Lot Nr. 217


Emil Jakob Schindler


Emil Jakob Schindler - Gemälde des 19. Jahrhunderts

(Wien 1842–1892 Westerland auf Sylt)
Garten in Plankenberg, signiert, datiert, betitelt 1886 Schindler Plankenburg, Öl auf Leinwand, 83,5 x 66,5 cm, gerahmt, (Rei)

Provenienz:
Christian Herrmann (1837-1915);
dessen Tochter Grete Zechmeister, Salzburg;
Privatbesitz Deutschland seit ca. 1960er Jahre

Verzeichnet und abgebildet in:
Heinrich Fuchs, Emil Jakob Schindler, Zeugnisse eines ungewöhnlichen Künstlerlebens, Werkkatalog Wien 1970, S. 240, Nr. 527, Abb. 71.

Wir danken Dr. Alexander Klee für die wissenschaftliche Unterstützung.

Schindlers Garten in Plankenberg steht in einer Reihe mit Bildern von Bauerngärten, wie sie ab etwa 1878 in seinem Werk anzutreffen sind. In Nahsicht und großer Detailgenauigkeit gab er in diesem Gemälde den Gemüsegarten mit Kohlköpfen, Malven und Sonnenblumen wieder. (1) Schindler malte weder eine heroische Landschaft noch das Repräsentationsbild einer Gartenanlage. Vielmehr schuf er die besondere Stimmung eines trocken-heißen Sommertages mit flirrender Luft. Die gerade abgestellte Schaufel und das an die Mutter herantretende Kind vermitteln die Zufälligkeit eines Moments, umgefallene Tontöpfe und eine Blechgießkanne Alltäglichkeit, verbunden mit einer besonderen Nahsichtigkeit, die sich schon bei Ferdinand Georg Waldmüller beobachten lässt. Aus der Wahl des Motives, eines gewöhnlich scheinenden Nutzgartens, kann man auf den Einfluss des französischen Realismus schließen. Kein komponiertes Stillleben, keine farbenprächtigen Blütenpflanzen, sondern realistisch wiedergegebene Nutzpflanzen stehen für eine neue Definition von Schönheit. Naturtreue und Lebenswahrheit repräsentieren das aus Frankreich übernommene ästhetische Ideal.(2)

Bei Schindler kam jedoch noch eine weitere Komponente hinzu. Der Verlust der Verbundenheit des Menschen mit der Natur wurde in der zunehmenden Technisierung offenkundig. Mit ihren Maschinen begann die Industrie in die Natur einzugreifen und sie zu zerstören. Der Mensch entfremdete sich der Natur und deren jahreszeitlichem Ablauf. Doch in solch einem einfachen Bauengarten treten der Mensch und die Natur wieder in Einklang miteinander, wachsen zusammen. So stehen die vom Menschen gemachten Dinge als räumlich präzise erfasste Gegenstände ebenso wie der in die Tiefe führende Gartenweg in scharfem Kontrast zum malerisch durchgeführten Hintergrund. Der Blick wandert dabei vom Gartenweg über einen noch unbewachsenen Rosenbogen in den sich öffnenden Himmel; Mutter und Kind geben solcherart eine sehr irdische Interpretation einer Maria im Rosenhaag ab. Zudem steht beides in einem harmonischen Verhältnis zueinander. Schindler wählte für die Proportion des nahsichtigen Bildteils zum verschatteten Waldhintergrund und zum hochsommerlich blauen Himmel den als besonders harmonisch geltenden Goldenen Schnitt. Schindler verwirklichte in diesem Gemälde somit sein persönliches Paradies.

Indem Emil Jakob Schindler wirklichkeitsnahe Landschaften komponierte, denen detaillierte Kenntnis und Beobachtung der Natur zugrunde lagen, charakterisiert er sich nicht zu Unrecht als „poetischer Realist“. (3)

Dr. Alexander Klee, Kurator für 19. Jahrhundert am Belvedere in Wien. Es handelt sich um einen Auszug aus dem im Dorotheum myARTMAGAZINE Frühjahr 2014 erschienen Text.

(1) Vgl. hierzu Martina Haya, „Kraut und Rüben“. Beobachtungen zur österreichischen Freilicht-Malerei im späten 19. Jahrhundert, in: Mitteilungen der Österreichischen Galerie Belvedere, 30. Jg., Heft 74 (1986), S. 43–66.
(2) Ebd., S. 52.
(3) Alexander Klee, Paysage intime – Stimmung – Poetischer Realismus, in: Agnes Husslein-Arco – Alexander Klee (Hg.), Emil Jakob Schindler. Poetischer Realismus. Ausst. Kat. Belvedere Wien. Wien 2012, S. 18.

Expertin: Mag. Dimitra Reimüller Mag. Dimitra Reimüller
+43-1-515 60-355

19c.paintings@dorotheum.at

08.04.2014 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 183.300,-
Schätzwert:
EUR 120.000,- bis EUR 180.000,-

Emil Jakob Schindler


(Wien 1842–1892 Westerland auf Sylt)
Garten in Plankenberg, signiert, datiert, betitelt 1886 Schindler Plankenburg, Öl auf Leinwand, 83,5 x 66,5 cm, gerahmt, (Rei)

Provenienz:
Christian Herrmann (1837-1915);
dessen Tochter Grete Zechmeister, Salzburg;
Privatbesitz Deutschland seit ca. 1960er Jahre

Verzeichnet und abgebildet in:
Heinrich Fuchs, Emil Jakob Schindler, Zeugnisse eines ungewöhnlichen Künstlerlebens, Werkkatalog Wien 1970, S. 240, Nr. 527, Abb. 71.

Wir danken Dr. Alexander Klee für die wissenschaftliche Unterstützung.

Schindlers Garten in Plankenberg steht in einer Reihe mit Bildern von Bauerngärten, wie sie ab etwa 1878 in seinem Werk anzutreffen sind. In Nahsicht und großer Detailgenauigkeit gab er in diesem Gemälde den Gemüsegarten mit Kohlköpfen, Malven und Sonnenblumen wieder. (1) Schindler malte weder eine heroische Landschaft noch das Repräsentationsbild einer Gartenanlage. Vielmehr schuf er die besondere Stimmung eines trocken-heißen Sommertages mit flirrender Luft. Die gerade abgestellte Schaufel und das an die Mutter herantretende Kind vermitteln die Zufälligkeit eines Moments, umgefallene Tontöpfe und eine Blechgießkanne Alltäglichkeit, verbunden mit einer besonderen Nahsichtigkeit, die sich schon bei Ferdinand Georg Waldmüller beobachten lässt. Aus der Wahl des Motives, eines gewöhnlich scheinenden Nutzgartens, kann man auf den Einfluss des französischen Realismus schließen. Kein komponiertes Stillleben, keine farbenprächtigen Blütenpflanzen, sondern realistisch wiedergegebene Nutzpflanzen stehen für eine neue Definition von Schönheit. Naturtreue und Lebenswahrheit repräsentieren das aus Frankreich übernommene ästhetische Ideal.(2)

Bei Schindler kam jedoch noch eine weitere Komponente hinzu. Der Verlust der Verbundenheit des Menschen mit der Natur wurde in der zunehmenden Technisierung offenkundig. Mit ihren Maschinen begann die Industrie in die Natur einzugreifen und sie zu zerstören. Der Mensch entfremdete sich der Natur und deren jahreszeitlichem Ablauf. Doch in solch einem einfachen Bauengarten treten der Mensch und die Natur wieder in Einklang miteinander, wachsen zusammen. So stehen die vom Menschen gemachten Dinge als räumlich präzise erfasste Gegenstände ebenso wie der in die Tiefe führende Gartenweg in scharfem Kontrast zum malerisch durchgeführten Hintergrund. Der Blick wandert dabei vom Gartenweg über einen noch unbewachsenen Rosenbogen in den sich öffnenden Himmel; Mutter und Kind geben solcherart eine sehr irdische Interpretation einer Maria im Rosenhaag ab. Zudem steht beides in einem harmonischen Verhältnis zueinander. Schindler wählte für die Proportion des nahsichtigen Bildteils zum verschatteten Waldhintergrund und zum hochsommerlich blauen Himmel den als besonders harmonisch geltenden Goldenen Schnitt. Schindler verwirklichte in diesem Gemälde somit sein persönliches Paradies.

Indem Emil Jakob Schindler wirklichkeitsnahe Landschaften komponierte, denen detaillierte Kenntnis und Beobachtung der Natur zugrunde lagen, charakterisiert er sich nicht zu Unrecht als „poetischer Realist“. (3)

Dr. Alexander Klee, Kurator für 19. Jahrhundert am Belvedere in Wien. Es handelt sich um einen Auszug aus dem im Dorotheum myARTMAGAZINE Frühjahr 2014 erschienen Text.

(1) Vgl. hierzu Martina Haya, „Kraut und Rüben“. Beobachtungen zur österreichischen Freilicht-Malerei im späten 19. Jahrhundert, in: Mitteilungen der Österreichischen Galerie Belvedere, 30. Jg., Heft 74 (1986), S. 43–66.
(2) Ebd., S. 52.
(3) Alexander Klee, Paysage intime – Stimmung – Poetischer Realismus, in: Agnes Husslein-Arco – Alexander Klee (Hg.), Emil Jakob Schindler. Poetischer Realismus. Ausst. Kat. Belvedere Wien. Wien 2012, S. 18.

Expertin: Mag. Dimitra Reimüller Mag. Dimitra Reimüller
+43-1-515 60-355

19c.paintings@dorotheum.at


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Gemälde des 19. Jahrhunderts
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 08.04.2014 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 29.03. - 08.04.2014


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.