Lot Nr. 633


Sebastiano Marsili


Sebastiano Marsili - Alte Meister

(tätig in Florenz in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts)
Bildnis einer Dame mit Kind, möglicherweise Alessandra di Vieri de’ Medici,
Öl auf Holz, 83 x 60,5 cm, ungerahmt

Rückseitig beschriftet: ALESANDRA / DI VERI DE MEDICI, DI ANNI XXXII LANNO / MDL XXXI / fatto per mano di Bastiano Marsilij

Wir danken Professor Elizabeth Pilliod, die die Zuschreibung auf Grundlage einer Fotografie bestätigt hat. Ebenso danken wir Professor Mina Gregori, die unabhängig davon, nach Untersuchung des Gemäldes im Original, die Zuschreibung bestätigt hat.

Alessandra (geb. 1549), eine Tochter Attilio de’ Medicis, ist im vorliegenden Porträt im Alter von 32 Jahren mit einem ihrer Kinder abgebildet, vermutlich dem am 22. März 1577 geborenen Ottaviano. (1) Ihr Gemahl Vieri (Veri) di Niccolò di Tanai de’ Medici (1527 – ca. 1600?), ein Beamter, der das Vertrauen der Medici genoss, bekleidete ab 1559 das Amt eines Provveditore Generale delle Fabbriche (Oberaufsehers für nicht-militärische Bauwerke). Er verwaltete den Zahlungsverkehr für Arbeiten an großherzoglichen Bauprojekten in den Uffizien und im Palazzo Pitti sowie in den Villen von Poggio a Caiano, Castello und Cerreto Guidi. Laut Litta (Famiglie Celebri Italiane, Taf. VII) hatten Vieri und seine Gemahlin fünf Kinder: Camillo, Ottavio, Emilio, Roberto und Caterina. Da sich der Ehemann wieder verheiratete und sein einziger dokumentierter überlebender Nachkomme aus dieser zweiten Ehe stammte, ist es wahrscheinlich, dass Alessandra bald nach der Entstehung dieses Porträts verstarb. Möglich ist auch, dass das Bildnis zu ihrem Andenken in Auftrag gegeben wurde.
In Format und Stil orientiert sich das vorliegende Gemälde an den Porträts des in den 1580er Jahren führenden Florentiner Malers Alessandro Allori (1535–1607). Es gleicht stark einem Scipione Pulzone zugeschriebenen Porträt, dessen Dargestellte als Bianca Cappello identifiziert wurde; diese trägt ihr gelocktes Haar in ganz ähnlicher Weise aus der Stirn, während eine dunkelrote Nelke in ihrem Mieder steckt.(2) Diese Details sowie ihre Kleidung, bestehend aus einem ärmellosen Mantel (zimarra) mit feinem Spitzenkragen und Wülsten an den Übergängen zwischen Schultern und Ärmeln über einem goldbestickten Unterkleid bestätigen die Datierung des Gemäldes. Die Nelke in ihrem Mieder ist ein Zeichen für die Liebe und Zuneigung zu ihrem Ehemann, während die Korallenkette und das Armband des Kindes nach einem Volksglauben Unheil abwenden sollten.
Auf der Rückseite der Tafel befinden sich zwei Beschriftungen aus der Zeit. Die eine gibt über die Identität der Dargestellten, ihr Alter und das Entstehungsjahr des Gemäldes Aufschluss.(3) Die zweite, “fatto per mano di Bastiano Marsilj”, weist den Maler des Bildnisses als Sebastian Marsili aus, der in den 1570er Jahren zum Studiolo von Francesco I. das Gemälde Atalante und Hippomenes beisteuerte. Marsili, der Alessandro Allori aus der Zeit ihrer Zusammenarbeit im Studiolo gut kannte, scheint hier Alloris Porträttypus exakt kopiert zu haben. Die Umrisse von Alessandras Händen entsprechen jenen einer Zeichnung Alloris, was nahelegt, dass Marsili Zeichnungen oder Kartons von Allori verwendet hat. Von Marsili weiß man auch, dass er Holzschnitte für die Illustrationen in Raffaello Gualterottis Beschreibung der Hochzeit von Großherzog Francesco I. de’ Medici mit Bianca Cappello geschaffen hat; die Publikation ist 1579 in Florenz unter dem Titel Feste nelle Nozze del Serenissimo Don Francesco Medici Gran Duca di Toscano et … Bianca Cappello erschienenen. Marsilis Mitwirken ist in einer deutlich sichtbaren Inschrift am unteren Plattenrand der Seite 12 gegenüberliegenden Tafel in den Feste nelle Nozze vermerkt. Sie ist in lateinischen Buchstaben geschrieben, ähnlich jenen der Beschriftung auf der Rückseite unseres Bildes, die Alessandra als Dargestellte nennt. Marsili mag daher eigenhändig die Inschrift auf dem vorliegenden Gemälde, die ihn auch als Autor ausweist, angebracht haben.

Wir danken Professor Elizabeth Pilliod für ihre Unterstützung bei der Katalogisierung dieses Gemäldes.

(1) Ein weiterer Sohn, Emilio, wurde 1572 geboren; eine seiner Patinnen war Camilla Martelli, die Geliebte und zweite Frau Cosimo de’ Medicis. Die Geburtsdaten der anderen Kinder konnten nicht festgestellt werden.
(2) Einst Alessandro Allori zugeschrieben, Wien, Kunsthistorisches Museum. Bekannt auch durch andere Fassungen und nahezu identisch mit Lavina Fontanas Porträt der Dargestellten mit ihrem Sohn in den Uffizien. Siehe Roy Bolton, Hg., The Art Collectors, Sphinx Fine Art, London, Kat. Nr. 32.
(3) Eine dritte Inschrift am unteren Rand des Versos datiert aus späterer Zeit, worauf die verwendeten Anführungsstriche hinweisen. Es handelt sich wahrscheinlich um den Versuch, das Gemälde Alessandro Alloris Lehrmeister Bronzino zuzuschreiben, oder um eine Namensvertauschung, denn Allori pflegte oft Bronzinos Namen seinem eigenen nachzustellen, was in den folgenden Jahrhunderten häufig zu Verwechslungen zwischen Allori und Bronzino führte.

17.04.2013 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 201.600,-
Schätzwert:
EUR 150.000,- bis EUR 200.000,-

Sebastiano Marsili


(tätig in Florenz in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts)
Bildnis einer Dame mit Kind, möglicherweise Alessandra di Vieri de’ Medici,
Öl auf Holz, 83 x 60,5 cm, ungerahmt

Rückseitig beschriftet: ALESANDRA / DI VERI DE MEDICI, DI ANNI XXXII LANNO / MDL XXXI / fatto per mano di Bastiano Marsilij

Wir danken Professor Elizabeth Pilliod, die die Zuschreibung auf Grundlage einer Fotografie bestätigt hat. Ebenso danken wir Professor Mina Gregori, die unabhängig davon, nach Untersuchung des Gemäldes im Original, die Zuschreibung bestätigt hat.

Alessandra (geb. 1549), eine Tochter Attilio de’ Medicis, ist im vorliegenden Porträt im Alter von 32 Jahren mit einem ihrer Kinder abgebildet, vermutlich dem am 22. März 1577 geborenen Ottaviano. (1) Ihr Gemahl Vieri (Veri) di Niccolò di Tanai de’ Medici (1527 – ca. 1600?), ein Beamter, der das Vertrauen der Medici genoss, bekleidete ab 1559 das Amt eines Provveditore Generale delle Fabbriche (Oberaufsehers für nicht-militärische Bauwerke). Er verwaltete den Zahlungsverkehr für Arbeiten an großherzoglichen Bauprojekten in den Uffizien und im Palazzo Pitti sowie in den Villen von Poggio a Caiano, Castello und Cerreto Guidi. Laut Litta (Famiglie Celebri Italiane, Taf. VII) hatten Vieri und seine Gemahlin fünf Kinder: Camillo, Ottavio, Emilio, Roberto und Caterina. Da sich der Ehemann wieder verheiratete und sein einziger dokumentierter überlebender Nachkomme aus dieser zweiten Ehe stammte, ist es wahrscheinlich, dass Alessandra bald nach der Entstehung dieses Porträts verstarb. Möglich ist auch, dass das Bildnis zu ihrem Andenken in Auftrag gegeben wurde.
In Format und Stil orientiert sich das vorliegende Gemälde an den Porträts des in den 1580er Jahren führenden Florentiner Malers Alessandro Allori (1535–1607). Es gleicht stark einem Scipione Pulzone zugeschriebenen Porträt, dessen Dargestellte als Bianca Cappello identifiziert wurde; diese trägt ihr gelocktes Haar in ganz ähnlicher Weise aus der Stirn, während eine dunkelrote Nelke in ihrem Mieder steckt.(2) Diese Details sowie ihre Kleidung, bestehend aus einem ärmellosen Mantel (zimarra) mit feinem Spitzenkragen und Wülsten an den Übergängen zwischen Schultern und Ärmeln über einem goldbestickten Unterkleid bestätigen die Datierung des Gemäldes. Die Nelke in ihrem Mieder ist ein Zeichen für die Liebe und Zuneigung zu ihrem Ehemann, während die Korallenkette und das Armband des Kindes nach einem Volksglauben Unheil abwenden sollten.
Auf der Rückseite der Tafel befinden sich zwei Beschriftungen aus der Zeit. Die eine gibt über die Identität der Dargestellten, ihr Alter und das Entstehungsjahr des Gemäldes Aufschluss.(3) Die zweite, “fatto per mano di Bastiano Marsilj”, weist den Maler des Bildnisses als Sebastian Marsili aus, der in den 1570er Jahren zum Studiolo von Francesco I. das Gemälde Atalante und Hippomenes beisteuerte. Marsili, der Alessandro Allori aus der Zeit ihrer Zusammenarbeit im Studiolo gut kannte, scheint hier Alloris Porträttypus exakt kopiert zu haben. Die Umrisse von Alessandras Händen entsprechen jenen einer Zeichnung Alloris, was nahelegt, dass Marsili Zeichnungen oder Kartons von Allori verwendet hat. Von Marsili weiß man auch, dass er Holzschnitte für die Illustrationen in Raffaello Gualterottis Beschreibung der Hochzeit von Großherzog Francesco I. de’ Medici mit Bianca Cappello geschaffen hat; die Publikation ist 1579 in Florenz unter dem Titel Feste nelle Nozze del Serenissimo Don Francesco Medici Gran Duca di Toscano et … Bianca Cappello erschienenen. Marsilis Mitwirken ist in einer deutlich sichtbaren Inschrift am unteren Plattenrand der Seite 12 gegenüberliegenden Tafel in den Feste nelle Nozze vermerkt. Sie ist in lateinischen Buchstaben geschrieben, ähnlich jenen der Beschriftung auf der Rückseite unseres Bildes, die Alessandra als Dargestellte nennt. Marsili mag daher eigenhändig die Inschrift auf dem vorliegenden Gemälde, die ihn auch als Autor ausweist, angebracht haben.

Wir danken Professor Elizabeth Pilliod für ihre Unterstützung bei der Katalogisierung dieses Gemäldes.

(1) Ein weiterer Sohn, Emilio, wurde 1572 geboren; eine seiner Patinnen war Camilla Martelli, die Geliebte und zweite Frau Cosimo de’ Medicis. Die Geburtsdaten der anderen Kinder konnten nicht festgestellt werden.
(2) Einst Alessandro Allori zugeschrieben, Wien, Kunsthistorisches Museum. Bekannt auch durch andere Fassungen und nahezu identisch mit Lavina Fontanas Porträt der Dargestellten mit ihrem Sohn in den Uffizien. Siehe Roy Bolton, Hg., The Art Collectors, Sphinx Fine Art, London, Kat. Nr. 32.
(3) Eine dritte Inschrift am unteren Rand des Versos datiert aus späterer Zeit, worauf die verwendeten Anführungsstriche hinweisen. Es handelt sich wahrscheinlich um den Versuch, das Gemälde Alessandro Alloris Lehrmeister Bronzino zuzuschreiben, oder um eine Namensvertauschung, denn Allori pflegte oft Bronzinos Namen seinem eigenen nachzustellen, was in den folgenden Jahrhunderten häufig zu Verwechslungen zwischen Allori und Bronzino führte.


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 17.04.2013 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 06.04. - 17.04.2013


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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