Lot Nr. 509


Giulio Pippi, gen. Giulio Romano (Rom? 1499 – 1546 Mantua) und Werkstatt


Giulio Pippi, gen. Giulio Romano (Rom? 1499 – 1546 Mantua) und Werkstatt - Alte Meister

Schlacht aus dem Trojanischen Krieg, Öl auf Leinwand, 65 x 191 cm, gerahmt

Wir danken Professor Filippo Todini für die von ihm vorgeschlagene Zuschreibung dieses bisher unpublizierten Werks an Giulio Romano. Das Gemälde weist Giulio Romanos typischen Reifestil auf und kann als historisches Dokument seiner Tätigkeit in Mantua am Hof des Herzogs gelten.

Dargestellt sind hier zwei Ereignisse aus dem Trojanischen Krieg nach dem 5. Buch von Homers Ilias: der Kampf zwischen Diomedes und den Brüdern Idaeus und Phlegeus und der Konflikt zwischen Diomedes und Pandaros.

Das ungewöhnliche Format weist laut Todini darauf hin, dass es sich hier um eine originale und maßstabsgerechte „Vorlage“ für das große Gewölbefresko in der Sala di Troia im Palazzo Ducale in Mantua handelt (Abb. 1). Das Werk ist akkurat in der Wiedergabe der Details, wobei Bildthema und Komposition dem Fresko genau entsprechen. Letzteres gilt als ein Meisterwerk aus Giulio Romanos Blütezeit, welches der Künstler 1538/39 unter Mithilfe seiner Werkstattmitarbeiter schuf, darunter Fermo Ghisoni da Caravaggio, Rinaldo Mantovano und Luca da Faenza, genannt Figurino (siehe F. Hartt, Giulio Romano, New Haven 1958, Bd. I, S. 179ff., Bd. II, Abb. 389, 391; B. Talvacchia, Giulio Romano’s Sala di Troia, University Microfilms, Ann Arbor 1981; K. Oberhuber, in: Giulio Romano, Ausst. Kat., Mailand 1989, S. 148, 168).

Die Neuheit der Bilderfindung, deren Konzeption einer von antiken Steinfriesen inspirierten Erzählfolge in der Großzügigkeit der Formen und der Auffassung des Raums das Barock vorwegzunehmen scheint, wird durch die Helldunkelkontraste und die satten Farbtöne betont, wodurch sich eine ähnliche Wirkung ergibt wie in den oberen Bereichen des Freskos in Mantua.

Die Qualität der Ausführung erscheint vor allem in der linken Hälfte des Leinwandbildes, die sehr flüssig und frei gemalt ist, besonders hoch, sodass man hier ein direktes Eingreifen des Meisters selbst zu erkennen meint. Eine entsprechende Vorzeichnung (Abb. 2), die ein früheres Entwurfsstadium der komplexen Komposition zeigt, befindet sich im Louvre in Paris (Cabinet de dessins, 40,6 x 65,7 cm; Inv. 3529; Hartt 1958, Bd. I, S. 185, 301, Nr. 234).

Die vorliegende Komposition ist mit signierten Werken Giulio Romanos, die um 1540 datierbar sind, zu vergleichen, etwa mit dem Fresko einer Kreuzigung in der Kappelle der Isabella Boschetti oder Kapelle des hl. Longinus in der Basilica Sant’Andrea in Mantua (Oberhuber 1989, S. 140), das stilistische und typologische Übereinstimmungen aufweist, aber auch mit der auf Leinwand gemalten sogenannten Allegorie der Unsterblichkeit, heute in der Sammlung des Duke of Northumberland in Alnwick Castle und derzeit im Detroit Institute of Art (Nr. 66.41), die vermutlich Kardinal Ercole, der Bruder von Herzog Federico Gonzaga, beauftragt hat (Hartt 1958, Bd. I, S. 219–222).

Es ist zu beachten, dass in einer Privatsammlung ein zweiter unpublizierter „Entwurf“ für das Fresko im Troja-Saal existiert; er ist von geringerer Breite (65 x 110 cm) und steht in Zusammenhang mit der Episode Die Rettung des Aeneas durch Venus, die an einer der Schmalseiten des Deckengewölbes dargestellt ist (Abb. 3). Auf der Rückseite der Originalleinwand haben sich zwei alte Beschriftungen erhalten: „N. 4“ – was darauf hinweist, dass es eine ganze Serie von Vorlagen gegeben hat – und die Notiz „Dies muss für unseren Kardinal [gemeint ist Ercole Gonzaga] aufbewahrt werden“ (Abb. 4), möglicherweise in der Handschrift Giulio Romanos.

17.10.2012 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 97.900,-
Schätzwert:
EUR 50.000,- bis EUR 70.000,-

Giulio Pippi, gen. Giulio Romano (Rom? 1499 – 1546 Mantua) und Werkstatt


Schlacht aus dem Trojanischen Krieg, Öl auf Leinwand, 65 x 191 cm, gerahmt

Wir danken Professor Filippo Todini für die von ihm vorgeschlagene Zuschreibung dieses bisher unpublizierten Werks an Giulio Romano. Das Gemälde weist Giulio Romanos typischen Reifestil auf und kann als historisches Dokument seiner Tätigkeit in Mantua am Hof des Herzogs gelten.

Dargestellt sind hier zwei Ereignisse aus dem Trojanischen Krieg nach dem 5. Buch von Homers Ilias: der Kampf zwischen Diomedes und den Brüdern Idaeus und Phlegeus und der Konflikt zwischen Diomedes und Pandaros.

Das ungewöhnliche Format weist laut Todini darauf hin, dass es sich hier um eine originale und maßstabsgerechte „Vorlage“ für das große Gewölbefresko in der Sala di Troia im Palazzo Ducale in Mantua handelt (Abb. 1). Das Werk ist akkurat in der Wiedergabe der Details, wobei Bildthema und Komposition dem Fresko genau entsprechen. Letzteres gilt als ein Meisterwerk aus Giulio Romanos Blütezeit, welches der Künstler 1538/39 unter Mithilfe seiner Werkstattmitarbeiter schuf, darunter Fermo Ghisoni da Caravaggio, Rinaldo Mantovano und Luca da Faenza, genannt Figurino (siehe F. Hartt, Giulio Romano, New Haven 1958, Bd. I, S. 179ff., Bd. II, Abb. 389, 391; B. Talvacchia, Giulio Romano’s Sala di Troia, University Microfilms, Ann Arbor 1981; K. Oberhuber, in: Giulio Romano, Ausst. Kat., Mailand 1989, S. 148, 168).

Die Neuheit der Bilderfindung, deren Konzeption einer von antiken Steinfriesen inspirierten Erzählfolge in der Großzügigkeit der Formen und der Auffassung des Raums das Barock vorwegzunehmen scheint, wird durch die Helldunkelkontraste und die satten Farbtöne betont, wodurch sich eine ähnliche Wirkung ergibt wie in den oberen Bereichen des Freskos in Mantua.

Die Qualität der Ausführung erscheint vor allem in der linken Hälfte des Leinwandbildes, die sehr flüssig und frei gemalt ist, besonders hoch, sodass man hier ein direktes Eingreifen des Meisters selbst zu erkennen meint. Eine entsprechende Vorzeichnung (Abb. 2), die ein früheres Entwurfsstadium der komplexen Komposition zeigt, befindet sich im Louvre in Paris (Cabinet de dessins, 40,6 x 65,7 cm; Inv. 3529; Hartt 1958, Bd. I, S. 185, 301, Nr. 234).

Die vorliegende Komposition ist mit signierten Werken Giulio Romanos, die um 1540 datierbar sind, zu vergleichen, etwa mit dem Fresko einer Kreuzigung in der Kappelle der Isabella Boschetti oder Kapelle des hl. Longinus in der Basilica Sant’Andrea in Mantua (Oberhuber 1989, S. 140), das stilistische und typologische Übereinstimmungen aufweist, aber auch mit der auf Leinwand gemalten sogenannten Allegorie der Unsterblichkeit, heute in der Sammlung des Duke of Northumberland in Alnwick Castle und derzeit im Detroit Institute of Art (Nr. 66.41), die vermutlich Kardinal Ercole, der Bruder von Herzog Federico Gonzaga, beauftragt hat (Hartt 1958, Bd. I, S. 219–222).

Es ist zu beachten, dass in einer Privatsammlung ein zweiter unpublizierter „Entwurf“ für das Fresko im Troja-Saal existiert; er ist von geringerer Breite (65 x 110 cm) und steht in Zusammenhang mit der Episode Die Rettung des Aeneas durch Venus, die an einer der Schmalseiten des Deckengewölbes dargestellt ist (Abb. 3). Auf der Rückseite der Originalleinwand haben sich zwei alte Beschriftungen erhalten: „N. 4“ – was darauf hinweist, dass es eine ganze Serie von Vorlagen gegeben hat – und die Notiz „Dies muss für unseren Kardinal [gemeint ist Ercole Gonzaga] aufbewahrt werden“ (Abb. 4), möglicherweise in der Handschrift Giulio Romanos.


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old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 17.10.2012 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 06.10. - 17.10.2012


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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