben möchte. Sie schreiben in Ihrem Brief vom 10. Okt.: „Wo ein neuer Ton auftritt, ist er immer der jeder Reihe folgende“. Nun bin ich jedoch auf etliche Takte gestoßen, bei denen ich stundenlang grübelte, zu welcher Reihe der Satz gehöre. Ich schreibe nämlich immer über meine (...) Skizze die Reihenbezeichnug (O.1, O.8. K.4 u. s. w.) aber in einigen Fällen ist mir dies unmöglich. Nachdem mir eine Analyse bei anderen Werken (Schönberg) immer gelang, kann nur eine allzufreie Verwendung der Töne die Ursache meines Nichtfindens sein. Ich möchte ein paar Beispiele anführen (Es folgen Notenbeispiele: 9. Takt am Schluß des ersten Bildes; Takt 32, 33, 34 des ersten Bildes etc.) Soll ich daher im Klavierauszug Lücken lassen um die 12 Töne abzuzählen? (15. 12. 1932). Als ich Ihren Brief bekam war das Unabwendbare schon geschehen. Unser lieber teurer Berg war nicht mehr. Und heute weiß man ja, daß schon an jenem Dienstag, als er ins Spital kam, alle Hilfe zu spät war. Ein allzu optimistischer Arzt und Bergs Optimismus wollten nicht an die große Gefahr glauben. Und als man trotz Operation keinen Eiterherd fand, die Sepsis jedoch immer schlimmer wurde, wußte man, dass keine Hoffnung mehr bestand. Mit Hilfe unzähliger Injektionen hielt man das geschwächte Herz noch ein paar Tage am Leben, bis in der Nacht vom 23. auf 24. zwischen 1/4 und 1/2 1 Uhr der Tod unseren lieben teuren Berg erlöste. Bis zum letzten Moment ertrug er heroisch seinen Zustand, ohne je ein Wort über den Tod zu äußern. Es war die schmerzlichste Woche meines Lebens: in den Gängen herumzustehen, um immer wieder in langen Stunden zwischen Hoffnung und Aussichtslosigkeit mich fragen: Soll Berg uns wirklich verloren gehen? Es sollte so sein“ (1. 1. 1936).

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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
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Auktion: Autographen, Handschriften, Urkunden
Auktionstyp: Online Auction
Datum: 27.06.2024 - 15:53
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 22.06. - 27.06.2024


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