Lot Nr. 26 -


Dirck van Baburen


Dirck van Baburen - Alte Meister

(Utrecht um 1590 – nach 1623)
Das Duett,
Öl auf Leinwand, 97 x 82 cm, gerahmt

Provenienz:
Sammlung F. Pospisil, Venedig, ca. 1943;
Kunsthandel Frezzati, Venedig;
Sammlung Jeronimo Bertran Cuisiné, Mexiko, 1964;
Privatsammlung, USA;
Auktion, Sotheby’s, New York, 9. Juni 2011, Los 41 (als Dirck van Baburen Werkstatt);
Privatsammlung;
Auktion, Christie’s, London, 4. Dezember 2012, Los 9 (als Dirck van Baburen zugeschrieben)

Literatur:
Un Olandese figlio spiritual d’Italia: Van Baburen, in: Arte Figurativa Antica e Moderna, III, 1955, S. 29 (als Dirck van Baburen);
J. R. Judson, Gerrit van Honthorst; A discussion of his position in Dutch Art, The Hague, 1956, S. 67, note 3 (als Gerrit van Honthorst);
L. J. Slatkes, Dirck van Baburen (c. 1595-1624), a Dutch painter in Utrecht and Rome, Utrecht, 1965, S. 138 (als Kopie nach einem verlorenen Original von Van Baburen);
B. Nicholson, The International Caravaggesque Movement: Lists of pictures by Caravaggio and his followers throughout Europe from 1590 to 1650, Oxford, 1979, S. 18 (als Kopie nach einem verlorenen Original von Van Baburen);
B. Nicholson, Caravaggism in Europe, I, Turin, 1989, S. 55, unter Nr. 1061 (als Kopie nach einem verlorenen Original);
W. Franits, Dirck van Baburen, Amsterdam, 2013, Kat. Nr. W8, S. 185, Tafel 45 (als “eine qualitativ sehr hochwertige Werkstattkopie nach einem heute verloren Original von Van Baburen, falls ein derartiges Original je existiert hatte“)

Ausgestellt:
Mexico City, Museo Nacional de Arte Moderna, Pintura Neerlandesa en Mexico Siglos XV, XVI y XVII, 1964, Nr. 10 (als Dirck van Baburen)

Das vorliegende Gemälde galt lange Zeit als eine Kopie bzw. Werkstattwiederholung nach einem verlorenen Original Baburens. Erst eine vor wenigen Jahren durchgeführte Reinigung mit Entfernung verunklärender Übermalungen brachte die künstlerische Qualität des Bildes zum Vorschein, was Spezialisten wie Paul Huys Janssen und Peter van den Brink nach Begutachtung des Originals dazu brachte, es als eigenhändiges Werk Baburens, entstanden um 1622, zu akzeptieren. Zwei weitere Fassungen dieser Komposition sind bekannt: die eine befindet sich in der Sammlung der Grafen von Schönborn-Wiesentheid in Schloss Pommersfelden, die andere ist in der Sammlung N. Kohlhepp, Louisville, Kentucky. Wayne Franits, der das Gemälde 2012 in seiner Monographie zu Baburen als Werkstattarbeit publizierte, änderte seine Meinung (in einem Brief an den Eigentümer vom 23. Februar 2014), nachdem er es in restauriertem Zustand gesehen hatte. Er sieht in dem Bild jetzt ein Produkt von Dirck van Baburen und seiner Werkstatt, wobei er die männliche Figur für eigenhändig, die weibliche dagegen für die Arbeit eines Malers aus Baburens Werkstatt hält. Paul Huys Janssen, Direktor des Noordbrabantsmuseum, s’Hertogenbosch, hält das Gemälde nach Begutachtung des Originals für uneingeschränkt eigenhändig. Er datiert es auf ca. 1622 (mündliche Mitteilung an den Einbringer). Peter van den Brink, Direktor des Suermondt-Ludwig Museums in Aachen, stimmt diesbezüglich mit Paul Huys Janssen überein (private Mitteilung an den Einlieferer).

Stilistisch lässt sich das vorliegende Gemälde am ehesten mit Baburens Kupplerin im Museum of Fine Art, Boston (1622) bzw. mit dem Lautenspieler im Centraal Museum in Utrecht (ebenfalls 1622) vergleichen. Alle diese Bilder zeigen eckige Draperien, ein strenges Chiaroscuro und ein reiches, warmes Kolorit. Interessanterweise findet sich das Modell für die weibliche Figur des vorliegenden Gemäldes auch auf Baburens Cimon und Pero in der York Art Gallery (1618-1628) und auf einer weiteren Version der Kupplerin in der Würzburger Residenz (ebenfalls 1620er Jahre).

Dirck van Baburen lebte seit seiner frühen Kindheit in Utrecht, wo er 1611 in den Akten der St. Lukasgilde als Schüler von Paulus Moreelse erwähnt wird. Zwischen 1612 und 1615 reiste der junge Maler nach Rom. Dort arbeitete er mit seinem älteren Landsmann David de Haen zusammen. Er war eines der ersten Mitglieder der Künstlervereinigung „Bentveughels“. In Rom geriet Baburen schnell unter den Einfluss Caravaggios und seiner Nachfolger, wie z. B. Bartolomeo Manfredi. Deutlich caravaggesk ist Baburens um 1617 entstandene Grablegung in der Kapelle der Pietà in San Pietro in Montorio. Sie beruht eindeutig auf Caravaggios Grablegung in den vatikanischen Museen. Seine Kunst kam rasch bei hochrangigen Mäzenen wie Vincenzo Giustiniani und Kardinal Scipione Borghese in Mode. In den späten 1620er Jahren kehrte Baburen nach Utrecht zurück. Dort begründete er zusammen mit Hendrick ter Brugghen und Gerard van Honthorst die Schule der Utrechter Caravaggisten. Er verschmolz die Charakteristika Caravaggios, wie das starke Chiaroscuro, mit eindeutig niederländisch geprägten Sujets aus Genre, Mythologie und Geschichte. Baburens Kupplerin (heute in Boston) gehörte Jan Vermeer, der sie auf zweien seiner Gemälde abbildete. Um 1629 notierte der Historiograph Constantijn Huygens, dass Baburen einer der bedeutendsten niederländischen Künstler der ersten Dekaden des 17. Jahrhunderts sei.



Additional image:
Johannes Vermeer, A Young Woman seated at a Virginal
© The National Gallery, London. Salting Bequest, 1910

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

19.04.2016 - 18:00

Schätzwert:
EUR 200.000,- bis EUR 300.000,-

Dirck van Baburen


(Utrecht um 1590 – nach 1623)
Das Duett,
Öl auf Leinwand, 97 x 82 cm, gerahmt

Provenienz:
Sammlung F. Pospisil, Venedig, ca. 1943;
Kunsthandel Frezzati, Venedig;
Sammlung Jeronimo Bertran Cuisiné, Mexiko, 1964;
Privatsammlung, USA;
Auktion, Sotheby’s, New York, 9. Juni 2011, Los 41 (als Dirck van Baburen Werkstatt);
Privatsammlung;
Auktion, Christie’s, London, 4. Dezember 2012, Los 9 (als Dirck van Baburen zugeschrieben)

Literatur:
Un Olandese figlio spiritual d’Italia: Van Baburen, in: Arte Figurativa Antica e Moderna, III, 1955, S. 29 (als Dirck van Baburen);
J. R. Judson, Gerrit van Honthorst; A discussion of his position in Dutch Art, The Hague, 1956, S. 67, note 3 (als Gerrit van Honthorst);
L. J. Slatkes, Dirck van Baburen (c. 1595-1624), a Dutch painter in Utrecht and Rome, Utrecht, 1965, S. 138 (als Kopie nach einem verlorenen Original von Van Baburen);
B. Nicholson, The International Caravaggesque Movement: Lists of pictures by Caravaggio and his followers throughout Europe from 1590 to 1650, Oxford, 1979, S. 18 (als Kopie nach einem verlorenen Original von Van Baburen);
B. Nicholson, Caravaggism in Europe, I, Turin, 1989, S. 55, unter Nr. 1061 (als Kopie nach einem verlorenen Original);
W. Franits, Dirck van Baburen, Amsterdam, 2013, Kat. Nr. W8, S. 185, Tafel 45 (als “eine qualitativ sehr hochwertige Werkstattkopie nach einem heute verloren Original von Van Baburen, falls ein derartiges Original je existiert hatte“)

Ausgestellt:
Mexico City, Museo Nacional de Arte Moderna, Pintura Neerlandesa en Mexico Siglos XV, XVI y XVII, 1964, Nr. 10 (als Dirck van Baburen)

Das vorliegende Gemälde galt lange Zeit als eine Kopie bzw. Werkstattwiederholung nach einem verlorenen Original Baburens. Erst eine vor wenigen Jahren durchgeführte Reinigung mit Entfernung verunklärender Übermalungen brachte die künstlerische Qualität des Bildes zum Vorschein, was Spezialisten wie Paul Huys Janssen und Peter van den Brink nach Begutachtung des Originals dazu brachte, es als eigenhändiges Werk Baburens, entstanden um 1622, zu akzeptieren. Zwei weitere Fassungen dieser Komposition sind bekannt: die eine befindet sich in der Sammlung der Grafen von Schönborn-Wiesentheid in Schloss Pommersfelden, die andere ist in der Sammlung N. Kohlhepp, Louisville, Kentucky. Wayne Franits, der das Gemälde 2012 in seiner Monographie zu Baburen als Werkstattarbeit publizierte, änderte seine Meinung (in einem Brief an den Eigentümer vom 23. Februar 2014), nachdem er es in restauriertem Zustand gesehen hatte. Er sieht in dem Bild jetzt ein Produkt von Dirck van Baburen und seiner Werkstatt, wobei er die männliche Figur für eigenhändig, die weibliche dagegen für die Arbeit eines Malers aus Baburens Werkstatt hält. Paul Huys Janssen, Direktor des Noordbrabantsmuseum, s’Hertogenbosch, hält das Gemälde nach Begutachtung des Originals für uneingeschränkt eigenhändig. Er datiert es auf ca. 1622 (mündliche Mitteilung an den Einbringer). Peter van den Brink, Direktor des Suermondt-Ludwig Museums in Aachen, stimmt diesbezüglich mit Paul Huys Janssen überein (private Mitteilung an den Einlieferer).

Stilistisch lässt sich das vorliegende Gemälde am ehesten mit Baburens Kupplerin im Museum of Fine Art, Boston (1622) bzw. mit dem Lautenspieler im Centraal Museum in Utrecht (ebenfalls 1622) vergleichen. Alle diese Bilder zeigen eckige Draperien, ein strenges Chiaroscuro und ein reiches, warmes Kolorit. Interessanterweise findet sich das Modell für die weibliche Figur des vorliegenden Gemäldes auch auf Baburens Cimon und Pero in der York Art Gallery (1618-1628) und auf einer weiteren Version der Kupplerin in der Würzburger Residenz (ebenfalls 1620er Jahre).

Dirck van Baburen lebte seit seiner frühen Kindheit in Utrecht, wo er 1611 in den Akten der St. Lukasgilde als Schüler von Paulus Moreelse erwähnt wird. Zwischen 1612 und 1615 reiste der junge Maler nach Rom. Dort arbeitete er mit seinem älteren Landsmann David de Haen zusammen. Er war eines der ersten Mitglieder der Künstlervereinigung „Bentveughels“. In Rom geriet Baburen schnell unter den Einfluss Caravaggios und seiner Nachfolger, wie z. B. Bartolomeo Manfredi. Deutlich caravaggesk ist Baburens um 1617 entstandene Grablegung in der Kapelle der Pietà in San Pietro in Montorio. Sie beruht eindeutig auf Caravaggios Grablegung in den vatikanischen Museen. Seine Kunst kam rasch bei hochrangigen Mäzenen wie Vincenzo Giustiniani und Kardinal Scipione Borghese in Mode. In den späten 1620er Jahren kehrte Baburen nach Utrecht zurück. Dort begründete er zusammen mit Hendrick ter Brugghen und Gerard van Honthorst die Schule der Utrechter Caravaggisten. Er verschmolz die Charakteristika Caravaggios, wie das starke Chiaroscuro, mit eindeutig niederländisch geprägten Sujets aus Genre, Mythologie und Geschichte. Baburens Kupplerin (heute in Boston) gehörte Jan Vermeer, der sie auf zweien seiner Gemälde abbildete. Um 1629 notierte der Historiograph Constantijn Huygens, dass Baburen einer der bedeutendsten niederländischen Künstler der ersten Dekaden des 17. Jahrhunderts sei.



Additional image:
Johannes Vermeer, A Young Woman seated at a Virginal
© The National Gallery, London. Salting Bequest, 1910

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 19.04.2016 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 09.04. - 19.04.2016