Lot Nr. 170 -


Italienische Schule um 1630


Italienische Schule um 1630 - Alte Meister

Ein Küchenstillleben,
Öl auf Leinwand, 150,5 x 269,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Auktion Christie‘s, London, 7. Juli 1995, Lot 96 (als italienische Schule des 17. Jahrhunderts), £90,000

Die Darstellung üppiger Mengen von zerteiltem Fleisch und frisch erlegtem Wild auf einem Marktstand oder wie in dem vorliegenden eindrucksvollen Gemälde in einer Küche galt in der Renaissance und im Barock als Manifestation von Wohlstand und Lebensfreude. Ob mit solchen Gemälden auch moralisierende Botschaften vermittelt werden sollten, ist in der Forschung umstritten und hängt vom Kontext ab, in dem sie entstanden sind. Der ganze Überfluss einer barocken Schlossküche, in der der Küchenmeister mit einer Magd offenbar ein Festmahl vorbereitet, wird hier vor dem Betrachter ausgebreitet.

Das vorliegende Gemälde vereint nordische Stilelemente mit dem noch vom Caravaggismus geprägten römischen Barock. Gerade in dieser Zeit sind noch viele Fragen der Zuschreibung offen, und einige der bedeutendsten Meister in der römischen Caravaggio-Nachfolge konnten bislang nicht identifiziert werden, wie der Aquavella Meister oder der so genannte Pensionante del Saraceni. Einige Kunsthistoriker schlugen für das vorliegende Gemälde eine Zuschreibung an Pensionante vor. Dies wäre eine Möglichkeit, die verschiedenen stilistischen Charakteristika zu erklären. Der unverkennbare französische Einfluss, die Reminiszenzen an Bassano in der Gestaltung des Küchenraumes sowie die an den römischen Barock erinnernden Details könnten mit der Autorschaft des immer noch nicht identifizierten, wohl französischen sog. „Untermieters“ des Venezianers Saraceni in Rom erklärt werden. Vormals wurde ein nordischer Künstler, tätig in Genua, wie Giacomo Legi in Betracht gezogen, was Anna Orlando, Expertin für das Werk Legis und der genuesisch-flämischen Malerei aber nach Untersuchung des Originals ausgeschlossen hat. Orlando verweist auch auf die Möglichkeit, dass das Bild von Pensionante del Saraceni bzw. von mehr als einem Künstler stammen könnte

Die hervorragende Qualität und der kräftige, teilweise sehr pastose Farbauftrag deuten auf eine selbstsichere und eigenständige Künstlerpersönlichkeit, weshalb es umso mehr erstaunt, dass es seit dem ersten Erscheinen dieses eindrucksvollen Gemäldes auf dem internationalen Kunstmarkt im Jahr 1995 nicht gelungen ist, den Maler zu identifizieren. Neben Verweisen an Künstler in Rom aus dem Kreis Vouets wurde eine ganze Reihe von Zuschreibungen vorgeschlagen, die aber letztlich zu keinem kunsthistorischen Konsens führten, so unter anderem an Abraham Bloemaert und Pieter van Bouclé in Verbindung mit Sebastien Bourdon. Es ist davon auszugehen, dass dieses Werk, wenn die Frage der Autorschaft geklärt sein wird, einen entscheidenden Beitrag zum Verständnis des künstlerischen Austauschs und der gegenseitigen Einflussnahme italienischer und nordischer Stilllebenmalerei in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts leisten wird. Heute bleibt es ein faszinierendes, wenn auch rätselhaftes Stillleben, das möglicherweise von einem bzw. mehreren nordischen Malern aus dem post-caravaggesken Kreis des Pensionante und Michelangelo Cerquozzi, ausgeführt wurde.

Experte: Dr. Alexander Strasoldo Dr. Alexander Strasoldo
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

19.04.2016 - 18:00

Schätzwert:
EUR 30.000,- bis EUR 40.000,-

Italienische Schule um 1630


Ein Küchenstillleben,
Öl auf Leinwand, 150,5 x 269,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Auktion Christie‘s, London, 7. Juli 1995, Lot 96 (als italienische Schule des 17. Jahrhunderts), £90,000

Die Darstellung üppiger Mengen von zerteiltem Fleisch und frisch erlegtem Wild auf einem Marktstand oder wie in dem vorliegenden eindrucksvollen Gemälde in einer Küche galt in der Renaissance und im Barock als Manifestation von Wohlstand und Lebensfreude. Ob mit solchen Gemälden auch moralisierende Botschaften vermittelt werden sollten, ist in der Forschung umstritten und hängt vom Kontext ab, in dem sie entstanden sind. Der ganze Überfluss einer barocken Schlossküche, in der der Küchenmeister mit einer Magd offenbar ein Festmahl vorbereitet, wird hier vor dem Betrachter ausgebreitet.

Das vorliegende Gemälde vereint nordische Stilelemente mit dem noch vom Caravaggismus geprägten römischen Barock. Gerade in dieser Zeit sind noch viele Fragen der Zuschreibung offen, und einige der bedeutendsten Meister in der römischen Caravaggio-Nachfolge konnten bislang nicht identifiziert werden, wie der Aquavella Meister oder der so genannte Pensionante del Saraceni. Einige Kunsthistoriker schlugen für das vorliegende Gemälde eine Zuschreibung an Pensionante vor. Dies wäre eine Möglichkeit, die verschiedenen stilistischen Charakteristika zu erklären. Der unverkennbare französische Einfluss, die Reminiszenzen an Bassano in der Gestaltung des Küchenraumes sowie die an den römischen Barock erinnernden Details könnten mit der Autorschaft des immer noch nicht identifizierten, wohl französischen sog. „Untermieters“ des Venezianers Saraceni in Rom erklärt werden. Vormals wurde ein nordischer Künstler, tätig in Genua, wie Giacomo Legi in Betracht gezogen, was Anna Orlando, Expertin für das Werk Legis und der genuesisch-flämischen Malerei aber nach Untersuchung des Originals ausgeschlossen hat. Orlando verweist auch auf die Möglichkeit, dass das Bild von Pensionante del Saraceni bzw. von mehr als einem Künstler stammen könnte

Die hervorragende Qualität und der kräftige, teilweise sehr pastose Farbauftrag deuten auf eine selbstsichere und eigenständige Künstlerpersönlichkeit, weshalb es umso mehr erstaunt, dass es seit dem ersten Erscheinen dieses eindrucksvollen Gemäldes auf dem internationalen Kunstmarkt im Jahr 1995 nicht gelungen ist, den Maler zu identifizieren. Neben Verweisen an Künstler in Rom aus dem Kreis Vouets wurde eine ganze Reihe von Zuschreibungen vorgeschlagen, die aber letztlich zu keinem kunsthistorischen Konsens führten, so unter anderem an Abraham Bloemaert und Pieter van Bouclé in Verbindung mit Sebastien Bourdon. Es ist davon auszugehen, dass dieses Werk, wenn die Frage der Autorschaft geklärt sein wird, einen entscheidenden Beitrag zum Verständnis des künstlerischen Austauschs und der gegenseitigen Einflussnahme italienischer und nordischer Stilllebenmalerei in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts leisten wird. Heute bleibt es ein faszinierendes, wenn auch rätselhaftes Stillleben, das möglicherweise von einem bzw. mehreren nordischen Malern aus dem post-caravaggesken Kreis des Pensionante und Michelangelo Cerquozzi, ausgeführt wurde.

Experte: Dr. Alexander Strasoldo Dr. Alexander Strasoldo
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 19.04.2016 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 09.04. - 19.04.2016