Lot Nr. 602


Jusepe de Ribera


Jusepe de Ribera - Alte Meister

(Jativa 1591–1652 Neapel)
Die Verhöhnung Christi,
Öl auf Leinwand, 106 x 87 cm, gerahmt

Auf der Rückseite der Leinwand mit der Zahl ‘813’ bezeichnet, auf dem Keilrahmen die Zahl ‘n 699’.

Provenienz:
Europäische Privatsammlung

Wir danken Herrn Professor Nicola Spinosa, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes nach Prüfung des Originals bestätigt hat.

Die Zuschreibung dieses bisher unpublizierten Gemäldes an Jusepe de Ribera wurde von Professor Nicola Spinosa bestätigt. Es handelt sich um eine wichtige und bedeutende Ergänzung des Oeuvres des spanischen Meisters. Das vorliegende Gemälde zeigt jenen Moment, als der mit Dornen gekrönte Christus, ausgestattet mit einem Szepter aus Schilfrohr, vor Herodes als der König der Juden verspottet wird. Ribera hat die biblische Episode mit eindrucksvollem Realismus dargestellt und verrät, dass er vertraut war mit der Ikonografie, die von den Künstlern des Nordens bereits im 16. Jahrhundert aufgenommen worden und die auch den caravaggesken Malern des 17. Jahrhunderts in Rom und Neapel geläufig war.
Das vorliegende Gemälde ist vergleichbar mit Riberas Version desselben Themas – Die Verspottung und Dornenkrönung Christi (Sevilla, Sammlung Casa d’Alba, siehe G. Finaldi in: El joven Ribera, Ausstellungskatalog, hg. von J. Milicua und J. Portùs, Madrid 2012, S. 176/77) –, die der Künstler nach seiner Abreise aus Rom nach Neapel im Jahr 1616 schuf. Das Gemälde in Sevilla zeichnet sich durch den starken Naturalismus Caravaggios aus und entstand unmittelbar nach jenen Werken, mit denen Ribera von den Herzögen von Osuna für deren Kollegienkirche bei Cordoba beauftragt worden war und die das Martyrium des heiligen Bartholomäus, den Heiligen Hieronymus und den Engel der Gerechtigkeit, den Heiligen Laurentius beim Gebet und die Buße des heiligen Petrus zum Thema haben (siehe N. Spinosa, Ribera – L’opera completa, Neapel 2006, S. 273–278; siehe G. Finaldi, 2010, S. 162–173). Wie Spinosa ausgeführt hat, ähnelt die Christusfigur im vorliegenden Gemälde in der Lichtführung und Farbigkeit stark den Figuren der Osuna-Bilder und der Verspottung Christi in der Sammlung Alba. Ähnlichkeiten werden auch in der Wiedergabe der Anatomie und in den Gesichtstypen bzw. im Gesichtsausdruck deutlich.
Wie in der Verspottung Christi aus der Sammlung Alba ist im vorliegenden Gemälde eine außergewöhnliche Gegenüberstellung von Theatralik und Realismus zu erkennen. Die Figuren sind auf engem Raum angeordnet und ermöglichen dadurch eine stärkere Betonung des Gesichtsausdrucks des in der Bildmitte erscheinenden Knaben. Die Gestalt des Christus ähnelt in ihrer großen Ausdruckskraft stark dem Ecce Homo in der Real Academia von San Fernando in Madrid, die Ribera um 1620 schuf. Obwohl sich die Christusfigur gegenüber den anderen Kompositionen in der Körperhaltung unterscheidet, zeigt die physische Erscheinung in allen Gemälden Gemeinsamkeiten, was möglicherweise darauf zurückzuführen ist, dass es sich überall um dasselbe Modell handelt. Die Christusdarstellung des vorliegenden Gemäldes mit dem schmerzerfüllten Gesicht, das dem Betrachter direkt zugewandt ist, mag von Tizian beeinflusst gewesen sein, mit dessen Kunst Ribera sehr vertraut war.

Herodes, einen orientalischen Turban tragend und in Pelz und Seide gekleidet, erscheint im Profil und wird im Hintergrund von einer Figur begleitet, die wohl einen seiner Minister oder einen Soldaten darstellt und Christus den roten Umhang umlegt. Die Gestalt des Herodes erinnert an Figurendarstellungen anderer Kompositionen des Künstlers aus derselben Zeit, etwa im Martyrium des heiligen Laurentius (Melbourne, National Gallery of Victoria) und in Christus vor der Kreuzigung (ehemals Sammlung Casa d’Alba, Marienkirche, Cogolludo; siehe Spinosa, op. cit., S. 280/81, Nr. A60 und S. 282, Nr. A62). Für den Knaben rechts auf dem Bild in Cogolludo hat der Künstler möglicherweise auf dasselbe Modell zurückgegriffen wie für den Jüngling, der Christus auf dem vorliegenden Gemälde verspottet. Beide fesseln mit ähnlich knabenhaften Zügen und scheinen von den sogenannten “scugnizzi”, neapolitanischen Straßenjungen inspiriert zu sein.
Auf Grundlage der genannten Vergleichsbeispiele datiert Spinosa das vorliegende Gemälde unmittelbar nach 1620 und vor 1624, als sich der Stil des Künstlers wandelte, wie aus der Komposition Madonna mit Kind und heiligem Bruno (Berlin, Gemäldegalerie) deutlich wird. Diese Periode stellt eine entscheidende Phase im Schaffen Riberas zwischen Rom und Neapel dar, als er unter dem Eindruck Caravaggios stand, jedoch in der körperlichen Erscheinung seiner Figuren einen starken Naturalismus und eine größere Ausdrucksstärke an den Tag legte.

In der Infrarotreflektografie (Abb.1) wird ein Pentiment oberhalb der rechten Schulter sichtbar, ebenso eine leicht geänderte Haltung des Kopfes Christi.


Wir danken Professor Craig Felton, der die Zuschreibung an Jusepe de Ribera (Jativa 1591–1652 Neapel) gleichfalls bestätigt hat und auf Basis einer Fotografie eine Datierung um 1615 für das vorliegende Gemälde vorschlägt.

17.04.2013 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 711.300,-
Schätzwert:
EUR 300.000,- bis EUR 500.000,-

Jusepe de Ribera


(Jativa 1591–1652 Neapel)
Die Verhöhnung Christi,
Öl auf Leinwand, 106 x 87 cm, gerahmt

Auf der Rückseite der Leinwand mit der Zahl ‘813’ bezeichnet, auf dem Keilrahmen die Zahl ‘n 699’.

Provenienz:
Europäische Privatsammlung

Wir danken Herrn Professor Nicola Spinosa, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes nach Prüfung des Originals bestätigt hat.

Die Zuschreibung dieses bisher unpublizierten Gemäldes an Jusepe de Ribera wurde von Professor Nicola Spinosa bestätigt. Es handelt sich um eine wichtige und bedeutende Ergänzung des Oeuvres des spanischen Meisters. Das vorliegende Gemälde zeigt jenen Moment, als der mit Dornen gekrönte Christus, ausgestattet mit einem Szepter aus Schilfrohr, vor Herodes als der König der Juden verspottet wird. Ribera hat die biblische Episode mit eindrucksvollem Realismus dargestellt und verrät, dass er vertraut war mit der Ikonografie, die von den Künstlern des Nordens bereits im 16. Jahrhundert aufgenommen worden und die auch den caravaggesken Malern des 17. Jahrhunderts in Rom und Neapel geläufig war.
Das vorliegende Gemälde ist vergleichbar mit Riberas Version desselben Themas – Die Verspottung und Dornenkrönung Christi (Sevilla, Sammlung Casa d’Alba, siehe G. Finaldi in: El joven Ribera, Ausstellungskatalog, hg. von J. Milicua und J. Portùs, Madrid 2012, S. 176/77) –, die der Künstler nach seiner Abreise aus Rom nach Neapel im Jahr 1616 schuf. Das Gemälde in Sevilla zeichnet sich durch den starken Naturalismus Caravaggios aus und entstand unmittelbar nach jenen Werken, mit denen Ribera von den Herzögen von Osuna für deren Kollegienkirche bei Cordoba beauftragt worden war und die das Martyrium des heiligen Bartholomäus, den Heiligen Hieronymus und den Engel der Gerechtigkeit, den Heiligen Laurentius beim Gebet und die Buße des heiligen Petrus zum Thema haben (siehe N. Spinosa, Ribera – L’opera completa, Neapel 2006, S. 273–278; siehe G. Finaldi, 2010, S. 162–173). Wie Spinosa ausgeführt hat, ähnelt die Christusfigur im vorliegenden Gemälde in der Lichtführung und Farbigkeit stark den Figuren der Osuna-Bilder und der Verspottung Christi in der Sammlung Alba. Ähnlichkeiten werden auch in der Wiedergabe der Anatomie und in den Gesichtstypen bzw. im Gesichtsausdruck deutlich.
Wie in der Verspottung Christi aus der Sammlung Alba ist im vorliegenden Gemälde eine außergewöhnliche Gegenüberstellung von Theatralik und Realismus zu erkennen. Die Figuren sind auf engem Raum angeordnet und ermöglichen dadurch eine stärkere Betonung des Gesichtsausdrucks des in der Bildmitte erscheinenden Knaben. Die Gestalt des Christus ähnelt in ihrer großen Ausdruckskraft stark dem Ecce Homo in der Real Academia von San Fernando in Madrid, die Ribera um 1620 schuf. Obwohl sich die Christusfigur gegenüber den anderen Kompositionen in der Körperhaltung unterscheidet, zeigt die physische Erscheinung in allen Gemälden Gemeinsamkeiten, was möglicherweise darauf zurückzuführen ist, dass es sich überall um dasselbe Modell handelt. Die Christusdarstellung des vorliegenden Gemäldes mit dem schmerzerfüllten Gesicht, das dem Betrachter direkt zugewandt ist, mag von Tizian beeinflusst gewesen sein, mit dessen Kunst Ribera sehr vertraut war.

Herodes, einen orientalischen Turban tragend und in Pelz und Seide gekleidet, erscheint im Profil und wird im Hintergrund von einer Figur begleitet, die wohl einen seiner Minister oder einen Soldaten darstellt und Christus den roten Umhang umlegt. Die Gestalt des Herodes erinnert an Figurendarstellungen anderer Kompositionen des Künstlers aus derselben Zeit, etwa im Martyrium des heiligen Laurentius (Melbourne, National Gallery of Victoria) und in Christus vor der Kreuzigung (ehemals Sammlung Casa d’Alba, Marienkirche, Cogolludo; siehe Spinosa, op. cit., S. 280/81, Nr. A60 und S. 282, Nr. A62). Für den Knaben rechts auf dem Bild in Cogolludo hat der Künstler möglicherweise auf dasselbe Modell zurückgegriffen wie für den Jüngling, der Christus auf dem vorliegenden Gemälde verspottet. Beide fesseln mit ähnlich knabenhaften Zügen und scheinen von den sogenannten “scugnizzi”, neapolitanischen Straßenjungen inspiriert zu sein.
Auf Grundlage der genannten Vergleichsbeispiele datiert Spinosa das vorliegende Gemälde unmittelbar nach 1620 und vor 1624, als sich der Stil des Künstlers wandelte, wie aus der Komposition Madonna mit Kind und heiligem Bruno (Berlin, Gemäldegalerie) deutlich wird. Diese Periode stellt eine entscheidende Phase im Schaffen Riberas zwischen Rom und Neapel dar, als er unter dem Eindruck Caravaggios stand, jedoch in der körperlichen Erscheinung seiner Figuren einen starken Naturalismus und eine größere Ausdrucksstärke an den Tag legte.

In der Infrarotreflektografie (Abb.1) wird ein Pentiment oberhalb der rechten Schulter sichtbar, ebenso eine leicht geänderte Haltung des Kopfes Christi.


Wir danken Professor Craig Felton, der die Zuschreibung an Jusepe de Ribera (Jativa 1591–1652 Neapel) gleichfalls bestätigt hat und auf Basis einer Fotografie eine Datierung um 1615 für das vorliegende Gemälde vorschlägt.


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 17.04.2013 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 06.04. - 17.04.2013


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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