Lot Nr. 129 -


Robert Gabriel Gence


Robert Gabriel Gence - Alte Meister

(Paris 1670–1728 Bayonne)
Porträt eines jungen Mannes in Hoftracht, identifiziert als Jacques François Léonor de Goyon de Matignon, Fürst von Monaco, ,
links unten bezeichnet: Jacques Leonor Ma...gnon,
Öl auf Leinwand, 202 × 126 cm, gerahmt

Wir danken Gloria Martinez Leiva, Olivier Ribeton, Stéphan Perreau, Jean Jacques Petit und Claudia Salvi für ihre Hilfe bei der Katalogisierung des Gemäldes.

Jean Jacques Petit war der Erste, der Gence als Urheber dieses beeindruckenden Porträts in Betracht zog, das traditionellerweise Nicolas de Largillière zugeschrieben wurde. Weitere Experten im Bereich der französischen Porträtmalerei haben sich seiner Zuschreibung angeschlossen. Das Werk stellt sich als eine der gelungensten Arbeiten Gence’ dar, der zu den ersten Schülern Largillières zählte. Es verrät den Einfluss der großen Porträtmaler der letzten Jahre der Regentschaft Ludwigs XIV., darunter Rigaud, Ranc, Levrac und natürlich Largillière. Ein vergleichbar prachtvolles Werk ist Gence’ Bildnis von Florent Carton, genannt Dancourt (1704, Öl auf Leinwand, 113 x 146 cm, Paris, Musée de la Comédie-Française), das ein ähnlich beeindruckendes Interieur zeigt und das große Interesse des Künstlers für angewandte Kunst dokumentiert. Dies wird etwa an der Darstellung eines Schreibtisches von Boulle sichtbar, die im Konsoltischchen des gegenwärtigen Gemäldes nachklingt (siehe O. Ribeton, Robert Gabriel Gence, vers 1670–1728 et quelques portraitistes travaillant pour la région de Bayonne dans la première moitié du XVIIIe siècle, Katalogbeitrag, Les cahiers d’histoire de l’art, Nr. 8, 2010, S. 138–156, 143, Abb. 8).

Claudia Salvi zufolge könnte der elegante Blumenstrauß von dem Stilllebenmaler Jean-Baptiste Belin de Fontenay II. (Paris 1668–1730) stammen. Die Zusammenarbeit der beiden Künstler würde jener zwischen Fontenays Vater, Jean-Baptiste Belin de Fontenay le Père (Caen 1653–1715 Paris) und Gence’ Lehrer, Largillière, entsprechen. Häufig ummalte Belin le Père ovale Bildnisse Largillières mit Blumengirlanden.

Gence, der in Paris und Versailles mit Largillière und Ranc arbeitete, wurde später in Bayonne Hofmaler der verwitweten Königin von Spanien Maria Anna von Pfalz-Neuburg (siehe G. Martinez Leiva, El exilio de la Reina Viuda Mariana de Neoburgo y la configuración de un nuevo retrato áulico, in: Actas Carlos II y el Arte de su tiempo, Fundación Universitaria Española, Madrid 2012). Seine späteren Werke sind ein Beispiel für das Schaffen vieler Künstler, die nicht in einem künstlerischen Zentrum tätig waren: Sie lassen meist das Raffinement und die Eleganz des gegenwärtigen, wahrhaft dem „Grand Style“ verpflichteten Porträts vermissen. Es mag daher durchaus glaubwürdig erscheinen, der traditionellen Zuschreibung zu folgen, die eine alte Bezeichnung nahelegt. Jacques François Léonor Goyon de Matignon muss ungefähr zwanzig Jahre alt gewesen sein, als das Bild gemalt wurde. Ein junger Mann seines Ranges wird sicher den besten Porträtmaler oder zumindest seinen Schüler beauftragt haben. Unsicher bleibt jedoch, ob der Porträtierte tatsächlich als Matignon identifiziert werden kann. Es gibt keine Porträts, die ihn in so jungen Jahren darstellen. Daher lässt sich die traditionelle Identifizierung nicht ohne einen gewissen Vorbehalt aufrechterhalten.

Der Dargestellte muss ein Angehöriger des Hochadels, wenn nicht ein Fürst von edlem Geblüt gewesen sein, wie die roten Absätze und Zungen seiner Schuhe nahelegen. Gence hat einige sehr ähnliche Bildnisse mit fast identischen Posen und gleichermaßen beeindruckenden Details der Kleidung wie Schuhe mit roten Absätzen und Zungen geschaffen. Ein gutes Beispiel ist das Porträt eines jungen Mannes, das 2008 bei Christie’s verkauft wurde (Öl auf Leinwand, 175 x 130 cm; siehe O. Ribeton, op. cit., S. 152, Abb. 33).

Jacques François Léonor Goyon de Matignon war einer der umstrittensten Männer, die den Titel „Fürst von Monaco“ trugen. 1715 ehelichte er Erbprinzessin Louise-Hippolyte von Monaco, die Tochter und Nachfolgerin des herrschenden Fürsten Antoine I. 1731 wurde Fürst Jacques nach dessen Tod zum „Prinzgemahl“. Der Weiterbestand der Linie von Fürst Jacques I. war durch acht zwischen 1717 und 1728 geborene Kinder abgesichert. Als das Paar den Thron bestieg, hieß das monegassische Volk zwar seine Fürstin willkommen, begegnete jedoch dem neuen Fürsten mit Verachtung. Man hielt ihn für arrogant und nicht an den Menschen, sondern nur daran interessiert, was aus dem Fürstentum für ihn herauszuholen war. Schon vor der Thronbesteigung hatte er Monaco gemieden und sich bevorzugt am französischen Hof in Versailles aufgehalten, wo er sich mit einer ganzen Reihe von Mätressen vergnügte.

Nachdem die Fürstin Louise-Hippolyte bereits im elften Monat ihrer Regentschaft an Pocken verstorben war, stieg Fürst Jacques I. zum rechtmäßigen Herrscher über Monaco auf. Ohne politische Opposition hatte er uneingeschränkte Macht über Monaco und wurde vom französischen König als regierender Fürst anerkannt. Als der öffentliche Widerstand gegen seine Herrschaft nicht nachlassen wollte, kehrte er Monaco schließlich im Mai 1732 den Rücken und dankte im Jahr darauf zugunsten seines Sohnes, des Fürsten Honoré III., ab. Der neue Fürst war kaum 14 Jahre alt. Fürst Jacques griff seine bevorzugte Lebensweise in Versailles und Paris wieder auf, wo er den Rest seines Lebens verbrachte und am 23. April 1751 verstarb. Seine ehemalige Residenz in Paris, das Hôtel Matignon, ist heute offizieller Wohnsitz des französischen Premierministers.

Experte: Dr. Alexander Strasoldo Dr. Alexander Strasoldo
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

17.10.2017 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 68.275,-
Schätzwert:
EUR 50.000,- bis EUR 70.000,-

Robert Gabriel Gence


(Paris 1670–1728 Bayonne)
Porträt eines jungen Mannes in Hoftracht, identifiziert als Jacques François Léonor de Goyon de Matignon, Fürst von Monaco, ,
links unten bezeichnet: Jacques Leonor Ma...gnon,
Öl auf Leinwand, 202 × 126 cm, gerahmt

Wir danken Gloria Martinez Leiva, Olivier Ribeton, Stéphan Perreau, Jean Jacques Petit und Claudia Salvi für ihre Hilfe bei der Katalogisierung des Gemäldes.

Jean Jacques Petit war der Erste, der Gence als Urheber dieses beeindruckenden Porträts in Betracht zog, das traditionellerweise Nicolas de Largillière zugeschrieben wurde. Weitere Experten im Bereich der französischen Porträtmalerei haben sich seiner Zuschreibung angeschlossen. Das Werk stellt sich als eine der gelungensten Arbeiten Gence’ dar, der zu den ersten Schülern Largillières zählte. Es verrät den Einfluss der großen Porträtmaler der letzten Jahre der Regentschaft Ludwigs XIV., darunter Rigaud, Ranc, Levrac und natürlich Largillière. Ein vergleichbar prachtvolles Werk ist Gence’ Bildnis von Florent Carton, genannt Dancourt (1704, Öl auf Leinwand, 113 x 146 cm, Paris, Musée de la Comédie-Française), das ein ähnlich beeindruckendes Interieur zeigt und das große Interesse des Künstlers für angewandte Kunst dokumentiert. Dies wird etwa an der Darstellung eines Schreibtisches von Boulle sichtbar, die im Konsoltischchen des gegenwärtigen Gemäldes nachklingt (siehe O. Ribeton, Robert Gabriel Gence, vers 1670–1728 et quelques portraitistes travaillant pour la région de Bayonne dans la première moitié du XVIIIe siècle, Katalogbeitrag, Les cahiers d’histoire de l’art, Nr. 8, 2010, S. 138–156, 143, Abb. 8).

Claudia Salvi zufolge könnte der elegante Blumenstrauß von dem Stilllebenmaler Jean-Baptiste Belin de Fontenay II. (Paris 1668–1730) stammen. Die Zusammenarbeit der beiden Künstler würde jener zwischen Fontenays Vater, Jean-Baptiste Belin de Fontenay le Père (Caen 1653–1715 Paris) und Gence’ Lehrer, Largillière, entsprechen. Häufig ummalte Belin le Père ovale Bildnisse Largillières mit Blumengirlanden.

Gence, der in Paris und Versailles mit Largillière und Ranc arbeitete, wurde später in Bayonne Hofmaler der verwitweten Königin von Spanien Maria Anna von Pfalz-Neuburg (siehe G. Martinez Leiva, El exilio de la Reina Viuda Mariana de Neoburgo y la configuración de un nuevo retrato áulico, in: Actas Carlos II y el Arte de su tiempo, Fundación Universitaria Española, Madrid 2012). Seine späteren Werke sind ein Beispiel für das Schaffen vieler Künstler, die nicht in einem künstlerischen Zentrum tätig waren: Sie lassen meist das Raffinement und die Eleganz des gegenwärtigen, wahrhaft dem „Grand Style“ verpflichteten Porträts vermissen. Es mag daher durchaus glaubwürdig erscheinen, der traditionellen Zuschreibung zu folgen, die eine alte Bezeichnung nahelegt. Jacques François Léonor Goyon de Matignon muss ungefähr zwanzig Jahre alt gewesen sein, als das Bild gemalt wurde. Ein junger Mann seines Ranges wird sicher den besten Porträtmaler oder zumindest seinen Schüler beauftragt haben. Unsicher bleibt jedoch, ob der Porträtierte tatsächlich als Matignon identifiziert werden kann. Es gibt keine Porträts, die ihn in so jungen Jahren darstellen. Daher lässt sich die traditionelle Identifizierung nicht ohne einen gewissen Vorbehalt aufrechterhalten.

Der Dargestellte muss ein Angehöriger des Hochadels, wenn nicht ein Fürst von edlem Geblüt gewesen sein, wie die roten Absätze und Zungen seiner Schuhe nahelegen. Gence hat einige sehr ähnliche Bildnisse mit fast identischen Posen und gleichermaßen beeindruckenden Details der Kleidung wie Schuhe mit roten Absätzen und Zungen geschaffen. Ein gutes Beispiel ist das Porträt eines jungen Mannes, das 2008 bei Christie’s verkauft wurde (Öl auf Leinwand, 175 x 130 cm; siehe O. Ribeton, op. cit., S. 152, Abb. 33).

Jacques François Léonor Goyon de Matignon war einer der umstrittensten Männer, die den Titel „Fürst von Monaco“ trugen. 1715 ehelichte er Erbprinzessin Louise-Hippolyte von Monaco, die Tochter und Nachfolgerin des herrschenden Fürsten Antoine I. 1731 wurde Fürst Jacques nach dessen Tod zum „Prinzgemahl“. Der Weiterbestand der Linie von Fürst Jacques I. war durch acht zwischen 1717 und 1728 geborene Kinder abgesichert. Als das Paar den Thron bestieg, hieß das monegassische Volk zwar seine Fürstin willkommen, begegnete jedoch dem neuen Fürsten mit Verachtung. Man hielt ihn für arrogant und nicht an den Menschen, sondern nur daran interessiert, was aus dem Fürstentum für ihn herauszuholen war. Schon vor der Thronbesteigung hatte er Monaco gemieden und sich bevorzugt am französischen Hof in Versailles aufgehalten, wo er sich mit einer ganzen Reihe von Mätressen vergnügte.

Nachdem die Fürstin Louise-Hippolyte bereits im elften Monat ihrer Regentschaft an Pocken verstorben war, stieg Fürst Jacques I. zum rechtmäßigen Herrscher über Monaco auf. Ohne politische Opposition hatte er uneingeschränkte Macht über Monaco und wurde vom französischen König als regierender Fürst anerkannt. Als der öffentliche Widerstand gegen seine Herrschaft nicht nachlassen wollte, kehrte er Monaco schließlich im Mai 1732 den Rücken und dankte im Jahr darauf zugunsten seines Sohnes, des Fürsten Honoré III., ab. Der neue Fürst war kaum 14 Jahre alt. Fürst Jacques griff seine bevorzugte Lebensweise in Versailles und Paris wieder auf, wo er den Rest seines Lebens verbrachte und am 23. April 1751 verstarb. Seine ehemalige Residenz in Paris, das Hôtel Matignon, ist heute offizieller Wohnsitz des französischen Premierministers.

Experte: Dr. Alexander Strasoldo Dr. Alexander Strasoldo
+43 1 515 60 403

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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 17.10.2017 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 07.10. - 17.10.2017


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer(für Lieferland Österreich)

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