Lot Nr. 747


Otto Muehl *


Otto Muehl * - Zeitgenössische Kunst, Teil 1

(Grodnau 1925–2013 Moncarapacho, Portugal)
Selbstportrait (O Sensibility), monogrammiert, datiert m 83, 24.10., Öl auf Leinwand, 128 x 140 cm, gerahmt, (K)

Provenienz:
Privatsammlung, Österreich

Otto Muehl
Selbstportrait (O Sensibility) 1983

Theo Altenberg Auszug aus „Notizen zu Werkprozessen“

Im Jahr 1983 widmet sich Otto Muehl intensiv dem Thema Malerei. Fast gleichzeitig beginnt er eine neue Phase der Reflektion über seine Arbeiten des Wiener Aktionismus. Er sieht die späten Filme (Der geile Wotan, O Sensibility, Investment Fond, u.a) und die Siebdrucke der 12 Aktionen Mappe.

Es kommt zu Diskussionen über die Darstellung von Gewalt in der Kunst. Über die männlich-kriegerische Sucht nach dem Blutrausch, die fortschreitende Ausrottung der Arten, die brutale und überhebliche Bezeichnung „Schlachtvieh“ und die Sehnsucht nach Erlösung durch Auslöschung der übermächtigen Natur.

Die Menschen sind zunächst Sammler, ernähren sich von Pflanzen. Der Sündenfall ist der Übergang zum Jäger. Das Töten von „beseelten Artgenossen“ ist einer der Symptome des magischen Denkens. Er entschuldigt sich beim Archetypen durch Opfergaben. Und durch Malerei ! Warum sehen wir in den frühzeitlichen Höhlenbildern vor allem Tierdarstellungen. Die damaligen Künstler führen einen imaginären Dialog mit ihnen. Der zweite Sündenfall ereignet sich als Brudermord. Mit dem Bewusstsein über das eigene Ich und der Selbsterhebung über das Kollektiv entsteht „Das Böse“ und der schizophrene, abgespaltene „Homo sapiens violensis“.

In der Folge malt Muehl dieses singuläre Selbstportrait, das sich auf die Aktion „O Sensibility“ bezieht (eine zweite Version übermalt er später). Das Bild schildert eine Hinrichtung an der Kreatur. In archaischer Pose: Ein nackter Mann in einem aggressiven Rot. Mit dem Handgriff des Würgers klemmt er eine weisse Gans zwischen seine Beine.

Beide Protagonisten sind gleich gross komponiert, die Gans ist überdimensional, der Täter verkürzt, ohne Brustkorb. Muehl stellt die „Gleichwertigkeit“ von Täter und Opfer her. Der gedrungene, krankhafte Körper erinnert an Darstellungen von zwergenhaften Teufeln. Mutmassungen über den Begriff Beelzebub. Der Kopf des Schlächters ist übergross. Sein Blick schildert Brutalität, Aggression, aber auch das Erschrecken vor der eigenen Mordlust. Der weisse Flügel im Rücken des Täters ruft Assoziationen zu Darstellungen von Luzifer, dem gefallenen Engel des Alten Testaments, auf.

Die Symbolik der Gewalt und das Töten von Tieren wird von Muehl in seinen Aktionen der 60er Jahre vor allem als Provokation gegen die sanktionierte Gewalt der „Kleinfamiliengesellschaft“ verwendet, in diesem Selbstporträt reflektiert er sein eigenes Gewaltpotential.

©: Theo Altenberg

Expertin: Mag. Elke Königseder Mag. Elke Königseder
+43-1-515 60-358

elke.koenigseder@dorotheum.at

10.06.2015 - 19:00

Schätzwert:
EUR 60.000,- bis EUR 80.000,-

Otto Muehl *


(Grodnau 1925–2013 Moncarapacho, Portugal)
Selbstportrait (O Sensibility), monogrammiert, datiert m 83, 24.10., Öl auf Leinwand, 128 x 140 cm, gerahmt, (K)

Provenienz:
Privatsammlung, Österreich

Otto Muehl
Selbstportrait (O Sensibility) 1983

Theo Altenberg Auszug aus „Notizen zu Werkprozessen“

Im Jahr 1983 widmet sich Otto Muehl intensiv dem Thema Malerei. Fast gleichzeitig beginnt er eine neue Phase der Reflektion über seine Arbeiten des Wiener Aktionismus. Er sieht die späten Filme (Der geile Wotan, O Sensibility, Investment Fond, u.a) und die Siebdrucke der 12 Aktionen Mappe.

Es kommt zu Diskussionen über die Darstellung von Gewalt in der Kunst. Über die männlich-kriegerische Sucht nach dem Blutrausch, die fortschreitende Ausrottung der Arten, die brutale und überhebliche Bezeichnung „Schlachtvieh“ und die Sehnsucht nach Erlösung durch Auslöschung der übermächtigen Natur.

Die Menschen sind zunächst Sammler, ernähren sich von Pflanzen. Der Sündenfall ist der Übergang zum Jäger. Das Töten von „beseelten Artgenossen“ ist einer der Symptome des magischen Denkens. Er entschuldigt sich beim Archetypen durch Opfergaben. Und durch Malerei ! Warum sehen wir in den frühzeitlichen Höhlenbildern vor allem Tierdarstellungen. Die damaligen Künstler führen einen imaginären Dialog mit ihnen. Der zweite Sündenfall ereignet sich als Brudermord. Mit dem Bewusstsein über das eigene Ich und der Selbsterhebung über das Kollektiv entsteht „Das Böse“ und der schizophrene, abgespaltene „Homo sapiens violensis“.

In der Folge malt Muehl dieses singuläre Selbstportrait, das sich auf die Aktion „O Sensibility“ bezieht (eine zweite Version übermalt er später). Das Bild schildert eine Hinrichtung an der Kreatur. In archaischer Pose: Ein nackter Mann in einem aggressiven Rot. Mit dem Handgriff des Würgers klemmt er eine weisse Gans zwischen seine Beine.

Beide Protagonisten sind gleich gross komponiert, die Gans ist überdimensional, der Täter verkürzt, ohne Brustkorb. Muehl stellt die „Gleichwertigkeit“ von Täter und Opfer her. Der gedrungene, krankhafte Körper erinnert an Darstellungen von zwergenhaften Teufeln. Mutmassungen über den Begriff Beelzebub. Der Kopf des Schlächters ist übergross. Sein Blick schildert Brutalität, Aggression, aber auch das Erschrecken vor der eigenen Mordlust. Der weisse Flügel im Rücken des Täters ruft Assoziationen zu Darstellungen von Luzifer, dem gefallenen Engel des Alten Testaments, auf.

Die Symbolik der Gewalt und das Töten von Tieren wird von Muehl in seinen Aktionen der 60er Jahre vor allem als Provokation gegen die sanktionierte Gewalt der „Kleinfamiliengesellschaft“ verwendet, in diesem Selbstporträt reflektiert er sein eigenes Gewaltpotential.

©: Theo Altenberg

Expertin: Mag. Elke Königseder Mag. Elke Königseder
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elke.koenigseder@dorotheum.at


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Zeitgenössische Kunst, Teil 1
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 10.06.2015 - 19:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 30.05. - 10.06.2015

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